Bulletin 2015 - Hellasfreunde Bern

Hellasfreunde Bern
KKuullttuurreelllee VVeerreeiinniigguunngg ddeerr HHeelllaassffrreeuunnddee,, 33000000 BBeerrnn
Bulletin 2015 -3 / Dez. 2015
1
Titelbild: Symi
Vereinsadresse:
Kulturelle Vereinigung
der Hellasfreunde
3000 Bern
Kontakt:
Internet: www.hellasfreunde.ch
Mail: [email protected]
Tel. Fred Wyss: +41 (0) 031 931 02 13
2
Das Bulletin wird auch auf unserer Website
als PDF aufgeschaltet, sogar in Farbe allerdings mit ca. 2 Monaten Verzögerung:
Mitglieder sollen Vorrang haben!
Zum Inhalt
Fred Wyss
01.09.2015
Inhaltsverzeichnis
Zum Bulletin und zu den Veranstaltungen
Redaktion
3
August 15
A. Menn & A. Theisen-Menn, 23.8.15
4
Erstes Sfakian-Pie Fest in Chora Sfakion
Bettina Kouri, 23.08.2015
5
Sfakian Pites (Rezept)
www.flisvos.de
5
„Sollen sie sich denn erschiessen lassen?“
Lilian Raselli, 20.8.2015
6
Flüchtlinge auf Agathonisi
Katharina Roller, Oktober 2015,
9
Flüchtlinge auf Rhodos
Fred Wyss, Oktober 2015
10
Chios im September – so viel Zeit
Sylvia Caviezel, November 2015
11
Ostägäis – Ostschweiz: Vergleich am 20.10.2015
Zusammengestellt, Fred Wyss, Okt. 2015
13
Pachnes, ein Traum wird endlich wahr!
Bettina Kouri, 5. 9 2015
14
Die Weinlese: Ein dionysisches Fest im September
Ursula Katanias, 10.9.2015, www.ikaria.ch
16
Das Schulsystem in Griechenland
Jörg Krüger, 31.08.2015
18
Spirituosen, die man in GR verkosten sollte
Von Klaus Bötig, 19.08. 2015
19
Nikos Kazantzakis
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
20
Alexander der Grosse von Nikos Kazantzakis
GZ,12.11.2105
23
Gräueltaten der deutschen Wehrmacht auf Kreta
Markus List, August 2015
24
Naxos im Winter
Klaus Bötig, 22.10. 2015
26
Was es bedeutet, eine Puppe zu sein
Ursula Spindler-Niros, GZ, 28.10.2015
29
Das kleine Pita Imperium
Aline Jordi, 02.11. 2015,
29
Wenn die Kinder von Tür zu Tür ziehen
Griechenlandzeitung Newsletter , Nov. 2015
30
Eine andere Geschenkidee
Beat Schneider, Nov. 2015
32
Kurzmeldungen aus der Griechenlandzeitung
Griechenlandzeitung
33
Info – Archipelagos
achimgaetjen, 12.03.2014, www.trifilli.com
35
Interessante Veranstaltungen
Redaktion
36
Zum Bulletin (Redaktionsschluss war am 1. September 2015)
Das Vorwort wird jeweils genau so lang, wie es Platz hat. Und im Bulletin es steht halt das drin,
was unsere Mitglieder und Freunde beschäftigt hat. Diejenige, die den Sommer weit weg von
der türkischen Küste verbringen konnten, berichtet viel Positives (siehe erste Beiträge), diejenigen die in der Ostägäis oder auf einer Dodekanes-Insel waren, wurden fast unweigerlich mit
dem Flüchtlingsproblem konfrontiert. Es gibt also nochmals einen Flüchtlingsblock.
Nach vier etwas leichteren Artikel folgt dann ein Block zu Kazantzakis, „verursacht“ durch den
Beitrag von Markus List, den ich mit passenden Artikeln ergänzt habe. Es folgen ein paar Geschenk-Ideen, Kurzmeldungen und am Schluss die Vorschau auf kommende Veranstaltungen.
Ein Herzliches Dankeschön an alle Autoren!
Zu den Veranstaltungen
Speziell wird die Veranstaltung vom 9. März. Diese werden wir wieder einmal gemeinsam mit
anderen „griechischen“ Vereinen durchführen. Dies in der Hoffnung, dass viele Leute kommen
werden, dass diese unser Kollekten-Säuli füllen werden und wir der Aliki Panou zuhanden der
Naturschutzorganisation Archipelagos ein schönen Betrag übergeben können.
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Annina Menn und Andreas Theisen-Menn
23. 08.2015, www.kythera.ch
August 15
ten. In den Tavernen braucht es Vorbestellungen, die Strände sind heftig belebt.
Was für ein Sommer.
Nie wärmer als 33 Grad.
Kythera im August.
Kaum Mücken!
Fast täglich gibt es ein Konzert irgendwo in
einer Taverne oder an einem Strand. Klassisch, griechisch, Pop oder einfach unplugged, wie in den guten alten Zeiten.
Keine Wespen!
Ein angenehmer Wind und glasklares, erfrischendes Wasser.
Wenn du es schaffst bis weit nach Mitternacht
zu bleiben, wirst du vielleicht mit auf den Tischen tanzen.
Und dann kamen sie, die Touristen aus den
anderen Teilen Griechenlands, besonders die
aus Athen, die die es sich leisten können und
die verwandten Familien aus Australien.
Fotoausstellungen in Chora, Malereien in
Potamos, das Sommerkino, heute z.B. mit
Behn Zeitlin’s „Beasts of the Southern Wild“
oder morgen „Mama Mia“…..kulturell wird
echt was geboten!
Viele. Überraschend viele.
Grosse Tischreihen lassen die Familien zusammensitzen. Auch wenn man in Sydney
wohnt, kennt man die Nachbarschaft auf der
Insel und es wird zusammen gegessen und
getanzt als sei es das letzte Mal!
Kythera im August ist anders. Die wirkliche
Welt ist weit weg.
Die Tränen der Mütter, die die verlorene Zukunft ihrer Kinder betrauern, erahnst du erst
wieder im September.
Die dicken 4X4 aus Athen verdrängen die
kleinen Mietwagen der holländischen Touris4
Erstes Sfakian-Pie Fest in Chora Sfakion
Bettina, 23.08.2015
http://bettinaki.wordpress.com
Am vergangenen Freitag den 21. August fand im alten Hafen von Chora Sfakion das erste
Sfakian-Pie Fest statt. Das Dorf war so voll wie noch nie. Über 1000 Menschen nahmen an
unserem ersten großen Sfakian-Pie Fest teil, natürlich mit viel Essen, Wein, Musik und viel
Tanz. Die Stimmung war großartig und alles ein voller Erfolg. Wir hoffen, nächstes Jahr alle
und noch mehr wiederzusehen!
Ziel dieses Festes war es, den Gästen die Region der Sfakia mit ihren Produkten näher zu
bringen und auch der Jugend die Traditionen zu vermitteln, denn nichts ist wichtiger als die
Traditionen einer Region! Es gibt eine schöne griechische Mandinada dazu, die übersetzt
heisst: Ein Volk ohne Traditionen, ein Kind ohne Mutter, ein Baum ohne seine Wurzeln lebt
nicht mal einen Tag!
Sfakian Pites (Rezept)
www.flisvos.de
In Sfakia werde die Pites (Pasteten) auf besondere Art zubereitet, die auf die außergewöhnlichen Lebensumstände abgestimmt sind.
Die meisten Bewohner waren Viehzüchter aus diesem Grund musste die Nahrung leicht zu
transportieren sein. Die bescheidenen Gerichte der Sfakioten waren besonders schmackhaft.
Zutaten für ca. 10 Sfakiapasteten
500g Mehl
3 Esslöffel Salz
1 Tasse Wasser
10 Esslöffel Misithra (ersatzweise Quark +Schafskäse)
Kreta Olivenöl
Zubereitung:
Das Mehl mit dem Kreta Olivenöl, dem Salz und der entsprechenden Menge Wasser vermischen und den Teig kneten, bis er geschmeidig wird. Dann den Teig in 10 Teile schneiden,
kleine Teigblätter ausrollen.
Die Misithra in 10 Bällchen formen, in die Mitte der Teigblätter legen und den Teig abdecken,
so dass 10 große Bällchen entstehen. Mit einem Nudelholz rollen wir über die Teigbällchen, so
dass sie wieder Ihre runde, platte Form annehmen. ( Durchmesser ca. 15.cm)
Eine Pfanne mit Kreta Olivenöl bestreichen und darin die Sfakianischen Pasteten braten,
mehrmals wenden damit sie nicht anbrennen.
Die Sfakian Pites werden mit Honig serviert. Sfakian Pites versüßen Ihren Kreta Urlaub.
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„Sollen sie sich denn erschiessen lassen?“
Lilian Raselli
20.8.2015
Wie die Inselgriechen mit gestrandeten Syrern umgehen
Spektakuläre Bilder der Ankunft syrischer Flüchtlinge auf der griechischen Insel Kos sind in der
Presse im Moment überall zu sehen. Dasselbe gilt für die Zeltlager in der Stadt Kos selbst.
Tatsache ist, dass täglich selbst auf kleineren Inseln des Dodekanes Hunderte syrischer und
anderer Flüchtlinge aus dem Nahen Osten ankommen. In der Schweiz sind wir schon mit Hundert pro Tag überfordert und verlangen Massnahmen. Die Inselgriechen gehen bisher mit bewundernswerter Solidarität mit dem Ansturm um.
Wo die Zeit stehen geblieben scheint…
neuen Herausforderung konfrontiert. Täglich
zahlreicher wird auch diese Insel von mehrheitlich syrischen Flüchtlingen angepeilt. Auf
direktem Wege von der türkischen Küste her
oder über die nahe gelegenen Inseln Leros
oder Pserimos erreichen sie in nicht seetauglichen Schlauchbooten das Küstengebiet
entweder selbst oder mithilfe der griechischen
Küstenwache. Dort, wo sich während des Tages Tagestouristen oder Segler tummeln, erreichen sie meist im Morgengrauen die Küste.
Die Insel Kalymnos liegt etwas nördlich von
Kos und westlich ein paar Kilometer vom türkischen Festland entfernt. Mit 18‘000 Einwohnern zählt die Insel zu den bevölkerungsreichsten Inseln. Sie verfügt nicht über grosse
touristische Einrichtungen wie das benachbarte Kos. Der Tourismus besteht zum grössten Teil aus Tagesgästen. Die Zeit scheint
hier stehen geblieben zu sein. Die stolzen
Kalymnier sehen sich als Seefahrer,
Schwammtaucher und Fischer, stolz, standhaft und traditionsbewusst. Das raue Klima
und die harten Lebensbedingungen haben die
Leute zusammengeschweisst. Alte Traditionen und Handwerke werden hier noch gepflegt. Spaziert man durch die verwinkelten
und chaotischen Gassen der Hauptstadt
Pothia, riecht man beispielsweise immer wieder Weihrauch, der in kännchenartigen Gefässen vor den Häusern abgebrannt wird, um
Unheil abzuwehren. Die finanzielle Krise ist
natürlich auch hier spürbar, die Armut vieler
Einwohner offensichtlich. Die Einheimischen
halten jedoch zusammen und unterstützen
sich, wie dies auch in der Vergangenheit erforderlich war. Die enge Bindung
ist auch bei den ausgewanderten
Inselbewohnern erhalten geblieben. Für Maria Himmelfahrt, am
14. August, kommen auch sie
ganz selbstverständlich zurück,
um das neben Ostern wichtigste
Fest in der familiären Gemeinschaft zu feiern.
Täglich kommen mehr Flüchtlinge als es
Bewohner gibt
Wir besuchen mit einem kleinen Kursboot von
Kalymnos her das kleine vorgelagerte Eiland
Pserimos. Sieben Kilometer trennen die Insel
von der türkischen Küste. Hier wohnen je
nach Saison permanent zwischen 100 bis 200
Einwohner. Sie leben von den Einnahmen,
die sie während der der viermonatigen Touristensaison generieren können. Einzelne idyllische Sandstrände mit klarem blauen Wasser
ziehen täglich Ausflugsschiffe vor allem aus
Kos an, die meisten nur im Badekleid bekleidet, für kurze Zeit die Insel überschwemmen
In den letzten Monaten werden
die Kalymnier jedoch mit einer
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und die erforderlichen Einnahmen bringen.
Davon werden die Einheimischen die restlichen Monate leben. Seit einiger Zeit kommen
fast täglich im Morgengrauen mehr Syrer in
kaum schwimmfähigen Schlauchbooten an,
als es überhaupt Inselbewohner gibt. Die Bewohner sind von dem Flüchtlingsansturm
überfordert. Von allen Seiten peilen die Vertriebenen die Insel an und begeben sich auf
den Fussweg ins Dörfchen. Zurück bleiben
die von Pressebildern inzwischen bekannten
maroden
Schlauchboote,
vereinzelte
Schwimmwesten oder die nicht mehr verwendete Luftpumpen. Die Inselbewohner versuchen jeden Tag aufs Neue, vor dem Eintreffen der ersten Touristen die Boote vom
Strand wegzuräumen, um etwas vom Ferienimage zu bewahren. Die Gestrandeten
dieses Montagmorgens sitzen apathisch im
Schatten der kleinen Kirche, die sich prominent auf der Felsnase beim Ankunftssteg befindet und von den Ferienbooten aus als erstes sichtbar wird. Syrische Frauen mit Kindern
teilen sich später am Tag den Schatten der
spärlichen Bäume mit leicht bekleideten Tagestouristen. Ein Paradoxon sondergleichen.
Die Einheimischen haben die Ankömmlinge
inzwischen mit Wasser und Brot versorgt. Die
Taverneninhaber geben zunehmend widerwillig zum xten Mal das Passwort des WLANs
heraus. Das ermöglicht es den Ankömmlingen, den Verwandten die sichere Ankunft zu
melden.
Auf dem Touristenboot zur Registrierung
Nicht immer gelingt die Flucht erfolgreich. In
der Nacht wurden auf einer anderen Insel
wieder Tote angeschwemmt. Der kreisende
Helikopter zeigt, dass die Suche nach Unglücklichen weitergeht. Der Besitzer der Mini
Markets auf Pserimos sagt mir, dass er überfordert ist, allen Ankömmlingen etwas zu essen zu geben. Er zeigt auf einen Syrer, der
auf der Suche nach Schatten unter ein Gestell im Laden gekrochen ist. Gleichzeitig
äussert er Verständnis für die Lage: „Syrien
existiert nicht mehr. Was sollen sie denn tun?
Sich erschiessen lassen?“ Und die Schlepper,
was verdienen die dabei, frage ich. Denn in
dieser Nacht wurden für einmal ein paar
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Die Inselbewohner versorgen die Gestrandeten
Türken gefasst, die gerade das Geld für die
Überfahrt eingesammelt haben. „ Pro Person
1000 Euros. Die haben in dieser Nacht wieder
einmal über 120'000 Euro verdient“, meint er
achselzuckend. Er erzählt weiter, dass an
diesem Morgen zwei Frauen während der
Überfahrt in den Wehen gelegen hätten und
von der Küstenwache ins kleine Spital in Kalymnos gebracht worden wären. Am Abend
fahren die Flüchtlinge auf unserem Boot mit
nach Kalymnos um sich dort registrieren zu
lassen. Auf dem Pier werden Frauen und
Kinder von den Männern getrennt. Ohne Murren unterziehen sich die Leute dem Prozedere. Wir Touristen sitzen oben auf dem Sonnendeck und beobachten die Szene. Auf
meine Nachfrage hin erklärt der Kapitän, dass
die Frauen mit den Kindern in der geschützten Kabine reisen würden, die Männer aufs
Deck geschickt würden. Viele können nicht
schwimmen.
Tatsächlich liegt die Versorgung der Flüchtlinge in privater und kirchlicher Hand. Eine
von der orthodoxen Kirche und privaten Geldern (vor allem von amerikanischen Auslandgriechen alimentiert) unterstützte Stiftung in
der Stadt, die eigentlich bedürftigen Kalymniern tägliche Mahlzeiten anbietet, verteilt nun
den Gestrandeten drei Mal am Tag im Hafen
einfache Mahlzeiten. Die Solidarität der Inselbewohner ist bewunders- und nachahmenswert. Immer wieder bringen sie den unzähligen Familien Getränke vorbei, verteilen nicht
mehr gebrauchte Kleider, Spielzeug und Decken oder lassen sie bei sich waschen oder
gar übernachten. Doch es sind einfach zu
viele und der Herbst naht. Den Kalymniern
graut es schon jetzt davor, sich vorzustellen,
was passiert, wenn das Klima und damit das
Meer rauer werden und die Verdienstmöglichkeiten der Griechen nach der Sommersaison schlechter wird oder die reichen Verwandten abgereist sind.
Ein Dach über dem Kopf wird zur Mangelware
Auf Kalymnos werden die Ankömmlinge bei
der Ankunft auf Englisch kurz instruiert, dass
