Im digitalen Zeitalter sterben gewerbliche Berufe

AARGAUER ZEITUNG
DIENSTAG, 26. MAI 2015
Gefährdete Arbeitsplätze
Traditionelle Berufe geraten zunehmend unter Druck
Stephan
Andriollo
schliesst seine
Lehre mit einer Berufsmatur ab. Die
Arbeit als Drucktechnologe gefällt
ihm, weil er dafür
Hände und Kopf
braucht. Für später
wünscht er sich eine Stelle im Verkauf oder als Berufsschullehrer.
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Im digitalen
Zeitalter
sterben
gewerbliche
Berufe
ALEX SPICHALE
Jens Arnold
aus Abtwil
gefällt es, wenn er
ein Projekt von Anfang bis zum
Schluss durchführen kann. Nach der
Lehre möchte der
Polymechaniker
Berufserfahrung
sammeln und sich
dann weiterbilden.
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MARIO HELLER
Saskia Boos
arbeitet am
liebsten in der
Brotabteilung.
Nach dem Lehrabschluss möchte die
Verkäuferin bei
Coop bleiben und
Karriere machen.
Gerne würde
sie einmal eine
Filiale leiten.
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Im Detailhandel sowie der Druckereiund Maschinenbaubranche sind in den
letzten Jahren zahlreiche Arbeitsplätze
verschwunden. Mit Selbstbedienungskassen, 3-D-Druckern und der digitalen
Entwicklung drohen künftig weitere
Verluste. Dennoch schauen Aargauer
Lehrlinge optimistisch in die Zukunft.
MARIO HELLER
1
W
ährend
am
Abend Pendlerströme
durch
den
Aarauer Bahnhof
jagen,
wächst im Coop die Schlange vor den
Kassen. Im Einsatz sind zwei Verkäuferinnen – an den zehn Selbstbedienungskassen übernimmt der Kunde
ihre Aufgabe. Ein Geschäftsmann
zieht Bananen und eine Coladose
über den Scanner, doch beim Vollkorngipfeli stutzt er. Es fehlt ein
Strichcode. Nebenan überwacht ein
Security die Selbstbedienungskassen;
verschränkte Arme, ernstes Gesicht.
Ein wartender Pendler schaut genervt. Hilflos hantiert der Kunde am
Bildschirm, doch das Gipfeli lässt sich
nicht so leicht erfassen. Da eilt eine
dritte Verkäuferin herbei und zeigt,
wo man die Backwaren findet.
Bald wird diese Verkäuferin nicht
mehr benötigt. Sie wird ersetzt durch
einen Computer – und einen ernsten
Security. Ein Schicksal, wie es so manche Berufe ereilen könnte. Und zwar
schneller als selbstfahrende Autos die
Chauffeure ablösen, Roboter die Pflege in Altersheimen übernehmen oder
im Operationssaal nur noch Maschinen hantieren. Eine Studie der Oxford
Martin School geht davon aus, dass in
den nächsten zwei Jahrzehnten von
über 700 untersuchten Berufen 47
Prozent der Automatisierung zum Op-
fer fallen. Gefährdet seien die meisten
Arbeitnehmer in Transport- und Logistikberufen, dazu ein Grossteil der
Büroangestellten sowie die Arbeit in
Produktionsberufen.
Zukunftsmusik? Nicht nur. In den
letzten zwanzig Jahren haben unter
anderem Automatisierung und Computerisierung bereits viele Arbeitsplätze vernichtet. Betroffen sind insbesondere klassische Mittelstandsberufe: Drucker, Mechaniker, Verkäufer.
Gemäss dem Bundesamt für Statistik
beschäftigte die Papier- und Druckereibranche Anfang der 90er-Jahre
115 000 Personen – heute sind es noch
70 000. Im Maschinenbau schrumpften die Arbeitsplätze von 125 000 auf
80 000 und im Detailhandel arbeiten
heute 60 000 Personen weniger als
noch vor 25 Jahren. Mit der fortschreitenden Digitalisierung, den Selbstbedienungskassen und 3-D-Druckern
drohen in diesen Branchen weitere
Arbeitsplatzverluste. Und dennoch:
Eine Ausbildung lohne sich weiterhin,
sagen drei Aargauer Lehrlinge, die
derzeit ihre Abschlussprüfung absolvieren.
