Praktikumsbericht Praktikumsgeber: Goethe Institut-Prüfungszentrum an der University of Manchester Praktikumsort: Manchester ,,Was willst du denn um dies Jahreszeit im Norden von England?” oder ,,Ausgerechnet Manchester? Was gibt es da denn außer schlechtem Wetter und Unmengen von hässlichen, grauen Industriegebäuden?“ – das sind mehr oder weniger die Reaktionen, mit denen man zu rechnen hat, wenn man sich für ein Praktikum in Manchester bewirbt. Was ich mir von dieser als City of Misery bekannten Stadt erwartete, war mir selbst nicht klar, als ich im Juli über die Stellenausschreibung des Goethe Institut-Prüfungszentrum an der University of Manchester gestolpert bin. Aber da ich im Jahr zuvor bereits einen Städtetrip ins eine Stunde entfernte Liverpool gemacht habe und von Land und Leuten mehr als begeistert war, habe ich mir gedacht, dass ich es ja einfach mal probieren könnte. Also habe ich eines schönen Sonntagnachmittags (anstatt zu lernen, was ich eigentlich hätte tun sollen) an meiner Bewerbung gefeilt und sie noch am selben Abend abgeschickt. Schon am nächsten Tag hatte ich als Antwort das Angebot bekommen, zwei Monate später, im September, statt im nächsten Frühjahr, für das ich mich eigentlich beworben hatte, anzufangen und das Wintersemester über zu bleiben. Das Ganze war kurzfristiger, als ich es mir erhofft hatte, aber nach einem kurzen Kassensturz und dem Vorsatz, den Sommer über so viel wie möglich zu arbeiten, um das unbezahlte Praktikum zu finanzieren, habe ich zugesagt. Der nächste Schritt war die Bewerbung um eine Erasmus+ Förderung. Da das Programm relativ neu war, hatte ich keine Fristen verpasst, konnte trotz der kurzen Vorlaufzeit alle Anträge einreichen und habe tatsächlich eine Förderung bekommen, die zwei Drittel meiner Praktikumszeit abgedeckt hat. Als nächstes wurde sofort der Flug gebucht und ich habe mich auf die Suche nach einer Unterkunft gemacht. Die offensichtlichste Möglichkeit schnell an eine Wohnung im Ausland zu kommen, ist natürlich das Internet und so habe ich auf der Website spareroom.co.uk erst auf Angebote reagiert und schließlich selbst inseriert. Am nächsten Tag hat sofort jemand auf meine Anzeige geantwortet und nach einigen Emails mit der Vermieterin habe ich das Zimmer gemietet. Die Monatsmiete unterschied sich leider nicht wirklich von dem, was ich in München monatlich für meine Wohnung aufbringen muss und das hat mich erstmal ein bisschen schockiert (schließlich reden wir hier ja nach wie vor von einer grauen Industriestadt, die angeblich nichts zu bieten hat). Vor Ort habe ich dann allerdings erfahren, dass ich noch relativ glimpflich davon gekommen bin, was die Preise für die Unterkunft angeht. Und das, obwohl ich am äußersten Rand des Studentenviertels gewohnt habe, in dem kein Haus ohne Alarmanlage auskommt (das Studentenviertel hat hier nicht nur Bars und Cafés zu bieten, sondern auch eine relativ hohe Kriminalitätsrate). Ich arbeite in München neben dem Studium schon als Deutschlehrerin in einer Sprachschule und habe mich deswegen gut auf den Umgang mit den englischen Studenten vorbereitet gefühlt. Was den Auslandsaufenthalt an sich betrifft, habe ich die Gelegenheit genutzt und an einem interkulturellen Sensibilisierungstraining von SYNC teilgenommen. Ich war erst skeptisch, ob so ein Training wirklich irgendetwas bringt, aber letztendlich habe ich zumindest daraus mitgenommen, dass auf alle Auslandspraktikanten dieselben Gefühle und Probleme zukommen können und ich nicht alleine bin. Als es am 13. September endlich losging, war ich mehr als aufgeregt und gespannt. Ich war an das Wochenende vor meinem Praktikumsbeginn gebunden, was das Datum der Anreise anging und deshalb war nach meiner Ankunft wenig Zeit, schon einmal alles ein bisschen zu erkunden, bevor ich am Montag darauf anfing zu arbeiten. Es