sie bei der Polizeistation eine Einreisebewilligung einholen müssen, damit sie die Weiterfahrt überhaupt in Angriff nehmen können.
Dann werden sie sich selbst überlassen. Etwas Geld scheinen die meisten dabei zu haben. Schliesslich haben sie alles veräussert,
was möglich war, um die Schlepper, aber
auch die Weiterfahrt nach Athen zu bezahlen.
Die vier Hotels in Pothia sind in der Hauptsaison mit Touristen gefüllt. Sowieso können die
Hotels auf der Insel der Masse nicht Herr werden. Daher übernachten die meisten unter
dem Vordach des Hafengebäudes und in anderen verlassenen Gebäuden. Emsig werden
Kartons als Unterlagen zusammengesucht.
Später kommt unser Hotelbesitzer mit Leintücher und Decken unter dem Arm. „Das ist
nicht zum Aushalten, muss doch eine ganze
Familie mit kleinen Kindern auf dem nackten
Boden schlafen, das geht doch nicht“, meint
er.
Geschenkte Babyausstattung
Anna, die Putzfrau in unserem Hotel, stellt
gerade aus nicht mehr gebrauchten Kleidern,
die Bekannte aus dem Ausland mitgebracht
haben, einzelne Kleidersäcke mit einer Ausstattung für jeweils eine Person zusammen.
Was ist mit den Frauen geschehen, welche
noch in der Ankunftsnacht Kinder geboren
haben, frage ich sie. Sie erzählt mir, dass eine Auslandgriechin vor Ort den Babys die
notwendige Babyausstattung inklusive Kinderwagen gekauft habe. Die Frau dürfe zudem im Moment bei einer einheimischen Familie in einem der kleinen Dörfer wohnen.
Und die hätten doch selber nicht viel.
In den Nächten, in denen eine der wenigen
Fähren nach Athen auf Kalymnos Halt macht,
sind die Reisebüros voller Syrer, die versuchen, einen der raren Plätze auf ihr zu ergattern. Es reicht nicht. Daher nimmt die Anzahl
Flüchtlinge auch auf dieser Insel täglich
offensichtlich zu. Einmal revoltieren junge
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Männer gegen die Umstände und reissen gar
die griechische Flagge herunter. Das erzürnt
die Griechen zwar, aber dennoch bleibt das
Verständnis für die vertriebenen Syrer ungebrochen.
Sorgfältig haben die Flüchtlinge die nicht
mehr verwendeten Decken und Kartons zusammengefaltet und aufeinandergestapelt.
Auf der Rückseite des Gebäudes warten
schon über Hundert Neuankömmlinge, die
diese Nacht Kalymnos erreicht haben.
Mit Hoffnung auf eine bessere Zukunft in
Europa
An diesem Donnerstag hält die von der griechischen Regierung gesandte Fähre Eleftheros Venizelos vor der Insel - sie ist zu gross
für den Hafen - und nimmt eine grosse Menge
Vertriebener auf. Sichtlich erfreut eilen sie auf
die offensichtlich volle Arche. Ob sie auf dem
krisengeschüttelten griechischen Festland
besser behandelt werden? Die Plätze um das
Hafengebäude sind nun scheinbar verwaist
und werden von einer Putzequipe gereinigt.
Griechenland steckt in einer riesigen ökonomischen Krise, welche die Bevölkerung auch
auf den Inseln empfindlich trifft und lähmt.
Trotzdem teilen die Inselbewohner das wenige, das sie haben, mit den gestrandeten Syrern. Von dieser Haltung könnten sich viele
von uns in Europa eine Scheibe abschneiden
und unsere Haltung überdenken. Denn der
Exodus der Syrer geht weiter… mit und ohne
Grenzzäune wie wir alltäglich in den Medien
sehen.
Flüchtlinge auf Agathonisi
Katharina Roller, Okt. 2015
www.nissomanie.de
Katharina schreibt: Wir sind am Montag von Kos zurückgekommen, und waren auf Lipsi,
Agathonisi, Nisyros, Telendos und Kalymnos. Die Wahlen haben wir auf Lipsi miterlebt (28%
Wahlbeteiligung - die Leute haben von der ganzen Politik ziemlich die Nase voll, war mein Eindruck), danach sind wir nach Agathonisi, wo das Flüchtlingsproblem in einem Maß besteht, mit
dem wir nicht gerechnet hatten:
Agathonisi
Seit gestern Vormittag sind wir auf Agathonisi. Bei unserer Ankunft - wir waren die einzigen, die von Bord der "Anna Express" gingen
- standen ca. 50 Flüchtlinge am Anleger und
drängten an Bord, rüde zurückgepfiffen vom
Hafenpolizisten. Auf dem Weg zu unserem
Quartier sahen wir ungefähr 100 Leute bei
der Port Police warten. Sie werden registriert,
bekommen Wasser und eine Kleinigkeit zu
essen und müssen warten. Es werden immer
mehr. Der Zuständige von der Hafenpolizei
schreit oder pfeift mit seiner Trillerpfeife. sie
bekommen Nummern gesagt, und "don't go".
Ein Schiff würde sie wegbringen. Irgendwann
dürfen sie dann gehen und verteilen sich über
den kleinen Hafenort von Agios Giorgos mit 50
Einwohnern. Manche baden am Strand und
machen Fotos mit dem Selfies-Stick, andere
sitzen am Ufer, im Schatten oder in der Creperie. Fast wirken sie wie normale Touristen,
aber ankommende Segler drehen wieder ab.
Es sind viele junge Männer, aber auch Familien mit kleinen Kindern und Babys.
Sie kommen im Inselosten an und gehen über
die Insel hierher. Sie kommen nachts, denn
der Grenzübertritt ist illegal.
Abends müssen junge Flüchtlinge den Müll
auf den Strassen einsammeln. Sie tun es
widerwillig. Die Creperie hat hohe Preise,
aber die Flüchtlinge dürfen die Toiletten
nicht benutzen. Die besseren Tavernen werden weniger besucht.
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Am Abend kommt das Schiff "Venus" und
bringt sie nach Samos. 20 Euro müssen sie
dafür bezahlen. Sie müssen auf dem Anleger
in einer langen Schlange stehen, es sind viele: 257 Menschen.
Die 11 Grundschüler haben keinen Lehrer
und darum schulfrei. Nach den Wahlen soll
jetzt einer kommen.
Die Einwohner sind auch neidisch auf die
Flüchtlinge. Ein großer LKW mit Lebensmitteln, Windeln, Kleidung sei gekommen. Ihnen
würde niemand etwas schenken, und sie hätten doch auch nichts. Und die Flüchtlinge
würden ihr Leben verändern, zum Schlechteren, dabei hätten die teure Smartphones, und
sie nur ein billiges Handy.
Heute regnet und gewittert es. Der erste Regen seit Mai. In der Nacht ist nur ein Flüchtlingsboot gekommen, 20 Leute. Sie werden
auf die "Nissos Kalymnos" gebracht, die nach
Samos fährt. Jetzt sind keine mehr da. An
einem Tag im August waren es über 500.
Agathonisi hat nur etwa 150 Einwohner in 3
Dörfern. Wegen der Krise sind im Sommer
die griechischen Urlauber ausgeblieben.
Sonst lebt man von Seglern und Ruhesuchenden. Beide kommen nicht mehr oder reisen wieder ab. Das Leben hier ist bescheiden, aber die Leute sind sehr freundlich.
Die Zahl der Flüchtlinge hat erst Mitte August
so vehement zugenommen, erklärt uns die
schwäbische Wirtin bei "George". Aber es
wird wohl so weitergehen bis das Winterwetter die Überfahrt zu gefährlich macht. Es gibt
aber auch keine Dächer oder Räume, wo
man die Leute unterbringen kann.
Eine Situation, die nicht nur uns ratlos lässt.
Flüchtlinge auf Rhodos
Fred Wyss
Oktober 2015
Rhodos liegt ja etwas weiter von der türkischen Küste entfernt als andere Dodekanes-Inseln,
es kommen darum weniger Flüchtlinge an, zudem ist die Insel gross und hat genügend Unterkünfte wo man Flüchtlinge diskret unterbringen kann. Ausserdem hatte ich das Gefühl, das
man das Problem auf Rhodos bewusst effizient und diskret lösen will, um keine Negativpropaganda wegen dem Tourismus zu machen. Ein Vorteil dabei ist, dass der Fähranleger weit weg
von den normalen Touristenströmen liegt.
Wir haben im Oktober auf Rhodos nur einmal
Flüchtlinge gesehen: Wir sassen bei einem
Frappé am kleinen Hafen Skala Kameiros,
das ist dort wo das tägliche Boot nach Chalki
ablegt. Ein Boot der Küstenwache hatte gerade angelegt. Ein blauer Bus stand auf der Mole. Plötzlich sahen wir, wie aus dem relativ
kleinen (verschlossenen) Boot der Küstenwache eine ganze Menge Leute ausstiegen, alles Frauen und Kinder, alle mit Rucksäcken
oder anderem Gepäck, viele hatten noch
Schwimmwesten an. In diesem Moment kam
ein uralter, offener Fischerkahn um die Ecke,
voll von Flüchtlingen, so wie man‘s aus dem
TV kennt. Später stellten wir fest, dass es das
Boot war, das die bei der kleinen vorgelagerten Insel Nisi Makri liegende Fischzucht betreut. Die Küstenwache brachte die Frauen
und Kinder, das Fischerboot die Männer. Man
muss die Leute wohl auf dieser kleinen Insel
aufgefischt haben. Alle Flüchtlinge waren trocken, alle hatten Gepäck dabei – man hatte
sie demnach nicht aus dem Wasser gefischt.
Wir haben nur aus der Distanz (ca. 60 m),
aus dem Restaurant zugeschaut. Alles wurde
durch etwa 4 Polizisten routiniert abgewickelt.
10
Bus einsteigen. Nach etwa 10 Minuten fuhren
der Bus und die Polizei ab. Zurück bleiben
etwa 15 Flüchtlinge, die offenbar im PolizeiBus nicht Platz hatten. Diese warteten im
Schatten der Bäume auf die Rückkehr des
Busses, die meisten schliefen erschöpft am
Boden.
Absolut keine Aufregung, die Griechen in der
Taverne (samt Personal) winkten den Leuten
im vorbeifahrenden Bus freundlich zu – die
Touristen an den zwei Nebentischen hatten
offenbar gar nichts von der Aktion mitgekriegt.
Es wurde Wasser verteil, die Leute wurden
ganz kurz befragt und konnten dann in den
Chios im September – so viel Zeit
An einem nebligen Septembermorgen besteigen mein Freundin und ich das Flugzeug, das
uns nach Athen bringen soll. Und diesmal, so
haben wir uns geschworen, soll es kein hektisches Umsteigen in Athen geben. Wir nehmen den späteren Flieger nach Chios und
haben ganze 5 Std Zeit in Athen.
Sylvia Caviezel
November 2015
Touristen den Weg zum begehrten Weiterflug
zu ebnen. Endlich, endlich nimmt er sich auch
unseres Problems an, aber wir haben ja noch
soooo viel Zeit! Er murmelt viele Sätze, aber
nicht auf Englisch wie gehofft, sondern auf
Griechisch. Dazu drückt er immer wieder auf
Knöpfe und Tasten, und siehe da, bald haben
wir das Einstiegsticket in der Hand.
Nur: Da steh ich nun ich armer Tor, und bin
so klug als wie zuvor, von der Bedienung des
Automaten haben wir nach wie vor keine Ahnung!
Die Swiss-Maschine landet auch pünktlich auf
dem Flugplatz, nur bleibt sie nach der Landung stehen. Der Grund ist die Verspätung
der Lufthansa, die noch auf dem Andockplatz
steht. Aber uns kann das egal sein, wir haben
ja noch sooooo viel Zeit!
In der Schweiz hat uns das Reisebüro versichert, die Bedienung sei sehr einfach, jeder
einigermassen normal begabte Mensch habe
die Bedienung im Nu begriffen. Aber offensichtlich gehören wir nicht zu denen, denn wir
stehen da und rätseln, drücken Knöpfe versuchen es mit Schütteln, es passiert einfach rein
gar nichts...
Nun haben wir uns aber ein Mittagessen verdient! Wir werden auch schnell und gut bedient. Nun wollen wir wieder in die Abflughalle
zurück da war doch eben noch eine Rolltreppe?? Sie ist definitiv nicht mehr da, auch
ein anderer Abgang in den unteren Stock ist
nicht zu finden. Wir suchen und suchen und
suchen - aber wir haben ja noch soo viel Zeit!
Endlich finden wir einen Lift der soll uns ein
Stockwerk nach unten bringen. Aber wir landen nicht in der Abflughalle sondern irgendwo
im Untergrund des Elefterios Venezielos. Nun
irren wir wirklich irgendwo herum und haben
keine Ahnung wo wir sind, Endlich finden wir
wieder einen Lift der uns, oh Jubel, tatsächlich in die Abflughalle bringt.
Aber da kommt Gott sei Dank ein Angestellter, der kann uns sicher weiter helfen. „Hello
please!“ Aber der Mann hat alle Hände voll zu
tun den zahlreichen, ebenso minderbegabten
Vor der Handgepäckskontrolle hat es eine
lange Schlange, aber wir haben ja noch etwas Zeit. Endlich sitzen wir in der Wartehalle
für den Flug nach Chios und nach gar nicht
Nach 20 Minuten ist der Platz frei und wir
können aussteigen. Das Gepäck kommt zügig
und wir wollen es auch gleich weiterleiten
nach Chios. Aber leider hat es kein EincheckPersonal mehr, ein Automat hat die Funktion
übernommen.
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langer Zeit auch im Flugzeug. Die Zeit hat
gerade noch gereicht! Und bald landen wir
in der sanften Abendstimmung auf dem kleinen Flugplatz. Da wir schon oft in Chios waren läuft alles wie gewohnt. Das Gedränge
der Fluggäste und ihrer wartenden Angehörigen vor dem einzigen Gepäckband, das Gerangel vor den Taxis und die Begrüssung im
Hotel als Freunde, all das ist wie immer.
nehmen, sonst werden wir noch als Schlepper taxiert. Der Stadtpark ist zu einem Flüchtlingslager umfunktioniert. In der ersten Woche
mit kleinen, gespendeten Zelten. Zum Glück
hat dann in der zweiten Woche die UNHCR
grosse stabile Zelte geliefert. Das war auch
gut so, denn es hat, für diese Jahreszeit aussergewöhnlich, viel geregnet und war kühl.
Uns beeindruckte immer wieder die Selbstverständlichkeit, mit welcher die Menschen
aufgenommen und versorgt wurden, obschon
ja auch die Griechen nicht im Überfluss leben.
Am andern Morgen will ich, auch wie immer,
in den Sonnenaufgang schwimmen und dann
ist es plötzlich nicht wie immer. Die syrische
Tragödie dieses Sommers hat auch den
Strand des Hotels erreicht Ein grosses verlassenes Gummiboot samt Schwimmwesten
liegt im Sand. Später, auf der Fahrt in die
Stadt, sehen wir müde Menschen mit Kindern
auf dem Rücken in Richtung Auffanglager
marschieren. Wir dürfen sie nicht einmal mit-
Als ganz kleines Zeichen der Solidarität haben viele von uns ihre Schuhe, Socken und
soliden Wanderkleider mit den besten Wünschen für ein glückliches Ende auf die lange
Reise durch den Balkan geschickt
Kalo Taxidi!
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Kampagne für Nobelpreiskandidatur der engagierten Bewohner von Lesbos 25.11.2015
Die Einwohner von Lesbos und die freiwilligen Helfer, die dort aktiv sind, sollen für ihren selbstlosen Einsatz in der Flüchtlingskrise den Friedensnobelpreis bekommen. Das zumindest ist
das Anliegen einer Petition, die zurzeit über das Kampagnen-Netzwerk Aaavaz.org im Internet
läuft. Mit der Petition soll das „norwegische Nobelpreiskomitee darauf aufmerksam gemacht
werden, dass die einfachen Menschen auf Lesbos und die Mitglieder einiger weniger Hilfsorganisationen seit Monaten mit Leidenschaft und Selbstaufopferung daran arbeiten, das menschliche Drama der Flüchtlinge in einer Weise zu lindern, wie dies bislang noch kein Staat und
keine internationale Organisation getan haben“. Bis Montag hatten mehr als 10.000 Menschen
die Petition unterzeichnet. Man findet sie, indem man „Award the Nobel Peace Prize to the
people of Lesbos” in die Suchmaschinen eingibt. Auf Lesbos trafen sich unterdessen am
