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Geostrategische Einflussfaktoren der
Weltenergieversorgung
Grafiken aufbereitet von
Dr. Hans-Wilhelm Schiffer, Essen
SS 2015 (Skript 5)
SEITE 1
• Geopolitik ist definiert als die politikwissenschaftliche
Interpretation geographischer Gegebenheiten. Für
ressourcenstrategische Interessen der Länder z. B. um Rohstoffe
und Wasser ist die Subdisziplin Geostrategie relevant.
• Versorgungssicherheit ist definiert als die garantierte
Verfügbarkeit von Energie zu jeder Zeit in ausreichender Menge.
Eine Bewertung des Grades der Versorgungssicherheit muss die
gesamte Wertschöpfungskette mit der Bereitstellung von
Primärenergieträgern, ausreichenden Kapazitäten zur
Umwandlung sowie einer belastbaren Infrastruktur zur Versorgung
der Endverbraucher einbeziehen.
SEITE 2
Zieldreieck der Energiepolitik
Versorgungssicherheit
Ausgewogener
Energiemix
Umweltverträglichkeit
Wirtschaftlichkeit
Akzeptanz und Partizipation gewinnt immer mehr an Gewicht
SEITE 3
• Im („magischen) Zieldreieck der Energiepolitik standen bisher
die geopolitischen Aspekte der Versorgungssicherheit (Grad der
Abhängigkeit von Importenergien von Exportländern in
Krisenregionen) im Mittelpunkt.
• Seit den 1990er Jahren haben die geostrategischen
Einflussfaktoren des Klimawandels kontinuierlich an Gewicht
gewonnen. In Deutschland steht die Umsetzung der mittel- und
langfristigen Klimaschutzziele (Reduktion der CO2-Emissionen) im
Mittelpunkt. International rücken zudem sicherheitspolitische
Aspekte des Klimawandels in den Mittelpunkt (klimabedingte
Konflikte, Landflucht, Flüchtlingsströme, Überschwemmungen,
Wirbelstürme etc.).
SEITE 4
Globaler Energiemix 2013
Primärenergieverbrauch
19,3 Milliarden Tonnen SKE
Brutto-Stromerzeugung
23 Milliarden Megawattstunden
Neue EE
6%
Öl
31 %
Wasser
15 %
Kohle
29 %
Kohle
41 %
Kernenergie
12%
Kernenergie 4 %
Erdgas
22 %
Wasser 6 %
Erdgas
22 %
Öl
4%
Traditionelle Biomasse 5 %
Neue erneuerbare Energien 3 %
Quelle: Weltenergierat-Deutschland, Energie für Deutschland 2014 sowie BP Statistical Review of World Energy June 2014
SEITE 5
Entwicklung des globalen Primärenergieverbrauchs 2003 bis 2013
4,0 Mrd. t SKE Gesamtzuwachs ─ davon entfallen 44 % auf Kohle
Mrd. t SKE
2,5
2
Indien
1,5
1
Kernenergie
11%
China
0,5
0
Öl
Erdgas
Kernenergie Wasserkraft
Andere
erneuerbare
Energien
Kohle*
* Zuwachs restliche Welt kompensiert durch Rückgang USA
Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2014
SEITE 6
Reserven und Ressourcen
nicht-erneuerbarer Energierohstoffe
Reserven 1.362 Mrd. SKE
1,3 % konv. Erdöl
0,5 % Thorium 2,1 % nicht-konv. Erdöl
Uran 1,2 %
2,2 % konv. Erdgas
Braunkohle
nicht-konv. Erdgas
9,3 %
3,7
Uran 2,7 %
Braunkohle
8,2 %
47,8 %
Steinkohle
17,7 %
konv.
Erdöl
Ressourcen 18.203 Mrd. SKE
nicht-konv.
5,0 % Erdöl
18,1 %
konv.
Erdgas
79,7 %
Steinkohle
0,5 % nicht-konv. Erdgas
Quelle: Deutsche Rohstoffagentur (DERA) - Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR),
Energiestudie 2013, Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen, Hannover, Dezember 2013
SEITE 7
• Aktiver Klimaschutz bedeutet letztendlich, dass ein Großteil der fossilen
Ressourcen und Reserven im Boden bleiben muss.
• Für die Eigentümer von Kohle, Gas und Öl hat dies zur Folge, dass ihr
Ressourcenvermögen signifikant vermindert wird (Enteignung für den
Klimaschutz?).
