Der Fall [ kostenlos ]

Juristische Lehrgänge
Verlagsges.mbH & Co. KG
Alter Fischmarkt 8
48143 MÜNSTER
Seit einiger Zeit bieten wir den Kunden des Klausurenkurses mit Korrektur die Möglichkeit, die eigenen Ausarbeitungen auch per E-Mail in eingescannter Form als PDF-Datei zur Korrektur einzusenden.
Als weitere Neuerung führen wir nun sukzessive die digitale Korrektur derjenigen Ausarbeitungen ein,
die uns per Mail eingeschickt werden. Damit auch Ihre Ausarbeitung digital korrigiert werden kann,
müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
•
der Betreff Ihrer Mail muss wie folgt aufgebaut sein:
Ihr Nachname – Ihre Kundennummer – Klausurnummer
Beispiel: Mustermann – 123456 – D45
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der Name der PDF-Datei Ihrer Ausarbeitung muss ebenfalls den gleichen Aufbau haben
Ihr Nachname – Ihre Kundennummer – Klausurnummer
Beispiel: Mustermann – 123456 – D45.pdf
•
pro E-Mail bitte nur eine Ausarbeitung einsenden
•
Ihre Ausarbeitung senden Sie bitte an die E-Mailadresse [email protected]
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir in der Einführungsphase nicht garantieren können, dass
Ihre Ausarbeitung digital korrigiert wird, auch wenn sie die oben genannten Kriterien erfüllt. Wir behalten uns vor, Ihre Einreichung auszudrucken, sie auf herkömmlichem Weg korrigieren zu lassen und
Ihnen per Post zurückzusenden. Mittelfristig streben wir aber die digitale Korrektur sämtlicher digitaler
Klausureinreichungen an.
Natürlich haben Sie auch weiterhin die Möglichkeit, Ihre Ausarbeitung per Post an uns einzusenden.
Diese wird dann auf herkömmlichen Weg korrigiert und an Sie zurückgeschickt.
Falltext
A 970
14.12.2015
Karl Grabowski (K) aus Hannover geht am 07.12.2015 zu seinem Anwalt Dr. Stölting (S) und erzählt ihm
Folgendes:
„Sie müssen mir unbedingt in zwei Angelegenheiten helfen. Das letzte Jahr war wirklich ganz bescheiden
für mich. Alles, was schief gehen konnte, ist schief gegangen. Sie kennen doch bestimmt das Bordell
,Flotte Lotte‘ an der Ecke Steintor. Ich bin da ganz zufällig mal vorbeigekommen, das war im Januar 2014.
Naja und dann habe ich eben auch mal reingeschaut. Ich konnte ja nicht ahnen, welche Konsequenzen
dieser einmalige Besuch für mich hat. Auf jeden Fall bin ich ganz übel über den Tisch gezogen worden.
Als ich nämlich wieder ging, fehlten mir 50 Euro in meinem Portemonnaie, die sich vorher dort definitiv
befunden hatten. Die Dame, bei der ich war, hatte mich eiskalt bestohlen. Sowas lasse ich aber auf gar
keinen Fall mit mir machen, da kennen die Damen und Herren mich aber schlecht.
Ich bin also eine Woche später, am 12.01.2014, nochmal in die ,Flotte Lotte‘, diesmal mit Stinkbomben
bewaffnet, die ich dann schön in die einzelnen Zimmer geworfen habe. Das stank vielleicht, Sie machen
sich ja keine Vorstellung. Zufälligerweise bin ich ein paar Tage später auf die Website des Bordells gegangen, und da traf mich doch der Schlag: Der Bordellbetreiber Benno Bach (B) hatte doch glatt ein Foto
aus der Überwachungskamera von mir veröffentlicht. Darunter stand: ,Wer uns die Identität dieses Mannes sagen kann, bekommt eine Belohnung von 2.000 Euro.‘
Ja, da saß ich aber in der Zwickmühle, kann ich Ihnen sagen. Ich, veröffentlicht mit Foto auf einer Bordellseite. Nicht auszudenken, was meine Bekannten und vor allem meine Frau gesagt hätten, hätten sie das
gesehen. Ich bin deshalb am 27.01.2014 nochmal zu dem Bordell gefahren und habe meine Identität
selbst verraten. Der Bordellbetreiber B erzählte mir, dass er wegen des Gestanks der Stinkbomben für
drei Tage das Geschäft schließen musste und ihm dadurch ein Schaden von geschätzt 14.000 Euro entstanden sei, den ich ihm jetzt gefälligst zu ersetzen hätte. Ich meinte zu ihm, er solle erst einmal so
schnell wie möglich mein Foto von der Internetseite nehmen. Er erwiderte, das würde er nur tun, wenn
ich auf der Stelle mit ihm zu seinem Notar ginge und dort ein Schuldanerkenntnis über die 14.000 Euro
unterschreiben würde. Ansonsten würde er mein Foto weiter veröffentlicht lassen.
