10 JAHRE BUNDESPOLIZEI Silber, rot, blau: Das Corporate Design der Bundespolizei zieht sich durch alle Bereiche – Fahrzeuge, Schilder, Publikationen. Reformen und Modernisierungen Das erste Jahrzehnt seit der Schaffung des Wachkörpers Bundespolizei war von umfangreichen weiteren Reformen und Modernisierungen geprägt. M 6 richtiger Schritt in einer Welt immer größerer Sicherheitsherausforderungen erwiesen. Die Reform ist in Rekordzeit erfolgt und kann als echter Erfolg bezeichnet werden. Im Zentrum standen und stehen aber die hoch motivierten Angehörigen der Bundespolizei, die täglich Außergewöhnliches für die Sicherheit in unserem Land leisten“, betont Mikl-Leitner Vertretern des BMI wurde für das Projektteam zur Umsetzung der Polizeireform am 28. September 2005 der Anerkennungspreis beim internationalen Speyer Qualitätswettbewerb der öffentlichen Verwaltung in Deutschland, der Schweiz und Österreich überreicht. Die Struktur der dem BMI nachgeordneten Sicherheitsbehörden – also der Bundespolizeidirektionen, Bezirksverwaltungsbehörden und Sicherheitsdirektionen – blieb 2005 unangetastet, die Notwendigkeit einer entsprechenden Anpassung des Behördenaufbaus an die innere Organisation des Wachkörpers war jedoch offenkundig und wurde auch im Rahmen des Verfassungskonvents des Parlaments 2004 herausgearbeitet. Design und Uniform. Die neue Bundespolizei präsentierte sich ab 1. Juli 2005 in einem neuen Design: Die Dienstfahrzeuge waren nicht mehr weiß mit roten Streifen, sondern silbern mit roter und blauer Folierung. Ein stilisierter Adler wurde neben dem Schriftzug „Polizei“ platziert. Das Corporate Design der Bundespolizei, das der Öffentlichkeit am 18. Mai 2004 vorgestellt worden war, zog sich durch alle Bereiche – von Dienststellenschildern über Hinweistafeln bis zu Wegweisern. Die grünen Uniformen für die Sicherheitswache und die grauen Uniformen für die Gendarmerie wurden von der blauen Uniform abgelöst. Die Dienstgrade blie- FOTO: EGON WEISSHEIMER it der Zusammenführung der Bundesgendarmerie, der Sicherheitswache und des Kriminalbeamtenkorps wurde am 1. Juli 2005 der neue, bundesweit einheitliche Wachkörper „Bundespolizei“ geschaffen. Damit einher ging eine österreichweit einheitliche organisatorische Neugliederung in Polizeiinspektionen (PI), Bezirks- und Stadtpolizeikommanden (BPK, SPK) und Landespolizeikommanden (LPK). Neben den Polizeiinspektionen wurden Fachinspektionen geschaffen, etwa für den Autobahndienst, für das Diensthundewesen oder den See- und Stromdienst. „Die Zusammenführung von Sicherheitswache, Gendarmerie und Kriminaldienst vor zehn Jahren war ein einzigartiges Verwaltungsreformprojekt“, sagt Innenministerin Mag.a Johanna MiklLeitner. „Die Schaffung einer einheitlichen Bundespolizei hat sich als gold- ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 9-10/15 POLIZEIREFORM FOTO: DIETER HÖLLER FLIR-Hubschrauber der Flugpolizei: Unterstützung bei der Suche nach Vermissten und Flüchtigen. ben unverändert, die Distinktionen wurden erneuert. Bis 31. Dezember 2007 durften noch Dienstkleidung und Dienstabzeichen der alten Wachkörper getragen werden; für Beamte des rechtskundigen Dienstes bei den Sicherheitsbehörden und Angehörige des amtsärztlichen Dienstes war sogar noch bis Ende 2008 das Tragen der grünen Uniform gestattet. Schon vor der Wachkörperzusammenführung waren im Oktober 2003 die Massafonds der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie zusammengelegt worden; die Umstellung der Verwaltung und Logistik der Uniformausfolgung auf EDV war 2002 abgeschlossen. Ab 2011 wurden für Spezialverwendungen neue Funktionsabzeichen aus Stoff ausgegeben – etwa für