Dienstag die in Athen akkreditierten EU-Botschafter gemeinsam mit Mitgliedern der griechischen Regierung. Vor Ort machten sie sich ein Bild von den Aufnahme- und Registrierungsverfahren für die Flüchtlinge. Regierungschef Alexis Tsipras führte im Zusammenhang mit der
Flüchtlingsproblematik zu Wochenbeginn Telefongespräche mit der deutschen Bundeskanzlerin Angel Merkel sowie dem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann. (GZak
Heizöl für die Schulen auf Ikaria
www.ikaria.ch
Nachdem Ursula Kastanias uns letztes Jahr schon einiges über ihre Insel berichtet und gezeigt hat, kam sie am 11. November nochmals zu uns. Sie wusste noch viel zu erzählen über
diese besondere Insel und deren Bewohner – und auch das Tanzen war wieder ein Thema.
Die Kollekte spendeten wir auch diesmal an Usulas Hilfswerk "Heizöl für die Schulen auf Ikaria". Offensichtlich waren die über 70 Besucher zufrieden mit dem Vortrag, wir fanden am
Schluss in unserem Sparschwein fast 800 Fr. Wir als Verein erhöhten den Betrag zusätzlich
dann auf total 1200 Fr. Jetzt dürfen wir hoffen, dass die Kinder auf Ikaria im bevorstehenden
Winter in geheizten Schulzimmern unterrichtet werden können.
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Ostägäis – Ostschweiz: Ein Vergleich am 20.10.2015
Anzahl der Flüchtlinge in Griechenland Schweizer Armee rückt an die Grenze
übersteigt halbe Million
GZ, 20.10.2015
aus
20min, 20.10.2015
Allein am Montag strandeten 8000 Flüchtlinge
auf den ostägäischen Inseln. Die Anzahl der
Immigranten, die in diesem Jahr griechisches
Territorium betraten, hat somit die halbe Million überschritten. Zu Beginn der Woche warteten auf den Inseln 27.500 Flüchtlinge und
Einwanderer auf ihre Identifizierung.
In Buchs SG steigt die Zahl der ankommenden Flüchtlinge von Tag zu Tag. Nun ist die
Armee eingesprungen.
Fünf Afghanen und zwei Iraner kamen am
Montagmorgen mit dem Eurocity aus Ungarn
in Buchs an. Dort wurden sie von Grenzwache und Kantonspolizei in Empfang genommen. Nun wurden Soldaten der Schweizer
Armee zur Unterstützung gerufen.
Die UNO bezeichnete die Lage als „chaotisch“.
Gleichzeitig betonte sie, dass das Programm
zur Flüchtlingsweiterleitung an die EU-Mitglieder scheitern werde, wenn die Umstände in
den Auffanglagern sowohl in Griechenland als
auch in anderen europäischen Ländern nicht
verbessert würden. Die griechische Küstenwache rechnet unterdessen weiterhin mit einer zunehmenden Zahl von Flüchtlingen. Im
September kamen über 140.000 Menschen
aus den Krisenregionen nach Griechenland –
das sind 35.000 Menschen mehr als noch im
August und sogar 90.000 mehr als im Juli
dieses Jahres. Aufgrund der Befürchtung,
dass die europäischen Länder ihre Grenzen
schließen, reisen die meisten Ankömmlinge
schnellstmöglich von Hellas aus weiter.
Dass Soldaten das Bundesamt für Migration
unterstützt, ist neu. «Um die immer grösser
werdende Anzahl an Flüchtlingen zu bewältigen, hilft nun die Armee aus. Aktuell stehen
bis zu sechs Armeefahrzeuge mit sechs
Fahrern der Durchdiener-Logistik-Bereitschaftskompanie 104 für Personentransporte
im Einsatz», so der Informationschef der Armee, Christoph Brunner.
Nachdem die ankommenden Flüchtlinge von
der Grenzwache durchsucht worden sind,
werden ihre Papiere überprüft. Von den 7
Flüchtlingen, die am Montag um 7.53 Uhr in
Buchs ankamen, hatte keiner einen Pass dabei. Laut Stabsadjutant Attila Lardori ist dies
keine Seltenheit: «Die meisten Neuankömmlinge haben keinen Pass bei sich.» Zum
Schluss werden ihre Fingerabdrücke von den
Grenzwächtern eingescannt. Bisher mussten
die Flüchtlinge selbstständig mit dem ÖV ins
Empfangs- und Verfahrenszentrum in Altstätten reisen. Nun werden sie von den Armeeangehörigen nach Altstätten gefahren. Dort
können Asylsuchende ihre Asylanträge einreichen und werden mit Essen versorgt.
Der stellvertretende Minister für Migrationspolitik, Jannis Mouzalas, betonte im staatlichen Radiosender „ERA“, dass die Schaffung
von 10.000 Unterkunftsplätzen in Attika sowie
in Makedonien mit der Fertigstellung des Programms für die Weiterleitung von Flüchtlingen
verbunden sei und verwies darauf, dass Griechenland nicht alle Flüchtlinge unterbringen
könne. Sein Land sei sehr daran interessiert,
dass die Auswahl von Flüchtlingen direkt vor
Ort, in Jordanien, der Türkei und im Libanon,
erfolge, was jedoch auf Kritik von Menschenrechtsorganisationen stoße, so Mouzalas.
(Griechenland Zeitung /nk)
Im September gelangten 1427 Flüchtlinge
über die Ostschweizer Grenze in die
Schweiz. Im Juli waren es noch 289 gewesen. Laut Jasmine Blum, Mediensprecherin
der Zollverwaltung, kann mit der Hilfe der
Armee eine sicherere und koordinierte Abwicklung der Transporte gewährleistet werden.
Zusammenfassung Verhältnis:
- Montag 21.10. 2015: 8000:7 (ca. 1000:1)
- September 2015: 140‘000:1‘427 (ca.100:1)
Und die Wahrnehmung in der Schweiz?
13
Pachnes, ein Traum wird endlich wahr!
Der Pachnes ist mit 2453 Metern der höchste
Gipfel der Lefka Ori. Lefka Ori, auf deutsch
heisst das die Weissen Berge, ist das größte
Bergmassiv Kretas und zweit größte Griechenlands und besitzt an die 50 Gipfel mit
2000 Metern, es misst in Ost-West-Ausdehnung fast 30 km, vom Beginn seiner Nordhänge bis zur Südküste Kretas sind es 20 km.
Fast das gesamte Bergmassiv gehört zur
heutigen Gemeinde und historischen Region
Sfakia. Außerdem zählt die zentrale Gipfelregion zu den wenigen europäischen Wüstenregionen.
Bettina Kouri, 5. 9 2015
https://bettinaki.wordpress.com/
hinauf in Richtung Pachnes. Der Pass ist
wirklich hervorragend gekennzeichnet, weißorangene Farbmarkierungen entlang des
Passes bis zum Gipfel. Wirklich sehr sehr
gut! Verlaufen möchte man sich nämlich dort
oben nicht.
Seit vielen Jahren lese ich von denjenigen,
die dort oben waren. Ich sah deren Fotos und
war einfach nur neidisch. Ich wollte dort unbedingt auch hinauf - auf die sfakiotischen Berge, auf Kretas Dach!
Wir brauchten etwa 2 Stunden bis zum Gipfel,
mal ist es etwas steiler, mal flacher, richtige
Kletterpartien gibt es nicht. Ich muss gestehen mir blieb schon ab und zu die Puste etwas weg, gewohnt bin ich so etwas auch
nicht. Aber wir haben es sehr gut geschafft
und wir waren stolz als wir ganz oben auf
dem Gipfel standen!
Mehrere glückliche Zufälle ergaben eine super Gruppe von 6 echt netten und lustigen
Leuten und gestern ging es dann endlich los.
Morgens fuhren wir mit unseren Autos nach
Anopolis. Dort waren wir mit Niko und Kosta
von den Anopolis Rooms verabredet. Sie unternehmen den Transfer in die Lefka Ori mit
einem 4×4 Pickup. Niko fuhr uns hoch, schon
die Fahrt dorthin war ein Traum. Ganz besonders, wenn man dann wirklich die Baumgrenze erreicht und die “Steinwüste” beginnt.
Es ist wie eine Mondlandschaft - aufregend
schön! Auf knapp 2000 Meter Höhe hört dann
auch die Schotterstrasse auf und Niko ließ
uns absteigen und es ging zu Fuss weiter. Es
ging über den Rousses Pass westwärts, stets
Der Blick dort oben, ohne Worte!
Auch wenn es etwas dunstig war, wir konnten
leider nicht wirklich die Nord- bzw. Südküste
erkennen, auch Richtung Osten sah man gerade bis zum Psiloritis, der Anblick war grandios. Diese vielen Gipfel, einer wie der andere
gleich, wie kleine Fingerhüte, Steine. Steine,
Steine. Ich wusste nicht, dass so viele Steine
so faszinierend sein können!
14
Das fiel mir dann aber wieder ein, als wir auf
dem Gipfel die Rakiflasche gesucht hatten.
Und prompt, auf dem Rückweg an der Flasche gerochen und es war RAKI ! Und er war
so herrlich kühl, jeder bekam ein kleines
Schlückchen….
Der Abstieg ging auch ganz gut, auch wenn
er mehr in die Beine geht wie der Aufstieg,
aber wir sind alle gut wieder dort angekommen wo wir losgelaufen sind. Dort wartete
dann Nikos Bruder Kosta und brachte uns mit
dem Pickup wieder nach Anopolis. Auch diese Fahrt war noch einmal ein Traum.
In Anopolis angekommen gab es in der Taverna dann natürlich erst einmal was Kaltes
zu trinken - ein herrliches Radler durfte es
sein!
Weniger Meter unterhalb des Gipfels fanden
wir eine geeignete Stelle für ein Picknick.
Brot, Salami, Graviera, gekochte Eier, Paximadia, Kekse etc…. was ein gigantisches
Picknick! Und wenn dann auch noch die
Gruppe so gut harmoniert, auch wenn sie
vom Zufall formiert wurde, was will man mehr!
Wer diese wundervolle Tour machen möchte
- MACHT sie, es lohnt sich. Es ist gut zu machen. Ich persönlich kann nicht behaupten,
dass es eine leichte Sache ist, ich fand es anstrengend, aber ich bin auch nicht trainiert.
Der “Service” mit dem 4X4 Transfer der
Anopolis Rooms klappt hervorragend und das
Preis-Leistungs-Verhältnis ist auch super denn ob man jetzt einen Jeep mietet oder dort
hochgefahren wird, vor allem wenn man eine
Gruppe ist (8-9 Personen können sie mitnehmen) beides zahlt man und die Fahrt auf dem
Pickup macht einfach riesigen Spass!
Nach etwa einer Stunde auf dem Gipfel ging
es dann wieder hinunter. Ach übrigens, erwähnte ich schon, dass wir dort oben auf Marienkäfer gestossen sind? Ja richtig gelesen,
in 2450 Meter Höhe, wo eigentlich nur Steine
sind, sahen wir Marienkäfer!
Ich hatte öfters gelesen, dass auf dem Gipfel
unter den Steinen eine Rakiflasche versteckt
ist. Wir haben die gesucht, aber da war
nichts. Es gab nur diesen Metallkasten mit
Stift und Zettel als Gipfelbuch, tolle Idee.
Beim Aufstieg hatte ich etwa 500 Meter unterhalb des Gipfels in einer kleinen schattigen
Felsnische eine kleine Wasserflasche gesehen, hatte mir dort aber noch nichts gedacht.
Ich bin riesig stolz auf mich und freue mich,
dass ich endlich diesen Traum wahrgemacht
habe. Und vor allem vielen vielen lieben Dank
an die tolle Gruppe mit der ich dort hoch bin…
Danke B. und K., J. und P. und S.
15
Die Weinlese: Ein dionysisches Fest im September
Von Faros bis zum Leuchtturm von Kavos
Pappa, von Proespera bis Kampa, alle Ikarioten warten nur auf den richtigen Zeitpunkt.
Ursula Katanias
10.9.2015, www.ikaria.ch
noch immer: wer seinen Freunden oder
Nachbarn bei der Ernte hilft, kann handkehrum genauso auf deren Unterstützung bei der
eigenen Ernte rechnen. Ungelernte wie erfahrene Fachmänner, alte wie junge Personen,
Theoretiker so wie die Autodidakten, alle
kommen sie mit einem Korb und einer Weinschere bewaffnet in den Weinberg um zu helfen.
Ach was für eine unvergessliche Erfahrung!
Wenn du vom Scheitel bis zu den Fußsohlen
vom süßen Weinsaft und dem eigenen
Schweiß der Arbeit klebrig bist und die Wespen eine bedrohliche Wolke um dich bilden!
Wer kümmert sich schon um ein paar Stiche,
wenn die ganze Arbeit einem dionysischen
Fest gleicht? Wenn die unbeirrte Versorgung
der Mutter Natur und die traditionelle Arbeit
die Menschen so glücklich verbindet, wird
jede unnötige Unterbrechung der magischen
Atmosphäre vermieden.
Sonne, Hitze und der süßliche Geruch des
frischen Weinsaftes. Lasst uns einige Flaschen für die ,,Mustalevria” abfüllen! (eine
besondere Süßspeise aus frischem Sauser,
Mehl, Zimt und Nüssen, welche nur während
der Weinlese gekocht wird) Denkt daran, ein
wenig unserer alten Tante zu bringen, welche
seit dem 15.August davon träumt! Falls wir
sie vergessen, wird der Teufel uns holen!
Einige messen den Zuckergehalt, während
andere einfach eine
reife Traube probieren.
Für die Erfahrensten
reicht ein wissender
Blick in die Weingärten. September ist der
Monat der Weinlese,
welche zuerst in den
heißeren, küstennahen
Regionen beginnt.
Der “Weintanz”
Ein Monat mit ausgeprägter landwirtschaftlicher Aktivität und leidenschaftlichen Diskussionen aller einheimischen Landwirtschftsexperten! Nach den Diskussionen beginnt die
Planung. Es gilt Freunde, eventuell gar bezahlte Arbeitskräfte zu finden für die Ernte der
reifen Trauben. Die traditionelle ,,Allaksa”,
eine Form der
Arbeitsteilung funktioniert
Nur noch wenige Idealisten wie mein Mann
Pantelis stampfen den Wein mit “blossen
16
Füssen”, wie es die Vorfahren jahrtausendelang taten. Die Meisten haben heutzutage
mechanische Pressen. Aber Pantelis weiss,
dass die Qualität des Weines beim Stampfen
beginnt: Holz und andere Pressrückstände
machen den Wein bitter und pelzig aggressiv
im Gaumen. Schonendes Pressen ist eine
kräftezehrende Knochenarbeit, welche sich
aber im Endeffekt immer lohnt!
Und da kommt Pantelis vorbei, um uns zu
necken, weil wir Amateure seien, während er
natürlich den besten Wein produziere!
Niemand hat ihm darin zugestimmt. Es reicht
ihm, es selbst zu wissen. Das gilt natürlich für
alle. Jeder behauptet von sich den besten
Wein zu machen und ist unglaublich stolz auf
seinen Weinberg, seine Arbeit und sein eigenes Produkt.
Der edle Wettstreit geht weiter. In diesem Falle, weil jeder von sich selbst behauptet die
absolut besten Fähigkeiten im Grillieren zu
besitzen und so vertreibt er all die Anderen
mit der Behauptung, das Fleisch würde ungenießbar, falls er nicht höchstpersönlich Hand
anlegte.
Es ist dunkel geworden und die Sterne stehen
wie gestickte Symbole leuchtend über die
schwarze Kuppel verteilt. Jemand murmelt: «
το στανιό του μέσα, δεν έχω ξαναδεί πιο
πολλά αστέρια » (Dialekt: heiliger Strohsack,
ich hab noch nie mehr Sterne gesehen!”) Ein
altes Transistorradio quietscht bei jeder hohen Note der Geige und weiter drüben im Keller, in der absoluten Dunkelheit hat die Gärung des neuen Weines bereits begonnen.
Die süßeste Gärung, welche seit jeher den
Menschen mit der Mutter Erde verbindet, die
Freunde unter sich und die Fremden mit der
ikariotischen Gastfreundschaft.
Nun wird es schon langsam dunkel. Die letzten Trauben werden zerstampft und der Saft
kommt aus dem Stampftrog direkt in die Fässer. Bald ist alles geschafft… oder fast alles…
seit Stunden rumpeln unsere Mägen und
schon können wir einen Rücken über den
Grill gebeugt ausmachen und eine flinke
Hand, die der Kohle eifrig Wind zufächelt.
Alsbald bringen die Autos eine Horde müder
Arbeiter, welche alle aus den Weinbergen
dem Geruch des bratenden Fleisches gefolgt
sind.
Καλό τρύγο και καλά κρασιά!
Gute Ernte und erlesene Weine! So der traditionelle Wunsch bei der Weinlese.
Anmerkungen
Text: Gelesen bei ,,Ikariamag” und von mir frei ergänzt
und übersetzt.
Fotos und Video: von unserer eigenen Weinproduktion
Dionysos: antiker Gott des Weines, der Lebenslust und