Tja, Herr Dr. Stölting, da blieb mir doch nichts anderes übrig, als mich dem Willen des B zu beugen. Ich
bin also mit ihm zu seinem Notar gegangen. Dort habe ich unterschrieben, dass ich mich wegen des
Schadens, der dem B wegen meines Werfens mit den Stinkbomben am 12.01.2014 entstanden ist, verpflichten würde, an den B einen Betrag in Höhe von 14.000 Euro zu zahlen.
Das habe ich aber wirklich nur unterschrieben, damit der B das Foto von mir von seiner Internetseite
entfernt. Außerdem scheint mir der geschätzte Schaden von 14.000 Euro viel zu hoch zu sein. Sowas
kann doch rechtlich nicht Bestand haben, wir haben doch schließlich Gesetze in Deutschland. Weil ich
noch nicht gezahlt habe, hat er mir nun angedroht, den Gerichtsvollzieher einzuschalten. Wir hatten
nämlich in der notariellen Urkunde vereinbart, dass ich mich hinsichtlich der 14.000 Euro der sofortigen
Zwangsvollstreckung in mein Vermögen unterwerfe. Der B versprach in derselben Urkunde, meine Fotos
aus dem Internet herauszunehmen, sobald ich meine Zahlungszusage erfüllt hätte. Ich habe dem B aber
gesagt, dass ich das notarielle Schuldanerkenntnis als null und nichtig ansähe, da ich es nur unterschrieben habe, weil er mich so unter Druck gesetzt hat.
Herr Dr. Stölting, können wir denn was gegen die drohende Zwangsvollstreckung unternehmen? Das
kann doch nicht zulässig sein.
Aber damit noch nicht genug. Es kam, wie es kommen musste. Meine Frau (F) hatte im Januar 2014 nach
einem Wink durch einen Bekannten mein Foto auf der Internetseite des B gesehen. Seitdem lebe ich
alleine in einer kleinen und kahlen Zweizimmerwohnung in Hannover. Meine Frau, die nach Heilbronn
gezogen ist, habe ich erst im April dieses Jahres vor Gericht wieder gesehen, weil sie Trennungsunterhalt
in Höhe von insgesamt 6.000 Euro für den Zeitraum von Februar 2014 – Februar 2015 geltend gemacht
hat.
Im März 2015 bin ich arbeitslos geworden. Wir haben dann einen Vergleich über den gerade erwähnten
Trennungsunterhalt in Höhe von 6.000 Euro vor dem Gericht geschlossen, in dem ich mich ebenfalls der
sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen habe. Ich sehe aber überhaupt nicht ein, ihr auch nur einen
Cent an Trennungsunterhalt zu zahlen, solange sie nicht bereit ist, unseren gemeinsamen Hausrat, den
Fortsetzung des Falltextes A 970
sie nach unserer Trennung mit in ihre neue Wohnung genommen hat, zwischen uns aufzuteilen. Sie
verweigert jedes Mal, wenn ich sie darauf anspreche, die Herausgabe einzelner Hausratsgegenstände.
Zudem schuldet mir meine Frau eh noch 6.000 Euro. Sie wollte nämlich nach der Trennung unbedingt
mein Auto haben. Da habe ich ihr gesagt, das Auto sei noch 6.000 Euro wert und deshalb würde sie es
auch nur dafür bekommen. Wir haben dann einen schriftlichen Kaufvertrag aufgesetzt, den ich auch
heute dabei habe. Die 6.000 Euro habe ich allerdings bisher nicht gesehen, obwohl ich meiner Frau das
Auto bereits übergeben habe. Können wir das nicht mit der Forderung aus dem Trennungsunterhalt
einfach verrechnen, Herr Anwalt?
Ich habe jetzt Angst, dass auch wegen des Trennungsunterhalts gegen mich die Zwangsvollstreckung
betrieben wird. Aber meine Einwendungen gegen den gerichtlichen Vergleich sind doch hieb- und stichfest, da kann dann doch auch die Zwangsvollstreckung nicht mehr zulässig sein, oder doch?“
Vermerk für den Bearbeiter:
Bitte prüfen Sie in einem Gutachten – für beide Vorfälle getrennt voneinander – die Erfolgsaussichten
eines Rechtsbehelfs, der sich gegen die Zulässigkeit der jeweiligen Zwangsvollstreckung richtet. Zweckmäßigkeitserwägungen des Anwalts sind nicht anzustellen.