Die Verkäuferin
Kurz vor der Mittagszeit herrscht im
Coop in Buchs reger Betrieb. Während Saskia Boos, 21, aus Dürrenäsch,
einen Kunden begrüsst, erfasst sie
gleichzeitig dessen Einkäufe. «Sammeln sie Märkli, möchten sie die Quittung?» Wortlos nimmt der Mann im
Maler-Overall das Rückgeld entgegen,
packt seine Einkäufe ein, verschwindet. Lächelnd begrüsst Boos bereits
den nächsten Kunden. Kaum eine Minute braucht sie pro Person.
Saskia Boos kam erst im zweiten
Lehrjahr zu Coop. Vorher arbeitete
sie in einem Quartierladen in Zürich.
Dort war sie die einzige Deutschsprechende, arbeitete täglich zehn Stunden – und den Laden habe sie prak-
«An der Maschine können
viele Eventualitäten vorkommen, die ein Computer
nicht vorhersehen kann.»
Stephan Andriollo Drucktechnologe
tisch alleine geschmissen. Sie wollte
wechseln und fand in Buchs einen
neuen Lehrbetrieb. «Für uns war sie
ein grosser Gewinn», sagt Bruno Hauser, stellvertretender Leiter.
Dass in Buchs bald Selbstbedienungskassen kommen, glaubt Boos
nicht. Das Bedürfnis sei hier nicht so
gross wie in der Stadt. Nur: Auf der
Medienstelle von Coop heisst es,
«Self-Checkout» sei bei den Kunden
beliebt. Wo das Bedürfnis vorhanden
sei und es sinnvoll erscheine, würden
dieses Jahr weitere Selbstbedienungskassen installiert. Werden Verkäufer
also mehr und mehr zu blossen Überwachern, zu Securitys? Coop-Sprecher Patrick Häfliger: «Nein, Beratung
und Kundenkontakt bleiben die
Hauptaufgaben.» Auch brauche es
Radsportler ehren
Opfer mit Etappe
Gippingen Ein Jahr nach dem tödlichen Rennunfall kehrt
das OK der Radsporttage noch nicht zum Alltag zurück
VON NADJA ROHNER
Vom 11. bis 14. Juni finden in Gippingen
zum 52. Mal die Radsporttage statt. Es
ist das Jahr 1 nach dem ersten tödlichen
Unfall in der Geschichte des wichtigsten Aargauer Velorennens – ein Unfall,
dessen Hergang bis heute nicht abschliessend geklärt scheint. Rückblick:
Am Samstag, 16. Juni 2014, stürzen gegen 14.30 Uhr bei der Abfahrt nach
Böttstein vier Teilnehmer eines Amateur-Rennens. Drei werden mittelschwer verletzt. Ein vierter erleidet so
schwere Kopfverletzungen, dass er ins
Spital geflogen werden muss. Dort
stirbt der 36-jährige Zürcher, nur wenige Tage vor seiner geplanten Hochzeit.
Noch am Samstagabend verhaftet die
Polizei einen 50-jährigen Mann, ebenfalls aus dem Kanton Zürich. Es gebe
Hinweise darauf, dass es zwischen zwei
Teilnehmern zu einem Körperkontakt
gekommen sei, worauf das spätere Opfer gestürzt sei, erklärt die Aargauer
Staatsanwaltschaft. Ob die angebliche
Berührung zufällig oder absichtlich geschah, sei Gegenstand der Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft eröffnet gegen den 50-Jährigen, der selber nicht
gestürzt war, ein Strafverfahren wegen
eventualvorsätzlicher Tötung, möglicherweise fahrlässiger Tötung sowie
schwerer Körperverletzung. Zudem beantragt sie eine Untersuchungshaft von
drei Monaten wegen Verdunkelungsgefahr. Dies lehnen das Zwangsmassnahmengericht und später auch das Obergericht ab.
Die Angehörigen eingeladen
Insgesamt war der Beschuldigte fünf
Tage in Haft. Das bestätigt Fiona Strebel, Sprecherin der Aargauer Staatsanwaltschaft. Zum aktuellen Stand der Ermittlungen sagt sie nur so viel: «Das
Verfahren ist noch hängig. Die Staatsanwaltschaft wird den Abschluss aktiv
kommunizieren.»