hat einige Zeit gedauert, mich in der Stadt zu orientieren und mich mit dem ausländischen System der öffentlichen Verkehrsmittel zurecht zu finden. Anders als in Deutschland werden in den englischen Bussen nämlich nicht die nächsten Haltestellen angezeigt und man muss selbst wissen, wie weit man fahren möchte und rechtzeitig den stopping-Knopf betätigen. Gerade am Anfang bin ich deswegen oft zu weit gefahren oder frühzeitig ausgestiegen. Aber nach einer bis zwei Wochen war auch das kein Problem mehr für mich. An meinem ersten Arbeitstag war ich deshalb auch – typisch Deutsch – um einiges zu früh dran und habe dann eigentlich den ganzen Tag damit verbracht, den Campus und meine Kollegen kennenzulernen und zusammen mit meinem Mitpraktikanten Christoph mithilfe von Flyern und Plakaten für die Deutsch- und generellen Sprachkurse des language centres der Universität zu werben. Im Allgemeinen war meine erste Arbeitswoche an der Universität sehr entspannt. Es war ,,Woche Null“ des Wintersemesters, was bedeutete, dass die Studenten zwar alle schon vor Ort waren und an jeder Ecke Unmengen von Coupons, Gutscheinen und Werbegeschenken für alle möglichen Institutionen verteilt wurden, dass aber die Vorlesungszeit noch nicht begonnen hatte. Allerdings war das die Woche, in der die Studenten ihre Sprachkurse belegen konnten und je nach Vorkenntnissen Einstufungstests gemacht haben. Ich konnte Einblicke in die Beschaffenheit dieser Tests sammeln, habe sowohl den schriftlichen Assessment Test, den ich später im Praktikum zum besseren Vergleich mit denen der anderen angebotenen Sprachen von Deutsch auf Englisch übersetzt habe, als auch die mündlichen Fragen mitverfolgt und konnte daraus einiges mitnehmen. Zu meinen Hauptaufgaben in dieser ersten Woche gehörten viele der Praktikanten-Klischees wie Kopieren, Scannen und Material für die Lehrkräfte vorbereiten. Wir mussten viele Booklets für die unterschiedlichen Kurse erstellen, da den Studenten zu Anfang des Semesters alle Anweisungen und Erklärungen zu Prüfungen, ECTS-Punkten und eventuellen Präsentationen oder Dossiers sowie die Lösungsschlüssel zu den Aufgaben in ihren Lehrbüchern ausgeteilt wurden. Die Kurse, die einmal pro Woche für drei Stunden stattfanden, erforderten laut Lehrplan nochmals drei Stunden Hausaufgaben pro Woche und da die Zeit knapp bemessen war, mussten die Hausaufgaben von den Studenten selbst außerhalb der Unterrichtszeit korrigiert werden. In meiner zweiten Arbeitswoche, die zugleich Beginn der Vorlesungszeit war, haben endlich die Sprachkurse begonnen. Dreimal die Woche konnte ich bei den anderen Lehrern in deren Kursen hospitieren und auf allen Sprachniveaus Einblicke in Lehrwerke, Unterrichtsmaterial und –techniken sowie den Wissensstand der Studenten finden. Teilweise wurden wir auch mit in den Unterricht einbezogen, durften entweder eigene kleine Einheiten übernehmen und beispielsweise kleine Diskussionsrunden auf den höheren Niveaus leiten oder wenigstens die Studenten bei Einzel- oder Gruppenarbeiten betreuen. Zeitgleich mit dem Beginn der regulären Sprachkurse hätten eigentlich auch die zusätzlich angebotenen Konversationsstunden beginnen sollen, die mein Mitpraktikant und ich dreimal die Woche abends für je sechzig Minuten abgehalten haben. Da das language centre der Universität allerdings aufgrund von Bauarbeiten zu Anfang des Semesters aus den eigentlichen Räumen ausgelagert und über unser Gebäude verteilt war, standen auch die für die Konversationsstunden vorgesehenen Räume noch nicht zur Verfügung und die Stunden wurden spontan erst ab der dritten Semesterwoche angeboten. Die Zeit bis dahin habe ich weiterhin mit den üblichen Praktikantenaufgaben verbracht, viele Korrekturaufgaben ausgeführt und zusätzlich in den Sprachkursen hospitiert. Außerdem habe ich damit begonnen, meine