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USA–RF: Der eiskalte Krieg um
den europäischen Erdgas-Markt
Die Europäische Kommission will den Energieverbrauch auf Flüssiggas umstellen. Das Ziel: Fracking-Gas aus den USA soll die Importe
aus russischen Pipelines verdrängen. Als Argument wird immer wieder auf eine angebliche „Abhängigkeit von Putin“ verwiesen.
Hier liegt auch der Grund, dass Polen und die baltischen Staaten North-Stream II verhindern wollen. Doch das Konsortium aus
Österreich, Deutschland und der Schweiz will weiterhin Erdgas aus der Russischen Föderation importieren.
von RT Deutsch
E
s geht um einen großen Topf.
Bisher beziehen die Staaten
der Europäischen Union etwa ein
Drittel ihrer gesamten Importe an
Erdöl und Erdgas von Unternehmen aus der Russischen Föderation. Bei geschätzten Gesamtausgaben von 400 Milliarden Euro gehen etwa 133 Milliarden Euro an
Gazprom und Co. In Zeiten fallender Energiepreise ist das eine verlockende Einkommensquelle. Die
westlichen Energiemultis klagen
über einbrechende Nettogewinne.
In den USA gehen die Investitionen im Energiebereich in diesem
Jahr um etwa 50 Milliarden USDollar zurück.
Dabei könnten die amerikanischen Energieunternehmen technisch gesehen viel mehr Erdgas
fördern. Alleine, die Gaspreise liegen in Nordamerika derartig tief,
dass es sich nicht einmal lohnt, Infrastrukturen an die Bohrlöcher zu
verlegen. Im Dezember 2015 bekamen die Unternehmen nicht einmal
mehr zwei Dollar für eine Million
BtU (British thermal unit), was circa 26,4 Kubikmeter Erdgas entspricht.
Und diese Entwicklung hält schon
seit Jahren an. Die Folge ist, dass
die Fracking-Industrie das Erdgas
einfach unkontrolliert in die Umwelt entweichen lässt oder über den
Bohrtürmen abfackelt.
Aus Sicht der amerikanischen
Energieunternehmen bestanden bisher zwei zentrale Probleme. Früher
ließ sich Erdgas nur durch Pipelines
transportieren. In den letzten Jahren
schufen die amerikanischen Energieunternehmen jedoch riesige Infrastrukturen an der Atlantikküste.
In den neuen Terminals lässt sich
das Erdgas so stark kühlen, dass es
flüssig wird. Diese Technik, Liquid
sogar als ein Mittel an, um Russlands
Zugriff auf Europa zu schwächen.“
Und er verweist auf James Henderson, der für das Oxford-Institut für
Energieforschung eine Studie zu den
Auswirkungen auf den europäischen
Gasmarkt erstellte:
Politisch wird den Europäern
dieses energiepolitische Abenteuer mit zwei Argumenten verkauft.
Zum einen malten Energiepolitiker
aus der EU und den USA in den verDer Widerstand gegen Fracking wächst (Foto: Kit O‘Connel, Flickr, CC-2.0) gangenen Monaten immer wieder
das Gespenst einer „Abhängigkeit
Natural Gas (LNG), ist die Voraus- Florida und Louisiana, wurden in von Putin“ an die Wand. Zwar hat es
setzung, die Gasüberschüsse aus der den vergangenen Jahren Kapazi- niemals Probleme mit der Energienordamerikanischen Fracking-För- täten für LNG-Exporte aufgebaut. versorgung aus Russland gegeben,
derung zu exportieren.
Damit steht die Europa-Stra- nicht einmal zu Zeiten der SowjetZum anderen verbot die ameri- tegie der US-Unternehmen kurz union. Aber besonders die Ukraikanische Gesetzgebung den Ener- vor dem Durchbruch. Am Mitt- ne-Krise eignete sich hervorragend
giemultis bisher, unverarbeitete woch, dem 10. Februar, verkündet als Argument, um im unerklärten
fossile Brennträger wie Erdöl und die EU-Kommission nun offiziell „Gaskrieg“ voranzukommen.
Erdgas zu exportieren. Dieses Ex- die neue LNG-Strategie der EuroDas andere Argument ist gleich
portverbot ist praktisch gefallen, päischen Union. Insgesamt werden noch abstruser: Angeblich würde
auch wenn sich an der Gesetzge- aus Steuermitteln 14 Projekte des eine Ausweitung der Erdgasnutbung bisher nichts geändert hat. „Common Interests“ unterstützt. zung helfen, die Klimaziele der
Im Am 9. Oktober 2015 stimmte Dazu gehören neue Gaspipelines UNO zu erreichen. Damit köndas Repräsentantenhaus mit deut- vor allem im Baltikum und den ne der Anteil von Kohle am Prilicher Mehrheit von 261 zu 159 ehemaligen Ostblockstaaten Ru- märenergieverbrauch zurückgeStimmen für eine Aufhebung des mänien, Bulgarien und Ungarn.
drängt werden. Deshalb würden
Verbots. Nur wenige Wochen späAber auch im Süden der EU, in die CO2-Emmissionen sinken, da
ter erreichten erste Rohöllieferun- Kroatien und Griechenland, will die Erdgas angeblich CO2-neutraler
gen europäische Häfen.
EU nun Infrastrukturen schaffen, um verbrenne. Bei dieser ArgumenAber auch kanadische Energie- künftig flüssiges Erdgas wieder in tation wird allerdings unterschlaunternehmen bereiten sich auf Ex- einen gasförmigen Zustand zu ver- gen, dass bei der Fördermethode
porte über den Atlantik vor. Im Nor- setzen und in die Versorgungsnetze Fracking massiv klimaaktive Gase,
den des Landes wurden bis zum einzuspeisen. Ein Flüssiggas-Termi- Methan und CO2, unkontrolliert
Jahr 2015 vier Exporthäfen geneh- nal im polnischen Swinemünde wur- entweichen. Schließlich liegen die
migt. Sie sind mit Pipelines an die de im Oktober eingeweiht. In Litau- Umweltrisiken und der Energievergroßen Fracking-Regionen wie dem en arbeitet bereits seit zwei Jahren brauch beim Transport von FlüsMarcellus-Play verbunden. Von dort die LNG-Plattform „Independence“. siggas über den Atlantik um ein
können jährlich 42 Milliarden Ku- Eine weitere ist für Estlandgeplant. Vielfaches höher als beim Transbikmeter Erdgas exportiert werden.
Für den Lobby-Verband „Natural port durch eine Pipeline.
Die rechtliche Absicherung hat die Gas Europe“ kündigt William PowDieser Text wurde zuerst auf RT Deutsch
EU bereits durch den Freihandels- ell an, dass in Kürze die LNG-Liefeunter der URL <https://deutsch.rt.com/
wirtschaft/36707-russland-versus-usavertrag mit Kanada, CETA, vorbe- rungen aus den USA beginnen wereiskalte-krieg/> veröffentlicht
reitet. Auch an der US-Küste, in den. „Einige Beobachter sehen LNG
Publiziert auf Free21 am 15.02.2016, 15:10 Uhr, auf rtdeutsch.com
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Publiziert auf Free21 am 15.02.2016, 15:10 Uhr, auf rtdeutsch.com