Bei den Organisatoren der Radsporttage Gippingen hatte der erste tödliche
Unfall in der 51-jährigen Renngeschichte tiefe Betroffenheit ausgelöst. Aus Pietätsgründen wurden alle Rennen des
Folgetages abgesagt. Und auch dieses
Jahr gehen die Organisatoren vom Velo-Club Gippingen nicht einfach zum
Courant normal über: Zu Ehren des
Verstorbenen wurde die Königsetappe
der «Aare Rhein Classics» – 80,5 Kilometer und 1220 Höhenmeter – in «Felix
Schultz Memorial Etappe» umbenannt.
«Die Idee dazu kam schon relativ bald
nach dem Unfall auf», sagt OK-Präsident René Huber. «Wir haben dann die
Angehörigen des Fahrers gefragt, ob
das für sie auch stimmen würde – und
sie haben sich gefreut.» Eine Person
aus dem Umfeld des Verstorbenen werde sogar als Preise für die Fahrer drei
Uhren sponsern. Vor dem Start zur
«Aare Rhein Classics» werde es zudem
eine Gedenkminute geben, sagt Huber.
Mit der Familie sei man in Kontakt, sie
sei ebenfalls zum Rennen eingeladen.
Es lag nicht an der Sicherheit
Die Umbenennung der Etappe gilt
nur für dieses Jahr, ab 2016 wird sie
voraussichtlich wieder «Heavy-Etappe»
heissen. Man wolle den Verstorbenen
ehren und des tragischen Ereignisses
gedenken, aber danach zum Alltag zurückfinden, sagt Huber. Der Unfall habe die Organisatoren des Grossanlasses
– allesamt ehrenamtlich tätig – vor «eine grosse Prüfung» gestellt. «Im ersten
Moment fragt man sich natürlich, ob
ein Fehler bei der Streckensicherung
passiert ist.» Jedoch: Mangelnde Sicherheitsvorkehrungen müssen sich die
Veranstalter nicht vorwerfen lassen,
das wurde rasch klar. «Die Organisation
der Radsporttage Gippingen ist nicht
Teil der Strafuntersuchung», betont
denn auch der Medienverantwortliche,
Roland Keller. Streckenführung, Sicherheit und Streckensicherung seien als
«vorbildlich» beurteilt worden. Neben
den über 30 Streckenposten sorgen
Motorradfahrer, Polizei und Rettungskräfte für Sicherheit. «Nach dem tragischen Unfall waren die Blaulichtorganisationen innerhalb weniger Minuten
vor Ort», sagt Keller. Der Dachverband
Swiss Cycling habe das Hobbyrennen
«Aare Rhein Classics» letztes Jahr zur
besten Top-Tour der Saison gewählt.
«Diese Auszeichnung bewertet neben
der Organisation auch die Sicherheit
und Sicherung. Dies verpflichtet uns,
auch 2015 Radsporttage auf höchstem
Niveau mit grösstmöglichen Sicherheitsvorkehrungen durchzuführen.»
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deshalb nicht weniger Personal: Das
System löse die klassischen Kassen
nicht ab, es ergänze sie.
Doch in Buchs funktionieren auch
ohne Selbstbedienungskassen bereits
einige Arbeitsschritte automatisch: etwa Bestellungen. Dosen, Teigwaren
oder Non-Food-Artikel werden direkt
nachbestellt, wenn davon nur noch
wenige Produkte in den Regalen stehen. Eine grosse Erleichterung, findet
Hauser. Früher brauchte er jeden
Morgen eineinhalb Stunden dafür.
«Nun kann ich mich auf die Frischprodukte konzentrieren», sagt er. Vereinfacht haben sich auch die Kassen: Auf
dem Bildschirm können Verkäufer
Produkte ohne Strichcode anwählen,
ohne sie eintippen zu müssen, Aktionen werden direkt abgezogen. Saskia
Boos: «Weil die Bedienung einfacher
geworden ist, können wir umso besser auf die Kunden eingehen».»
Der Drucktechnologe
Düster sieht die Zukunft für Drucker
aus. Einerseits weil die Maschinen
ständig besser werden – und folglich
weniger Arbeitskräfte benötigen. Andererseits, weil sich mehr und mehr
Menschen digital informieren. Seit Mitte der 80er-Jahre hätten sich die Betriebszahlen von 3800 auf 2000 reduziert, sagt Luigi Garavelli, Konrektor
der Schule für Gestaltung Aargau.