Konversationsstunden vorzubereiten. Anfangs war ich darüber ein bisschen nervös, nicht, weil ich nicht schon mal unterrichtet hätte, sondern vielmehr, weil mir kein Lehrbuch zur Verfügung stand, mit dem ich arbeiten hätte können, sondern weil ich mir meine Materialien aus vorhandenen Resourcen, dem Internet oder nach Gesprächen mit dem für das jeweilige Sprachlevel zuständigen Lehrers selbst suchen oder ausdenken musste. Hingegen meiner Befürchtungen war das allerdings einfacher als gedacht und machte auch erstaunlich viel Spaß. Die Sprachniveaus, auf denen ich die Stunden abgehalten habe, waren A1, B1 und eine Kombination aus B2.1 und B2.2 und als die Kurse begonnen hatten, haben sie mir sehr viel Spaß gemacht und waren eigentlich jede Woche mein Highlight. Da sie freiwillig waren und nur zusätzlich zu den normalen Kursen angeboten wurden, hatte ich stets nur Studenten, die wirklich lernbegierig waren und sich in ihrer Freizeit noch mehr der deutschen Sprache widmen wollten. Deshalb waren sie spannend und aufregend, ich hatte das Gefühl, viel Wissen an interessierte Schüler vermitteln zu können und ich habe auch selbst unglaublich viel gelernt. Zu Beginn war ich ein bisschen skeptisch, wie eine Konversation auf dem Niveau A1 ablaufen sollte, da sich – natürlich hauptsächlich in den ersten Semesterwochen – das Wissen der Studenten dort auf ein Minimum beschränkte. Deshalb haben wir vor allem an der Aussprache gearbeitet, viele Spiele gespielt und den Stoff aus den Kursen so gut und so oft es ging wiederholt. Da mein A1-Konversationskurs zeitweise so gut besucht war, dass mein kleiner Raum mehr als überfüllt war, habe ich wohl allem Anschein nach meine Arbeit gut gemacht. Eine gut besuchte Veranstaltung ist fast das größte Lob, dass man sich als Lehrer wünschen kann und es war ein tolles Gefühl zu sehen, wie sich die Sprachkenntnisse der Studenten im Laufe des Semester verändert haben und zu wissen, dass ich dazu beitragen konnte. Auch meine anderen beiden Kurse auf den Niveaus B1 und B2.1/B2.2 haben mir immer viel Spaß gemacht, auch wenn sie bei weitem nicht so gut besucht waren und die Teilnehmerzahl zwischen einem und sechs Studenten geschwankt hat. Nachdem wir zurück in unser eigentlich Büro umziehen konnten, wurde auch die Vorbereitung auf die Konversationsstunden nochmal leichter für mich, da dort Unmengen von Materialien und Spielen darauf warteten, gebraucht zu werden. Mit dem Beginn der zweiten Praktikumshälfte hat sich im Büro vermehrt alles um die zum Ende des Wintersemesters anstehenden Prüfungen gedreht. Diese Tests wurden von den Lehrern selbst entwickelt und mithilfe eines relativ komplizierten Systems von vielen anderen Lehrern, uns Praktikanten und einer externen Institution gegengelesen. Diese Aufgabe fand ich persönlich besonders spannend, weil ich mich vorher noch nie selbst mit dem Erstellen von Prüfungen auseinandersetzen musste oder konnte und mir nicht bewusst war, wie viele Dinge dabei beachtet werden müssen. So können zum Beispiel nur 30 Prozent aus vorherigen Jahren wieder verwendet werden und die restlichen 70 Prozent müssen neu gemacht werden. Es müssen passende Texte gefunden werden, von denen ich auch einige eigens dafür abtippen musste und es muss darauf geachtet werden, dass die abgeprüften Themen auch tatsächlich in jedem Kurs ausreichend behandelt wurden. Normalerweise wird ein Sprachlevel in einem Universitätsjahr und somit zwei Semestern abgeschlossen, auf das am Ende die Goethe-Prüfung folgt. Da an der Universität von Manchester aber auch unglaublich viele Erasmusstudenten und sehr viele aus asiatischen Ländern sind, die das gute Sprachlernangebot der Universität in ihrer kurzen Aufenthaltsdauer nutzen möchten, wird auf dem Niveau A1 ein extra kurzer einsemestriger Kurs angeboten, der etwas intensiver ist und das