Diensthundeführer, Einsatztrainer, Verkehrspolizisten, Alpinpolizisten, Entschärfer, das EKO Cobra, die WEGA und alle neun Einsatzeinheiten. Die am 10. Oktober 2010 erlassene Uniformschutzverordnung (USV) soll verhindern, dass Uniformen oder Uniformteile für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an einem öffentlichen Ort von Unbefugten getragen werden. Ergänzt wurde diese Verordnung am 8. April 2013 mit ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 9-10/15 einer Polizeizeichenschutzverordnung (PZSV), mit der grafische Darstellungen der Sicherheitsbehörden und Polizeikommanden geschützt werden sollen. Die letzte umfassende Überarbeitung der Corporate-Design-Vorschriften des Innenressorts erfolgte mit Erlass vom 1. Jänner 2015: Dort sind alle grafischen Erscheinungsformen für das BMI und die Bundespolizei detailliert angeführt – von der Visitenkarte über den Briefkopf bis zum Absperrband. Digitalfunk. 2005 erfolgte der Start des Digitalfunks BOS Austria in Österreich. Das neue digitale Bündelfunksystem sollte sicherstellen, dass Einsatzorganisationen landes- und organisationsübergreifend rasch und abhörsicher miteinander kommunizieren können, basierend auf dem europäischen Standard TETRA 25. Neben einer deutlich besseren Sprachqualität können unter anderem Statusmeldungen an Stelle kurzer Funksprüche abgesetzt und Einsatzinformationen in schriftlicher Form übermittelt werden; auch die Übertragung von GPS-Daten zur Positionsbestimmung ist möglich. Die Bundesländer Tirol, Wien, Niederösterreich und die Steiermark sind im Zusammenwirken mit dem BMI inzwischen im Vollbetrieb. Mit den Bundesländern Burgenland (bis Ende 2015) sowie Salzburg und Oberösterreich (bis 2018) wurden Kooperationsvereinbarungen geschlossen, die sich in Umsetzung befinden. Mit Vorarlberg wird an einer zeitnahen Umsetzung gearbeitet. Daneben bestehen Kooperationsvereinbarungen mit Gemeindewachkörpern, zum Beispiel seit 2009 mit der Stadtpolizei Baden, mit anderen Bundesministerien für die Aufgabenstellung der öffentlichen Sicherheit oder Gefahrenabwehr, etwa dem BMJ, dem BMLVS, dem BMVIT, dem BMLFUW und dem BMWFW, und mit der Asfinag und den ÖBB als für den öffentlichen Verkehr verantwortlichen großen Organisationen. Spezialeinheiten. Mit der Schaffung der neuen Bundespolizei wurde bei der Organisations- und Einsatzabteilung jedes – damals noch – Landespolizeikommandos eine „Einsatzeinheit“ installiert, wobei in allen Bundesländern außer Wien bereits Einsatzeinheiten bei der Bundesgendarmerie bestanden hatten. Die Sondereinheiten von Polizei (Mobi- 7 10 JAHRE BUNDESPOLIZEI le Einsatzkommanden – MEK) und Gendarmerie (Sondereinsatzgruppen – SEG) waren 2002 mit dem Gendarmerieeinsatzkommando (GEK) zum Einsatzkommando Cobra fusioniert worden. Lediglich Wien hatte mit dem Polizeieinsatzkommando (PEK) der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA) eine eigene Spezialeinheit aufrechterhalten. 2005 wurde auch in Wien ein CobraStandort eingerichtet und das PEK der WEGA in das Einsatzkommando eingegliedert. Der WEGA kommt seither neben der Unterstützung von Polizeikräften bei Einsätzen mit erhöhter Gefahr und dem Begleit-, Transport- und Objektschutz bei erhöhter Gefährdung die Funktion des bundesweit zuständigen „Kompetenz- und Informationszentrums für den Großen Sicherheits- und Ordnungsdienst (GSOD)“ zu. Im Auftrag des Innenministeriums ist die WEGA mit der Aus- und Fortbildung der Einsatzeinheiten in Österreich betraut, sie legt Ausbildungsschwerpunkte und einheitliche taktische Richtlinien für den GSOD fest. So wurden die Einsatzeinheiten von der WEGA etwa auf die Fußball-Europameisterschaft 2008, den