Es gilt das gesprochene Wort. Begrüßungsrede Karl-Heinz Schröter, Minister des Innern und für Kommunales Reformkongress am 16.01.2016, Plenarsaal CMT Cottbus Ich freue mich sehr, sie heute hier zu unserem Reformkongress begrüßen zu können. Die große Resonanz zeigt deutlich, wie wichtig dieses Thema ist. Sie zeigt mir ganz persönlich auch, wie wichtig und richtig unser Weg ist und war, Orte zu schaffen, an denen wir gemeinsam offen diskutieren können. Der heutige Reformkongress soll ein weiterer wichtiger Schritt auf diesem Weg sein. Ein Blick in das Land, vom Norden bis hier in den Süden, lässt offenkundig werden, dass wir handeln müssen. Niemand im Land wird ernsthaft bestreiten können, dass wir durch die enormen demographischen Herausforderungen geradezu gezwungen sind, langfristige Lösungen für unsere Verwaltungsstrukturen und die demokratische Teilhabe und Mitwirkung zu finden. Der heute geladene Demographie-Experte wird uns seinen Eindruck darüber vermitteln, wie groß diese Herausforderungen wirklich sind. Strukturschwäche, besonders im ländlichen, Berlin-fernen Raum, ist eine Tatsache, die nicht wegzudiskutieren ist, sondern entschlossenes und tiefgreifendes Handeln erfordert. Und das jetzt! - und nicht erst, wenn die Probleme akut werden. Es ist für die Landesregierung keine Option zu warten, bis uns die Zukunft überholt. Es stimmt: es geht dem Land gut! Vielleicht so gut wie niemals zuvor. Und darauf können alle Brandenburgerinnen und Brandenburger stolz sein. Diese komfortable Ausgangssituation verleitet aber dazu, den bevorstehenden Wandel zu verschlafen. Diesen Fehler dürfen wir aber nicht machen. Gerade jetzt gilt es, den Hebel umzulegen und die Weichen für zukunftsfeste Strukturen zu stellen. Umfassende Reformen anzugehen, erfordert Willenskraft – und auch ein Stück weit Tapferkeit. Mit Verwaltungsreformen Sympathiepunkte zu gewinnen, ist schwerlich möglich. Das weiß ich nur zu gut. Die Erfahrungen aus 19 Leitbildkonferenzen in allen Landkreisen und kreisfreien Städten haben mir das immer wieder deutlich gemacht. Ich bin als Innenminister aber auch nicht angetreten, um bei „Brandenburg sucht den Superliebling“ den ersten Platz zu belegen. Mein Ziel und meine Aufgabe war und ist es, unsere Verwaltungsstrukturen fit für die Zukunft zu machen. Dies ist nicht meine erste Reform dieser Art. Als geborener Gegner der Reform von 1993 konnte ich in den vergangenen 20 Jahren die Früchte dieser umfassenden Reform nicht nur sehen, sondern auch ernten. Mit dem heutigen Stand meiner Erkenntnisse würde ich mich zurückblickend sicher anders entscheiden. Heute gibt es wohl niemanden mehr, der die Notwendigkeit und Wirkungskraft der damaligen Reform bezweifelt. Heute – mit dem Wissen um die Bevölkerungsentwicklung in den nächsten 20-30 Jahren – stehen wir vor einer ganz ähnlichen Situation. Auch damals sahen wir uns mit einer Vielzahl von hilfesuchenden Menschen konfrontiert. Auch damals waren wir alle gefordert, diesen Menschen ein sicheres Heim zu bieten, sofern sie eine klare Bleibeperspektive hatten. Ich will diesen Rückblick ganz bewusst ziehen. Ich wurde in den vergangenen Wochen und Monaten oft mit dem Argument konfrontiert, wir sollten die Verwaltungsstrukturreform auf Eis legen, weil die Verwaltungen schon mit den vielen Flüchtlingen ausgelastet seien. Ich will dazu eins sagen: Es ist garantiert keine Lösung, Reformen – und damit Fortschritte – wegen hoher Belastungen auf allen staatlichen Ebenen zu stoppen. Gerade diese Herausforderungen verlangen von uns, leistungsfähige und effektive Verwaltungsstrukturen zu schaffen. Oftmals resultiert Ablehnung aus der Angst vor Veränderungen. Der einzige Weg, diesen Ängsten zu begegnen, ist sich im offenen Dialog mit allen Argumenten zu befassen. Denn wir wollten und wollen nicht hinter verschlossenen Türen und über die Köpfe der Betroffenen hinweg über die zukünftige Struktur der Verwaltung in unserem Land entscheiden. Deshalb hatten wir uns entschlossen, bei diesem Reformvorhaben den nicht immer einfachen, aber sinnvollen Weg der umfassenden Bürgerbeteiligung bei diesem Reformvorhaben zu gehen. Ein Blick über unsere Landesgrenzen zeigt, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Es ist ganz im Gegenteil eher die Ausnahme. Denn keine andere Landesregierung ist bislang so weit gegangen, ihre Bürgerinnen und Bürger in einem solchen Maß zu beteiligen. Natürlich galt und gilt es, die Akzeptanz und das Verständnis für die notwendigen Veränderungen in unserem Land zu erhöhen, um so zukunftssichere und leistungsstarke Verwaltungsstrukturen auf einer möglichst breiten Basis zu gründen. Mein Ziel und meine Absicht war und ist es aber – und zwar seit Beginn des Diskurses – Fragen zu beantworten, Sorgen, Zweifel, Kritik und Anregungen aus den Veranstaltungen mitzunehmen und ernst zu nehmen. Sachliche Kritik ist etwas durchweg Positives und Wichtiges und tut nicht weh. Sie hilft vielmehr. In 19 Leitbildkonferenzen haben wir uns den Fragen, der Kritik und den Anregungen der Bürgerinnen und Bürger, der Landrätinnen und Landräte und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Verwaltungen gestellt. Das Zwischenergebnis dieses umfangreichen Prozesses liegt heute hier als Arbeitsmaterial vor uns, als Grundlage für eine vertiefte Diskussion in den Arbeitsgruppen. Wir werden – und wir müssen – unsere Verwaltungsstrukturen fit für die Zukunft machen. Auch wenn wir aktuell im Land viele große Herausforderungen gleichzeitig zu bewältigen haben, ist es unsere Pflicht, vorausschauend für eine zukunftssichere und leistungsstarke Verwaltung im ganzen Land zu sorgen. Deshalb möchte ich hier zunächst enden und Ihnen nochmals herzlich für ihr Kommen und Ihr Interesse am Dialogprozess danken. Lassen Sie uns heute offen und kritisch über die Kernpunkte dieser Reform diskutieren. Ich bin gespannt auf ihre Anregungen, Meinungen und Kritiken. Vielen Dank! 2
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