• Die Überwindung von Armut und das Erreichen von Wohlstand war bisher nur
durch die Nutzung fossiler Energieträger möglich. In den Schwellen- und
Entwicklungsländern besteht daher die Angst, sie könnten durch
Klimaschutzmaßnahmen in ihrer Entwicklung wieder in die Armutsfalle
zurückgestoßen werden.
SEITE 8
Entwicklung des Primärenergieverbrauchs weltweit
bis 2035
Mtoe
18.646
17.387
12 %
15 %
3%
13.070
11 %
5%
5%
6%
23 %
2%
24 %
3%
14.908
23 %
4%
10 %
21 %
29 %
Wasserkraft
Kernenergie
27 %
31 %
Erneuerbare
23 %
27 %
Öl
30 %
25 %
Gas
24 %
29 %
Kohle
17 %
2035
Quelle: IEA - World Energy Outlook 2013
SEITE 9
De-dg-245b
• Die weltweiten Investitionen in den Ausbau der Erneuerbaren
sind in den letzten Jahren stark gestiegen. 2014 sind rd. die Hälfte
des Zubaus an Kraftwerken global in den Ausbau von Wind, Sonne,
Biomasse, Geothermie, kleine Wasserkraftwerke und
Müllverbrennung geflossen (103.000 MW, Quelle: Unep). Die
höchsten Investitionen verzeichneten China (83 Mrd. US$), USA
(39) und Japan (36).
• Der Anteil der Erneuerbaren an der globalen Stromerzeugung ist
nach Schätzung der Unep 2014 auf 9 % gestiegen (zum Vergleich:
Deutschland 28 %). Die Investitionsbereitschaft in die Erneuerbaren
wird wesentlich beeinflusst von den finanziellen
Fördermaßnahmen in den einzelnen Ländern, der
Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Öl, Erdgas und Kohle, den
Maßnahmen importabhängiger Länder zur Reduzierung der
Importabhängigkeit sowie der Entwicklung von marktfähigen
Speichertechniken. Derzeit bestehen in 128 Ländern finanzielle
Fördermaßnahmen für Erneuerbare Energien.
SEITE 10
Entwicklung der globalen Stromerzeugung
bis 2035
TWh
39.853
37.087
22.113 3 %
16 %
8%
3%
12 %
4%
14 %
16 %
10 %
Biomasse
23 %
20 %
Wasserkraft
2%
1%
22 %
Sonstige
Erneuerbare
6%
22 %
Kernenergie
18 %
5%
41 %
22 %
12 %
2%
12 %
32.295
Gas
19 %
33 %
40 %
Öl
1%
14 %
Kohle
2035
Quelle: IEA, World Energy Outlook 2013
SEITE 11
De-dg-245c
• Große Stromausfälle (Blackout): Türkei März 2015, 76 Mio.
Menschen ohne Strom, Indien Juli 2012, 600 Mio. ca. 1 Tag, USA
September 2011, 5 Mio. Menschen, Europa 2006, Teile Europas 2
Stunden ohne Strom
• Geschätzte volkswirtschaftliche Kosten eines Blackout in
Deutschland (Quelle: HWWI) für eine Stunde: morgens 6.00 Uhr
ca. 274 Mio. Euro, Mittagszeit ca. 590 Mio. Euro.
SEITE 12
Weltweite energiebedingte CO2-Emissionen
Milliarden Tonnen
22,0
24,1
27,9
30,9
32,5
EU-27
USA
Andere Industriestaaten*
China
Indien
andere Entwicklungsund Schwellenländer**
* Annex-I-Staaten
** Nicht-Annex-I-Staaten (einschl. Bunkermengen)
Quelle: H.-J. Ziesing, ET, 09/2013
SEITE 13
Weltweite Verteilung der Kohlereserven
(Mrd. t SKE)
46 GUS
13
22
197
Europa
18
3
VR
China
147
112
1
Nordamerika
2
Mittel- und
Südamerika
8
Afrika
Indien
2
66
6
sonstiges
Asien 17
29
Australien
14
55
3 1
Neuseeland
Braunkohle
Steinkohle
insgesamt: 761 Mrd. t SKE
davon Steinkohle: 650 Mrd. t SKE
Braunkohle: 111 Mrd. t SKE
Quelle: Deutsche Rohstoffagentur (DERA) - Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR),
Energiestudie 2013, Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen, Hannover, Dezember 2013
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Weltweite Verteilung der Reserven*
an Erdöl und Erdgas
(Mrd. t SKE)
GUS
Nordamerika
14
48
Europa
6 3
Mittel- und
Südamerika
10
44
Afrika
19
26
25
80
„Strategische Ellipse“
Zwei Drittel der
weltweiten Erdölund Erdgasreserven
104 Naher
Osten
155
Pazifik
9
22
Australien
Erdöl
insgesamt:
309 Mrd. t SKE
Erdgas insgesamt:
254 Mrd. t SKE
* einschließlich nicht-konventionelle Reserven
Quelle: Deutsche Rohstoffagentur (DERA) - Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR),
Energiestudie 2013, Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen, Hannover Dezember 2013
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Produktion von konventionellem und
nicht-konventionellem Erdöl
nach Odell 2001
Mrd. t Öläquivalent
Voraussetzungen
> Golfstaaten steigern Förderkapazitäten
in den nächsten Jahren beträchtlich
(mit Hilfe von ausländischem Kapital)
> bei Annäherung an konventionellen
Peak signifikant höhere Preise
konventionell
nicht konventionell
SEITE 16
• Die seit 2014 stark gesunkenen Ölpreise widerlegen nach Ansicht div.