G7-Gipfel und die Bilderberg-Konferenz 2015 vorbereitet. Der bislang letzte organisatorische Schritt im Spezialeinheiten-Bereich erfolgte 2013: Das Einsatzkommando Cobra wurde mit dem Entschärfungsdienst, dem Operativen Zentrum Ausgleichsmaßnahmen (OZ-AGM) und Observationseinheiten zur neuen Organisationseinheit Einsatzkommando Cobra/Direktion für Spezialeinheiten (EKO Cobra/ DSE) zusammengeführt. Der Entminungsdienst, der bis 31. Dezember 2012 Bundespolizei: Die Ausrüstung wird laufend modernisiert. beim Bundeskriminalamt mit dem Bergen und Unschädlichmachen sprengkräftiger Kampfmittel aus den beiden Weltkriegen betraut war, ist seit 2013 Teil des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport. EKC. Im BMI wurde am 12. Dezember 2005 das Einsatz- und Krisenkoordinationscenter (EKC) eingerichtet. Im EKC gibt es Journaldienste und bei Krisen, Katastrophen und bestimmten Großveranstaltungen treten hier Führungsstab und Lagezentrum zusammen. Der Koordinationsausschuss des Staatlichen Krisen- und Katastrophenmanagements (SKKM) wird von hier aus unterstützt. Im EKC bestehen ein Call-Center, ein Guest Desk und ein Medienzentrum, die anlassbezogen in Betrieb genommen werden. Mit 1. Juni 2013 wurde das EKC als Referat II/13/c eingerichtet und die Bezeichnung in „Einsatz- und Koordinationscenter“ geändert. SPG-Novelle 2006. Um den Sicherheitsbehörden und -organen für die EURatspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 das nötige Rüstzeug bereitzustellen, erlaubte die SPG-Novelle 2006 unter anderem Videoaufzeichnungen zum Schutz von Teilnehmern an Veranstaltungen im Rahmen von nationalen und internationalen Ereignissen und ordnete die Bestimmungen über den Rechtsschutzbeauftragten neu. Die Sicherheitsbehörden und -organe erhielten zur Vermeidung gewalttätiger Auseinandersetzungen im Verordnungsweg besondere Befugnisse, wie die Errichtung eines Sicherheitsbereichs im Umfeld von Veranstaltungsorten für Sportgroßereignisse mit Wegweisungsmöglichkeit, die Schaffung einer zentralen Datei zwecks Erfassung von Personen, die bei Sportgroßveranstaltungen durch spezifische strafbare Handlungen auffällig geworden waren, oder die Möglichkeit einer „Gefährderansprache“ bei Sportgroßveranstaltungen. Ausbildung. 2006 wurde die Ausbildung von Polizeioffizieren (E1) reformiert. Der Studiensystematik des europäischen „Bologna-Prozesses“ folgend, wurde für leitende Beamte der Fachhochschul-Bachelorstudiengang „Polizeiliche Führung“ eingeführt. Er wurde am 29. September 2006 vom Fachhochschulrat akkreditiert und wird seither von der Fachhochschule Wiener Neustadt in Zusammenarbeit mit der Sicherheitsakademie durchgeführt. Der Studiengang dauert sechs Semester, wobei Studierenden aus der Bundespolizei ihre E2a-Ausbildung als erstes Semester angerechnet wird. Die Absolventen des FH-Studiengangs erhalten den akademi- Landespolizeidirektionen Die seit 2005 größte Reorganisation im Polizeibereich war die Neustrukturierung der Sicherheitsbehörden mit 1. September 2012. Die bis dahin bestehenden acht Sicherheitsdirektionen, 14 Bundespolizeidirektionen und neun Landespolizeikommanden wurden zu neun Landespolizeidirektionen zusammengeführt. Die Führungs- und Verwaltungsstrukturen wurden weiter verschlankt, Synergieeffekte verstärkt und die Behörden für die Haushaltsrechtsreform 2013 vorbereitet. 