der Sinnlichkeit
17
Das Schulsystem in Griechenland
Jörg Krüger, 31.08.2015
http://radio-kreta.de
Vormittags Lehrer, nachmittags Privatlehrer
Griechen misstrauen ihrem Schulsystem, von Rodothea Seralidou, DLF, 18.11.2011.
Griechische Eltern investieren so viel Geld für Nachhilfe-Institute und Privatunterricht wie sonst
nur noch die Franzosen. Bizarr an diesen Verhältnissen ist auch, dass die Lehrer, die vormittags den offiziellen Lehrplan runterleiern, nachmittags als Privatlehrer arbeiten.
Mathematikunterricht in der griechischen
Oberstufe. Der Raum ist klein und schlicht. In
der Mitte, ein großer ovaler Tisch: an der einen Seite haben sechs Schülerinnen und
Schüler platzgenommen, an der anderen
steht der Stuhl des Lehrers. Jannis, ein lässig
gekleideter Mann in knallrotem Pullover,
schreibt komplizierte mathematische Formeln
auf die Tafel. Seine Schüler machen sich
hochkonzentriert Notizen. Keiner redet dazwischen, keiner stört den Unterricht. Ideale Bedingungen also.
Nachhilfeunterricht in Griechenland
Der Unterricht findet aber nicht in einer Schule statt, sondern in einem “Frontistirio”: So
heißen die zahlreichen Nachhilfezentren, die
es in Griechenland an jeder Straßenecke gibt.
Allein in Athen sind es etwa 750.
Hierher kommen die Schüler nach dem eigentlichen Schulunterricht und gehen denselben Stoff noch einmal durch. So auch Eleni
Machaira. Die 17-jährige Schülerin besucht
die zwölfte Klasse und bereitet sich auf die
Aufnahmeprüfungen der griechischen Universitäten vor:
“Ich besuche das Nachhilfeinstitut, weil die
Schule mich nicht gründlich genug auf die
Aufnahmeprüfungen vorbereitet. Die Lehrer
denken, dass alle Schüler ohnehin Nachhilfeunterricht nehmen und engagieren sich nicht
besonders. Also sind wir gezwungen, hierher
zu kommen”, sagt das Mädchen mit den dunkelblonden Haaren und der schwarzen Brille.
450 Euro im Monat zahlen ihre Eltern für den
Unterricht nach dem Schulunterricht – in Zeiten der Krise viel Geld. Wenn man sich auch
noch schöne Abiballkleider leisten will, dann
hilft nur ein Geheimtipp im Internet. Doch gerade jetzt seien Nachhilfestunden besonders
wichtig, glaubt auch Elenis Mitschüler Panagiotis:
“Wer sich nur auf die Schule verlässt, wird
keinen Erfolg haben. Einige Lehrer sind unmotiviert, weil sie jetzt sehr wenig verdienen
und zwingen dadurch die Schüler, Privatunterrichtsstunden zu nehmen.”
Doch die fehlende Motivation der Lehrer ist
nur eines der vielen Probleme, meint Panagiotis. Die Krise und die damit verbundenen
Sparmaßnahmen der Regierung haben auch
andere Auswirkungen auf das griechische
Bildungssystem:
“Es fehlt an Geld. Viele Schulbücher werden
wir erst Anfang nächsten Jahres bekommen.
Wir haben Fächer, für die wir noch keine Bücher haben! Hinzu kommt, dass meine Schule
für 250 Schüler gebaut wurde und wir im
Moment 390 Schüler sind, 30 Schüler pro
Klasse.”.
Diese Probleme kennt Nachhilfelehrer Jannis
nur zu gut. Der 42-jährige Mathematiklehrer
arbeitet nämlich hauptberuflich in einer öffentlichen Schule.
“Es kann doch nicht sein, dass ich in der
Schule auf einer Tafel schreibe, die so beschädigt ist, dass man nicht lesen kann, was
ich schreibe. Einige Fenster sind zerbrochen
und der Schule fehlt das Geld, sie zu erneuern. Weil es noch keine Bücher gibt, muss ich
Fotokopien machen. Und die muss ich aus
eigener Tasche bezahlen, denn der Kopierer
in der Schule ist meistens kaputt. Wenn er
mal funktioniert, gibt es kein Papier!”
Dass Jannis nach der Schule sowohl in einem
Nachhilfezentrum arbeitet als auch Privatstunden gibt, weiß man in seiner Schule nicht
- das wäre ein Grund, ihn fristlos zu entlassen.
Doch der Familienvater ist Alleinverdiener
18
und hat vier Kinder. Vor der Krise bezog er
als Schullehrer ein Gehalt in Höhe von 1500
Euro netto – Familienzuschläge inklusive.
Auch damals reichte dies hinten und vorne
nicht, klagt er. Heute aber könnte die Familie
ohne den Nachhilfeunterricht gar nicht mehr
über die Runden kommen. Denn jetzt verdient
Jannis als Mathematiklehrer der Oberstufe
nur noch etwa 1000 Euro. Ein Witz, wie er
findet:
“Es ist paradox: Wie kann ich eine sechsköpfige Familie mit 1000 Euro ernähren? Es kann
doch nicht sein, dass ich im Nachhilfezentrum
15 Euro die Stunde bekomme, bar auf die
Hand, und für meine Arbeit in der Schule nur
1000 Euro im Monat, mit 30 Schülern in der
Klasse!”
Alles in allem verdient Jannis mit seinem Nebenjob als Nachhilfelehrer dreimal mehr als in
der Schule. Dafür arbeitet er täglich bis 10
Uhr abends - sieben Tage die Woche. Beim
Finanzamt gilt er trotzdem als Geringverdiener. Denn Jannis versteuert nur sein Monats-
Gehalt, das er als Lehrer vom Staat bekommt. Alles andere verdient er schwarz dazu. Dabei würde er gerne sein gesamtes Einkommen versteuern, beteuert er - wenn er
es nur dürfte:
“Ich finde dieses Verbot, einen Nebenjob zu
haben, unfair. Ich würde gerne belegen können, dass ich mehr verdiene. Davon würde
doch auch der Staat profitieren! Warum gibt
er uns nicht die Möglichkeit, auch außerhalb
der Schule legal zu unterrichten. Ich hätte
auch was davon, ich könnte dann einen Kredit aufnehmen, ein Auto auf Raten kaufen,
das verbietet mir der Staat im Moment.”
Solange es beim Verbot bleibt, wird Jannis
weiterhin schwarz im Nachhilfeinstitut arbeiten. So wie viele seiner Kollegen. Um mangelnde Nachfrage braucht er sich keine Sorgen zu machen. Solange das Schulsystem
dafür sorgt, dass der Unterricht in den Schulen mangelhaft ist, werden besorgte Eltern
ihre Kinder weiterhin zur Nachhilfe schicken.
Trotz oder gerade wegen der Krise.
Spirituosen, die man in Griechenland verkosten sollte
Klaus Bötig, 19.8.2015
www.klaus-boetig.de
In Griechenland werden mehr Spirituosen produziert als nur Ouzo und Brandy. Bis vor kurzem
waren viele nur regional erhältlich, jetzt gibt es die meisten im ganzen Land zumindest in Spirituosenhandlungen und guten Restaurants. Auf jeden Fall probieren sollte man, wenn man Alkoholika mag, folgende Getränke:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Ouzo von der Insel Lesbos (Plomariou, Mini,Barbayannis, 12)
Rakí von Kreta (Tresterschnaps)
Soúma von Samos oder Rhodos (Tresterschnaps)
Tentoura aus Patras
Kitro von der Insel Naxos
Masticha von der Insel Chios
Koum-Kouat von der Insel Korfu
Tsipouro vom griechischen Festland
Wer gern süße Getränke mag, könnte auch probieren:
9. Rakómelo von Kreta und Amorgos: mit Zimt, Orangenschalen und eventuell anderen Gewürzen, auf jeden Fall aber Honig aromatisierter Tresterschnaps
10. Soumamelo von Rhodos: Die rhodische Antwort auf den Rakomelo
11. Honey Rose Rodomeli: Ein Likör mit Honig und Rosenwasser
Und außerdem schenkt jetzt fast jeder Wirt, der auf sich hält, von ihm selbst angesetzten Limoncello aus…
19
aus Wikipedia, der
freien Enzyklopädie
Nikos Kazantzakis
Nikos Kazantzakis (griechisch Νίκος Καζαντζάκης, * 18. Februarjul./ 2. März 1883greg. in Iraklio,
Kreta, Osmanisches Reich; † 26. Oktober 1957 in Freiburg im Breisgau) war einer der bedeutendsten griechischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.
Leben
Jugend, Studium, Heirat
Nikos Kazantzakis wuchs als Sohn eines
Kaufmanns in einfachen Verhältnissen in der
Stadt Megalo Kastro – dem heutigen Iraklio
im damals osmanisch besetzten Kreta – auf.
Sein Vater kämpfte gegen die türkischen Besatzer. Seine Mutter stammte aus einer Familie von Bauern. Von 1902 bis 1906 studierte
er in Athen Rechtswissenschaften. Bereits
damals entstanden seine ersten Werke. Mit
dem Roman Der Tag bricht an – erschienen
1907 – wurde Kazantzakis in ganz Griechenland bekannt. Nachdem er das Studium in
Athen mit der Note „sehr gut“ abgeschlossen
hatte, erlaubte ihm sein strenger Vater drei
Monate durch Griechenland zu reisen, ein
Erlebnis, welches den Autor nachhaltig prägte. 1907 begab er sich nach Paris, um am
Collège de France Staatswissenschaften bei
Henri Bergson zu studieren, den er später als
einen seiner wichtigsten Lehrer bezeichnete.
In dieser Zeit entstanden weitere Romane,
Dramen und philosophische Texte. Kazantzakis schloss sein Studium mit einer Dissertation über Friedrich Nietzsche, der für ihn insbesondere wegen seines unbeugsamen Freigeistes zu einem Vorbild wurde, ab und kehrte 1909 nach Griechenland zurück. Dort lernte er die junge Intellektuelle Galatea Alexiou
kennen, die er 1911 heiratete. Die Ehe scheiterte; 1926 ließ sich das Paar scheiden.
Wanderjahre
Nun begann eine unstete Phase in Kazantzakis’ Leben. Er bereiste unter anderem Griechenland, Deutschland, Österreich, die
Schweiz, Russland, China, Japan, Italien,
Ägypten, Palästina und Spanien. In einigen
dieser Länder ließ er sich für kurze Zeit nieder
(z. B. in Berlin von 1920 bis 1923). Er arbeitete als Journalist, Auslandskorrespondent,
Gedenktafel in Berlin
Übersetzer und Autor. Von 1916 bis 1917
versuchte er sich mit Hilfe seines Freundes
Georgios Sorbas, den er kurz zuvor auf dem
Heiligen Berg Athos kennengelernt hatte, als
Pächter eines Bergwerks im Dorf Prastova
auf der Halbinsel Mani im Süden der Peloponnes. Das Projekt scheiterte, lieferte ihm
aber 30 Jahre später die Vorlage für seinen
bekanntesten Roman, Alexis Sorbas, in dem
er seinem Freund Georgios ein literarisches
Denkmal setzte.
Nach dem Scheitern der Bergbaupläne engagierte sich Kazantzakis in der griechischen
Politik. Einige Monate lang war er Generaldirektor des Ministeriums für Soziales unter
Venizelos (1919/20). Im Jahr 1922 organisierte er die Repatriierung von 150.000 der sogenannten Pontos-Griechen aus dem Kaukasus
ins Mutterland. Dabei begleitet ihn wieder
Georgios Sorbas. In dieser Phase seines Lebens entstanden wichtige Übersetzungen
(Dantes Göttliche Komödie, Goethes Faust),
das Werk Askitiki (Asketik) und viele Reiseberichte. Immer wieder bereiste Kazantzakis die
Sowjetunion. Er begeisterte sich für die Ideen
des Kommunismus und des Sozialismus,
schrieb Drehbücher, Essays und Artikel in der
Prawda. Wegen seiner politischen Aktivitäten
wurde Kazantzakis in Griechenland sogar
kurzfristig verhaftet. Nach einiger Zeit wandte
er sich jedoch enttäuscht vom Kommunismus
20
ab. Kazantzakis hat sich in seinem Leben für
viele Ideale leidenschaftlich eingesetzt. Doch
schließlich sagte er selbst: „Ich war ein Küfer,
ein Anwalt der Katharévousa, ein Nationalist,
ein Anwalt der Dimotikí, ein Intellektueller, ein
Poet, ein religiöser Fanatiker, ein Atheist, ein
Ästhet – und nichts davon kann mich je wieder täuschen.“
Zwischen 1928 und 1932 lebte er insgesamt
für mehrere Monate im kleinen erzgebirgischen Ort Försterhäuser in der Tschechoslowakei, um in Ruhe arbeiten zu können und
sich inspirieren zu lassen.
Letzte Jahre
Im Jahr 1936 fand Kazantzakis zum ersten
Mal eine Heimat: Er ließ sich auf der Insel
Ägina nieder. Hier lebte er mit seiner neuen,
langjährigen Weggefährtin Eleni Samiou zusammen, die er 1945 heiratete. Auf Ägina
begann eine sehr produktive Zeit. Kazantzakis beendete eines seiner Hauptwerke, die
Odyssee, begann mit der Niederschrift von
Alexis Sorbas, Die letzte Versuchung Christi,
Freiheit oder Tod und arbeitete an seinem
Werk über Buddha. Außerdem war er weiter
in der Politik aktiv, unternahm Reisen und
arbeitete ein Jahr lang für die UNESCO.
1945 beauftragte ihn die griechische Regierung, Kriegsverbrechen der deutschen Besatzungsmacht auf Kreta zu untersuchen. Die
Ergebnisse dieser Untersuchung wurden
1983 von der Gemeinde Iraklio unter dem
Titel Bericht des zentralen Ausschusses zur
Feststellung von Kriegsverbrechen auf Kreta
(Έκθεσις
της
Κεντρικής
Επιτροπής
Διαπιστώσεως Ωμοτήτων εν Κρήτη) veröffentlicht.
Kazantzakis’ Grabmal auf einer Zitadelle in Iraklio
Postkarte von Nikos Kazantzakis an seinen Arzt MaxHermann Hörder; abgeschickt am 13. Juli 1957 in
Chongqing.
Kazantzakis’ letzte zehn Lebensjahre waren
von seiner Arbeit als Schriftsteller geprägt,
von der er erst leben konnte, nachdem 1946
Alexis Sorbas erschienen war. 1948 zog er
mit seiner Frau Eleni nach Antibes. In den
nächsten Jahren erschienen Die letzte Versuchung Christi und Griechische Passion, als
Oper 1958 von dem tschechischen Komponisten Bohuslav Martinů komponiert. Die katholische und die orthodoxe Kirche verurteilten Kazantzakis aufgrund der Bücher und der
darin bestehenden Auslegungen des Lebens
Christi und der kritischen Darstellung der großen Kirchen. Der Papst setzte Die letzte Versuchung Christi auf den Index der verbotenen
Bücher (1954). Dies machte Kazantzakis
endgültig weltbekannt.
21
Im Jahr 1953 wurde bei Nikos Kazantzakis
Leukämie diagnostiziert, dafür lebte er verschiedene Monate beim Kurhaus von
Cademario. In den Jahren, die ihm blieben,
beendete er die Werke Kapitän Michalis, den
autobiografischen Roman Rechenschaft vor
El Greco sowie Mein Franz von Assisi. Am
28. Juni 1956 verlieh ihm der Weltfriedensrat
in Wien den Internationalen Friedenspreis für
das Jahr 1955.
und Heuchelei, die animalische Vitalität des
Lebens und die Frage nach dem Sinn des
Lebens. Es finden sich immer wieder starke
Vaterfiguren in Kazantzakis’ Büchern. Insbesondere „Kapitan Michalis“ ist eine Hommage
an seinen eigenen Vater. In vielen Büchern
wird die schwierige Beziehung von Vätern
und ihren Söhnen beschrieben. Andere wichtige Figuren sind die lebensfrohen, vitalen
Menschen wie „Alexis Sorbas“ oder der „Hirtenjunge Nikolios“. Denen gegenüberstehen
die innerlich zerrissenen Personen wie der
Erzähler in Alexis Sorbas oder sein „Jesus
von Nazareth“ in Die letzte Versuchung Christi, die erst nach langem Kampf zu sich selber
finden.
Eine Auswahl:
„Ich erhoffe nichts. Ich fürchte nichts. Ich bin frei.“
Nach der Rückkehr von einer längeren Chinareise, die er trotz eingehender Warnungen
seiner Freiburger Ärzte antrat, starb Nikos
Kazantzakis 1957, von seiner Krebserkrankung geschwächt, in der Universitätsklinik
Freiburg an den Folgen einer während der
Fernost-Reise nicht ausreichend therapierten
asiatischen Grippe, die er sich durch eine
Pflichtimpfung bei der Einreise nach China
zugezogen hatte. Sein Grab befindet sich auf
der südlichen Martinengo-Bastion der venezianischen Stadtmauer von Iraklio. Die Grabinschrift lautet:
„Δεν ελπίζω τίποτα. Δε φοβούμαι τίποτα.
Είμαι λέφτερος.“