Analysten die Peak-Oil-Hypothese (u.a. M. K. Hubbert) als auch
Mutmaßungen über ständig weiter steigende Rohölpreise.
• Rohölmärkte verhalten sich nach bisherigen Erkenntnissen zyklisch (sog.
Schweinezyklus). Bei niedrigen Preisen wird wenig in Exploration und
Erschließung neuer Ölfelder investiert (Beispiel Asiens wirtschaftliche Krise
1998 mit Preisen unter 10 US$ pro Barrel). Trifft das niedrige Angebot auf
stark steigende globale Nachfrage (wie zuletzt durch Chinas Wachstums
bis zur Finanzmarktkrise 2008), steigen die Ölpreise bis zum bisherigen
Allzeithoch von knapp 150 US$. Bei stabil hohem Preisniveau werden
wieder mehr Investitionen in die Erhöhung des Angebots getätigt mit der
Folge wieder sinkender Preise.
SEITE 17
• Neben hohen Preisen hat auch der technologische Fortschritt Einfluss. Das sog.
Fracking ermöglicht die wirtschaftliche Gewinnung der als unkonventionelle
Vorkommen bezeichneten Schieferöle. Die USA konnten mittels Fracking den
Rückgang der heimischen Ölproduktion stoppen und ihre Ölimporte zwischen
2003 und 2013 nahezu halbieren. Durch Fracking-Öl standen dem Weltmarkt in den
vergangenen Jahren ein um 5 % erhöhtes Ölangebot zur Verfügung.
• Ungewöhnlich ist die Reaktion der OPEC-Länder (derzeit 40 % der globalen
Ölproduktion), die auf nachhaltig fallende Preise bisher mit Förderkürzungen
reagierten. Vor allem der weltweit größte Ölproduzent, Saudi-Arabien, hat seine
bisherige Rolle als sog. Swing Producer vorerst aufgegeben und sein Angebot trotz
fallender Preise nicht verringert. Als Grund für den Strategiewechsel gilt die Sorge um
Marktanteile und Marktmacht der OPEC. Durch eine Limit-Pricing-Strategie will
man durch die Beschränkung des Rohölpreises weitere Investitionen in die
Schieferölproduktion in den USA verhindern und Marktanteile verteidigen.
SEITE 18
• Die Ölimport-Ländern profitieren massiv von den niedrigen
Rohölpreisen. Bei derzeitigen Preisen von rd. 60 US$ werden
gegenüber früheren 100 US$ pro Jahr über 1.300 Mrd. US$ zu Lasten
der Produzenten-Länder umverteilt (Quelle: RWI Essen).
• Als Preisfaktor geopolitischer Natur gilt in den letzten Jahren der
steigende fiskalische Break-even-Preis. Auf diesen Ölpreis haben die
Ölexport-Länder ihr Staatsbudgets ausgerichtet. Eine kurzfristige
Anpassung der Ölfördermenge würde u.a. poltische und soziale
Unruhen aufgrund der Kürzung von sozialen Leistungen zur Folge
haben.
• Niedrige Ölpreise wirken auf der anderen Seite ÖlSubstitutionsprozessen (Ausbau Erneuerbarer Energien,
Effizienzmaßnahmen bei Gebäuden, Mobilität, Klimaschutz etc.)
entgegen. Der Fuel-Switch kann so an Attraktivität einbüßen.
SEITE 19
• Die internationalen Energiemärkte sind seit Beginn der Dekade
von hoher Unsicherheit geprägt. Die niedrigen Ölpreise
suggerieren nur scheinbar Entspannung. Investitionen in neue
Explorations- und Förderprojekt werden vertragt, die Gefahr von
neuen Preisschüben und Versorgungsrisiken bleibt bestehen.
