AKTUELLE WEINTRENDS V iel Überzeugung, Intuition und vor allem Liebe braucht es schon, um wie Birgit Braunstein Wein machen zu können. Als sie vor zwanzig Jahren das 400 Jahre alte Weingut ihrer Familie im burgenländischen Purbach übernahm, wollte sie erst einmal alles anders machen. Oder vielmehr besser: „Mir war es immer wichtig, im Einklang mit der Natur zu arbeiten“, erklärt die Burgenländerin, der es gelungen ist, ihren 22 Hektar großen Betrieb auf biologisch-dynamisch umzustellen. „Das ist ein ganzheitliches Konzept, das noch einen Schritt weiter geht als biologischer Weinbau“, erklärt die Winzerin. Ihre Weingärten sind begrünt und statt Chemie wird Tee gespritzt. „Wichtig ist, was gut für die Reben ist“, unterstreicht Braunstein. Der Erfolg gibt ihr recht. Während biodynamische Winzer vor zehn Jahren von ihren „konventionellen“ Kollegen noch belächelt wurden, haben sie mittlerweile die Nase vorn. „Meine Reben sind robust und hatten im heurigen, heißen Sommer keinen Trockenstress“, sagt die Burgenländerin. Die Natu r i m Glas Beim Keltern von Wein gehen viele Winzerinnen und Winzer in Österreich neue Wege. Jetzt ist Wein in seiner ursprünglichsten Form angesagt. Wir zeigen Ihnen die aktuellen Trends. AMPHORENWEINE Pro Jahr füllt die Winzerin zwischen 80.000 und 95.000 Flaschen ab. In ihren Weinen möchte sie die „Lebendigkeit der Natur einfangen“. ANGEL A & WERNER MICHLITS. Im burgenländischen Pamhagen auf dem Weingut Meinklang stellt das Bio- und Demeter-Winzerehepaar Naturweine wie etwa den trendigen Orange-Wein und den Foam (Schaumwein) her. Mehr Infos auf: meinklang.at Auf der Suche nach Ursprünglichkeit hat Braunstein vor sechs Jahren die Amphorenweine für sich entdeckt. Bei dieser sehr alten Methode, mit der früher die Kelten ihre Weine produziert haben, reift der Wein in Tonkrügen eineinhalb Meter unter der Erde. Die Trauben kommen aus Weingärten, die nicht geschnitten wurden und werden mit Kernen, Fruchtfleisch und Haut in die Amphore gefüllt. Dort lagern die Trauben acht Monate lang in der Maische, bevor der Wein ungeschwefelt und ungefiltert abgefüllt wird. „Magna Mater“ hat Birgit Braunstein ihren ersten Amphorenwein genannt, als BIRGIT BR AUNSTEIN . Die Winzerin möchte in ihren Amphorenweinen die Lebendigkeit der Natur einfangen. Mehr Infos auf: braunstein.at TEXT Ute Fuith FOTOS Getty Images, Steve Haider/stevehaider.com, beigestellt 50 WIENERIN KOCHT WIENERIN KOCHT Verneigung vor „der Mutter Erde, der man zurückgeben muss, was man von ihr bekommen hat“, erklärt die Winzerin. Die „Magna Mater“Edition von Birgit Braunstein gibt es nur in streng limitierter Ausgabe, was den Wein zu einem idealen Begleiter für besondere Anlässe macht. PRICKELNDE AUSSENSEITER Der vierten Weinfarbe „Orange“ hat sich das Winzer-Ehepaar Angela und Werner Michlits verschrieben. „Für Naturwein werden ausschließlich Trauben aus biologischem oder biodynamischem Weinbau verwendet“, erklärt Michlits. Entscheidend sei dann aber, was im Keller passiert. Im Weingut „Meinklang“ in Pamhagen setzt man auf Purismus. Seit drei Jahren produzieren die beiden – neben ihren biodynamischen Weinen – auch ganz spezielle