1927 Askitiki
- Askese = Salvatores Dei, dt. von Argyris
Sfountouris, Zürich: Arche 1973, ISBN 37160-1475-3.

1938 Odyssee
- Odyssee: ein modernes Epos, dt. von
Gustav A. Conradi, München: Desch
1973, ISBN 3-420-04684-7.

1946 Βίος και πολιτεία του Αλέξη
Ζορμπά, Vios ke politia tou Alexi Zorba
- Alexis Sorbas. Abenteuer auf Kreta, dt.
von Alexander Steinmetz, 1952.

1948 Ο Χριστός ξανασταυρώνεται, O
Christos xanastavronete
- Griechische Passion, dt. von Werner
Krebs, Berlin: Herbig 1951.

1949 Οι αδερφοφάδες, I aderfofades
- Brudermörder, dt. von Chlodwig Plehn,
München, Berlin, Wien: Herbig 1969.

1950 Ο καπετάν Μιχάλης, O kapetan
Michalis
- Freiheit oder Tod, dt. von Helmut von
den Steinen, Berlin: Herbig 1954
- Kapitän Michalis, gleiche Übersetzung,
Berlin(Ost): Volk und Welt 1973.

1951 Ο τελευταίος πειρασμός, O
telefteos pirasmos
- Die letzte Versuchung, dt. von Werner
Krebs, Berlin: Herbig 1952
(„Den elpízo típota. De fovoume típota. Íme
léfteros. –
Ich erhoffe nichts. Ich fürchte nichts. Ich bin
frei.“)
Werke:
Nikos Kazantzakis ist vor allem durch seine
Romane bekannt. Seine zentralen Themen
sind die Türkenherrschaft auf Kreta, Religion
22


1954 Ο Φτωχούλης του Θεού, O
ftochoulis tou theou
- Mein Franz von Assisi, dt. von Helmut
von den Steinen, Hamburg: Wegner 1956.
1961 Αναφορά στον Γκρέκο, Anafora
ston Greko
- Rechenschaft vor El Greco, dt. von Isidora Rosenthal-Kamarinea, Berlin: Herbig
1978
Musiktheater

Bohuslav Martinů: Greek Passion
(‚Griechische Passion‘, Oper, UA 1958)

John Kander: Zorba (‚Sorbas‘, Musical,
UA 1968)

Irineos Triandafillou: Alexis Zorbás Die Geschichte eines Griechen (Ballett,
2006 - Uraufführung am 20. Februar 2009
durch das Nordharzer Städtebundtheater
in Choreographie von Jaroslaw Jurasz)
Adaptionen
Verfilmungen
 1957: Der Mann, der sterben muss
(Celui qui doit mourir; Regie: Jules Dassin)
nach dem Roman Griechische Passion

1964: Alexis Sorbas (Regie: Michael
Cacoyannis; mit Anthony Quinn)

1978: Höllenkommando Kreta (Dawn of
victory; Regie: Dimis Dadiras)

