Abschiedsworte für Andreas Möller und die Gemeinde: Dank

Abschiedsworte für Andreas Möller und die Gemeinde: Dank - Leid - Glaube
Erster Punkt: Dank
Lieber Andreas, liebe Gemeinde
ich bin Gott sehr dankbar für die vielen guten gemeinsamen Jahre. Ich habe unsere
Gemeinschaft von Anfang an bis heute als viel mehr als bloß kollegiale Zusammenarbeit
erlebt. Wir haben sehr persönliche Dinge besprochen, die man normalerweise nicht mit einem
Kollegen besprechen würde. Ich werde auch nicht vergessen, wie herzlich Du und Elke uns
aufgenommen haben. Das war einfach großartig- vielen Dank!
Wir beide teilen auch gemeinsame theologische Überzeugungen, die zugleich den Grund
dieser Gemeinde bilden: eine leidenschaftliche Liebe zu Jesus / die Überzeugung, dass Ihn
alle Menschen kennen lernen sollen / die Freude am Wachsen von Gemeinschaft, in der
Jesus sich verleiblicht und lebendig ist. Das Reich Gottes wächst als Gemeinde von
Schwestern und Brüdern, die das auch so meinen und leben. Wir als Pfarrer sind Teil dieser
begabten Familie Gottes und machen keine Ein-Mann-Show. Vielmehr wollen wir Diener und
Vorarbeiter sein, damit die Heiligen und Priester mit ihren Gaben Gemeinde bauen können.
Diese Überzeugungen sind unsere innere DNA und auch in Zukunft wird es entscheidend
wichtig sein, dass der neue Pfarrer/die Pfarrerin diese Ziele teilt.
Über 10 Jahre lang haben wir das Zusammenleben und Aufwachsen unserer Kinder erlebt.
Unsere Frauen haben einen gemeinsamen Hauskreis und vielleicht noch mehr geteilt, als wir
beide. Es entstand eine Nähe und Freundschaft, zwischen unseren Familien, die mir bis heute
kostbar ist. Im Wochenpsalm neulich hieß es: "Die Schwalbe hat ein Haus gefunden und ein
Nest für ihre Jungen, Deine - genau das ist diese Gemeinde für unsere Kinder und nicht nur für
unsere!"
In der Gemeinde erlebten wir über Jahre Wachstum und einträchtige Arbeit. Es ist ein sehr
großes Feld, auf dem jeder eine anderes Stück beackert hat- das seinen Begabungen
entsprach. Viele gute Pflanzen sind groß geworden und heute zu sehen. Ich erinnere mich an
viele Höhepunkte: z.B. an eine Familienfreizeit in Friedrichroda; an Robert und andere
Erwachsene, die wir im Gemeindegarten oder in der Saale getauft haben. Ich denke an
Seminare, die wir gemeinsam gehalten haben und bei denen wir uns gegenseitig die Bälle
zuspielen konnten- gerade noch letzten Herbst bei den „Geistlichen Übungen“.
Leid
Wenn Gott seine Leute zu zweit losgeschickt hat, ging das nicht immer reibungslos ab. Ich
denke an Mose und Aaron, an Paulus und Barnabas, an Paulus und Petrus- die hatten es alle
nicht leicht miteinander und doch stehen die beiden heutzutage vereint in unseren Kirchen.
Wir haben schon sehr verschiedene Persönlichkeitsstrukturen und mussten immer mal wieder
tief Luft holen um den anderen zu tragen. Und ich finde, wir haben das insgesamt gut
geschafft.
Aber wir sind auch durch notvolle äußere Umstände gegangen: Am Anfang haben wir mit dem
Konzept einer missionarischen, geschwisterlichen Gemeinde viel Gegenwind bekommen,...
Während es im Konvent viel um politisches Handeln ging, brannte unser Herz für das Werden
von Gemeinde und dafür, dass Menschen zu Christus finden.
