Zuwendungen aus Mitteln der Städtebauförderung

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Zuwendungen aus Mitteln der Städtebauförderung
Das SMI hat im Rahmen der Städtebauförderung in einigen Fällen
gegen das HG verstoßen. Vielfach wurden die Regelungen der VwV
missachtet.
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1 Prüfungsgegenstand
Der Bund und der Freistaat Sachsen unterstützen die Gemeinden im
Freistaat Sachsen bei der Erhaltung, Wiederherstellung und dauerhaften
Verbesserung der städtebaulichen Funktionen in Gebieten der städtebaulichen Sanierung und Entwicklung.
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Der Bund stellt seine Mittel gemäß der „Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die
Länder nach Artikel 104 b des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen (VV Städtebauförderung)“ zur Verfügung.
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Zur entsprechenden Umsetzung der Städtebauförderung im Freistaat
Sachsen gilt die VwV StBauE 1 vom 20.08.2009.
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Der SRH hat Ausgaben im Epl. 03 Kap. 0323 Tit. 883 12 im Zeitraum
Januar 2011 bis Juni 2014 geprüft. Der Tit. 883 12 dient dem Nachweis
von Ausgaben aus den dem Freistaat Sachsen zufließenden Mitteln des
Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen
Deutschen Demokratischen Republik (PMO-Vermögen), veranschlagt bei
Kap. 1503 Tit. 342 01. Mit den Mitteln dürfen investive und investitionsfördernde Maßnahmen zur städtebaulichen Erneuerung unterstützt werden.
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2 Prüfungsergebnisse „Städtebauliches Modellprojekt“
Zur Lösung finanzieller und struktureller Probleme der Stadt Johanngeorgenstadt schlossen das SMI und die Kommune im Jahr 2009 eine städtebauliche Vereinbarung. Das SMI sagte wegen der besonderen Problemlage der Kommune zu, dass der Freistaat Sachsen im Rahmen eines Modellprojektes für den Zeitraum von 2009 bis 2011 insgesamt 3,1 Mio. €
bereitstellen werde, um für Maßnahmen innerhalb der Städtebauförderung und Brachflächenrevitalisierung den kommunalen Eigenanteil sowie
die nicht förderfähigen Kosten für die Kommune zu übernehmen. Die
Kommune sollte in die Lage versetzt werden, wichtige infrastrukturelle
Maßnahmen ohne eigene Investitionsmittel durchführen zu können.
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Für das Vorliegen einer der städtebaulichen Vereinbarung zugrunde liegenden Gesamtkonzeption mit Ausgangs- und messbaren Zielgrößen, die
bspw. die Grundlage für die Höhe der zugesagten Finanzhilfen bildete,
gab es keine Anhaltspunkte.
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Die städtebauliche Vereinbarung ist eine Selbstverpflichtung mit Bindungswirkung für die Zukunft, für die zum Erklärungszeitpunkt zwingend
eine haushaltsrechtliche Ermächtigung vorliegen muss. Der StHpl. 2009/
2010, Epl. 03, enthielt dazu weder einen Baransatz noch entsprechende
VE für die Jahre 2010 und 2011 in Höhe von 3,1 Mio. €.
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Für die Zusage des SMI, der Kommune einen Betrag über 3,1 Mio. €
zur Verfügung zu stellen, fehlte die haushaltsrechtliche Ermächtigung.
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Zahlungsverpflichtung ohne haushaltsrechtliche Ermächtigung eingegangen
Verwaltungsvorschrift des SMI über die Förderung der städtebaulichen Erneuerung im Freistaat
Sachsen.
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Kein vollständiger Ersatz kommunaler Eigenmittel durch Landesmittel
Verstoß gegen die Zweckbindung
des Haushalts
Zahlungen ohne zahlungsbegründende Verpflichtung
Fehlende Nachweise zur Wirtschaftlichkeit
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2.1 Im Zuge der Umsetzung des „Modellprojektes“ bewilligte das SMI
der Kommune im Jahr 2011 Landesmittel in Höhe von rd. 600 T€ für den
Ersatz von Eigenmitteln im Bund-Länder-Städtebauförderprogramm.
