VGH München: Slowenien, Rückschein, Ersatzzustellung

VGH München, Beschluss v. 25.11.2015 – 11 CS 15.2222
Titel:
VGH München: Slowenien, Rückschein, Ersatzzustellung, Zustellungsurkunde,
Briefkasten, Strassenverkehrsamt, Zustellung im Ausland, Borgmann, Rechtsquelle,
Zusteller, ohne mündliche Verhandlung, Abholung, Auslandsaufenthalt,
Wiedereinsetzungsantrag, Empfangsbekenntnis, Begründung der Beschwerde,
Behördenakt, Hausnummer, Gerichtsakte
Normenketten:
VwGO §§ 56, 60
ZPO §§ 98, 180, 183, 189, 418
§ 189 ZPO
§ 56 Abs. 1 und 2 VwGO
VwGO §§ 56, 60
ZPO §§ 98, 180, 183, 189, 418
Schlagworte:
Ersatzzustellung, Zustellung im Ausland, Heilung, Zustellungsmangel, Beschwerdebegründungsfrist,
Slowenien
Tenor
I.
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.750 Euro festgesetzt.
Gründe
1
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung, dass er von seiner slowenischen Fahrerlaubnis der
Klassen B, BE, C1, C1E, C und CE im Bundesgebiet keinen Gebrauch machen darf.
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Über die gegen den Bescheid vom 19. Februar 2015 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München
noch nicht entschieden (M 1 K 15.1129). Mit Beschluss vom 31. Juli 2015 hat das Verwaltungsgericht
München den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt.
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Nach der im Akt vorhandenen Zustellungsurkunde legte der Zusteller das Schriftstück am 12. August 2015
in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten in der S. 43 in S. ein, da der Antragsteller dort nicht
angetroffen wurde. Am 25. August 2015 kam das Schriftstück mit einem Hinweis der Deutschen Post in
Rücklauf, der Empfänger sei unter der Adresse unbekannt. Aus den Akten ergibt sich, dass der
Antragsteller zuletzt in der S. 42 in S. gemeldet war und am 1. Juli 2015 nach Slowenien verzogen ist.
Daraufhin übersandte das Verwaltungsgericht den Beschluss mit Auslandseinschreiben gegen Rückschein
an die Adresse in Slowenien. Der Rückschein wurde am 12. September 2015 unterschrieben und kam am
24. September 2015 in Rücklauf.
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Am 1. Oktober 2015 hat der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 31. Juli 2015
Beschwerde erhoben und hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er habe das
Schriftstück erst am 25. September 2015 erhalten, nachdem es wohl schon am 11. September 2015 in
Slowenien angekommen sei und bei der Post zur Abholung bereit gelegen habe. Seine Nachbarin habe den
Brief am 12. September 2015 von der Post abgeholt und ihm am 25. September 2015 ausgehändigt,
nachdem er von einem Auslandsaufenthalt zurückgekehrt sei. Er gehe davon aus, dass der Beschluss
damit erst am 25. September 2015 zugestellt worden sei. Hilfsweise werde ein Wiedereinsetzungsantrag
gestellt und zugleich um Akteneinsicht gebeten. Nach Einsicht in die Akten werde die Beschwerde
begründet.
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Daraufhin wurden die Akten am 13. Oktober 2015 an die Bevollmächtigte des Antragstellers versandt, die
gemäß dem Empfangsbekenntnis am 22. Oktober 2015 in der Kanzlei eingingen. Am 29. Oktober 2015
kamen die am 26. Oktober 2015 versandten Akten wieder in Rücklauf.
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Mit Schreiben vom 2. November 2015 wies die Berichterstatterin die Bevollmächtigte darauf hin, dass der
Beschluss wohl erst am 25. September 2015 zugegangen sei und damit nach § 56 Abs. 1 und 2 VwGO i. V.
m. § 189 ZPO zu diesem Zeitpunkt als zugestellt gelte. Die Beschwerde sei daher fristgerecht eingelegt,
aber bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am Montag, 26. Oktober 2015, nicht begründet
worden. Eine Begründung der Beschwerde verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand erfolgte auch in der Folgezeit nicht.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten
Behördenakten Bezug genommen.
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II. Die Beschwerde ist nach § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb
der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO, die am Montag, 26. Oktober 2015, abgelaufen ist,
begründet wurde.
9
Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 25. September 2015 nach § 56 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. §
189 ZPO zugestellt. Die Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten nach § 180 ZPO mit
Zustellungsurkunde vom 12. August 2015 war nicht wirksam, da sie zum einen unter einer Hausnummer
erfolgte, an der der Antragsteller zu keiner Zeit gemeldet war und dort wohl auch nie gewohnt hat. Zum
anderen war der Antragsteller nach den Meldedaten schon am 1. Juli 2015 nach Slowenien verzogen und
das Schriftstück kam mit dem Hinweis der Post zurück, der Adressat sei an der Adresse unbekannt. Der
Beweiswert der Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde i. S. d. § 98 i. V. m. § 418 Abs. 1 ZPO ist damit
erschüttert.
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Das Schriftstück wurde auch nicht am 12. September 2015 durch die Abholung bei der Post von der
Nachbarin des Antragstellers zugestellt, da eine förmliche Zustellung nach § 183 Abs. 1 Satz 1 ZPO mit
Auslandseinschreiben gegen Rückschein nach Slowenien im Verwaltungsprozess nicht möglich ist. Es
besteht kein entsprechender völkerrechtlicher Vertrag mit Slowenien, das dem Europäischen
Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen - EuZustellÜ - (BGBl II 1981
S. 535) nicht beigetreten ist. Die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in
Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der
Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (EuZustVO, ABl L 324 S. 79) ist auf die vorliegende Streitsache
nicht anwendbar, da es sich um die Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelt (vgl. EuGH, U. v. 11.6.2015 -
C-226/13 - EuGRZ 2015, 389; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 56 Rn. 36). Erst mit der
Kenntnisnahme durch den Antragsteller am 25. September 2015 wurden die Zustellungsmängel nach § 189
ZPO geheilt.
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Die Beschwerde ist aber weder innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist begründet, noch ist nach § 60
Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte
Beschwerdebegründungsfrist gestellt worden. Es braucht daher nicht entschieden zu werden, ob die lange
Zeitdauer bis zum Empfang der Akten durch die Prozessbevollmächtigte erst kurz vor Ablauf der
Beschwerdebegründungsfrist die Einhaltung der Frist unverschuldet verhindert hat und ob bei Wegfall des
Hindernisses noch innerhalb der Rechtsmittelfrist nach den Umständen des Einzelfalls über die
Rechtsmittelfrist hinaus noch eine „Beratungsfrist“ eingeräumt werden muss, die aber auch kürzer als die
Frist nach § 60 Abs. 2 VwGO sein kann (vgl. BVerwG, B. v. 25.6.2013 - 10 B 10/13 u. a. - juris).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs.
3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für
die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke a. a. O. Anh. § 164 Rn. 14).
13
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).