Sprachlevel A1.1 abdeckt. Da die Studenten dort am Ende keine Goethe-Prüfung ablegen, haben sie zusätzlich zu ihrer regulären Klausur am Ende des Semesters auch noch eine mündliche Prüfung. In der vorletzten Semesterwoche durfte ich deshalb in diesem Kurs bei einer intensiven Vorbereitung auf die mündliche Prüfung helfen. Sehr interessant war für mich vor allem, dass diese Prüfung, hauptsächlich aufgrund der beschränkten Möglichkeiten, von ihrem Aufbau und der Aufgabenstellung sehr an der offiziellen mündlichen Goethe-Prüfung orientiert war und ich Einblicke in die Prüfsituation bekommen konnte. Außerdem kannte ich einige Studenten aus diesem Kurs schon aus meinen Konversationsstunden und war stolz zu sehen, wie gut sie sich machten. Meine letzte Praktikumswoche war zugleich die Woche, in der auf allen Niveaus die schriftlichen Tests abgehalten wurden. Zweimal musste ich die Prüfung von Studenten beaufsichtigen, die aus unterschiedlichen Gründen mehr Zeit für den Test bekommen hatten und deswegen separat in einem anderen Raum schreiben mussten. Interessant war hier für mich vor allem die erste Prüfung mit einer Medizinstudentin aus einem medical german course, mit der ich ein fast halbstündiges Hörverstehen durchführen musste. Die University of Manchester ist die einzige Universität in England die zusammen mit einer medical school ein Elite-Programm anbietet, dass es jungen Ärzten erlaubt, ausreichende Sprachkenntnisse zu erwerben, um dann in einem ausländischen Krankenhaus zu praktizieren. Unabhängig von Grammatik und Wortschatz war in diesen Kursen vor allem die Thematik an sich sehr spannend und oft neu für mich und ich habe einiges dabei gelernt. Wunderbarer Abschluss meines Praktikums war eine kleine Weihnachtsfeier am Ende mit allen Kollegen in einer sehr familiären und angenehmen Atmosphäre. Generell war die Stimmung in unserem Büro immer mehr als gut und freundschaftlich, ich wurde von Anfang an sofort integriert und hatte nie das Gefühl, einfach nur die Praktikantin sondern viel mehr Teil des Teams zu sein. Obwohl ich mich auch mit meinem Mitpraktikanten sehr gut verstanden habe, war es doch schwieriger als gedacht, Anschluss an Leute in meinem Alter zu finden. Größtenteils deshalb, weil ich ja nicht, wie die meisten anderen Nicht-Briten als member of staff und nicht als Austauschstudent hier war. Ich bin deshalb gleich am Anfang meiner Zeit in England der International Society beigetreten, die viele interessante Veranstaltungen und Ausflüge für wenig Geld organisiert hat. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, nicht nur Manchester sondern auch andere britische Städte zu besuchen und habe Tagesausflüge nach Oxford, York und Anglesey in North Wales gemacht. Unabhängig davon war ich auch noch für Wochenendtrips in Edinburgh in Schottland und im benachbarten Liverpool. Alle diese Orte waren auf ihre eigene Art und Weise wunderbar, aber natürlich ist mir keine Stadt so sehr ans Herz gewachsen wie Manchster, das mit seiner außergewöhnlichen Architektur, bei der sich rote Backsteinhäuschen an modernste Glas- und Betonbauten aneinanderreihen, seinen ganz eigenen Charme besitzt. Die Menschen in Nordengland sind unglaublich freundlich, auch wenn sie auf den ersten Blick vielleicht manchmal auch etwas ruppig und ungestüm wirken und das Essen ist anfangs vielleicht ein bisschen gewöhnungsbedürftig, schnell aber nicht mehr wegzudenken. Alles in allem muss ich sagen, dass ich wunderbare drei Monate in Manchester verbracht habe und diese Zeit keinesfalls missen möchte. Ich bin davon überzeugt, dass ich mich sowohl persönlich als auch in beruflicher Hinsicht weiterentwickelt habe und dieses Praktikum eine der wunderbarsten Erfahrungen war, die ich jedem nur wärmstens weiterempfehlen möchte!
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