Prof. Dr. Margarete Schuler-Harms FT 2015 Umweltrecht ________________________________________________________________ Instrumente (3): Instrumente mit ökonomischen Lenkungswirkungen A. Subventionen und Abgaben 1. Mittels finanziellen Zuwendungen und steuerlichen Entlastungen (unionsrechtlich: Beihilfen) lassen sich finanzielle Anreize als „Belohnung“ für umweltgerechtes Verhalten setzen. Solche Anreize können ordnungsrechtliche Instrumente ersetzen oder auch auf ein Verhalten zielen, das die ordnungsrechtlich vorgegebenen Grenzen (z.B. Grenzwerte) deutlich unterschreitet Beispiele: Finanzielle Förderung des Einsatzes von Solarstrom durch Unternehmen; Förderung von Passivenergie-Maßnahmen im Bereich der privaten Haushalte Finanzielle Förderung der Aktivitäten von Verbänden und Organisationen Finanzielle Förderung der Forschung und Entwicklung innovativer Technologien und Verfahren Nationale Beihilfen bedürfen allerdings einer Prüfung und Freigabe (Notifikation) durch die Europäische Kommission, vgl. Art. 107 f. AEUV, Leitlinien der Kommission für umweltpolitische Beihilfen, http://europa.eu/legislation_summaries/competition/state_aid/ev0003_de.htm 2. Abgaben auf umweltschädliches Verhalten erzeugen finanzielle Abreize zugunsten des Umweltschutzes. Als Abgaben kommen steuerliche Belastungen, Gebühren, Beiträge und Umlagen in Betracht. (Zulässige) Lenkungszwecke verbindet der Gesetzgeber z.B. mit der Mineralölsteuer und vergleichbaren mengenbezogenen Verbrauchssteuern. Gebühren werden z.B. erhoben für die Nutzung des PKW in Städten (Feinstaub-Plakette). Ausnahmsweise und in besonderen Konstellationen sind auch Umlagen zulässig, die bei konventionellen Unternehmen erhoben werden und umweltförderlich arbeitenden Unternehmen zufließen (EEG-Abgabe). B. Zertifikate Ein auf ökonomische Effekte setzendes Steuerungsinstrument sind auch Zertifikate, mit denen gleichsam eine Erlaubnis für Belastungen der Umwelt erkauft werden muss. Das ZertifikatModell par excellence sind die Treibhausgas-Emissionszertifikate. Im Unterschied zu den einfachen Abgaben ( Feinstaub-Plakette) sind Emissionszertifikate handelbar. Unternehmen erhalten auf diese Weise Wahlmöglichkeiten. Sie können sich im Rahmen ihres umweltbezogenen betrieblichen Managements für oder gegen betriebs- oder produktionsbezogene Investitionen in den Umweltschutz und für oder gegen Abgaben zugunsten des Umweltschutzes entscheiden. Prof. Dr. Margarete Schuler-Harms FT 2015 Umweltrecht ________________________________________________________________ Zertifizierungsinstrumente ermöglichen dem Staat überdies, die Umwelt als „Gut“ ökonomisch zu verknappen. Das Ordnungsrecht formuliert hiernach äußerste Grenzen zulässiger Belastung. Zertifikate bewirken, dass die Ausschöpfung dieser Grenzen durch die Unternehmen zusätzliche Kosten verursacht. Das Instrument erfordert aber auch hohen staatlichen Verwaltungsaufwand, zum einen in Form von Allokationsplanung, zum anderen in Form einer Kontrolle der Einhaltung individueller Grenzbelastungswerte. Rechtsgrundlage: Treibhausgas-Emissionzertifikate-Richtlinie und deutsches Umsetzungsgesetz. C. Bevorzugung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Ein wichtiges ökonomisches Steuerungsinstrument bilden auch Auftragsvergaben der öffentlichen Hand, die für wirtschafts-, konjunktur-, arbeitsmarkt-, aber auch umweltpolitische Belange genutzt werden können. Der Staat spielt in diesem Zusammenhang als überdimensionaler „Verbraucher“ bzw. „Konsument“ aus. Angesichts der erheblichen, in einigen Sektoren sogar beherrschenden Marktmacht der öffentlichen Hand ist die umweltpolitische Wirkung dieses Instruments nicht zu unterschätzen. Die Beschaffungstätigkeit des Staates ist zu folgenden Zwecken streng reglementiert: 1. Effiziente Bewirtschaftung staatlicher Mittel, und hiermit zusammenhängend 2. Bekämpfung von Korruption. 3. Verhinderung der Bevorzugung einheimischer vor ausländischen Unternehmen im europäischen Binnenmarkt. Der erste und zweite Zweck wird mit haushaltsrechtlichen Anforderungen an die öffentliche Auftragsvergabe erfüllt. Der dritte ist in zwei Richtlinien unionsrechtlich geregelt und im 4. Abschnitt des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 97 ff. GWB) umgesetzt worden. Beauftragt wird in der Regel dasjenige Unternehmen, das im Ausschreibungswettbewerb mit anderen Unternehmen das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat (vgl. § 97 Abs. 5 GWB), sofern das Unternehmen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Gesetzestreue und Zuverlässigkeit aufweist (§ 97 Abs. 4 GWB). Umweltbezogene Aspekte lassen sich sowohl im Rahmen der Eignungs- als auch im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung berücksichtigen. Umweltbezogene Aspekte können bereits in der Ausschreibung als Eignungskriterien formuliert werden mit der Folge, dass alle Angebote aus dem Wettbewerb ausscheiden, die diese Kriterien nicht erfüllen. Die EU hat allerdings diese Möglichkeit dahin eingeschränkt, dass umweltbezogene Kriterien im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen (vgl. insgesamt § 97 Abs. 3 S. 2 GWB). Das ist z.B. der Fall, wenn Verkehrsleistungen Prof. Dr. Margarete Schuler-Harms FT 2015 Umweltrecht ________________________________________________________________ oder Müllentsorgung durch private Unternehmen in staatlichem Auftrag an besondere umweltbezogene Kriterien (z.B. Tauglichkeit des Fuhrparks für den Einsatz erneuerbarer Energien) gebunden werden. Am sachlichen Zusammenhang fehlte es z.B., wenn anwaltliche Beratungsleistungen ausgeschrieben und ein Betrieb der Kanzlei mit erneuerbaren Energien als Eignungskriterium formuliert würde. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeit lassen sich Umweltschutzaspekte berücksichtigen, indem z.B. Vorhalte- und Betriebskosten in die Kalkulation einbezogen werden. Wichtig ist, dass die Leistungsbeschreibung diese Posten der Kalkulation und auch ihren Stellenwert in der Prüfung der Wirtschaftlichkeit benennt. In der Verbindung mit der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand für den Umweltschutz ( Arbeitsblatt 10) kommt dem Umweltschutz als Eignungskriterium große Bedeutung zu.
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