8 In jedem Bundesland gibt es nur noch eine Behörde – den Landespolizeidirektor (in Wien: Landespolizeipräsident). In den Landespolizeidirektionen bestehen Büros (Organisation, Strategie und Dienstvollzug; Controlling; Öffentlichkeitsarbeit und interner Betrieb; Rechtsangelegenheiten) und Abteilungen (Grenz-, Fremdenpolizei- und Einsatzabteilung; Landesverkehrsabteilung; Landeskriminalamt; Personalabteilung; Sicherheits- und Verwaltungspolizeiliche Abteilung; Logistikabteilung; Landesamt Verfassungsschutz; Polizeikommissariat). Diese Grund- struktur kann je nach Größe der LPD und nach ihren Aufgaben etwas variieren. Die in den Ländern eingerichteten Bezirksverwaltungsbehörden blieben daneben als Sicherheitsbehörden bestehen. Das „Konkurrenzverbot“ der Bundesverfassung wurde beibehalten, sodass auf dem Gebiet einer Gemeinde, in der die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist (frühere Bundespolizeidirektionen, jetzt außerhalb des LPD-Sitzes als „Kommissariate“ eingerichtet), weiterhin kein Gemeindewachkörper errichtet werden darf. FOTO: ALEXANDER TUMA REFORM DER SICHERHEITSBEHÖRDEN ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 9-10/15 R E F O R M E N U N D I N N O VAT I O N E N Fuhrparkmanagement: Seit 2008 werden Streifenwagen und zivile Fahrzeuge fast ausschließlich geleast. FOTOS: EGON WEISSHEIMER schen Grad „Bachelor of Arts in Police Leadership“ (B. A.). Der Fachhochschulrat erteilte 2009 die Zustimmung zum Masterstudium „Strategisches Sicherheitsmanagement“ mit einem viersemestrigen berufsbegleitenden Curriculum für die strategische Führungsebene. Der erste Lehrgang begann im September 2009. Im September 2010 folgte in Kooperation mit der FH Wiener Neustadt der FH-Lehrgang „Polizeiliches Lehren“ (POL), in dem Kompetenzen für Lehrerinnen und Lehrer bei den Bildungszentren der Sicherheitsexekutive vermittelt werden. PAD. 2007 wurde das „PAD“ (Protokollier-, Anzeigen- und Datensystem) eingeführt – zur Rationalisierung der Anzeigenerfassung, der Protokollierung sowie der Verwaltung von Daten und Akten auf den Polizeiinspektionen. Derzeit wird an der nächsten Generation (PAD NG) gearbeitet, die bis Ende 2017 operativ sein soll. Am 1. Jänner 2014 wurde durch eine Änderung in der Programmierung im PAD die von § 13a Abs. 2 SPG geforderte Datentrennung zwischen Akten der Strafrechtspflege und der restlichen sicherheitspolizeilichen Aktenpflege umgesetzt. Für Verwaltungsstrafverfahren (VStV) wurde im Dezember 2013 eine Anwendung eingeführt, mit dem Exekutivbedienstete Verwaltungsanzeigen automatisiert verfassen können. Seit März 2014 gibt es ein VStV-Behörden-Tool, das in allen Bundesländern den Verwaltungsstrafbehörden die elektronische Ausstellung von Strafbescheiden ermöglicht. Weitere Module, etwa für die allgemeine Administration oder für kriminalpolizeiliche Akten, befinden sich in Entwicklung. ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 9-10/15 Angelobung von Polizeischülern: Die Führungsausbildung der Bundespolizei wurde neu gestaltet. Wegfall der Schengen-Außengrenzen. Am 21. Dezember 2007 kam es durch die Erweiterung des Schengener Abkommens auf neue Mitgliedstaaten zu Änderungen im polizeilichen Grenzdienst. Die Grenzkontrollen zwischen Österreich, Ungarn, der Slowakei, Slowenien und Tschechien wurden abgeschafft. Durch die geänderten Aufgaben war eine Neuausrichtung der Organisationsstruktur und der operativen Maßnahmen der Grenzpolizei erforderlich. Statt des bisherigen Dienstes an der Grenze wurden Teams für Ausgleichsmaßnahmen (AGM) eingerichtet, die vor allem auf Transitrouten, in Ballungszentren und Grenzräumen eingreifen und zur Bekämpfung grenzüberschreitender Delikte eingesetzt werden. Durch diese überregionalen selektiven Überwachungsmaßnahmen wurde bis Juli 2011 eine neue AGM-Struktur etabliert. 