Standpunkt In die Politik! Kurz vor Jahresende informierte der Kanton die Schulen über die konkreten Auswirkungen der Grossrats-Beschlüsse zum Aufgaben- und Finanzplan 2016–2019. Die Aargauer Schulen erhalten diese Mitteilung mittlerweile jährlich mit der immer gleichen, dadurch aber nicht klügeren Begründung und dem dezidierten Hinweis, dass es sich bei den Einsparungen nicht um einen Abbau, sondern lediglich um ein etwas kleineres Ausgabenwachstum handle. Dies ist wohl das neue Weihnachtsritual. Bei genauem Hinsehen kann man aber nur den Kopf schütteln: Da gibt es Grossrätinnen und Grossräte, die stimmen an der einen Sitzung für die Erhöhung der Minimalzahlen an den Sekundar- und Realschulabteilungen, um schon am nächsten Verhandlungstag einen Vorstoss zu unterzeichnen, welcher mit einem Moratorium die mit dem Beschluss provozierte Schliessung der nun zu kleinen Real- und Sekundarschulen wieder verhindern will. Da werden Pflichtpensen erhöht und gleichzeitig wird behauptet, die Arbeitszeit bleibe gleich. Nach wie vor aber weigert man sich, wie von der Schlichtungskommission für Personalfragen im Fall der Bezirkslehrpersonen schon letztes Jahr gefordert, die Berufsfelder neu zu definieren. Einmal mehr soll dies die Aufgabe der Schulen vor Ort sein – übrigens auch so ein Ritual, dieser Spruch zu der Schule vor Ort. Wir hören ihn immer, wenn niemand etwas ändern und keiner bezahlen will. Die nächsten Abbaurunden kommen bestimmt. Wie sie ausfallen, liegt zum Teil auch in unserer Hand. Die Aargauer Schulen beschäftigen mehr als 10 000 Lehrpersonen. Mit unseren pensionierten Kolleginnen und Kollegen zusammen sind wir über 12 000 Pädagoginnen und Pädagogen, der grösste Teil ist stimmberechtigt. Diese geballte politische Stimm- und Wahlkraft müssen wir besser nutzen (dass wir problemlos Referenden und Initiativen zustande bringen, haben wir schon längst bewiesen). Der alv hat auf seiner Website die Abstimmungsprotokolle der Budgetdebatten veröffentlicht. Es kann und darf nicht geschehen, dass wir bei den nächsten Grossratswahlen Leute unterstützen, die unsere Werte mit Füssen treten, unsere Gesundheit gefährden, der Bildung und damit der Zukunft unseres Kantons schaden. Wählen wir diesen Herbst Leute, die etwas von Bildung verstehen, sich um die Schule verdient gemacht haben und auf die wir uns verlassen können. Neben dieser kurzfristigen gibt es auch eine längerfristige Lösung: Wollen wir nicht, dass im Aargau Leute über Bildungsfragen bestimmen, die davon nichts verstehen – und davon gibt’s im Grossen Rat einige –, müssen wir darum besorgt sein, dass wir selber im Rat besser vertreten sind. Wir Lehrerinnen und Lehrer müssen im Grossen Rat besser vertreten sein. Ich erachte dies selbst als eine meiner grössten Fehleinschätzungen: In der Meinung, von Wirtschaft, Strassen, Justiz und Finanzen zu wenig zu verstehen, beschränkte ich mich früh auf Bildungspolitik. Ich trat dem Verband der Sekundarlehrpersonen bei und arbeitete bald in dessen Vorstand mit. Dies war zu einer Zeit, als im Kanton Aargau auch noch qualitativ gute und nicht nur billigste Lösungen angestrebt wurden. Heute ist dies anders. Deshalb müssen wir Lehrpersonen uns unbedingt vermehrt in der Politik einbringen, auch wenn wir von Strassen nicht viel verstehen. Heute wird die Schule über die Finanzen gesteuert. Das Budget wird im Grossen Rat gesprochen. Der Kuchen wird von den Anwesenden verteilt. Schon rein statistisch gesehen müssten sich unter den gut 12 000 Lehrpersonen doch einige geeignete zukünftige Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden lassen. Es ist un- sere Aufgabe, diese Kolleginnen und Kollegen im Gespräch zu einer Kandidatur zu motivieren! Dass der alv mit seinem grossen Know-how Grossrätinnen und Grossräte unterstützt, die alv-Mitglieder sind und in unserem Sinne für die Schule eintreten, ist selbstverständlich. Elisabeth Abbassi, Präsidentin alv Schulblatt AG/SO · 4/2016 Standpunkt alv. Die Aargauer Schule wird nur noch über das Geld gesteuert. Die über 12 000 Aargauer Lehrpersonen haben es aber in der Hand, dem nächsten Grossen Rat ein bildungsfreundlicheres Gesicht zu verpassen. Nutzen wir die Chance! 7
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