Darüber hinaus gewährte das SMI der Kommune Zuwendungen in Höhe
von rd. 377 T€ für Kosten, die im Rahmen der Bund-Länder-Förderprogramme ausdrücklich nicht förderfähig waren.
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Für eine Ersetzung kommunaler Eigenmittel durch Landesmittel besteht
keine haushaltsrechtliche Grundlage. Weder die VV Städtebauförderung
noch die VwV StBauE oder andere Vorschriften ermächtigen dazu, neben
der staatlichen Bund-Länder-Städtebauförderung auch noch die kommunalen Eigenanteile durch anderweitige staatliche Fördermittel zu ersetzen. Dies gilt umso mehr für nicht zuwendungsfähige Ausgaben.
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Bei der Ersetzung kommunaler Eigenanteile ist der durch die
VV Städtebauförderung, die VwV StBauE und die SäHO gesetzte Rahmen einzuhalten. Ein kommunaler Eigenanteil von mindestens 10 %
ist in jedem Fall zu gewährleisten.
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2.2 Im Rahmen des „Modellprojektes“ förderte das SMI mit Landesstädtebaumitteln insgesamt 23 Maßnahmen im Umfang von rd.
1 Mio. €, die der Verbesserung der Basisinfrastruktur der Kommune dienen sollten. Die staatlichen Zuwendungen sollten die Eigenanteile der
Kommune aus anderen Fachfördermaßnahmen abdecken bzw. eine fehlende Fachförderung ersetzen.
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Diese Mittelverwendung war nicht mit der Zweckbindung des Haushaltstitels 883 12 des StHpl. 2010/2011 vereinbar, der investive und investitionsfördernde Maßnahmen der städtebaulichen Erneuerung zum Gegenstand hatte. Die Anschaffung von Fahrzeugen für die Feuerwehr oder
von Arbeitsmitteln für den Bauhof sind offenkundige Beispiele für die
Nichtbeachtung der Zweckbindung. Dies stellt einen Verstoß gegen das
HG dar und führt zu einer Aushöhlung des Budgetrechts des Parlaments.
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Das SMI hat künftig eine zweckentsprechende Verwendung der Haushaltsmittel sicherzustellen.
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2.3 In mindestens 7 Fällen des „Modellprojektes“ verzichtete das SMI
auf die die städtebauliche Vereinbarung konkretisierenden Zuwendungsbescheide.
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Für Zuwendungen gilt das nach den VwV zu §§ 23 und 44 SäHO vorgeschriebene Zuwendungsverfahren. Dies sieht förmliche Anträge, schriftliche Zuwendungsbescheide und die Verwendungsnachweisprüfung, die
mit einem Prüfvermerk aktenkundig abschließt, vor. Auszahlungen verlangen nach Nr. 10.2 der VwV zu § 70 SäHO die Angabe des Rechtsgrundes. Die städtebauliche Vereinbarung aus dem Jahr 2009 ersetzt weder
Zuwendungsbescheide noch Zuwendungsverträge.
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Das SMI hat bei der Ausreichung von Zuwendungen gegen zahlreiche
Vorgaben der VwV-SäHO verstoßen.
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2.4 Das SMI finanzierte im Rahmen des „Modellprojektes“ neben Bauund Sanierungsmaßnahmen an Sportanlagen auch mehrere Anschaffungen der Kommune für den Bauhof und die freiwillige Feuerwehr zu
100 %. Die dem SMI dazu vorgelegten Abrechnungsunterlagen waren
teilweise nicht schlüssig und ließen eine zweifelsfreie Zuordnung zu den
geförderten Objekten nicht immer zu.
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Eine staatliche Förderung zu 100 % setzt Fehlanreize und begünstigt
unwirtschaftliches Verhalten.
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Das SMI hat Vollfinanzierungen grundsätzlich zu vermeiden. Generell
muss bei Fördermaßnahmen sichergestellt sein, dass der Grundsatz der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachtet wird und entsprechende
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen angestellt werden. Zum Nachweis
dessen muss das SMI dafür sorgen, dass ihm prüffähige Unterlagen
vorgelegt werden.
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2.5 Die Kommune sanierte 2 unbefestigte Anliegerstraßen grundhaft
und erneuerte die Straßenentwässerung und die Straßenbeleuchtung
unter Inanspruchnahme einer Fachförderung des SMUL. Den Eigenanteil
der Kommune in Höhe von rd. 186 T€ ersetzte das SMI aus Mitteln der
Landesstädtebauförderung.