• Weitere geopolitische Risiken sind die verschiedenen teils
kriegerischen Auseinandersetzungen im Mittleren Osten, in
die wichtige Exportländer wie Saudi-Arabien und Iran verwickelt
sind. Die Russland-Ukraine-Krise schwelt weiter. Der Erdöl- (und
Erdgas-) Preisverfall kann diese Krisen nach verstärken.
SEITE 20
Kommerziell attraktive Preise für ausgewählte
Förderländer - gemessen an „breakeven cost“
und „budget breakeven“
Quelle: Internationale Energie-Agentur, World Energy Outlook 2011, Paris, November 2011
SEITE 21
Langfristige Kostenkurve
für die Versorgung mit Gas
Quelle: International Energy Agency, Resources to Reserves 2013, Paris 2013, S. 231
SEITE 22
Konzentration der globalen Gasreserven
Billionen Kubikmeter
200
180
185,7
Südamerika
Afrika
160
140
120
58 % der Reserven auf nur vier Länder konzentriert
Mittlerer
Osten
Katar
32 %
Iran
100
80
60
40
Turkmenistan
Andere nicht
OECD-Staaten
26 %
Russland
20
0
OECD
Auf OECD-Staaten entfällt 1/10
Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2014
SEITE 23
Umfangreiche weltweite Gasreserven
Russische Barentsee
Norwegische
58%
vorhanden
3,500
Barentsee
konventionelle
Ressourcen
Norwegische See 700
300
Norwegische Nordsee
1,600
Dänemark
Großbritannien
200
84
811
tcm
Russland
Westsibirien
(Urengoy,
Yamburg,
Bovanenko
u.a.)
32,000
4,100
Niederlande1,000
Deutschland100
Italien 100
1,300 Usbekistan
Kasachstan
1,100
42%
unkonventionelle
Ressourcen
Statistische Reichweite: 240 Jahre
(bei gegenwärtigen Produktionsraten)
17,000
Turkmenistan
Algerien
Libyen
1,500
4,500
Iran
33,000
SaudiArabien
8,200
6,100
V.A.E.
25,000
Nigeria
5,200
1 m³ = 11.5 kWh
Quelle: IEA World Energy Outlook 2013
2
SEITE 24
24
Europäische Diversifizierung bereits stetig
verbessert
Russland
Nordsee
4. Korridor (2)
LNG
Nordsee
Gegenwärtige & künftige
Versorgungsmöglichkeiten
Russland
Traditionelle Versorgungsquellen
Nordafrika (1)


LTCs Russland / Nordafrika
Nordseeproduktion
Nordafrika (1)




Östl.meer (4)
LTCs Russland / Nordafrika
LNG-Importe
Vierter Korridor
Östliches Mittelmeer (4)
1) Nur Pipeline 2) Aserbaidschan, Irak, Iran, Turkmenistan 3) inkl. Unconventionals ab 2015 4) Leviathan
2
5
SEITE 25
Fortschreitende Globalisierung LNG
Handels
Global LNG flows (2012)
10
4
Europe
FSU
Europe*
47 mtpa
14
North
America
JTK
Americas
19 mtpa
Main LNG Exporters to Europe 2012**
Qatar
22.7 mtpa
Algeria
10.4 mtpa
Nigeria
8.6 mtpa
Asia
167 mtpa
Africa
Mid
East
China &
India
Latin
America
Pacific
Main LNG Importers in Europe 2012**
Spain
14.5 mtpa
UK
10.4 mtpa
France
7.2 mtpa
Key Import Region
4
Regional price in $/MMBTU
* incl. Turkey
** Source: GIIGNL
26
SEITE 26
• Analog zum Öl ist die Versorgungssicherheit beim Erdgas nicht
allein auf die physische Sicherheit der Importe zu reduzieren. Vielmehr
sind neben geo- und sicherheitspolitischen auch ökonomische
Fakten und Risiken zu berücksichtigen. Hierbei steht die Fähigkeit der
relevanten Unternehmen im Mittelpunkt, die für die Aufrechterhaltung
der Erdgasversorgung notwendigen Investitionen zu tätigen.