30 Dienststellen an den Grenzen wurden geschlossen. Nach wie vor bestehen in den sechs internationalen Flughäfen in Wien, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz und Salzburg für die Schengen-Außengrenzen im Luftverkehr Grenzpolizeiinspektionen. Im übrigen Bundesgebiet wurden AGMDienststellen und AGM-Sachbereiche eingerichtet. StPO-Reform. Die mit 1. Jänner 2008 in Kraft getretene neue Strafprozessordnung (StPO) brachte einschneidende Änderungen für die Arbeit der Kriminalpolizei mit sich. Der Gesetzgeber schaffte die bisherigen Regelungen über das Vorverfahren mit verschiedenen „Verfahrensherrschaften“ ab und führte ein einheitliches Verfahren unter der Leitung der Staatsanwaltschaft ein. Die Funktion des Untersuchungsrichters fiel weg. Als Leitungs-, Kontroll- und Rechtsschutzorgan fungiert seither die Staatsanwaltschaft, der die Kriminalpolizei zuarbeitet. Mit 1. Oktober 2008 wurde ein elektronischer Rechtsverkehr zwischen Polizei und Justiz eingeführt, durch den strukturierte Daten und Dateien direkt zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft übermittelt werden können. Bei der Wiener Polizei wurde den Neuerungen mit einer Kriminaldienstreform ab 1. Dezember 2008 Rechnung getragen. Die 2003 eingerichteten Kriminalkommissariate (KK) wurden aufgelöst. Seither werden schwere Delikte von Beamten des Landeskriminalamts und dessen Außenstellen bearbeitet, andere Delikte von Kriminalsachbearbeitern im Bereich der Stadtpolizeikommanden und Polizeiinspektionen. EURO 2008. Im Juni und Juli 2008 waren Österreich und die Schweiz Austragungsländer der Fußball-Europameisterschaft der UEFA (EURO 2008). Mit der SPG-Novelle 2007 wurden notwendige gesetzliche Maßnahmen getroffen, wie ein Maßnahmenpaket zur Verhinderung von Gewalt bei Sportgroßveranstaltungen und der Ausbau der durch die SPG-Novelle 2006 geschaffenen besonderen Befugnisse der Sicherheitsbehörden, mit dem Ziel, deren Effizienz bei der Verhinderung von Gewalttaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen zu steigern. Für amtsbekannte Gewalttäter („Hooligans“) wurde eine Meldeauflage und Belehrung bei einer Sicherheitsbehörde in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit bestimmten Sportgroßveranstaltungen wie der EURO 2008 verankert. Die von der Bundespolizei bei 9 10 JAHRE BUNDESPOLIZEI Fuhrparkmanagement. Seit 2008 gibt es ein neues Fuhrparkmanagement – Streifenwagen und zivile Fahrzeuge werden fast nur noch mittels Leasingverträgen angeschafft. Die übliche Nutzungsdauer liegt bei 38 Monaten, ist jedoch auf die Erfordernisse der Nutzer und der Einsatzbereiche abgestimmt. Neben der reinen Fahrzeugnutzung werden vom privaten Fuhrparkdienstleister die Wartung, das Reifenmanagement, die Schadensabwicklung und teilweise die Verwaltung erledigt, wodurch sich der Aufwand deutlich verringert hat. Dazu kommen eine generell junge Fahrzeugflotte und optimierte Kilometerkosten. Menschenrechte. Um die polizeilichen Arbeit im Hinblick auf menschenrechtliche Aspekte zu professionalisieren, wurde 2008 im BMI das Projekt „Polizei.Macht.Menschen.Rechte“ (PMMR) ins Leben gerufen. Die erste Projektphase von 2008 bis 2011 diente der Erarbeitung von Maßnahmen, die zweite von 2012 bis 2015 der Formulierung von Entwicklungszielen zur Optimierung der polizeilichen Praxis. 2015 wurde das Projekt in die Linienarbeit übergeführt. Die Menschenrechte sollen demnach als Selbstverständnis in der Polizei gelebt werden, mit dem Grundsatz, dass professionelles polizeiliches Handeln auch menschenrechtskonformes Handeln darstellt. 