In der Branche herrscht Verzagtheit. Gleichwohl werden im Kanton
Aargau jährlich noch um die 15 Drucktechnologen ausgebildet. Einer von
ihnen ist Stephan Andriollo aus Staffelbach. Der 25-Jährige hat Glück: Er
beendet diesen Sommer seine Lehre
in einer Druckerei, die von der Digitalisierung kaum betroffen ist: Die CCL
Schweiz in Bergdietikon produziert
Etiketten für Verpackungen – Körperpflege-Artikel, Esswaren, Getränke.
«Verpackungen wird man immer
brauchen», sagt Marco Brennenstuhl,
Produktionsleiter. Dennoch: Die 150köpfige Belegschaft sei heute schlanker aufgestellt, Prozesse wurden vereinheitlicht.
In der Produktionshalle stapeln sich
farbige Rollen, Maschinen surren, es
riecht nach Plastik. Stephan Andriollo
reinigt die Farbwalzen an einer gut 17
Meter langen Druckmaschine. Eine,
die zwei Verfahren kombiniert: Flexound Offsetdruck. Hier wird er seine
Abschlussprüfung absolvieren.
Mit klassischer Handwerkskunst hat
die Arbeit an modernen Druckmaschinen nicht mehr viel gemein. Einrichtung, Steuerung und Farbabstimmung
laufen grösstenteils automatisch.
Gleichzeitig aber erhöhen sich die Anforderungen: Andriollo beherrscht
vier verschiedene Druckverfahren.
Und ständig steigen die Qualitätsansprüche. Dass es einst keine Drucker
mehr brauche, glaubt er nicht. Trotz
der Digitalisierung würden immer gewisse Produkte bedruckt. Auch eine
gute Ausbildung sei entscheidend:
«An der Maschine können viele Eventualitäten vorkommen, die ein Computer nicht vorhersehen kann.»
Der Polymechaniker
Die Automatisierung lässt sich
kaum aufhalten. «Viele Unternehmen
schlagen diesen Weg ein, um mit ausländischer Konkurrenz mitzuhalten»,
sagt Roland Stoll, Leiter Bildung bei
Swissmechanic. Gefährdet seien vor
allem Arbeitsplätze von schlecht ausgebildeten Personen, die serielle Arbeiten durchführen. Eine Lehre sei
umso wichtiger: Man könne sich dann
besser mit Veränderungen arrangieren und sich weiterentwickeln.
Aus diesem Grund bildet die vor 35
Jahren gegründete Ortek AG in Merenschwand nun auch Polymechaniker
aus. Das Unternehmen mit 50 Mitarbeitenden produziert Implantate und
künstliche Gelenke. Noch seien 3-DDrucker keine direkte Konkurrenz,
eher eine Ergänzung, sagt Hans Bachmann, Leiter Qualitätsmanagement.
3-D-Drucker eignen sich aber für komplexe Geometrien – sie können etwa
eine metallische Hohlkugel herstellen,
was mit CNC-Maschinen unmöglich
wäre. Der Beruf des Polymechanikers
werde jedoch nicht aussterben, sagt
Bachmann. Aber sich verändern.
Der 19-jährige Jens Arnold hat in seinem ersten Lehrjahr dennoch tagelang per Hand gefeilt – trotz automatischer CNC-Maschinen. «Das Bearbeiten von Metall soll in Fleisch und Blut
übergehen», sagt er. Ein guter Mechaniker müsse das Materialverhalten
kennen. Er muss wissen, was mit dem
Metall geschieht, das die Maschine bearbeitet.
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VON BASTIAN HEINIGER
23 AARGAU
DUALES BILDUNGSSYSTEM
Eine Berufslehre ist nie verkehrt
– egal, in welcher Branche
I
m August beginnen im Kanton
Aargau um die 6000 Jugendliche eine Lehre. Gut die Hälfte
davon in gewerblichen-industriellen Berufen. In Branchen, die
früher oder später von der Automatisierung oder der digitalen Revolution getroffen und stark verändert werden könnten. Starten also
viele Lernende ihren Weg ins Berufsleben in wenig aussichtsreichen Berufen?
Peter Fröhlich, stellvertretender
Geschäftsführer des Aargauer
Gewerbeverbands, sagt: «Panikstimmung ist falsch.» Man verfolge
allerdings die Entwicklung. Doch
das duale Berufssystem habe
einen Vorteil: Gingen in einer
bestimmten Branche auf einmal
Arbeitsplätze massiv zurück, dann
passten sich auch die Lehrstellen
schnell am Markt an.