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In den Bund-Länder-Programmen der städtebaulichen Erneuerung sind
die durch Beiträge refinanzierbaren Kosten für Erschließungsmaßnahmen generell nicht zuwendungsfähig. Dies gilt auch für die Verwendung
der mit der Zweckbestimmung „Zuweisungen aus dem Landesprogramm
zur Städtebauförderung“ des Tit. 883 12 veranschlagten Haushaltsmittel.
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Ausgaben, die durch die Erhebung von Beiträgen oder Finanzierungsbeteiligungen Dritter gedeckt werden können, sind gem. § 23 SäHO
von der Förderung ausgeschlossen. Das SMI hat die Fördermaßnahme
zu überprüfen und ggf. Fördermittel in Höhe der möglichen Straßenausbaubeiträge zurückzufordern.
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Einnahmeverzicht - Kürzung der Fördermittel
3 Folgerungen
Für eine den Freistaat Sachsen bindende Mittelzusage muss dem SMI
eine haushaltsrechtliche Ermächtigung vorliegen.
Zur Vermeidung künftiger Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften darf das SMI Zuwendungen nur entsprechend den Vorgaben der
VwV-SäHO und den einschlägigen Förderrichtlinien gewähren.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das SMI erklärte, die Feststellung des SRH, das SMI habe der Stadt Johanngeorgenstadt Fördermittel ohne zuwendungsrechtliche Grundlage
zur Ersetzung kommunaler Eigenanteile gewährt, sei unzutreffend. Die
VwV StBauE bestimme ausdrücklich, dass Mittel der Landessanierung der
Reduzierung des Eigenanteils der Gemeinde dienen können. Dem stehe
auch die VV Städtebauförderung nicht entgegen, da es um Landesmittel
und nicht um Mittel des Eigentümers gehe.
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Unzutreffend sei auch die Feststellung des SRH, das SMI habe der Stadt
Johanngeorgenstadt im Rahmen einer städtebaulichen Vereinbarung
Fördermittel in Höhe von 3,1 Mio. € ohne haushaltsrechtliche Ermächtigung zugesagt. Richtig sei zwar, dass im Epl. 03 weder ein Baransatz
noch eine VE zur Verfügung gestanden haben. Gemäß der Verwaltungsvereinbarung zur Abrechnung und Verteilung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (PMO-Vermögen) hätten entsprechende Mittel für 2009,
2010 und 2011 im Epl. 15 zur Verfügung gestanden, deren Zuweisung an
SMI und Nachweisung bei Kap. 0323 für diesen Zweck vom SMF zugesagt worden sei. Erst nach dieser Zusage sei die Vereinbarung geschlossen worden.
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Im Weiteren sagte das SMI zu, die Verfahrensregelungen für Zuwendungsbescheide künftig zu beachten und einzelne Fördermaßnahmen
einer nochmaligen Bewertung zu unterziehen.
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5 Schlussbemerkung
Der SRH bleibt bei seiner Auffassung, dass die Ersetzung kommunaler
Eigenmittel durch staatliche Fördermittel haushaltsrechtlich nicht zulässig war. Weder die VV Städtebauförderung noch die VwV StBauE haben
dafür eine hinreichende Grundlage geboten.
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Der SRH hält daran fest, dass das „Modellprojekt Johanngeorgenstadt“
auf haushalts- und zuwendungsrechtlichen Mängeln beruhte und die
verfolgten Ziele im Wesentlichen nicht erreicht wurden. Die Einlassungen des SMI zu den PMO-Mitteln betreffen lediglich die Refinanzierung
der Maßnahmen. Diese sind daher nicht geeignet, den Vorwurf zu entkräften, die Vereinbarung ohne haushaltsrechtliche Ermächtigung abgeschlossen zu haben, da auch der Titel für die PMO-Mittel keine VE für
die Jahre 2010 und 2011 vorsah.
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Der SRH begrüßt die Zusage des SMI zur künftigen Beachtung der Regelungen zum Zuwendungsverfahren und der nochmaligen Bewertung
einzelner Fördermaßnahmen.
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