Aber auch hier in Wenigenjena war es nicht leicht: die Gemeinde am Lutherhaus wuchs - aber
bis jetzt sehen sich die allermeisten Mitarbeiter nicht in der Lage, über ihr Team hinaus
Verantwortung zu übernehmen. Das ist auch angesichts ihrer beruflichen und familiären
Situation gut zu verstehen. Nur die Not ist: viele Probleme landen so direkt bei den Pfarrern.
Das ist in der Summe manchmal völlig überfordernd.
Als Pfarrer sind wir hier für vier grundverschiedene Gemeinden zuständig: das Dorf
Ziegenhain, die Schillerkirche, den modernen Aufwindgottesdienst mit seinen Teams und
Mitarbeitern und die Morgengottesdienst - Gemeinde mit Hauskreisen und Dienstgruppen.
Schon das Lutherhaus allein ist eine herausfordernde Organisation als parochiale
Versorgungsgemeinde und Profilgemeinde zugleich, zu der manche von Zeitz oder Rudolstadt
kommen. Unsere internen Leitungskreise und Teams sind sehr umfangreich. Ganz
verschiedene Erwartungen und Anforderunsprofile strömen da auf uns ein. Dazu kommen
noch von außen, von Kirchenkreis und Gesamtkirchengemeinde Erwartungen. Das ist eine
überkomplexe Struktur, besonders wenn die Erwartungen und Anforderungen in der Person
der Pfarrer kulminieren. Eigentlich erstaunlich, wenn man es darin über 17 Jahre lang schafft,
die Fäden zusammen zu halten! Das alles ist uns immer wieder mal über den Kopf
gewachsen. Wo verschiedene, wenig kompatible Gemeindesysteme aufeinander treffen, ist
Ärger und Unzufriedenheit auf vielen Seiten vorprogrammiert. Und Ärger zu verursachen oder
auszuhalten - das ist etwas, das Du lieber Andreas, als friedliebender Mensch, nicht leiden
kannst. Da gönne ich Dir von Herzen, dass Du Dich jetzt fokussieren kannst und das extreme
Multitasking hinter Dir lässt.
Glaube
Diese Gemeinde ist stark gegründet und aufgestellt in Christus. Die schafft es auch ohne uns.
Hier ist so ein starker Kern von liebenden und glaubenden Menschen, dass es auf die Pfarrer
nicht alleine ankommt. Gerade jetzt treten viele mutig in die Lücken und übernehmen
Verantwortung, wie z.B. Gerhard Jahreis als Vorsitzender der Gemeindeleitung. Das find ich
toll.
Für Dich Andreas ist das sicher eine große Freude: diese Gemeinde geht den guten Weg
weiter, den Du mit ihr maßgeblich eingeschlagen hast. Sicher werden sich auch Dinge
verändern, aber wir bauen weiter Reich Gottes in dieser Zeit. Wir verkünden mit Worten und
Taten den lebendigen Jesus - die Rettung für alle Menschen. Wir strecken uns danach aus,
dass wir Gott erfahren und Leben teilen. Das wird weiter so sein und Du wirst es sehen, wenn
Du immer wieder herkommst und ich wünsche Dir, dass Du Dich herzlich darüber freuen
kannst!
Ich freu mich auch, dass unsere Kirche mit den Erprobungsräumen einen mutigen Versuch
macht, unkirchliche Menschen unserer Gesellschaft zu erreichen. Daran nehmen wir von
Herzen Anteil. Ich persönlich habe spontan gedacht: Das passt perfekt zu Dir! In den ersten
Schreck kurz vor Weihnachten, als ich erfahren habe, dass Du so schnell gehst, kam gleich
diese spontane Einsicht: Da kannst Du genau das arbeiten, was Dir am besten liegt. Wie
schön, wenn man das sagen kann!
Dank- Not- Glaube
Jesus sagt: "Ich will meine Gemeinde bauen!" Damit hört Er nicht auf... und die gute Nachricht
ist: wir dürfen mitbauen. Danke!
Pfr. Jörg Gintrowski