• Die Erdgas-Infrastruktur ist kapitalintensiv und meist für eine
jahrzentlange Lebensdauer ausgelegt. Die damit verbundenen
ökonomischen Eigenschaften führen zumindest beim
pipelinegebundenen Transport zu natürlichen Monopolen. Aufgrund
diverser wirtschafts- und umweltpolitischer Externalitäten steht Erdgas
besonders im Focus der Politik, denn die Infrastruktur ist meist
grenzüberschreitend. Dadurch müssen Produzenten- und
Konsumentenländer verbunden werden. Die Schaffung eines
gemeinsamen Regulierungsrahmens stößt in der Praxis häufig an
Grenzen, insbesondere in Europa. Es kommt daher zu politischen
Interventionen, die die Investitionen von Erdgasprojekten
nachträglich revidieren.
SEITE 27
• Die EU-Gasversorgung wir zu nahezu 2/3 durch Importe gedeckt, davon ein
Großteil aus Russland. Da Russland und die Ukraine, letzteres das
traditionell wichtigste Transitland in einen kriegsähnlichen Konflikt verwickelt
sind, haben die Aspekte der physischen Versorgungssicherheit aktuell
einen hohen politischen Stellenwert.
• Weiterhin ist die Lage auf den Erdgasmärkten durch die Liberalisierung der
Energiemärkte und die Dekarbonisierung der Energiewirtschaften
beeinflusst. Einerseits hat sich das Marktumfeld für netzgebundene Energien
aufgrund der Liberalisierung stark gewandelt. Andererseits wird die
langfristige Perspektive von Erdgas in Deutschland infrage gestellt, obwohl
Erdgas ein relativ großes CO2-Vermeidungspotential hat.
• Mit der Liberalisierung ab 1998 endete das sog. „Groningen System“ der
1950er Jahre über Bezugsverträge mit sehr langen Laufzeiten, festen Lieferund Abnahmemengen (take-or-pay) sowie Erdgaspreisen, die an wichtige
Substitute (insbes. Öl) gekoppelt waren (net back pricing). Mit der
Liberalisierung wurde in der EU der Zugang für Dritte und die Entflechtung
von integrierten Erdgasunternehmen durchgeführt. Der europäische
Erdgasmarkt hat sich mittlerweile - auch angesichts der verbesserten
Wirtschaftlichkeit von LNG sowie dem aktuellen Erdgasüberangebot – von
einem seller’s zu einem buyer’s market entwickelt.
SEITE 28
• Die Hoffnungen der europäischen Erdgasbranche nach einem „Golden
Age of Gas“ aufgrund der relativ niedrigen CO2-Emissionen des
Erdgases werden offenbar enttäuscht. So gehen aktuelle Prognosen
(Eurogas) davon aus, dass der europäische Erdgasbedarf 2035
allenfalls stagniert oder sogar um 10 % unter dem von 2010 liegt.
Durch Effizienzgewinne im Gebäudesektor erwartet man eine reduzierte
Erdgasnachfrage, die über 20 % des aktuellen Gesamtverbrauchs der
EU ausmacht.
• Auch in der Stromerzeugung ändert sich die Rolle des Erdgases im
Zuge der Dekarbonisierung und der Privilegierung der erneuerbaren
Energien. Erdgas als „Brückentechnolgie“ für die Dekaden bis zur
weitgehenden Umstellung auf Erneuerbare ist derzeit kaum absehbar.
Während die Stromerzeugung mit Erdgas früher der wichtigste Treiber
für den steigenden Erdgasverbrauch war, so hat sie sich seit 2009 um
ein Viertel verringert. Die Stromerzeugung selbst ist aber seitdem um 3
% gestiegen.
SEITE 29
• Im Verkehrssektor spielt Erdgas als CNG oder LNG neben
Elektrizität zur Substitution von Benzin und Diesel eine wichtige
Rolle. Während CNG-Erdgasfahrzeuge ein Nischendasein fristen,
könnte LNG eine Alternative im Lastverkehr sowie in der (Binnen-)
Schifffahrt darstellen. Insgesamt erwartet man im Verkehrssektor
bis 2020 eine Verzehnfachung des Erdgasbedarfs. Dieser dürfte
jedoch die Einbußen aus dem Wärme- und Stromsektor nicht
ausgleichen.
• Die Versorgungssicherheit im europäischen Erdgasgeschäft muss
differenziert betrachtet werden. Während Marktakteure politische
Risiken in den Produzenten- und Transitländern sehen, werden
Upstream-Investitionen teilweise gesteigert. Sollte sich der EUMarkt als nicht attraktiv erweisen, bestehen über LNG als
Exportmethode oder neue Pipelines in die Türkei oder nach China
die Variante, dass Erdgas in andere Richtungen fließen wird.