1988: Die letzte Versuchung Christi
(The last temptation of Christ; Regie: Martin Scorsese)
Würdigung
Der größte Flughafen Kretas in seiner Heimatstadt Iraklio wurde nach ihm benannt (Nikos Kazantzakis International Airport, griech.
Κρατικός Αερολιμένας Ηρακλείου „Νίκος
Καζαντζάκης“). Auf Kreta wurde 1994 die
Gemeinde Nikos Kazantzakis nach ihm benannt. Dort, im Geburtsort seines Vaters,
Myrtia, ist ihm ein Museum gewidmet.
Alexander der Grosse von Nikos Kazantzakis
GZ,12.11.2105
Der erstklassige Roman des weltbekannten Autors Nikos Kazantzakis ist gerade in unserem
Verlag in deutscher Erstausgabe erschienen. „Alexander der Große“ ist der zweite Band von
insgesamt fünf Romanen, die der Verlag der Griechenland Zeitung ins Deutsche übersetzt.
Dabei geht es um griechische Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts.
Dieser Roman behandelt das Leben Alexanders des Großen (356 bis 323 v. Chr.). Nicht schon
wieder ein Alexander-Roman, könnte jemand sagen. Doch der Schriftsteller Nikos Kazantzakis
(1883-1957) – weltberühmt etwa durch „Alexis Sorbas“ – nimmt sich der Sache aus einer neuen Sicht an: Er beschreibt den Werdegang des Königs der Makedonier aus der Perspektive
eines Kindes, später eines Jugendlichen, der schließlich an der Seite des großen Feldherren
zum Mann heranwächst. Kazantzakis hat damit auch ein stilistisches Mittel zur Hand, durch
das sich dieses Buch von anderen Alexander-Darstellungen abhebt. Trotz der literarischen
Darstellungsweise ist der gesamte Feldzug bis ans Ende der damals bekannten Welt historisch
nachvollziehbar dargestellt, beginnend mit der Zähmung des späteren Streitrosses Boukefalos
durch den jungen Thronfolger bis zum plötzlichen Tode Alexanders im Jahr 323 v. Chr.
Ein spannend geschriebenes, lebendiges Buch, das Alexanders Weg über die Gebirge Afghanistans, durch die Urwälder Indiens, durch Wüsten, über Flüsse und Meere nacherzählt. Ergänzt wird der Text durch Karten- und Bildmaterial. Es ist eines der unbekannteren Werke von
Kazantzakis, das bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde – dies aber auf jeden Fall
verdient hat. Geschrieben 1944 auf der Insel Ägina im Saronischen Golf, wo Kazantzakis eine
sehr kreative Periode durchlebte, hat es bis heute nichts von seiner Aktualität verloren – eher
im Gegenteil.
Infos, Leseproben, Bestellung: https://www.griechenland.net/shop/buecher/product/1337-alexander-der-grosse
23
Die Gräueltaten der deutschen Wehrmacht auf Kreta
Markus List
August 2015
Alljährlich verbringen Zehntausende Touristen, viele davon aus Deutschland, ihren Urlaub auf
Kreta und genießen die griechische Gastfreundschaft. Mancher von ihnen hat vielleicht auch
ein Buch von Erhart Kästner im Reisegepäck mit der Absicht, sich über seine Urlaubsinsel zu
informieren. Erhart Kästner hatte sich als Kriegsfreiwilliger gemeldet und war freigestellt worden, um für die kämpfende Truppe Bücher über Griechenland zu verfassen. Von dem, was
sich auf Kreta damals wirklich ereignet hat, erfahren seine Leser jedoch nichts.
Schon vor einigen Jahren hatte ich gelesen,
dass unmittelbar nach Ende des Zweiten
Weltkriegs der griechische Schriftsteller Nikos Kazantzákis in amtlichem Auftrag auf
Kreta unterwegs gewesen sein soll, um die
Verbrechen der deutschen Wehrmacht auf
seiner Heimatinsel zu dokumentieren. Doch
war es mir damals nicht gelungen, nähere
Angaben darüber oder gar seinen Bericht
darüber ausfindig zu machen. Erst vor wenigen Wochen stieß ich zufällig im Internet auf
den damals verfassten Bericht, der im Jahr
1983 von der Gemeinde Heráklion erstmals
veröffentlicht wurde.
Vom 29. Juni bis zum 6. August 1945 war auf
Kreta eine Kommission unterwegs, die von
der griechischen Regierung unter Pétros
Voúlgaris den Auftrag erhalten hatte, die
Gräueltaten der deutschen und italienischen
Besatzungsmacht auf Kreta während des
Zweiten Weltkriegs zu dokumentieren. Die
Kommission bestand aus dem griechischen
Schriftsteller Níkos Kazantzákis, den Professoren Ioánnis Kakridís und Ioánnis Kalitsounákis sowie dem Fotografen Kóstas Koutoulákis.
Der „Bericht der zentralen Kommission zur
Feststellung der Gräueltaten auf Kreta“ wurde
anschließend dem griechischen Außenministerium übergeben. Was aus ihm wurde, ist
unbekannt. Nachforschungen der Stadt Heraklion beim griechischen Außenministerium
ergaben nichts; der Bericht war dort nicht
mehr auffindbar. Glücklicherweise hatte Nikos
Kazantzakis seinem Freund Pandelís Prevelákis eine Erstfassung des Berichts zukommen lassen; Prevelákis wiederum übergab
sein Exemplar später dem Historischen und
Volkskundlichen Museum Heraklion, wo sich
das Archiv von Níkos Kazantzákis befindet.
So konnte die Stadt Heraklion im Jahr 1983
den Bericht der Kommission veröffentlichen,
versehen mit einem Vorwort des Bürgermeisters Manolis Karéllis und ausgestattet mit
Fotografien von K. Koutoulákis.
Der 1983 erschienene Bericht gliedert sich
wie folgt:
 Vorwort
 Einführung
 Kapitel A: Die Besetzung: vom Beginn des
Angriffs der Deutschen bis zum 14.
September 1941
 Kapitel B: Die Besatzung: von Mitte September 1941 bis Mitte August 1944
 Kapitel C: Der Abzug: von Mitte August
1944 und später
 Kapitel D: Der Verwaltungsbezirk Lasithíou
 Anhang 1. Zerstörungen unbefestigter
Städte, öffentlicher Gebäude, Schulen,
Kirchen usw.
 Anhang 2. Zerstörungen archäologischer
Denkmäler, Diebstahl archäologischer
Funde, illegale Ausgrabungen usw.
 Anhang 3. Vergewaltigungen und Entehrungen von Frauen
 Anhang 4. Kriegsverbrecher
 Nachwort
 Ortsregister
 Fotografien
105 Städte und Gemeinden sind im Ortsregister aufgeführt; das zeigt, wie viele Orte von
den grausamen Gräueltaten der deutschen
Wehrmacht und der italienischen Besatzungsmacht, die im Verwaltungsbezirk Lasithíou
24
das Sagen hatte, betroffen waren. So lesen
wir z.B. für den Ort Kefalovrisi:
„Auch hier hatten die Einwohner vergeblich
versucht, die Raserei der Deutschen zu besänftigen, indem sie ihnen entgegengingen,
vorneweg der Ortsvorsteher, und Raki und
Essen mitbrachten. Die Deutschen verhafteten alle Männer, die sich dort befanden, und
nachdem sie Frauen und Kinder fortgejagt
hatten, erschossen sie die Männer neben der
Schule, 33 insgesamt, von denen 3 überlebten. Außerdem ermordeten sie den uralten
Em. G. Kontákis in seinem Bett mit dem Bajonett. Der Pfarrer und Lehrer des Dorfes, M.
Jialadákis, verlor an jenem Tag seinen Bruder, seinen Sohn, seinen Schwiegersohn und
seinen Schwager. Die Deutschen plünderten
das Dorf und zogen ab.“
Schlimme Auswirkungen auf die einheimische
Bevölkerung hatte auch die Entführung des
deutschen Generals Kreipe. Diese Aktion,
deren militärischer Nutzen fraglich war, wurde
von Patrick Leigh Fermor und William Stanley
Moss, Angehörige der britischen Sondereinheit „Special Operations Executive (SOE)“
durchgeführt. Im Bericht der Kommission lesen wir dazu:
„Am 23. April 1944 geschah die Entführung
des militärischen Befehlshabers von Heráklion, General Kreipe, auf der Landstraße zwischen dem Städtchen Archánes und Heráklion durch Engländer mit Unterstützung von
Griechen. Nach der Ermordung seines Fahrers wurde der General gefesselt und auf dem
Boden des Wagens untergebracht, mit dem
die Entführer in deutschen Uniformen anschließend den Mut hatten, ganz Heráklion zu
durchqueren; sie verließen das Auto an einer
Stelle der Straße nach Réthymnon (Jení
Kaawé) und führten den Kriegsgefangenen in
die Berge, wo sie sich mehrere Wochen aufhielten, bis es möglich war, an der Südküste
der Insel an Bord eines englischen Kriegsschiffes zu gehen und nach Ägypten zu gelangen.
Diese Entführung mussten der Reihe nach
alle Dörfer bitter bezahlen, an denen der Be-
gleittrupp von Kreipe vorbeikam. Zuallererst
wurden sofort die Dörfer Kamáres, Magarikáki
der Eparchie Kainouríou (Bezirk Heráklion),
Lochriá und Sachtoúria des Bezirks Réthymnon bestraft.
Das Dorf Kamáres wurde am 3.5.1944 umzingelt, alle Männer wurden verhaftet und in
das Städtchen Moíres gebracht, während die
Frauen und Kinder in der Dorfkirche eingeschlossen wurden. Nach zwei Tagen, am
5.5., wurde den Frauen erlaubt, aus ihren
Häusern mitzunehmen, was sie konnten.
Wiederum wurde der Trick angewendet, ihnen zu sagen, es sei ratsam, alle Wertsachen, die sie nicht mitnehmen konnten, in der
Kirche zu deponieren, die angeblich nicht
ausgeraubt würde. So fanden die Deutschen
nach der nachfolgenden Verwüstung die Beute gesammelt vor ohne sich zu bemühen. Anschließend zerstörten sie das Dorf mit Dynamit und Feuer. Auch die Schule wurde zerstört, während die Kirche vollkommen geplündert wurde, sogar die Dachziegel, so
dass nur noch die vier Wände übrigblieben.
Von den in Moíres eingesperrten Männern
wurden 30 umgebracht; bis heute ist ungeklärt, auf welche Weise sie getötet wurden;
die übrigen wurden freigelassen unter der
Auflage, nicht in ihr Dorf zurückzukehren.“
Während der Besatzung kam es auch zu
Vergewaltigungen durch deutsche Soldaten:
„So drangen im Mai 1942 im Dorf Drapaniás
bei Chaniá zwei deutsche Soldaten in ein
Haus ein und versuchten, ein Mädchen zu
vergewaltigen; der zufällig anwesende Bruder
des Mädchens leistete Widerstand und konnte während des Kampfes einem Soldaten die
Pistole entreißen und fliehen. Daraufhin führten die Soldaten das Mädchen unter dem
Vorwand, sie zu ihrem Hauptmann zum Verhör wegen des Bruders zu bringen, aus dem
Dorf und vergewaltigten sie“.
Ein anderes Beispiel für die Grausamkeit der
deutschen Soldaten ereignete sich im Dorf
Psychró Lasithíou:
„Die Ehefrau von Nik. Kleisarcháki hörte
plötzlich Glockengeläute und um den Grund
25
dafür zu erfahren, trat sie vor die Tür mit ihrem 5jährigen Sohn Emmanuel auf dem Arm,
obwohl zu dieser Zeit schon die Ausgangssperre galt. Ein zufällig vorbeikommender
deutscher Soldat schoss und ermordete das
Kind“.
Wer wissen will, was sich auf Kreta im Zweiten Weltkrieg ereignet hat, kann kein besseres Quellenmaterial finden als diesen Bericht.
Der Bericht ist allerdings in der griechischen
Amtssprache (Katharevousa) verfasst. Eine
Übersetzung ins Deutsche gibt es bis heute
nicht.
Doch auch wer das Griechische nicht beherrscht, sollte sich die eindrucksvollen Fotografien von Kóstas Koutoulákis (1897-1975)
nicht entgehen lassen, die im Bericht enthalten sind. Vom 20. Mai bis 10. Juni 2015 wurden diese und weitere Bilder des Fotografen
in der „Stoá Makási“ in Heráklion in einer
Ausstellung gezeigt. Möglicherweise wird die
Ausstellung eines Tages auch in Deutschland
zu sehen sein.
Zum Weiterlesen:
Prescher, Hans: General Kreipe wird entführt
: ein Husarenstück auf Kreta 1944. - 1. Aufl. Mähringen : Verlag Balistier, 2007. - ISBN
978-3-937108-11-7
Der Bericht der Kommission:
http://www.neatv.gr/cms_files/files/Εκθεσις
Ομωτητων.pdf
Nachlese: Auf meine Frage, warum das Dorf Anoja, welches aufgrund der Entführung des
Generals Kreipe zerstört wurde, nicht erwähnt wird, schreibt Markus List:
Im Bericht der Kommission wird die Zerstörung von Anoja natürlich auch erwähnt, ziemlich
ausführlich sogar auf den Seiten 63 - 66, ebenso wie Viannos, Kantanos und leider so viele
andere Orte. Wenn ich den Teil von der Zerstörung von Anoja übersetzt hätte, wäre der Beitrag
viel umfangreicher geworden. Übrigens habe ich gelesen, dass von dem Kommissionsbericht
eine neue griechische Ausgabe herausgebracht werden soll, vielleicht gibt es dann doch auch
mal noch eine deutsche Übersetzung.
Klaus Bötig, 22. 10. 2015
auf www.klaus-boetig.de
Naxos im Winter
Auf Naxos bricht die Welt nicht zusammen, wenn die Touristen fort sind. Die Insel legt
ihre Geschäftigkeit ab und zieht ihr Winterkleid an, das schon ab Januar die ersten Blüten wieder mit Farbtupfern schmücken.
Das größte Kapital der Insel liegt im Winter
brach: Die über 20 km langen Sandstrände
entlang der Westküste von Naxos, die schon
in der Chora beginnen, sind jetzt menschenleer. Sie laden zu langen Spaziergängen mit
Blick hinüber nach Paros ein oder an vielen
Wintertagen auch zu Sonnenbädern in windgeschützten Winkeln wie den Dünentälern
von Pirgáki 20 km südlich der Chora.
Die Einheimischen haben für die Strände erst
wieder am Rosenmontag Verwendung, wenn
sie hier – gutes Wetter vorausgesetzt – ihre
Drachen steigen lassen (2016 am 14 März).
Ansonsten haben sie genug damit zu tun,
sich von den in diesem Jahr besonders an-
strengenden, aber auch erfolgreichen Saison
zu erholen, für ein paar Tage zum Shopping
nach Athen zu fahren oder jagen zu gehen
und dann später ihre Häuser wieder zu weißeln, vielleicht sogar ein paar Reparaturen
vorzunehmen.
26
Auf Naxos gibt es aber auch in der Landwirtschaft Einiges zu tun. Naxos ist für seinen
guten Käse landesweit berühmt. Kühe, Schafe und Ziegen wollen versorgt, die etwa 150
bäuerlichen und die Handvoll größerer Käsereien mit Milch beliefert werden. Einen guten
Ruf haben auch die naxiotischen Kartoffeln,
die gleich hinter der Inselhauptstadt Chora im
flachen Kambos angebaut werden. Und dann
ist da ja noch die weitläufige Tragea mit dem
größten Olivenhain der Kykladen, der auf
Grund seines Alters eher einem Wald denn
einer Plantage ähnelt. Das macht ihn für ausgedehnte Wanderungen attraktiv. Zwischen
den Olivenbäumen verstecken sich Dutzende
byzantinischer Kirchen wie der jetzt dem Verfall preisgegebene Kuppelbau Agios Mamas
aus dem 9. oder 10. Jh., in dem im Mittelalter
ein römisch-katholischer Bischof residierte.
Am Pirgos Belonias zeugt die im Garten des
mittelalterlichen Wehrbaus gelegene Doppelkirche Agios Ioannis von der religiösen Toleranz der Venezianer auf den Kykladen: Eine
Hälfte war für den römisch-katholischen, die
andere für den orthodoxen Ritus bestimmt.
Architektonisch am interessantesten in die
Panagia Drossiani, die im Kern schon aus
dem 5. Jh. stammt und dem sehr seltenen
Bautypus der Drei-Konchen-Kirche zugerechnet wird: Dem einschiffigen Hauptbau sind
drei Nebenbauten angesetzt, von denen zwei
überkuppelt sind. Viele der Kirchen in der
Tragea, die auch als „Byzantinischer Park“
gilt, sind durch für griechische Verhältnisse
gut ausgeschilderte Wanderpfade miteinander verbunden, die Gotteshäuser selbst aber
meist verschlossen.
Touristisches Potential liegt auch an der Ostküste jenseits des Zas, mit 1004 m höchster
Berg der Kykladen, brach. Viele EU-Gelder
sind in die Planung und erste Rohbauten für
einen Industriegeschichtlichen Park investiert
worden, aus dem nie etwas wurde. Naxos
war noch bis in die Nachkriegszeit hinein eines der bedeutendsten Schmirgelabbaugebiete Europas. Das Gestein durfte seit
1835 nur von den Bewohnern von sechs
Bergdörfern im Osten der Insel abgebaut und
vermarktet werden. Die Schmirgelstollen gehörten keinem Großunternehmen, sondern
einheimischen Familien. Die Stollen lagen zumeist an den Hängen der tief eingeschnittenen Täler zwischen den Bergdörfern Apiranthos und Koronos sowie den Hafenweilern
Lionas und Moutsouna, dem Hauptverschiffungshafen. Um den Schmirgel leichter dahin
transportieren zu können, erbaute man 192327 eine über 9 km lange Seilbahn mit 72
Stützen, die vom Lionastal über die Berge
