Europapost - Infos aus Straßburg Februar 2016 Herbert Reul MdEP

Europapost - Infos aus Straßburg
Februar 2016
Herbert Reul MdEP
Europaabgeordneter für das Bergische Land
Sieg der Vernunft für neue PKW-Emissionensmessungen
Als Folge des VW- für die Automobilhersteller mit der heutigen
Skandals
hatten Technik nicht zu erreichen.
sich
EUMitgliedstaaten und Aus diesem Grund braucht man als VorausKommission
im setzung für die neuen Testverfahren auch
Herbst darauf geei- eine Entscheidung darüber, welche Abweinigt,
aber
2017 chungen von den Grenzwerten, die viel
neue Testverfahren schwieriger zu ändern wären, erlaubt sind.
zu PKW-Emissionen Mitgliedstaaten und EU-Kommission haben
einzuführen. Gegen sich nach langen Verhandlungen auf erlaubte
diese Entscheidung Abweichungen geeinigt.
hatte sich der Um- Diese sind äußerst ambitioniert und erfordern
weltausschuss des Europäischen Parlaments von der Automobilindustrie große Anstrenausgesprochen, weshalb wir in dieser Woche gungen. Den Grünen und Sozialdemokraten
darüber abstimmen mussten.
reichte dies jedoch noch nicht. Sie hatten Einspruch gegen den Beschluss von MitgliedsKonkret ging es um folgendes: Nach dem VW- staaten und Kommission im Parlament eingeSkandal war man sich schnell einige, dass die legt.
Testverfahren für PKW-Emissionen an das
reale Fahrverhalten angepasst werden müs- Ich habe mit meiner Fraktion gegen diesen
sen. Bislang wurde in der Werkstatt getestet, Einspruch gestimmt, da er keine Verbesseaber nicht im richtigen Straßenverkehr. Dort rung gebracht hätte. Der Beschluss von
sind die Abgaswerte aber von vielen verschie- Kommission und Mitgliedstaaten hat den grodenen Faktoren abhängig: Fahrverhalten, ßen Vorteil, direkt zu besseren realistischeren
Strecke, Steigung, Verkehrsaufkommen oder Testverfahren zu führen und so sowohl etwas
sogar der Witterung. Sie liegen weitaus hö- für die Umwelt zu verbessern, als auch der
her, als bei den laborartigen Werkstatttests.
Industrie die nötige Planungssicherheit zu
Die gültigen "Euro-6" Grenzwerte, sind aller- bringen. Es war ein klarer Sieg der Vernunft
dings für diese Werkstatttests konzipiert und im
Europäischen
Parlament.
Debatte um Marktwirtschaftsstatus für China
Als China vor 15 Jahren der WTO beitrat, Malmström. Die EU-Kommission erwägt derhoffte man, dass sich China langsam zu einer zeit drei verschiedene Optionen, die bis Juli
Marktwirtschaft entwickeln würde. Da China dieses Jahres einer ausführlichen Folgenabim Jahr 2001 allerdings weit davon entfernt schätzung unterzogen werden. Eine Option
war, die Kriterien einer Marktwirtschaft zu wäre, China den Status zu verwehren, dann
erfüllen, wurde 2001 eine Übergangsfrist von aber eine Klage wegen Nichteinhaltung des
15 Jahren eingeführt bis China den Marktwirt- WTO-Rechts zu riskieren. Eine zweite Option
schaftsstatus (MES) erhalten sollte. Diese wäre, China den MES zu geben. Eine dritte
Frist läuft Ende 2016 aus. Es stellt sich der EU Option wäre, China den MES zu geben und
nun die Frage, ob China automatisch den MES zusätzlich ein wirksames Instrument zu schaferhalten sollte oder ob China aufgrund der fen, welches gefährdete Branchen schützen
nicht erfüllten MES-Kriterien der Status ver- kann. Für mich ist klar, dass ein rechtlich
wehrt werden sollte. Sollte China den MES vernünftiger Weg gefunden werden muss.
erhalten, würde das bedeuten, dass ein wirk- Gleichzeitig müssen wir unsere europäische
sames Instrument wegfällt, mit dem sich Industrie vor unfairem Wettbewerb schützen
wichtige
Industriezweige
vor
dumping- und dürfen nicht das Auffangbecken für die
Produkten aus China schützen.
Fehlplanung (z.B. in Form von ÜberproduktiDiese Woche wurde im Plenum zum ersten on) der Chinesischen Regierung spielen.