550 Einsatztrainerinnen und Einsatztrainer wurden ausgebildet und für das Thema Menschenrechte sensibilisiert. Die Grundausbildung und die berufsbegleitende Fortbildung wurden hinsichtlich menschenrechtlicher Gesichtspunkte überarbeitet. Die Zivilgesellschaft soll als externer Partner eng in den Umsetzungsprozess eingebunden werden. Verstärkung durch Postbedienstete. Am 1. September 2009 wurden erstmals Post- und Telekombedienstete in das In- 10 Übung des Einsatzkommandos Cobra: 2002 wurde das System der Spezialund Sondereinheiten reformiert. nenressort übernommen. Sie entlasten Exekutivbeamte von Verwaltungsaufgaben. Auch andere Bundesministerien (Justiz, Finanzen, Bildung, Verkehr und Soziales) sowie das Bundesverwaltungsgericht und die Volksanwaltschaft haben Postbedienstete übernommen. Im Juni 2015 wechselte der 500. Postbedienstete in ein Ministerium – als Kanzleikraft in das Bundeskriminalamt. BAK. Seit 1. Jänner 2010 besteht in der Sektion IV (Service und Kontrolle) das Bundesamt zur Korruptionspräven- B M I -S T R AT E G I E „INNEN.SICHER.“ Um dem BMI ein Instrument zur kontinuierlichen strategischen Anpassung und Steuerung der Organisation an die Hand zu geben, wurde 2010 die Strategie „INNEN.SICHER.“ entwickelt, in der die wirkungsorientierte Haushaltsführung des Bundes seit Einführung des neuen Haushaltsrechts per 1. Jänner 2013 ein zentrales Element bildete. Der ersten Fassung von „INNEN.SICHER.“ ging ein umfassender Entwicklungsprozess voraus; seither folgen jährliche Aktualisierungen, die Aufgaben und Leistungen des BMI sowie zukünftige Schwerpunkte, Projekte und Arbeitsfelder definieren und Aufschluss über Umsetzungserfolge geben. Seit 2010 wurden 107 Projekte definiert und bis Ende 2014 72 Projekte erfolgreich abgeschlossen, darunter die Reform der Sicherheitsbehörden, die Einführung der „RotWeiß-Rot-Karte“ im Niederlassungsbereich und der Aufbau des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA). tion und Korruptionsbekämpfung (BAK – für die bundesweite Vorbeugung, Verhinderung und Bekämpfung von Korruption, die enge Zusammenarbeit mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sowie die Wahrnehmung zentraler Funktionen in der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Zusammenarbeit mit ausländischen und internationalen Einrichtungen, die in der Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung tätig sind. Das BAK wurde in Umsetzung internationaler Verpflichtungen als Nachfolgeorganisation des Büros für interne Angelegenheiten (BIA) geschaffen. Personalentwicklung. 2011 war für das BMI und die Bundespolizei ein Jahr vielfältiger innerorganisatorischer und personeller Maßnahmen. Im April 2011 startete die Sektion I das Projekt „Umfassende Personalentwicklung“, um ein Personalentwicklungskonzept für das Innenressort und alle nachgeordneten Behörden und Dienststellen zu erarbeiten. Im Fokus stand ein neues, standardisiertes Mitarbeitergespräch und die Etablierung einer vorausschauenden personellen Bedarfsplanung. Anfang 2013 folgte nach einer Pilotphase der Echtbetrieb. Das neue Mitarbeitergespräch mit der Bezeichnung Leistungs- und Entwicklungsdialog (LED) ist einmal im Jahr zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern zu führen, um wesentliche Punkte in der Zusammenarbeit zu erörtern, Fortbildungsmaßnahmen zu beraten und Entwicklungsziele zu definieren. Durch die Institutionalisierung von Personalkoordinatoren in allen Sektionen des BMI wurden einheitliche Melde- und Konsolidierungsketten eingeführt. An die LEDs schließt sich eine Bedarfs- und Entwicklungsplanung (B & E) für alle BMI-Sektionen und Polizeidienststellen an, die möglichen personellen Bedarf in der Zukunft zu erfassen sucht. Compliance. Unter dem Titel „Unsere Werte, unsere Wege“ wurde 2011 im BMI der erste Verhaltenskodex präsentiert, in dem allgemeine Werthaltungen und Zielvorgaben für die Handlungen aller