Es schreit zum Himmel … aber der Himmel antwortet nicht. Anfang

Es schreit zum Himmel … aber der Himmel antwortet nicht.
Anfang Mai kamen jeden Tag bis 500 Flüchtlinge aus Syrien auf der Insel Lesbos /Nördlische Ägais an. Jetzt sind es bis zu 2000 täglich! Von der nur 11 bis
15 Seemeilen entfernten türkischen Küste werden sie an den Orten der Nordküste abgesetzt, teilweise auch von der Hafenpolizei Molivos aufgegriffen. Dank
einer sehr rührigen Hafenpolizistin gibt es mittlerweile eine engagierte Gruppe
von Bürgern, die sich um die Erstversorgung der Flüchtlinge kümmert, Verteilung von Essen und Getränken und Versorgung mit Kleidung. Doch was dann?
Diese Flüchtlinge stammen aus syrischen Gebieten, die früher vom autoritären
Assad-System und den Widerstandskämpfern zerstört wurden, jetzt fliehen sie
auch vor den noch unmenschlicheren Kämpfern des IS.
Bis Mitte Mai wurden die ankommenden Flüchtlinge von der Hafenpolizei registriert und dann mit Polizeibussen nach Mythilini, der Hauptstadt der Insel
gebracht. Dort gibt es eine Unterkunft für 350 !!!! Menschen. Diese Unterkunft
ist längst überfüllt, es gibt hygienische Probleme und auch die Wasserversorgung ist schwierig. Eine Woche lang die Maßnahme der Behörde: Es werden
keine Busse mehr geschickt, die Leute sollen laufen, um sich in der Hauptstadt
registrieren zu lassen. Rechtliche Situation: Wer im Wasser von der Hafenpolizei Molivos aufgegriffen wird, muss sich hier registrieren lassen, alle anderen,
die in Eftalou, Mandamados etc. an Land kommen, müssen in der Hauptstadt
Mythilini registriert werden. Entfernung 68km! Junge Männer – und es gibt etliche unter den Ankommenden – mögen den Weg in zwei bis drei Tagen schaffen, aber es gibt auch viele Familien mit kleinen Kindern. Busfahrer und Taxifahrer, die die Aktionsgruppe anmieten und bezahlen wollte, hatten Sorge ihre
Liezens zu verlieren und uns wurde auch vermittelt, dass ein Transport mit Privatfahrzeugen ebenfalls illegal sei. Unsere Empörung über diesen Verfall jeglicher humaner Werte war groß und wir organisierten spontan an einem Nachmittag dreizehn PKW‘s und fuhren in Kolonne nach Mythilini zum Hafen. So hatten wir wenigstens einige Familien mit Kindern zum nächsten Schritt verholfen.
Ein engagierter Lehrer aus Molivos begleitete die Menschen zur Personalaufnahme/Registrierung. Immer wieder finden wir Möglichkeiten, Familien mit
Kleinkindern oder Behinderten den mühsamen Weg zur Hauptstadt zu ersparen.
Und dann?? Es gibt keinen Platz im Flüchtlingsasyl. Mittlerweile sind 4 neue
Camps genehmigt, die jedoch jetzt erst einmal errichtet werden müssen. Es gibt
auch wieder zwei Busse pro Tag, um die auf der gesamten Insel angekommenen
Menschen nach Mythilini bringen. Die Schiffe, die die Menschen weiter nach
Athen bringen sollen, kommen nicht! Für die Registrierung gibt es viel zu wenig
Polizei- und Verwaltungsbeamte und die Büromaschinen sind veraltet. Gerade
heute am 4.6.2015 haben wir die noch nicht offizielle Information erhalten, dass
bald Schiffe eingesetzt werden, die ca. 400 Menschen täglich nach Athen bringen wollen.
Und … der Strom der wahrhaft existentiell Bedrohten reißt nicht ab. Gestern waren es wieder 2000.
In den Deutschen Nachrichten hören wir, dass das Parlament in Brüssel eine Lösung vorbereitet. Es dauert viel zu lange!!!! Die Insel und ihre Bewohner und
auch die Regierung in Athen sind überfordert! Täglich bis zu 2000 Ankommende, die teilweise von den Schleppern ausgeplündert wurden.
Dies ist ein Apell und ein nicht mehr zu überhörender Hilferuf an GesamtEuropa. Über Greksit, „die“ verschuldeten Griechen wird viel und oft
hochnäsig und ohne viel Hintergrundwissen geredet und geschrieben. Auch
die Angst der „Einheimischen“ über das Ausbleiben der Touristen wird,
wie vor zwei Tagen im Deutschen Fernsehen, überbetont. Viele Menschen
hier in unserem Dorf sind engagiert und helfen. Verständlich ist aber auch
ihre Sorge, durch die Flüchtlingskatastrophe die Saisoneinnahmen, die für
den Winter reichen müssen, zu verlieren. Es ist in der Tat so, dass manche
Besucher im Urlaub lieber die Augen vor dem himmelschreienden Elend
verschließen. Doch es gibt auch viele, die sich mit uns engagieren oder auch
Geld spenden.
Die Menschen, die dem Tod entkommen sind, haben Hoffnungen, wenn sie
hier an Land gehen. Sollten sie wirklich die Erfahrung machen, dass es den
Himmel gar nicht gibt, sondern auf sie die europäische Hölle wartet?
Ich lebe seit 20 Jahren in Griechenland und habe dort als „Ausländerin“
Freunde und auch gute Lebensbedingungen. Ein Zitat aus dem Volksmund:
„Jeder ist Ausländer, fast überall“
Das ist auch ein Grund meines Engagements. Ich bin „hautnah dran“ und
kann nicht anders!
Deshalb bitte ich Sie, setzten Sie alle Ihre Fähigkeiten, Möglichkeiten und
Kontakte ein, Europa als menschenfreundlichen Erdteil in die Geschichte
eingehen zu lassen und öffnen Sie Ihr Herz. Globalisierung wird in der
Wirtschaft gefördert und die kulturelle Globalisierung oftmals verhindert.
Doch sie wird sich – wie zu allen Zeiten – nicht aufhalten lassen. Wir könnten die Chancen heute für das Morgen nutzen.
PS. Es wird bald einen gemeinnützigen, eingetragenen Verein in Deutschland geben, an den auch Spenden gegeben werden können. Offizielle Hilfsorganisationen werden dringend angefordert!
04.06.2015, Ursula Hasenburg