und verschiedene Zuladestationen zum Verladekai führten. Seit 1982 rostet sie vor sich
hin, an manchen Stellen hängen sogar noch
Transportgondeln am Seil. Die Bergwerksstollen sind weiterhin offen. Wer sich im Dorf Koronos einquartiert, lernt fast immer einen Einheimischen kennen, der Interessierte in sie
hinein führt.
Weniger Wagemut und Eigeninitiative erfordern die archäologischen Stätten der Insel,
die anders als der Demeter-Tempel bei Sangri auch im Winterhalbjahr jederzeit frei zugänglich sind. Am Rande der Chora selbst
ragt auf einer flachen, felsigen Halbinsel das
Wahrzeichen der Insel auf: das monumentale
Tor eines Tempels, der wohl nie fertig wurde.
Die Einheimischen nennen die Stätte „To Palati“, weil hier der örtlichen Legende nach Gott
Dionysos residierte, als er dem aus Kreta geflohenen Theseus seine Braut Ariadne abspenstig machte. Die Archäologen datieren
den fotogenen „Diarahmen“ allerdings in die
Zeit um 530 v.Chr. Bei Apollonas im Inselosten und bei Flerio im Inselwesten harren
zwei marmorne Monumentalstatuen nackter
Jünglinge – sogenannte Kouroi – liegend und
unvollendet seit über 2500 Jahren aus. Sie
waren vielleicht für die Aufstellung auf der
heiligen Insel Delos bestimmt. Als sie nahezu
fertig gestellt waren, zeigte der Marmor Risse
und die Steinmetzen mussten ihre Arbeit einstellen.
Nur 200 m oberhalb des Kouros von Flerio
beginnt eine der ungewöhnlichsten archäologischen Expeditionstouren der Ägäis. Sie folgt
27
dem Verlauf einer Wasserleitung von der
Quelle bis in die Außenbezirke der Chora. Als
sich im 6. Jh. v.Chr. die griechischen Städte
konsolidierten und die Bevölkerungszahl stark
anstieg, standen viele von ihnen vor dem
Problem einer adäquaten Trinkwasserversorgung. Auf Naxos, das zu den wohlhabendsten
Ägäisinseln gehörte, begann man bereits um
590 v.Chr. mit dem Bau einer über 11 km
langen Wasserleitung durch stark hügeliges
Gelände, die exakter Planung, millimetergenauer Ausführung und sogar der Anlage
eines Tunnels bedurfte. Archäologen der Universität Athen legten Teile davon zwischen
2000 und 2006 mit finanzieller Unterstützung
der EU frei, die auch die vorbildliche touristische Aufbereitung finanzierte. Wer ihr folgt,
sieht den 220 m langen Tunnel mit einem Gefälle von nur 6 cm, die Filterbecken am Einund Ausgang des Tunnels und Tonröhren, die
in in den Fels geschnittenen Kerben verlaufen. Auch die Modernisierungsarbeiten der
Römer gut 650 Jahre später sind deutlich zu
erkennen: Sie ersetzten streckenweise die
Tonröhren durch aus Stein erbauten, mit
Steinplatten gedeckten Kanälen, die ein größere Wasservolumen fassen konnten. Die
Leitung blieb bis ins 8. Jh. hinein in Betrieb –
also etwa 1400 Jahre lang.
Langweilig wird es also auf Naxos auch im
Winter nie. Es gibt genug zu „erfahren“ und
auch zu erwandern. Zu den berauschendsten
Erlebnissen – ob per Auto oder zu Fuß – gehört sicherlich der grandiose Fernblick an klaren Tagen, den man so im Sommer kaum
irgendwann erlebt. Vom Gipfel des leicht erklimmbaren Zas aus sind dann häufig auch
Mykonos, Amorgos und Ios gut zu erkennen,
manchmal reicht der Blick sogar bis nach Ikaria und Samos, Syros und Tinos hinüber. Einkehren kann man gut in der Taverne Platsa in
Koronos. Die Taverne ist zugleich das Wohnzimmer der Familie. Inhaberin Matina ist die
Köchin, ihr Ehemann Stavros der Bauer.
Tochter Maria bedient und vermietet auch
drei stilvolle Studios im Dorf, ein Enkelsohn
lernt gerade, den griechischen Dudelsack
Tsambouna zu spielen. Im Karneval wird er
sie gebrauchen können, denn dann wird sie
noch vielerorts gespielt. Gegessen wird im
Winter, was auf den Tisch kommt – die Familie bereitet von dem, was sie am jeweiligen
Tag essen will, immer ein wenig mehr vor,
falls tatsächlich einmal Wintergäste kommen.
Sonntagmittags lohnt unbedingt ein Besuch in
der Taverne „Platia“ am Dorfplatz des stadtnahen Galini, wo Wirtin Voula den vielen einheimischen Familien Leckereien mit überwiegend naxiotischen Produkten serviert. Ihre mit
Hackfleisch gefüllten und mit Käse und Zimt
bestreuten Gemüsezwiebeln sind ebenso ein
Gedicht wie die mit naxiotischem Graviera
überbackenen Auberginen unter Tomatenpüree…
Die Abende freilich verbringt man besser in
der Chora, denn die Dörfer gehen früh schlafen. Zwar sind dort die verwinkelten Gassen
im Altstadtviertel Bourgos und im Kastro-Viertel, in dem einst die venezianischen Herzöge
der Kykladen residierten, weitgehend menschenleer, doch das tut ihrem Reiz keinen
Abbruch. Einige kleine Hotels mit viel Flair
sind ganzjährig geöffnet, in kleinen Cafés trifft
man sich zu einem Drink bei guter griechischer Musik, in der Ursulinenschule im
Kastro, wo auch Nikos Kazantzakis ein paar
Jugendmonate verbrachte, wird kostenloser
Unterricht in Alt-Griechisch erteilt. Dort können auch Urlauber an griechischen Tanzkursen teilnehmen. Am meisten Leben herrscht
abends freilich an der Paralia, der Hafenstraße. In kleinen Beizen werden Oktopoden gegrillt und kleine Fische frittiert, dazu Raki oder
die Inselvariante Souma genossen. In einer
Bar kann man 20 verschiedene Cocktails auf
der Basis der Inselspirituose „Kitro“ probieren
und auch ein paar Restaurants mit tagesfrischer Küche bleiben geöffnet. Gleich daneben sitzt allerdings in Popi’s Grill nur noch die
uralte Kyria Popi hinterm Tresen. Ihre Kinder,
die im Sommer die Taverne betreiben, machen Urlaub. Popi aber verkauft weiterhin
Käse – wie vor 60 Jahren, als nicht nur im
Winter kaum Touristen nach Naxos kamen.
28
Was es bedeutet, eine Puppe zu sein
Dass kleine Mädchen Puppen toll finden, ist
eine selbstverständliche, nicht zu bestreitende Tatsache. Dass aber große Mädchen –
sprich: erwachsene Damen – es erstrebenswert finden, mit einer Puppe verglichen zu
werden, mutet außerhalb Griechenlands sicherlich seltsam an. „Koúkla íse“ – „Du bist
eine Puppe!“ gilt in Hellas als größtes Kompliment für das weibliche Erscheinungsbild.
Schick gekleidet und frisiert, raffiniert geschminkt und sich selbstbewusst des persönlichen Stils und Auftretens bewusst sein: Das
sind für viele Griechinnen Schönheitskriterien,
für die eben eine ideal hübsche, reizend gestaltete Puppe ein nachahmenswertes Modell
darstellt. Besonders der geschmückten Braut
wird dieses Kompliment gemacht, und ihr
wird, wenn sie am Arm ihres Vaters die Kirchentreppe hinaufsteigt, wegen ihrer festlich
zurechtgemachten Erscheinung laut applaudiert.
Außerhalb Griechenlands ist der Vergleich mit
einer Puppe ein negatives Attribut. In der abfälligen Bemerkung „die wirkt ja wie eine
Puppe“ schwingt im deutschen Sprachgebrauch einiges an Vorurteilen mit – im Sinne
Ursula Spindler-Niros
in der GZ, 28.10.2015
von künstlich und aufgeputzt, ausdrucks- und
emotionslos, steif und geziert und darüber
hinaus sogar dumm …
Im Gegensatz dazu ist es für die feminine
griechische Persönlichkeit unabdingbar, sich
von der schönsten Seite zu zeigen, sich entsprechend zurechtzumachen und das „Innere“
auf diese Weise zu veräußerlichen. Schon
kleine Mädchen verstehen das, lassen sich
mit großem Vergnügen bewundern und lernen, sich wertzuschätzen. Die geschmückte
Frau jeden Alters in Griechenland zeigt sich
ihrer selbst sicher und strahlt dieses Selbstwertgefühl auch aus. Und das gilt auch für
jene, die von der Natur nicht mit vorteilhaftem
Aussehen gesegnet sind, denn es kommt gar
nicht auf die Idealfigur oder das feine Näschen an, sondern darauf, wie man sich selbst
sieht und gesehen sein will.
Das Interessante bei diesem Kompliment ist
sein gleichberechtigter Gebrauch. Denn es
gibt, fast genauso häufig verwendet, auch die
männliche Form, durch die kleine Buben, junge Männer und ältere Herren gleichermaßen
bewundert werden: „Koúklos ise“ – du bist ein
Püpperich!
Das kleine Pita Imperium
Aline Jordi, 02.11. 2015 auf
www.bewegungsmelder.ch
Unser zweites «Stadtzmittag» führt in einen weiss getünchten Gewölbekeller voller griechischer Spezialitäten. Wer in das «Lefka Emporio» reingeht, kommt um eine Pita, eine
Geschichte und mindestens ein Kochrezept reicher wieder hinaus.
Eine Tatsache vorneweg: Ich war noch nie in
Griechenland. Irgendwie bin ich doch immer
wieder in Italien oder Sardinien gelandet. Dabei ist griechischer Salat mindestens so gut
wie Caprese. Und das Olivenöl ebenso. Mit
besagtem Olivenöl hat auch die Geschichte
des Lefka Emporio begonnen: Als der Bruder
von Inhaber Apostolos («für die Berner Apo»)
in Griechenland kurzzeitig arbeitslos wurde,
nutzte man die familieneigene Olivenöl-Produktion, um 40 Interessenten aus Bern mit
400 Liter Öl zu beliefern und nebenbei den
Bruder zu beschäftigen. Die Abnehmer haben
sich inzwischen verdoppelt und seit August
gibt es das Olivenöl und viele andere griechische Spezialitäten im kleinen Kellerladen in
der Münstergasse.
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Heute interessiert uns aber das Take Away
Angebot, welches auch ganztags zubereitet
wird: Auf der Karte stehen Pita, Spinatstrudel,
griechischer Salat, ein Mix aus eingelegten
Antipasti und diverse Süssigkeiten. In absehbarer Zeit werden auch Suppen auf der Karte
sein. Während die Vegi-Pita mit Tsatsiki und
frischem Gemüse (inkl. gebratenen Champignons) innert fünf Minuten zubereitet wird, werden schon mal ein Spinatstrudel (Fr. 2.50, viel
Öl aber viel Geschmack) und mit Reis gefüllte
Weinblätter probiert, an denen nichts auszusetzen ist. DerAntipasti-Mix (4 Sorten für Fr.
10.-) würde sich sehr gut für einen Apéro auf
dem Münsterplatz eignen, aber das verschieben wir auf ein andermal. Die Pita ist nämlich
fertig und bietet für Fr. 7.- eine fast vollwertige
Mahlzeit, wenn sie nicht so lecker wäre, dass
man glatt eine zweite verdrücken könnte.
Da die Stosszeit vorbei ist, hat Apo Zeit für
einen kleinen Schwatz unter der Laube. Für
sein Sortiment reist er jeweils eine Woche
nach Griechenland, um Qualitäts-Produkte
von lokalen Kleinproduzenten ausfindig zu
machen, die vom Direktvertrieb in die Schweiz
profitieren können. Vom eigenen Olivenöl,
eingelegten Oliven, Antipasti, Kräutersalzen,
Süssigkeiten, Basis-Kochprodukten (Teig
etc.), Feta, Bier, Wein und Ouzo (Schnaps)
erhält man alles, was das Fernweh stillt. Aber
letzten Endes bestimmt Apo’s Frau Patricia,
was in den Laden kommt. Da er als Grieche
sowieso alles gut finde was aus seiner Heimat komme, brauche er eine Vorkosterin, die
ganz im Sinne der Berner Geschmäcker urteile.
Dass sie diese Geschmäcker treffen, beweist
die simple Milchbüechli-Rechnung, aufgrund
derer das Lefka Emporio gegründet wurde:
«Wenn sich 1% von 140’000 BernerInnen für
die Produkte interessieren, dann wird der Laden laufen». Bis jetzt geht die Rechnung auf
und je mehr KundInnen gewonnen werden
können, umso besser können die Kleinproduzenten in Griechenland unterstützt werden.
Der Laden ist eine Herzensangelegenheit,
wie auch der Name beweist: Lefka ist eine
Gegend, in die sich Apo’s Grossvater auf einem Jagdausflug verliebt und sich dort niedergelassen hat. Damit sind viele Kindheitserinnerungen verknüpft, an die sich Apo gerne erinnert.
Seine Zeit in Griechenland liegt nämlich
schon eine ganze Weile zurück. Als Bassist
hat ihn die Musik 1985 nach Wien verschlagen, von wo es ihn ein paar Jahre später der
Liebe wegen nach Bern zog. Hier ist er auch
geblieben und hat sich voll und ganz seinem
Beruf als Polsterer gewidmet. Da er aber trotz
der Nachfrage (erst kürzlich hat er die Sitzmöbel für Karl Le Traiteur gefertigt) keinen Nachfolger findet, sei die Zeit nun reif für eine Veränderung. Nebst dem Lefka Emporio betreibt
er noch ein gefragtes Catering für Klein- und
Grossanlässe und ist Fussballtrainer beim FC
Worb. Das nächste Projekt steht auch schon
in Aussicht: Ab Sommer 2016 hätte er gerne
eine griechische Fussballmannschaft für die
jungen Griechen in Bern. Aber natürlich gemischt, denn er halte nichts davon, die Menschen zu separieren, so wie das einige in der
Politik wollten. Aber wenn er nun mit der Politik beginne, dann höre er so schnell nicht wieder auf. Und deswegen haben wir das sein
lassen, denn die nächste Pita kommt bestimmt …
Münstergasse 35
3011 Bern
Tel. 031 311 14 26
Internet: www.lefka-emporio.ch
Öffnungszeiten:
Dienstag, Mittwoch, Freitag: 10:00 - 18:30
Donnerstag: 10:00 - 20:00
Samstag: 09:00 - 17:00
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„Wenn die Kinder von Tür zu Tür ziehen“
Griechenlandzeitung
Newsletter Nov. 2015
Der Dezember ist auch in Griechenland ein Festmonat. Obwohl es der Monat mit den wenigsten
Sonnenstunden in der nördlichen Hemisphäre ist und das Wetter schon winterlich kalt ist,
herrscht eine festliche Stimmung. Schon am Anfang des Monats trifft man auf drei wichtige Namenstage: die Hl. Barbara (4.12.), den Hl. Savvas (5.12.), und den Hl. Nikolaos (6.12.). Diese
drei Feiertage – bekannt als „Νικολοβάρβαρα“ (Nikolovárvara) – zeigen dem Volk das Kommen
des Winters an.. Das spiegelt auch das Sprichwort „Βαρβάρα βαρβαρώνει, Άι Σάββας
σαβανώνει, Άι Νικόλας παραχώνει” (Varvara verroht, Aï-Savvas hüllt ins Leichentuch, AïNikolas begräbt) wider, das die Intensivität der Kälte und vielleicht auch die ersten Schneefälle
wörtlich abzubilden versucht.
Auch in Griechenland gilt Weihnachten als eines der höchsten Feste. An Heiligabend findet
meistens keine Bescherung statt – der griechische Weihnachtsmann ist der Hl. Basilios und
kommt am 1. Januar –, dafür ziehen aber die Kinder von Tür zu Tür und singen dabei die traditionellen Weihnachtslieder „Kálanda“ (κάλαντα). In vielen Regionen Griechenlands gibt es Bräuche, mit denen man die Kobolde auszutreiben versucht, die der Tradition zufolge vom 25. Dezember bis zum Epiphaniefest (Θεοφάνια – Theofánia) am 6. Januar auf die Erde kommen, um
die Menschen zu ärgern. In der nordgriechischen Kürschnermetropole Kastoria findet aus diesem Anlass rund um das Epiphaniefest eine Art Karneval statt, „ραγκουτσάρια“ (ragoutsária)
genannt. Als Kobolde maskierte junge
Menschen ärgern
die Passanten. Zugleich ziehen traditionelle Musikgruppen durch die Gassen und spielen um
die Wette, wer am
lautesten ist. Und
der Schnaps fließt
drei
Tage
und
Nächte lang in Strömen – in Kastoria
herrschen um diese
Zeit meist Minustemperaturen.
Pisoderi bei Vigla (Nordgriechenland) @ Jan Hübel
Text und Foto aus dem GZ-Foto-Wand-Kalender 2016.
Schenken Sie ein Stück Griechenland zu Weihnachten!
Jeden Monat: Von Januar bis Dezember!
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Eine andere Geschenkidee
Beat Schneider
25.11.2015
Liebe Hellasfreunde
Eine andere Geschenkidee: Das Buch: ‘Geheimnisvolles Kreta. Die erste Hochkultur Europas’.
Es kann auch direkt ‘an der Quelle’ erworben werden für Fr. 20.- (Ladenpreis Fr. 49.-).
Die Postadresse im Antwortmail an ‘[email protected]’ genügt.
Gute Grüsse! Der Autor
dass sie Zeit ihrer Existenz friedlich war. Das
Buch stellt sich die Aufgabe, an die Geheimnisse der ersten Hochkultur Europas heranzuführen und diese Kultur und ihre Kunst für
den heutigen Menschen erlebbar zu machen.