Bediensteten beschrieben wurden. Erstmals sollte damit beispielsweise Polizeibediensteten ein Leitfaden zur Verfügung gestellt werden, mit der Zielsetzung mögliches regelwidriges Verhalten frühzeitig zu erkennen und zu verhin- FOTO: GREGOR WENDA der EURO 2008 gesammelten Erfahrungen, unter anderem in der Öffentlichkeitsarbeit und in der Stabsarbeit, flossen in Reformprozesse des BMI ein und wurden ausländischen Delegationen präsentiert. Während der EURO waren bis zu 1.000 ausländische Polizisten in Österreich im Einsatz, hauptsächlich aus Deutschland. Wesentliche Teile des Einsatzkonzepts flossen in sicherheitsrelevante Leitlinien der Europäischen Union ein. ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 9-10/15 R E F O R M E N U N D I N N O VAT I O N E N Bei der Bundespolizei gibt es 418 Diensthunde für unterschiedliche Einsatzbereiche: Suchtgift-, Lawinen-, Sprengstoff-, und Brandmittelspürhunde, sowie Leichen- und Blutspürhunde, Sondereinsatzhunde, Bargeld- und Dokumentenspürhunde. FOTO: BERNHARD ELBE dern. In der Folge wurde eine Arbeitsgruppe mit der Umsetzung des Verhaltenskodex und der Erarbeitung einer Compliance-Strategie beauftragt. Seit 1. Juni 2013 gibt es im BMI einen Chief Compliance Officer und in den Landespolizeidirektionen Compliance-Ansprechpartner. BAK-Experten schulen Polizei- und Verwaltungsbedienstete. Cyber-Sicherheitsstrategie. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner stellte am 18. Mai 2011 die Cyber-Sicherheitsstrategie des Innenressorts vor. Beim Bundeskriminalamt (Büro 5.2) wurde das Cybercrime-Competence-Center (C4) als nationale Koordinierungs- und Meldestelle eingerichtet. In diesem Zentrum arbeiten Expertinnen und Experten aus dem Bundeskriminalamt (BK), dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und dem BAK zusammen. Bei den Landeskriminalämtern gibt es Experten für technische Ermittlungsund Beweissicherungsmaßnahmen, bei den Landesämtern Verfassungsschutz (LV) Spezialisten für Ermittlungen mit Cybercrime-Bezug. Auf lokaler Ebene (PI, SPK und BPK) werden PräventiÖFFENTLICHE SICHERHEIT 9-10/15 onsbeamtinnen und -beamte für die Verhinderung von Internetkriminalität eingesetzt. Rekrutierung. Mit 1. Jänner 2012 entfiel das Höchstalter für den Eintritt in den Exekutivdienst. Die Mindestgröße (bei Männern 168 cm, bei Frauen 163 cm) wurde abgeschafft. Seit 1. November 2010 dürfen sich Zivildiener für den Exekutivdienst bewerben, obwohl sie sich gegen den Militärdienst mit der Waffe ausgesprochen haben. BFA. Am 1. Jänner 2014 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) geschaffen, das 194 asyl- und fremdenpolizeiliche Behörden des Bundes und der Länder in eine zentrale Bundesbehörde zusammengeführt hat. Neue Gerichte. Mit 1. Jänner 2014 wurde die neue erstinstanzliche Verwaltungsgerichtsbarkeit Wirklichkeit. Neben einem Bundesverwaltungsgericht und einem Bundesfinanzgericht wurden in jedem Bundesland, als Nachfolger der Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS), Landesverwaltungsgerichte geschaffen. Maßnahmenbeschwerden ge- gen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt werden nunmehr vor den Landesverwaltungsgerichten verhandelt. In jedem Materiengesetz musste auf Grund der Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform ausdrücklich normiert werden, ob Beschwerden gegen Bescheide nach dem jeweiligen Bundesgesetz an das Bundes- oder Landesverwaltungsgericht zu richten sind. Behördliche Instanzenzüge, etwa von einer Polizeidirektion an das BMI, wurden abgeschafft. Projekt „Moderne Polizei“. Im Jänner 2014 erteilte Innenministerin MiklLeitner den Auftrag für das Projekt „Moderne Polizei“ mit vier Schwerpunkten: Einem Detailkonzept zur Dienststellenstrukturanpassung und Abstimmung mit den betroffenen Organisationseinheiten und Institutionen; einem Detailkonzept zu einer Fach- und Führungskarriere; der Erarbeitung eines Bürokratieentlastungskonzeptes zur Effizienzsteigerung der Polizeiinspektionen und der Erstellung eines neuen Bewertungskonzeptes für die Polizei. Im Rahmen der Dienststellenstrukturanpassung (DSA) wurden bis 1. August 11 10 JAHRE BUNDESPOLIZEI Fast 26.700 Polizistinnen und Polizisten versehen Dienst in den Landespolizeidirektionen und in Sonderverwendungen. Ausrüstung. Ab 1. Juni 2006 wurde der Einsatz der Elektroimpulswaffe Taser praktisch erprobt. Die Probephase lief bis Ende Juni 2012 und wurde von Evaluierungen und Schulungen begleitet; der Menschenrechtsbeirat war eingebunden. Seit Anfang Juli 2012 wird der Taser X26 als Dienstwaffe beim EKO Cobra, bei der WEGA und und bei der Einsatzgruppe zur Bekämpfung 12 der Straßenkriminalität (EGS) in Wien verwendet. Angehörige von Polizeianhaltezentren (PAZ) dürfen den Taser heranziehen, wenn die Einsatzdynamik kein Zuwarten auf Unterstützungskräfte zulässt. Seit Jänner 2013 werden zur Risikominimierung und professionellen Erste-Hilfe-Leistung nach Taser-Einsätzen Defibrillatoren mitgeführt; Gesundheitsprobleme durch die Stromeinwirkung wurden bisher jedoch bei keinem Polizeieinsatz in Österreich verzeichnet. Im Juli 2014 erfolgte die erste Teillieferung zur Erneuerung ballistischer Überziehschutzwesten der Bundespolizei. Etwa die Hälfte der insgesamt 6.000 ballistischen Westen wurde ausgefolgt, der Rest soll bis 2017 beschafft werden. Dazu kommen 3.000 neue ballistische Schutzhelme. In ca. 1.700 Streifenfahrzeugen der Polizei wurden zwischen 2011 und 2014 neue Ladungssicherungssysteme eingebaut. Neue Distinktionen. Seit September 2015 werden neue Distinktionen ausgegeben, die der Zusammenführung der Sicherheitsbehörden mit dem Wachkör- per auch optisch Rechnung tragen sollen. Polizistinnen und Polizisten sowie Bedienstete der Sicherheitsverwaltung, des amtsärztlichen Dienstes und der Seelsorge tragen künftig Distinktionen nach einem einheitlichen System mit der Grundfarbe Karmesinrot. Bis 31. Dezember 2020 dürfen die alten Dienstgrade weiter getragen werden. Weitere Innovationen. In den zehn Jahren des Bestehens der neuen Bundespolizei gab es viele weitere Neuerungen. Ab 2009 wurde die Öffentlichkeitsarbeit im Innenressort neu organisiert und in jeder Landespolizeidirektion wurden Teams mit hauptamtlichen Öffentlichkeitsarbeitern eingerichtet. Eine „Polizei-App“ für Smartphones bietet Nachrichten, Präventionstipps und Fahndungen sowie hilfreiche Informationen über die Polizei. Das Präventionsprojekt „Kinderpolizei“ wurde um die Komponente Unfallprävention erweitert. Dazu kamen Präventionskampagnen des Bundeskriminalamts und das Projekt „Bündnis gegen Gewalt“. Gregor Wenda FOTO: GREGOR WENDA 2015 129 der 138 vorgesehenen Dienststellen in Österreich zusammengeführt. Die Zahl der in den Polizeiinspektionen eingesetzten Polizistinnen und Polizisten blieb unverändert; Ziel war die Reduktion kleinster Dienststellen mit sehr wenig Personal. In verschiedenen Gemeinden wurden mit einem Polizeischild gekennzeichnete Polizeistützpunkte eingerichtet, bei denen mittels Ruftaste Kontakt mit der Polizei aufgenommen werden kann. 2015 wurde das Projekt „Moderne Polizei“ vorläufig gestoppt – unter anderem aufgrund der aktuellen Herausforderungen im Asylbereich und des bereits weit fortgeschrittenen Umsetzungsgrads. ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 9-10/15
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