SEITE 30
Weltweite Verteilung der Reserven an Uran
GUS
Nordamerika
Europa
0,3
6,9
5,7
3,1Sonstiges Asien
Afrika
1,8
Mittel- und 2,8
Südamerika
Australien
16,4
Insgesamt: 37,0 Mrd. t SKE
Quelle: Deutsche Rohstoffagentur (DERA) - Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR),
Energiestudie 2013, Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen, Hannover, Dezember 2013
SEITE 31
SEITE 32
Kernenergie weltweit
KKW
in Betrieb
Leistung in
MW
KE-Anteil an der
Stromzeugung des
Landes in %
Argentinien
2
1.005
7
Armenien
1
408
42
Belgien
7
6.092
54
Brasilien
2
2.007
3
Bulgarien
2
2.000
44
China
10
8.074
Deutschland
17
21.366
26
4
2.800
28
Frankreich
59
66.160
78
Großbritannien
19
11.902
19
Indien
16
3.800
3
Japan
56
49.860
30
Kanada
18
13.360
16
Korea (Republik)
20
18.393
39
Litauen
1
1.300
70
Mexiko
2
1.366
5
Niederlande
1
515
4
Pakistan
2
462
3
Rumänien
1
706
9
Russland
31
23.242
Schweden
10
Finnland
9. 406
2
33
16
48
SEITE 33
Land
KKW
in Betrieb
Nennleistung,
MWe, brutto
KE-Anteil an der
Gesamterzeugung in
Prozent
Schweiz
5
3.372
37
Slowakische Republik
5
2.200
57
Slowenien
1
727
40
Spanien
8
7.728
20
Südafrika
2
1.888
4
Taiwan
6
5.144
22
Tschechische Republik
6
3.734
32
Ukraine
15
13.818
48
Ungarn
4
1.866
38
USA
104
104.787
19
Gesamt
437
389.488
Stand: Ende 2013
SEITE 34
Die zehn größten Förderer und Verbraucher
von Öl 2013
Förderung in Mio. t
Verbrauch in Mio. t
1. Saudi Arabien
542,3
1. USA
831,0
2. Russland
531,4
2. China
525,1
3. USA
446,2
3. Japan
208,9
4. China
208,1
4. Indien
175,2
5. Kanada
193,0
5. Russland
153,1
6. Iran
166,1
6. Saudi Arabien 135,0
7. VAE
165,7
7. Brasilien
132,7
8. Irak
153,2
8. Deutschland
112,1
9. Kuwait
151,3
9. Südkorea
108,4
10. Mexiko
141,8
10. Kanada
103,5
Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2014
SEITE 35
Haupt-Handelsströme bei Öl 2013
Angaben in Mio. t
23,8
295,0
32,3
154,5
24,7
45,6,4
63,3
25,0
102,6
31,5
16,8
164,2
74,1 28,7
100,1
72,9
52,6
USA
Kanada
Mexiko
Mittel- und
Südamerika
Europa und
Eurasien
Mittlerer Osten
Afrika
Asien/Pazifik
16,5
83,8
161,8
53,0
17,4
124,6
29,4
24,4
19,1
56,9
18,2
227,2
18,7 38,5
31,5
19,5
26,8
53,5
30,7
Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2014
SEITE 36
Die zehn größten Förderer und Verbraucher
von Erdgas 2013
Förderung in Mrd. Kubikmeter
Verbrauch in Mrd. Kubikmeter
1. USA
687,6
1. USA
737,2
2. Russland
604,8
2. Russland
413,5
3. Iran
166,6
3. China
164,2
4. Katar
158,5
4. Iran
162,2
5. Kanada
154,8
5. Japan
116,9
6. China
117,1
6. Kanada
103,5
7. Norwegen
108,7
103,0
8. Saudi Arabien
103,0
7. SaudiArabien
8. Deutschland
83,6
9. Algerien
78,6
9. Mexiko
82,7
10. Indonesien
70,4
10. Großbritannien
73,1
Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2014
SEITE 37
Haupt-Handelsströme bei Erdgas 2013
Angaben in Mrd. Kubikmeter
136,2
48,9
26,2
27,8
5,6
78,9
11,6
35,4
12,0
25,8
2,2
23,8
18,6
30,0
14,4
2,0
35,8
24,4
29,1
4,7
5,6
27,4
8,6
19,9
6,7
15,1
8,0
4,0
16,1
USA
Kanada
Mexiko
Mittel- und
Südamerika
Europa und
Eurasien
Mittlerer Osten
Afrika
Asien/Pazifik
7,6
3,6
6,8
10,7
4,8
Pipeline Gas
LNG
Quelle: BP Statistical Review of World Energy 2014
SEITE 38
North America leads the world in shale gas
production in 2012
shale gas production
billion cubic feet per day
other gas