Dazu dienen seine beiden Teile, der Kulturführer und der Reiseführer. Von den bestehenden Kreta-(Reise)-Büchern unterscheidet
es sich grundsätzlich:
Beat Schneider
Geheimnisvolles Kreta
Erste Hochkultur Europas
326 Seiten, Format 16 x 24 cm
Leinen-Deckband
220 Farbfotos
Edition Amalia
ISBN 978-3-905581-37-9
Eine verzauberte Märchenwelt
Das minoische Kreta war eine einzigartige
Kultur. Sir Leonard Wooley, der Archäologe
von Sumer, beschrieb sie anfangs des 20.
Jahrhunderts als „eine verzauberte Märchenwelt und die vollkommenste Bejahung der
Anmut des Lebens, welche die Welt je gesehen hat.“ Diese Kultur liegt über 4000 Jahre
zurück und in ihr spielten die Frauen eine
zentrale Rolle. Ferner sagte man schon früh,
Umfassender Kulturführer
Erstens bietet der Kulturführer eine umfassende Einführung in die minoische Kultur
und Kunst, indem er neue und alte Forschungsergebnisse aus sämtlichen Bereichen der minoischen Kultur zusammenführt
und allgemeinverständlich formuliert. Die
Frage nach der Existenz eines kretischen
Mutterrechts wird nicht nur nebenbei oder
zögerlich behandelt, sondern es wird versucht, eine wissenschaftlich fundierte Antwort zu geben. Zweitens wird diese Einführung mit einer dichten Folge von 220 farbigen Bildern dokumentiert. Ihnen kommt im
Erleben einer Kultur, deren Schrift noch immer nicht entschlüsselt ist, eine grosse argumentative Bedeutung zu. Drittens führt das
Buch zu 13 mythischen Orten in Kreta. Es
vergegenwärtigt ihre uralte Geschichte und
Erzählung. Jeder Ort ist mit einem besonderen Gegenstand verbunden.
Kulturelles Gesamterlebnis
Dazu kommen die ausführlichen Reisetipps
zu den minoischen, aber auch byzantinschen,
venezianischen und türkischen Sehenswürdigkeiten. Mit Karten und Plänen zu archäologischen Stätten und mit Hinweisen zu besonderen Tavernen, Stränden und Wanderungen. Sie runden das Reisen in Kreta zu
einem kulturellen Gesamterlebnis ab.
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Zum allergrössten Teil aus
der Griechenlandzeitung
Pressemeldungen
Chios-Mastix als Naturheilmittel anerkannt.
GZ, 14.10.2015
Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat dem Mastix-Harz von der Insel Chios den Status
eines Naturheilmittels zuerkannt. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel hat letzte Woche
den Chios-Mastix einstimmig als traditionelles Heilmittel für minderschwere Verdauungsprobleme sowie zur Behandlung von kleineren Hautentzündungen und Hautverletzungen anerkannt.
Vorausgegangen war die Veröffentlichung einer entsprechenden wissenschaftlichen Monographie durch die Arzneimittelagentur. Sie kann noch bis zum 31. Oktober öffentlich diskutiert
werden. Das Dossier zur Anerkennung des Mastix-Harzes als Naturheilmittel war von der
Mastixkooperative auf Chios vorgelegt worden. Die wissenschaftliche Leitung hatte die Pharmazieprofessorin Ioanna Chinou von der Universität Athen inne. Es ist das erste von mehreren
vergleichbaren Anerkennungsverfahren, die die Kooperative weltweit angestrengt hat. Der
Chios-Mastix ist das Harz des Pistazienstrauchs Pistacia lentiscus. Der Mastixstrauch oder –
baum kommt zwar im ganzen Mittelmeerraum vor, aber das auf Chios gewonnene Harz ist von
solcher Qualität, dass die Insel seit der Antike praktisch das Monopol dafür hat. Traditionell
wird Mastix als Kaugummi, als Weihrauch, zum Aromatisieren von Likören und Gebäck, aber
auch zum Ankleben von Theaterbärten, als Gemäldefirnis und als Bestandteil von Geigenlacken verwendet. Abgesehen von den nunmehr anerkannten Heileigenschaften soll Mastix
außerdem gegen Magengeschwüre helfen und das Krankheitsbild bei Morbus Crohn verbessern sowie den LDL-Cholesterinspiegel und den Zuckerspiegel bei Diabetikern senken. Zu den
drei letztgenannten Krankheiten werden zurzeit wissenschaftliche Studien durchgeführt. (GZak)
Löwenbrunnen in Heraklion soll wieder sprudeln
GZ, 14.10.2015
Aus dem berühmten Löwenbrunnen von Heraklion, einem Wahrzeichen der Stadt, soll wieder
Wasser fließen. Die Stadtverwaltung hat dem zuständigen Amt für Altertümer eine entsprechende Studie vorgelegt. Demnach soll das Monument aus dem 17. Jahrhundert mit Wasser aus
dem neuen Aposselemis-Stausee versorgt werden. Um mögliche Verunreinigungen zu verhindern, sollen Filter vorgeschaltet und der Brunnen regelmäßig inspiziert und gereinigt werden.
Der prachtvolle Marmorbrunnen mit acht Becken liegt im Herzen der Altstadt von Heraklion. Er
wurde am 25. April 1628 eingeweiht und wurde ursprünglich durch einen Aquädukt aus dem
zentralkretischen Dorf Archanes gespeist. Nach seinem Erbauer, dem venezianischen Generalgouverneur von Kreta Francesco Morosini dem Älteren (1559-1641), wird der Brunnen auch
als Morosini-Brunnen bezeichnet. Die vier wasserspeienden Löwen sind die Wappentiere Venedigs, das noch bis 1669 über die Stadt herrschen sollte. (GZak)
Wanderwege auf Andros unter den besten in Europa
GZ,4.11.2015
Das Wanderwegenetz auf der Kykladeninsel Andros erhielt von der Europäischen Wandervereinigung (ERA) in Kassel das Qualitätssiegel „Leading Quality Trails – Best of Europe“. Zur
Preisverleihung am Wochenende war die ERA-Vorsitzende Lis Nielsen eigens auf die Insel
gekommen. Andros ist die erste Inseldestination in Europa, der dieses Prädikat verliehen wird.
100 der insgesamt 160 Kilometer des Wanderwegenetzes wurden ausgezeichnet. In den beiden letzten Jahren hat die Freiwilligenorganisation „Andros Routes“ 17 Wanderwege freigeschnitten und neugestaltet, unter anderem mit 3.000 Markierungen, 300 Wegeschildern und
112 Markierungspfosten. Die Insel ist nicht zuletzt wegen der gut erhaltenen steingepflasterten
Maultierpfade schon seit Jahren ein beliebtes Wanderziel. (GZak)
Mytilini bewirbt sich als europäische Kulturhauptstadt 2021
GZ, 12.11.2015
Die Hauptstadt der Insel Lesbos, Mytilini, will sich um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt für 2021 bewerben. Dies kündigte die Stadtverwaltung am Donnerstag mit einem Aufruf
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an Freiwillige an, die das Projekt ehrenamtlich unterstützen sollen. Sie beruft sich dabei auf die
jahrhundertealte kulturelle Tradition der Insel, ihren Beitrag zur Gastronomie, aber auch das
einzigartige Naturerbe des versteinerten Waldes von Sigri und die humanitäre Leistung bei der
Bewältigung der laufenden Flüchtlingskrise. Die Insel will sich bei ihrer Bewerbung vor allem
auf die bedeutende literarische Tradition stützen. Als Zentrum des äolischen Sprachraums war
Lesbos in der Antike die Heimat bedeutender Dichter, wie der größten Lyrikerin des Altertums
Sappho und des Lyrikers Arion, aber auch von Philosophen wie Pittakos, der zu den Sieben
Weisen der Antike gezählt wird, und dem Aristoteles-Schüler Theophrast. In der Neuzeit stammen unter anderem der Literaturnobelpreisträger Odysseas Elytis und die Schriftsteller Ilias
Venezis und Stratis Myrivilis von der Insel. Für die neugriechische Maltradition Theofilos und
der in München ausgebildete Klassizist Georgios Jakobides. Als eines der bedeutendsten Olivenanbaugebiete im Mittelmeer und vor allem als Heimat des Ouzo hat sich Lesbos aber auch
um die kulinarische Kultur verdient gemacht. Nicht zuletzt kann Lesbos auf eine Siedlungsgeschichte seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. zurückblicken und führte bereits um 770 v. Chr., lange
vor Athen, demokratische Strukturen ein. (GZak)
Kulturministerium gibt archäologische Schutzzone für Flüchtlinge frei
GZ, 13.11.15
Der Archäologische Zentralrat des griechischen Kulturministeriums hat in einem Teil der archäologischen Schutzzone rund um das antike römische Odeum der Insel Kos die Unterbringung von Flüchtlingen zugelassen. „Die Kultur sind nicht die Denkmäler, sondern die Menschen“ sagte während der Sitzung der Archäologieprofessor Nikolaos Stambolidis von der Universität Kreta, selbst das Kind von griechischen Vertriebenen aus der Türkei. Und seine Kollegin Angeliki Kottaridi, Amtsleiterin in Imathia in Nordgriechenland sagte: „Palmyra, Aleppo und
Latakia (in Syrien; Red.) sind zerstört, da konnten wir nichts tun. Jetzt aber können wir etwas
für diese Menschen tun, es ist unsere Pflicht.“
Eine archäologische Schutzzone ist nicht zu verwechseln mit der eigentlichen archäologischen
Stätte. Es handelt sich um das umliegende Areal, wo eine Bebauung verboten oder eingeschränkt ist, weil mögliche weitere Funde zu erwarten sind. Im vorliegenden Fall handelt es
sich um ein Gelände, auf dem die Stadt Kos während der Sommermonate ihre kommunalen
Fahrzeuge parkt. Für das Gelände gilt der absolute archäologische Schutz, das heißt, es ist
keinerlei feste oder provisorische Bebauung möglich.
Der Archäologische Zentralrat setzte diesen Schutzstatus vorläufig aus und gab einem Antrag
der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ statt, dort zwei große beheizbare Zelte für insgesamt 240 Personen sowie zwölf Chemietoiletten aufzustellen. Nach Angaben des Programmdirektors der Organisation, Apostolos Veïzis, kommen täglich rund 300 Menschen auf die Insel,
die überwiegend nach zwei oder drei Tagen weiterreisen würden. Es bestünde dringender Bedarf an Unterkünften, da viele Flüchtlinge immer noch im Freien kampieren würden, sagte er.
Flüge mit Helvetic Airways ab Bern im Sommer 2016 (Quelle: Internet)
Kreta:
ab 11. Mai jeden Mittwoch und Samstag
Kos:
ab 12. Mai jeden Donnerstag
Rhodos:
ab 10. Mai jeden Dienstag
Zypern:
ab 13. Mai jeden Freitag
Diese Flüge können bei Hotelplan gebucht werden: www.hotelplan.ch
Preveza:
ab Ende August wöchentlich (genaue Angabe folgen )
Dieser Flug kann bei Belpmoos-Reisen gebucht werden: www.belpmoos-reisen.ch
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Veröffentlicht am 12.03.2014 von achimgaetjen
auf www.trifilli.com
Info – Archipelagos
Ein Hinweis an die Gäste der Pension Trifilli in Lourdata, auf Kefalonia. Diese Pension
gehört unseren Mitgliedern Susan Fisch Dimitratos und Vangelis Dimitratos.
Liebe Gäste,
Mönchsrobben, Meeresschildkröten, Delphine, aber auch seltene Greif- und Wasservögel, gefährdete Fledermäuse sowie eine ganze Reihe von Pflanzen, die es nirgendwo sonst auf der
Welt gibt: Kefalonia und Ithaka sind die Heimat extrem seltener Arten. Nicht umsonst gibt es
hier fünf verschiedene zum Schutz ausgewiesene Bereiche an Land und auf der See: es gibt
Wertvolles und Schützenswertes von Tannen bis zu Walen! Die natürliche Schönheit dieser
Inseln lädt Sie zum Geniessen ein, bedarf jedoch auch Ihres Schutzes. Die Natur ist bisher vergleichsweise intakt geblieben – aber nur eine enge Zusammenarbeit der Inselbewohner und
der Besucher Hand in Hand kann die natürliche Vielfalt erhalten.
“Archipelagos – environment and development” ist eine gemeinnützige, nicht-staatliche Organisation, die die Natur und die lokale Kultur und Wirtschaft, insbesondere umweltfreundlichen
Tourismus, als eine sich ergänzende Einheit begreift und fördert. Unsere Aktivitäten beinhalten
unter anderem Projekte zum Schutz der vom Aussterben bedrohten Mittelmeer-Mönchsrobbe,
der Meeresschildkröten und Delphine, zur nachhaltige Nutzung der Meeresressourcen, zur
Förderung von umweltfreundlichem Tourismus, sowie Programme für Umwelterziehung und
Information der Öffentlichkeit.
Möchten Sie uns dabei helfen und diese Aktivitäten unterstützen? Sie können dazu beitragen,
indem Sie die wilden Tiere und ihre Aufzuchtstätten nicht stören, auf die vielfältige Flora achtgeben und kein offenes Feuer anzünden, Ihr Interesse für die Natur deutlich vor Ort bekunden,
wodurch die Inselbewohner noch mehr auf ihr wertvolles Erbe sensibilisiert werden, sowie
durch Spenden.
“Die Umwelt zu zerstören ist einfach. Sie heute zu schützen ist mühselig und teuer –
aber lohnend. Sie morgen wieder aufzubauen ist vielleicht unmöglich.”
Vielen Dank für Ihre Kooperation!
Hinweis: Naturschutz in Griechenland – Vortrag von Aliki Panou am 9. März 2016
Am 9. März wird Aliki Panou, Meeresbiologin aus Athen und Mitbegründerin von Archipelagos
bei uns einen Vortrag zum Thema halten. Sie hat sich lange Jahre persönlich vor Ort auf der
Insel Kefalonia für den Naturschutz engagiert - insbesondere für den Schutz der Mönchsrobben. Sie kennt das Thema also von der Front her.
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Interessante Veranstaltungen
Was uns bis 30.11.2015
gemeldet wurde
Samstag 12. Dezember 2015 ab 19 Uhr
Restaurant Athen, Falkenplatz 1 - 3012 Bern, Tel: 031 301 65 55
Griechischer Abend mit Live-Musik mit „Sakis Papadopoulos“
3-Gang-Menü à Fr. 42.- , Details (inkl. Menü) siehe auf www.athen-bern.ch
Freitag 18. und Samstag 19. Dezember 2015, Taverna Sternen, Muristrasse 3, 3123 Belp
Griechisches Buffet à discrétion: Für Fr. 48.- geniessen Sie bei uns allerlei hausgemachte
griechische Spezialitäten in einer mediterranen Atmosphäre.
Reservation: Telefon: 031 819 00 11, Weitere Infos auf: taverna-sternen.ch
Samstag 9. Januar 2016
Rest. Sternen, Bümplizstr. 121, 3018 Bern Tel. 031 991 79 73, www.sternen-buempliz.ch.
Neujahrsfest der griechischen Gemeinde Bern
Details, Preise und Anmeldung siehe www.grgb.ch
Donnerstag, 14. – Sonntag 17. Januar 2016, BERNEXPO-Gelände
Ferienmesse Bern: Öffnungszeiten: Do/Fr: 13.00 – 20.00, Sa/So: 10.00 – 18.00
Eintrittspreise und Details siehe www.ferienmesse.ch
Die Hellasfreunde werden mit Flyern am Weinstand von Nikos Hadzikalymnios präsent sein.
Freitag, 29. Januar 2016. 19:00 Uhr – Hellasfreunde
Anmeldung erforderlich
Tell-Saal. Bernstrasse 101, 3072 Ostermundigen
Mitgliederversammlung. Anschliessend gemütlicher Teil mit Imbiss, offeriert vom Verein.
Details folgen mit der persönlichen Einladung.
Dienstag 23. Februar 2016, 19:30 Uhr – eine Veranstaltung der Hellasfreunde
Eintritt frei
Tell-Saal. Bernstrasse 101, 3072 Ostermundigen
Andros -Geschichte einer griechischen Insel – Vortrag von A. & JF. Graf-Demetriades
Anthe und Jean-Francois Graf-Demetriades leben halbjährig auf Andros und sind somit zu exzellenten Kennern dieser Kykladeninsel geworden.
Mittwoch 9. März, 19:30 Uhr - gemeinsame Veranstaltung mehrerer „griechischer“ Vereine
Tell-Saal, Bernstrasse 101, 3072 Ostermundigen
Umweltschutz in Griechenland – Aliki Panou (Athen), Meeresbiologin und Mitglied der Umweltschutz-Organisation Archipelagos, spricht über die schützenswerte Flora und Fauna im
ionischen Meer. Die Inseln Kefalonia und Ithaka sind Heimat extrem seltener Arten: Mönchsrobben, Meeresschildkröten, Delphine, ....
Eintritt frei – Kollekte zugunsten Archipelagos
aktuell - noch bis Sonntag 27. März 2016 in Basel
Antikenmuseum Basel , St. Alban-Graben 5, 4010 Basel, Tel. 061 201 12 12
Der versunkene Schatz: Das Schiffswrack von Antikythera
Als erstes Museum ausserhalb Griechenlands zeigt das Antikenmuseum Basel eine Ausstellung über das Wrack von Antikythera. Mehr dazu auf www.antikenmuseumbasel.ch
Weitere Veranstaltungen auf www.hellasfreunde.ch
Redaktionsschluss für das nächste Bulletin ist am 15. Februar 2016
Beiträge werden bereits gesucht und ab sofort gerne entgegen genommen.
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