Schaumweine, sogenannte „Pétillants naturels“. Die Idee dazu kam Michlits bei einem Gespräch mit der französischen Weinexpertin Isabelle Legeron, der Initiatorin der Naturweinmesse „Raw“, die voriges Jahr zum ersten Mal in Wien stattfand. Die prickelnden „Pet Nats“ aus dem Gut Meinklang sind schwer zu kontrol51 CHRISTIAN UND THOM A S WEISS . Auf dem Weingut Weiss werden Weine mit niedrigem Histamingehalt sowie ausgezeichnete vegane Weine hergestellt. Mehr Infos auf: weingut-weiss.at lieren und schmecken abseits jeglicher Uniformität: „Das ist Wein in seiner ursprünglichsten Form“, ist Michlits überzeugt. Für die Herstellung der prickelnden Außenseiter füllt der Winzer vergärenden Traubensaft in Sektflaschen, in denen der Wein dann zu Ende reift. Der Sprudelwein von Meinklang trägt den Namen „Foam“, was in der burgenländischen Mundart so viel wie Schaum bedeutet. ORANGE-WEIN AUS BETONEIERN Noch eine Besonderheit kann man im Weingut Meinklang bewundern: Statt der üblichen Ton-Amphoren verwendet Michlits eigens gefertigte Betoneier. „Mir waren die Tonamphoren zu oxidativ“, erklärt der Biowinzer. „Im Gegensatz zu Ton lässt Beton den Sauerstoff nur langsam zu und das wirkt sich entscheidend auf den Reifeprozess aus“, meint Michlits. Wie bei den meisten anderen Winzern, die sich auf das Keltern von Orange-Wein spezialisiert haben, ist das aber immer noch ein Nischenprodukt. Von den insgesamt 450.000 Flaschen, die bei Meinklang jährlich abgefüllt werden, kommt nur ein Zehntel aus dem Betonei. Diese Exklusivität hat natürlich ihren Preis: Michlits oranger Wein „Konkret“ kostet 30 Euro. 52 AKTUELLE WEINTRENDS AMPHORENWEINE Der Wein wird nicht im Fass, sondern in einer Ton-Amphore ausgebaut, die in der Erde vergraben ist. Die Reifung des Amphorenweines dauert ungefähr acht Monate. Einige Winzer lassen ihren Wein in der Amphore auf der Maische reifen. Das ergibt dann einen „Orange-Wein“ aus der Amphore. BIODYNAMISCHE WEINE Der biodynamische Weinbau verfolgt das ganzheitliche Konzept des Anthroposophen Rudolf Steiner. Natürliche Präparate und Kräuter-Auszüge unterstützen die natürlichen Abwehrkräfte des Weinstocks. Vergrabene Kuhhörner verstärken die Präparate. Auch die Mondphasen spielen eine wichtige Rolle. Biodynamische Zertifikate sind Demeter oder Respekt. WEINE MIT NIEDRIGEM HISTAMINGEHALT Biologische Weine, die ohne Herbizide, Pestizide oder Mineraldünger hergestellt werden, haben meist von Natur aus einen niedrigen Histamingehalt von unter 0,1 mg/l. Dadurch ist dieser Wein für Menschen mit einer Histamin-Intoleranz verträglicher. ORANGE-WEIN Orange-Wein ist meist Weißwein, der wie Rotwein hergestellt wird. Die Weißweintrauben werden mit der Maische vergoren und extrahieren dadurch mehr Tannine und Farbstoffe aus den Beerenschalen. So bekommt der Wein mehr Farbe, Bitterstoffe und Struktur. Orange-Wein wird oft in begriffliche Nähe zum Naturwein gebracht. Beide Weintypen sind voneinander unabhängig, aber vereinbar. WIENERIN KOCHT VEGANE WEINE Ein positiver Effekt von Naturweinen ist neben der Bio-Qualität ihr niedriger Histamingehalt. Dadurch können auch Menschen mit einer diesbezüglichen Intoleranz wieder ohne Reue