Source: U.S. Energy Information Administration; LCI Energy Insight; Canada National Energy Board; Facts Global Energy
SEITE 39
U.S. production grows rapidly, particularly natural
gas, renewables, and liquids in the near term
U.S. energy production
quadrillion Btu
History
Projections
2012
2025
Natural gas
31%
11%
21%
Crude oil and natural gas plant liquids
2040
34%
38%
11%
12%
Renewables
24%
20%
Coal
26%
23%
22%
Nuclear
10%
8%
8%
Source: AEO2014 Early Release (December 2013)
SEITE 40
Shale gas leads U.S. production growth
U.S. dry natural gas production
trillion cubic feet
History
2012 Projections
Shale gas
Non-associated onshore
Tight gas
Non-associated offshore
Associated with oil
Coalbed methane
Alaska
Source: AEO2014 Early Release (December 2013)
SEITE 41
Non-hydro renewable generation more than
doubles between 2012 and 2040
non-hydropower renewable generation
billion kilowatthours per year
History
2012Projections
Wind
Biomass
Power sector
Industrial CHP
Solar
Geothermal
Municipal waste
Source: AEO2014 Early Release (December 2013)
SEITE 42
Weltsteinkohlenförderung und Seehandel 2013
Steinkohlenförderung
7,2 Mrd. t
Welthandel (maritim)
1.142 Mio. t = 16 %
davon
863 Mio. t Kesselkohle
279 Mio. t Kokskohle
Quelle: VDKI, Hamburg 2014
SEITE 43
Förderung und Exporte von Steinkohlen 2013
China
USA
Indien
Australien
Russland
Indonesien
Südafrika
Förderung
3.700
905
489
554
411 325
247
352
342 246
236
245
Kasachstan
Kolumbien
Ukraine
Polen
Kanada
Vietnam
Großbritannien
Deutschland
Exporte im Seeverkehr
7
100
359
131
335
73
120
86 75
84
77 6
69 38
43 13
13
8
Millionen Tonnen
Quelle: VDKI, Hamburg 2014
SEITE 44
Haupt-Handelsströme im Seeverkehr mit
Steinkohlen 2013
Angaben in Mio. t
Seeverkehr: 1.142 Mio. t
davon 863 Mio. t Kesselkohle
279 Mio. t Kokskohle
Weltsteinkohlenförderung: 7,2 Mrd. t
Quelle: VDKI, 2014, vorläufig
SEITE 45
Beitrag von Kohle zur Stromerzeugung 2012
Südafrika*
Polen
Kasachstan*
China*
Serbien*
Australien
Israel
Indien*
Griechenland
Bulgarien*
Tschechien
Taiwan*
Deutschland
Indonesien*
Süd-Korea
Großbritannien
USA
Welt
93%
93
51
80
78
76
48
22
70
61
56
45
45
9
9
41
21
44
42
40
36
37
84 %
2 82 %
0 %
78
76 %
70 %
70 %
68 %
33
7
56 %
54 %
54 %
49 %
8
47 %
26
44 %
42 %
40 %
2 38 %
4 41 %
Steinkohle
Braunkohle
Quelle: IEA, Electricity Information, Paris 2013 (*für Nicht OECD-Staaten Angaben für 2011)
SEITE 46
Ranking in der Nutzung von
erneuerbaren Energien
Wasserkraft
Sonne, Wind, Geothermie,
Biomasse in Mio. toe
in Mio. toe
206,3
1. USA
58,6
2. Kanada
88,6
2. China
42,9
3. Brasilien
87,2
3. Deutschland
29,7
4. USA
61,5
4. Spanien
16,8
5. Russland
41,0
5. Brasilien
13,2
6. Indien
29,8
6. Italien
13,0
7. Norwegen
29,2
7. Indien
11,7
1. China
8. Venezuela
19,0
8. Großbritannien
10,9
9. Japan
18,6
9. Japan
9,4
10. Frankreich
15,5
10. Frankreich
5,9
Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2014
SEITE 47
Weltweites Ranking Wind- und PV-Kapazität
2013
Wind (MW)
Photovoltaik (MW)
1. China
91.460
1. Deutschland 35.948
2. USA
61.292
2. China
18.300
3. Deutschland
34.316
3. Italien
17.600
4. Spanien
22.898
4. Japan
13.643
5. Indien
20.226
5. USA
12.022
6. Großbritannien
10.976
6. Spanien
4.828
7. Italien
8.448
7. Frankreich
4.632
8. Frankreich
8.120
8. Australien
3.255
9. Kanada
7.813
2.983
10. Dänemark
