Bayerische Staatskanzlei

Bayerische Staatskanzlei
Pressemitteilung
«Empfängerhinweis»
Nr: 264
München, 13. September 2015
Bericht aus der Kabinettssitzung:
Asyl – aktuelle Entwicklung / Sofortprogramm
Der Ministerrat hat in seiner Sitzung am 13. September 2015 folgendes
12-Punkte-Sofortprogramm beschlossen:
Die ohnehin schon seit Wochen angespannte Flüchtlingssituation in
Deutschland hat sich in den letzten Tagen durch den starken Anstieg des
Zugangs enorm verschärft. Dadurch hat sich die Ausgangssituation für die
Asyl- und Flüchtlingspolitik noch einmal radikal verändert. Alleine seit 5.
September 2015 sind weit über 60 000 Flüchtlinge in unser Land
gekommen. München und Bayern tragen dabei eine Hauptlast. Darauf
muss unverzüglich und mit aller Kraft in Verantwortungsgemeinschaft von
Bund und Ländern reagiert werden.
Der Ministerrat beschließt folgendes Sofortprogramm:
1.
Der Ministerrat unterstützt die Entscheidung der Bundesregierung in
dieser Ausnahmesituation, an den deutschen EU-Binnengrenzen
vorübergehend wieder Grenzkontrollen einzuführen. Unabhängig
davon wird die Bundesregierung aufgefordert, sich auf europäischer
Ebene für einen umfassenden Schutz der EU-Außengrenzen weiter
einzusetzen. Hierzu gehört auch eine bessere Unterstützung der
betroffenen Mitgliedsstaaten durch die Europäische Union. Die
./.
Telefon: 089 2165-2407
Telefax: 089 2165-2114
E-Mail: [email protected]
Internet: www.bayern.de
Franz-Josef-Strauß-Ring 1
80539 München
-2Mitgliedstaaten müssen ihre Grenzüberwachung – auch durch
gemeinsame Aktionen mit FRONTEX – verstärken.
2.
Der Ministerrat fordert eine Sonderministerpräsidentenkonferenz mit
der Bundeskanzlerin bereits in der kommenden Woche, um die
erforderlichen Maßnahmen umgehend einzuleiten.
3.
Der Ministerrat unterstreicht die Bedeutung der Beschlüsse des
Koalitionsausschusses vom 6. September 2015 als wichtigen
Zwischenschritt. Neu zu verhandeln ist allerdings angesichts der völlig
veränderten Ausgangssituation die finanzielle Beteiligung des Bundes
für 2015 und 2016. Der Ministerrat fordert eine deutliche Aufstockung
der finanziellen Unterstützung für Länder und Kommunen durch den
Bund für die Jahre 2015, 2016 und folgende, mindestens eine
Verdoppelung der vom Bund gemachten Zusagen.
4.
Der Ministerrat fordert den Bund auf, auf der Grundlage seiner
gesamtstaatlichen Verantwortung die Verteilung der Asylbewerber in
Deutschland nach dem Königsteiner-Schlüssel durch die Einrichtung
eines Stabes zu leiten und zu koordinieren. Der Ministerrat fordert den
Bund auf, in enger Abstimmung mit den Ländern umgehend mehrere
Bahn-Verteilpunkte in Deutschland zu schaffen. München und Bayern
brauchen sofortige Entlastung. Während des Oktoberfestes sollte
München nicht als Verteildrehscheibe verwendet werden.
5.
Der Ministerrat fordert eine Verschärfung der Strafen für kriminelle
Schlepper und Menschenhändler einschließlich der Möglichkeit deren
Vermögensvorteile bzw. Gegenstände, die zur Schleusung benutzt
wurden, einzuziehen. Der Ministerrat fordert die Bundesregierung auf,
sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass der Kampf gegen
kriminelle Schlepper und Menschenhändler weiter intensiviert wird,
möglichst auf der Grundlage eines UN-Mandats.
./.
-36.
Der Ministerrat fordert die Bundeswehr außerhalb der polizeilichen
Aufgaben zur Unterstützung der Länder und Kommunen stärker
miteinzubeziehen.
7.
Der Ministerrat fordert mit aller Konsequenz die Abschiebung und
Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern. Dabei müssen auch
alle bestehenden rechtlichen und verwaltungsmäßigen
Abschiebehindernisse abgebaut und die Duldungsvoraussetzungen
verschärft werden.
8.
Der Ministerrat unterstützt die Anstrengungen des Staatsministeriums
für Arbeit und Soziales, Familie und Integration die
Erstaufnahmekapazitäten in Bayern beschleunigt auszubauen, soweit
wie möglich im Einvernehmen mit den Kommunen. Ein Schwerpunkt
des Ausbaus wird hierbei auf Bestandsimmobilien des Bundes (vor
allem Kasernen) gelegt. Der Ministerrat lehnt alle Überlegungen auf
Bundesebene ab, die eine Zwangsvermietung von Immobilien zur
Unterbringung von Asylbewerbern vorsehen. Der Ministerrat wird
neben Ingolstadt/Manching und Bamberg zwei weitere
Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber mit geringer
Bleibeperspektive schaffen.
9.
Der Ministerrat erachtet in akuten Notsituationen die Unterbringung
der Asylbewerber in großen Zeltanlagen für einen begrenzten
Zeitraum als adäquate Unterbringungsmöglichkeit. Der Bund wird
aufgefordert, für Aufbau und Betrieb logistische und personelle
Unterstützung durch Kräfte des Bundes bereitzustellen.
10. Der Ministerrat fordert die Bundesregierung auf, sich auf europäischer
Ebene weiterhin für eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Form
von festen Verteilungsquoten einzusetzen. Die bisher vorliegenden
Vorschläge der EU-Kommission dazu sind unzureichend.
./.
-4Mitgliedsstaaten, die sich dieser Solidarität verweigern, sollten die
europäischen Finanzhilfen gekürzt werden.
11. Der Ministerrat fordert die Bundesregierung auf, in Verhandlungen auf
europäischer und internationaler Ebene sowie mit den direkten
Anrainerstaaten die Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge aus den
Krisenregionen vor allem in Syrien, Irak und Afghanistan substantiell
zu verbessern, um den Menschen möglichst heimatnah eine
Bleibeperspektive zu eröffnen. Der Ministerrat fordert die Europäische
Union auf, zur Bekämpfung von Fluchtursachen die
Entwicklungshilfemittel auf Transit-, Krisen- und deren Nachbarstaaten
zu konzentrieren.
12. Der Ministerrat kündigt an, zeitnah ein umfassendes
Maßnahmenpaket zur Integration der Asylbewerber mit hoher
Bleibeperspektive in Bayern zu beschließen. Auch daran muss sich
der Bund beteiligen.
Rainer Riedl
Pressesprecher der Bayerischen Staatskanzlei++++