genießen. „Viele unserer Kunden haben die Erfahrung gemacht, dass sie speziell unsere Weine besser vertragen als andere, vor allem konventionelle“, sagt Thomas Hareter aus Weiden am See. Für den burgenländischen Winzer und seine Frau Anneliese führt an „bio“ gründsätzlich kein Weg vorbei. Hareter verzichtet in seinen Weingärten auf den Einsatz von Herbiziden, Pestiziden und Mineraldünger, wodurch seine Weine einen „von Natur aus niedrigen Histaminwert von unter 0,1 mg/l haben“, beschreibt der Winzer. Hareters Weine sind außerdem zu 100 Prozent vegan, denn der Winzer verwendet keinerlei Schönungsmittel tierischer Herkunft: „Die haben meiner Meinung nach im Wein nichts verloren“, so Hareter. Während man seinen Weinen diese unkonventionelle Machart nicht ansieht, unterscheiden sich seine rund 14 Hektar Rebflächen auch optisch von herkömmlichen Weingärten. Bei ihm sind die Böden begrünt: „Das ist ein biologischer Pflanzenschutz“, erklärt der Biowinzer. THOM A S HARE TER . Der Bio-Winzer produziert vegane Weine, die einen niedrigen Histamingehalt haben und daher auch für Menschen mit Histaminintoleranz geeignet sind. Mehr Infos auf: hareter.at roorganismen, die zweimal jährlich als Bodenspritzung und laufend beim Pflanzenschutz ausgebracht werden und so für ein gesundes Mikroklima in den Weingärten sorgen. Bei der alkoholischen Gärung verwenden sie nur Reinzuchthefen, die keine oder so gut wie keine Nebenprodukte wie Histamin bilden. Außerdem kommen nur speziell gezüchtete Bakterien als Starterkulturen beim biologischen Säureabbau zum Einsatz. Diese Bakterien wandeln die scharfe Äpfelsäure in die weiche Milchsäure um und bilden dabei wieder k eine oder so gut wie keine Nebenprodukte, sprich Histamin. Sollte dann der Restwert doch über den 0,1 mg/l liegen, haben die Weiss-Brüder ein Verfahren entwickelt, das es ihnen ermöglicht, einen Teil der Histamine auszufällen und so kleine Korrekturen vorzunehmen. Alle Weißweine haben einen Wert von unter 0,1 mg/l Resthistamin. Laut einer EUVerordnung ist seit Anfang 2015 die Bezeichnung „histaminarmer“ oder „histaminfreier Wein“ allerdings verboten, da es sich um eine gesundheitliche Angabe handelt, die nach Ansicht Brüssels nichts auf Genussprodukten verloren hat. Deshalb bezeichnen die Winzer Weiss ihre Weine nun als „hystriefree“, und geben so alle jenen, die unter Histaminintoleranz leiden, die Möglichkeit, Wein ganz entspannt zu genießen. WEINE MIT NIEDRIGEM HISTAMINGEHALT Die Winzerbrüder Christian und Thomas Weiss sind ebenfalls auf vegane Weine spezialisiert. Um die Verträglichkeit ihrer Produkte zu beweisen, haben die Golser Winzer sogar einen Test mit 60 Freiwilligen mit einer diagnostizierten Intoleranz gemacht. Dabei wurden sowohl Weißwein als auch Rotwein verkostet. Es gab keine Symptomgruppe, die den Wein schlechter oder besser vertragen hat. Es gab auch keinen Unterschied in der Verträglichkeit bei Mann oder Frau. Auch w urde Weißwein oder Rotwein zu gleichen Teilen gut vertragen. Von den 60 Testern der Weißweine haben 92 Prozent die Weine gut vertragen. Im Weingarten arbeiten die Brüder Weiss mit Mik000
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