4.747
9. Belgien
10. Großbritannien
2.892
Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2014
SEITE 48
Wichtigste Treiber der mittel- und langfristigen
Preistrends auf dem Welt-Erdölmarkt
> Nachfrage nach Öl (wirtschaftlicher Boom/Wirtschaftskrise)
> Reserven-Höhe und regionale Verteilung
> Gewinnungskosten und Royalties
> Angebotssteuerung durch die OPEC
> Höhe der Reservekapazität bei OPEC-Staaten
> Politische Spannungen in Lieferländern
> Investitionen in den Aufschluss neuer Förderkapazitäten
> Preis-Spekulation
SEITE 49
Bestimmungsfaktoren der langfristigen
Preistrends auf dem Welt-Steinkohlenmarkt
> Nachfrage nach Steinkohlen
> Reserven-Höhe und regionale Verteilung
> Gewinnungskosten und Abgaben
> Seefrachtraten
> Marktmacht der Anbieter
> Preise der Konkurrenzenergien und CO2-Preise
> Umweltpolitisch motivierte Eingriffe in Märkte
> Internationalisierung des Treibhausgas-Emissionshandelssystems
SEITE 50
Treiber der künftigen internationalen Preise
für Erdgas
> Nachfrage nach Erdgas
> Reserven-Höhe und regionale Verteilung
> Infrastruktur – Investitionen – Aufschluss von Förderkapazitäten, Pipeline-Ausbau, Ausbau LNG-Tankerflotte
sowie Verlade- und Anlandeeinrichtungen
> Marktmacht der Anbieter
> Kosten der Bereitstellung
> Entwicklung der Ölpreise
SEITE 51
Weltmarktpreise für Rohöl
in realen Größen
(Preisstand 2012)
USD/Barrel
in nominalen Größen
(jeweilige Preise)
216
183
109
113
116
121
128
2012 2020 2025 2030 2035
136
156
109
2012 2020 2025 2030 2035
Quelle: International Energy Agency, World Energy Outlook 2013, New Policies Scenario, Paris, November 2013, S. 48
SEITE 52
Erdgaspreise nach Regionen
in realen Größen
(Preisstand 2012)
USD/MBtu
in nominalen Größen
(jeweilige Preise)
25,1
21,7
20
19,1
16,9
Japan
14,2 14,2 14,4 14,9
(Importe)
16,9
10
11,7
11,9
12,0
12,3
16,1
14,2
11,7
11,6
USA
0
2,7
5,1
5,6
6,0
6,8
2012 2020 2025 2030 2035
21,5
18,5
Europa
12,7(Importe)
17,1
6,1
7,5
9,1
2,7
2012 2020 2025 2030 2035
Quelle: International Energy Agency, World Energy Outlook 2013, New Policies Scenario, Paris, November 2013, S. 48
SEITE 53
Die großen technologischen Game-Changers
> Batterien zu günstigen Kosten
> Umfangreiche Smartgrids und
Smartmeters mit Big Data
> PV-Zellen und begleitende Geräte die
wirklich chinesische Kohle ersetzen
30/09/2014
SEITE 54
Fazit
> Fast 90 % des Welt-Energiemarktes findet sich außerhalb der EU statt. Das
reduziert die europäische Nachfrage-Macht und den Einfluss, die
Spielregeln in der globalen Energieversorgung mitzubestimmen.
> Demgegenüber ist der Aufstieg der Schwellen- und Entwicklungsländer bei
Industrialisierung und steigenden Ansprüchen an den Lebensstandard und
dem damit verbundenen wachsenden Energieverbrauch ungebrochen.
> Die Reserven an Öl, Erdgas, Kohle und Uran reichen noch lange Zeit zur
Deckung des Bedarfs. Die Verfügbarkeit der fossilen Energieträger wird
jedoch bei entsprechend aktiver Klimapolitik limitiert.
> Die EU ist sich weitgehend darin einig, die CO2-Emissionen zu senken. Für
eine aktive Klimapolitik reichen jedoch Ermahnungen, Apelle an die bessere
Einsicht und abstrakte Klimaschutz-Ziele nicht aus. Südostasien und
Südamerika werden sich nicht von ihrem Bestreben abbringen lassen, mehr
Wohlstand und mehr Macht zu erlangen.
SEITE 55