Martin Ziltener, Abteilungsleiter
bei den Beratungsdiensten für
Ausbildung und Beruf Aargau
(ask!) sagt, die Berufsbildung sei
ein lebhaftes Feld. Manche Berufe
verschwinden, manche ändern
ihren Namen. Ein Blick auf die
Statistik zeigt: Es entstehen auch
immer neue Berufe. Nicht nur im
digitalen Feld, sondern auch in
anderen Bereichen. In den letzten
20 Jahren sind gemäss Bundesamt
für Statistik etwa im Gesundheitsund Sozialwesen 250 000 neue Arbeitsplätze entstanden.
Bei Jugendlichen sind laut Ziltener
noch immer KV-Lehrstellen besonders gefragt. Obwohl administrative Aufgaben zunehmend von
Computern übernommen würden, beeindrucke das die Jugendlichen nicht. Auch der Detailhandel
sei nach wie vor beliebt. «Wunsch
und Berufsentwicklung passen
aber nicht immer zusammen»,
sagt er. Doch in welche Branchen
sollen Schulabgänger einsteigen?
«Gefragt sind Arbeitskräfte überall
dort, wo es Innovation und fachliche Kompetenz braucht.» Ausführende, repetitive Arbeiten seien
indes vom Verschwinden bedroht
– Routineaufgaben würden zunehmend von Maschinen übernommen. Dann gehe es darum, mit
entsprechendem Know-how
Maschinen zu warten, sagt Ziltener. Egal, in welche Branche jemand einsteige – eine Lehre sei nie
verkehrt. Und sei es, dass sie letztlich als Sprungbrett diene. (BAS)
Eltern erhalten
die ganze Woche Rat
Sorgerecht Der Verein, der
Väter und Mütter in Scheidung berät, erhält einen
neuen Namen – und eine
neue Hotline.
Ein grosses Ziel ist erreicht: Seit rund
einem Jahr gilt in der Schweiz das gemeinsame Sorgerecht. Ein Erfolg für
den Verein verantwortungsvoll erziehende Väter und Mütter (VeV) – doch
noch lange kein Grund, um die Bemühungen einzustellen. Die Arbeit sei
nicht zu Ende, sagt Präsident Oliver
Hunziker. «Im Gegenteil, sie hat gerade
erst begonnen.»
Das nächste Ziel hat er bereits im Visier: die alternierende Obhut. «Auch
nach einer Trennung sollen die Eltern
die Verantwortung für ihre Kinder gemeinsam wahrnehmen.» Diese Ausrichtung ist mit ein Grund, warum sich
der 1992 gegründete Verein mit Sitz in
Brugg an der Generalversammlung einstimmig einen neuen Namen gegeben
hat: Verein für elterliche Verantwortung. Die Abkürzung – VeV –, die in den
über 20 Jahren zu einer Marke geworden ist, bleibt. Die Umbenennung soll
noch deutlicher machen, dass man sich
nicht als Väter-, sondern als Eltern-Ver-
ein versteht. Oliver Hunziker: «Die
neue Bezeichnung fokussiert die Anliegen des VeV nochmals deutlicher, sie
ist eingängig und stellt klar, worum es
der Organisation geht.»
Über die Jahre hat sich der Fokus des
Vereins verändert. Die 20 freiwilligen
Beraterinnen und Berater versuchen, je
länger, je mehr präventiv zu wirken –
langwierige Scheidungskonflikte sollen
verhindert werden.
Die Fachleute am Telefon
Damit Betroffene möglichst schnell
Unterstützung erhalten, wird zudem eine neue Telefonhotline eingeführt. Unter der Nummer 056 552 02 05 geben
Fachleute sieben Tage die Woche Auskunft. Daneben bietet der VeV auch in
Zukunft regionale Beratungstreffs und
weiterführende Trennungsberatungen
an. Dazu kommen die Facebook-Nutzer, die online Rat holen und erteilen.
«Inzwischen hat sich viel von den
Treffs auf die Social-Media-Kanäle verlagert», sagt Hunziker. Online sind
noch mehr Väter und Mütter als die
rund 250 Vereinsmitglieder aktiv. Wobei die Mitgliederzahl relativ konstant
bleibt: In der Regel treten sie nach
zwei, drei Jahren wieder aus – sobald
sie für ihre persönliche Krise eine Lösung gefunden haben. (MBÜ)