Mal ausführlich über dieses Thema diskutiert,
zusammen mit der EU-Handelskommissarin
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Herbert Reul MdEP
Europaabgeordneter für das Bergische Land
Vermeidung von Steuerflucht
Die EU-Kommission hat Ende Januar ein Gesetzespaket vorgelegt, mit dem sie die systematische Steuervermeidung durch Unternehmen unterbinden will.
Am Dienstag im Plenum haben wir über die
aktuellen Vorschläge der EU-Kommission,
welche die neuesten OECD-Standards und die
Beschlusslage der G-20 umsetzen soll, debattiert. Der Aktionsplan umfasst verschiedene
Maßnahmen. Neben dem Verbot der Steuerbefreiung für im Ausland erzielte Gewinne
und die Deckelung der Zinszahlungen an
Tochtergesellschaften in Niedrigsteuerländern, sieht das Paket ebenfalls vor, dass Konzerne künftig die Höhe der Gewinne und der
darauf abgeführten Steuern je Staat beim
Fiskus angeben müssen. Dieses sogenannte
Flüchtlingskrise und Schengenraum
Im Plenum am Dienstagnachmittag standen
der aktuelle Zustand des Schengenraums und
die Rolle Griechenlands und der Türkei bei
dem anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen
im Zentrum der Debatte.
Wir haben vor Monaten ein Maßnahmenpaket
zur Bewältigung der Flüchtlingskrise geschnürt, wie beispielsweise der integrierte
Schutz der EU-Außengrenzen, die Einhaltung
längst getroffener Vereinbarungen etwa bei
der Umverteilung, den Hotspots, der Rückführung, die Zusammenarbeit mit der Türkei, die
Angleichung der europäischen Asylverfahren
und vieles mehr. Die Fortschritte sind ernüchternd, vor allem bei der Errichtung der Registrierungszentren und der Grenzsicherung
durch die griechischen Behörden. Die EUKommission hat erhebliche Mängel beim
Schutz der türkisch-griechischen Grenze festgestellt, über die die mit Abstand meisten
Migranten nach Europa gelangen. Hier müssen deutlich mehr Mittel eingesetzt werden,
country-by-country-reporting soll für alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz ab 750
Millionen Euro gelten.
Die CDU/CSU-Gruppe begrüßt die zügige Umsetzung der neuen OECD-Standards und fordert weiterhin eine faire Regelung für alle
Unternehmen. Einzelne Regierungen dürfen
nicht länger Niedrigsteuersätze praktizieren
und damit anderen Staaten die Steuermittel
für Kindergärten, Schulen, Universitäten, die
Infrastruktur oder den Kultursektor entziehen. Von den EU-Finanzministern erwarte ich
nun, dass die Entwürfe nicht auf die lange
Bank geschoben werden. Denn wer auf G20Ebene Beschlüsse unterzeichnet, muss auf
europäischer Ebene auch liefern.
um eine komplette Überwachung der EUAußengrenzen zu gewährleisten. Griechenland
erhält nun weitere drei Monate Zeit, die Forderungen umzusetzen. Ist nach Ablauf des
Zeitraumes die Grenze noch immer nicht sicher und die Hotspots nicht fertiggestellt,
müssen Konsequenzen gezogen werden.
Aber nicht nur Griechenland muss liefern, alle
Mitgliedsstaaten sollten endlich ihre Versprechen einhalten und Solidarität zeigen. Der
Schengenraum bedeutet Verpflichtungen für
alle Teilnehmer. Wer diese vernachlässigt,
legt die Axt an eine Kernerrungenschaft der
Europäischen Union.
Die Befüllung des Flüchtlingsfonds für die
Türkei in Höhe von drei Milliarden Euro, die
Beschlusslage der EU-Staats- und Regierungschefs ist, läuft ebenfalls nur sehr
schleppend. Die CDU/CSU-Gruppe fordert alle
Mitgliedstaaten auf, ihre finanziellen Zusagen
im Hinblick auf die Türkei-Fazilität zügig in die
Tat umzusetzen.
Vorbereitung des Europäischen Rates (18./19. Februar 2016)
In Vorbereitung auf den nächsten EU-Gipfel Ratspräsidentschaft Außenminister Bert Koam 18./19. Februar standen am Mittwoch- enders.
morgen die jüngsten Verhandlungen über die
britischen Forderungen im Vorfeld des dorti- In vier Punkten muss sich der Europäische
gen EU-Referendums im Zentrum der Gene- Rat nun auf für alle Seiten zufriedenstellende
raldebatte. Für die EU-Kommission nahm EU- Lösungen verständigen: Das Verhältnis EuroKommissionspräsident Jean-Claude Juncker Raum zur gesamten EU, die Steigerung der
an der Aussprache teil, für die niederländische Wettbewerbsfähigkeit, der Wegfall des Postulats "immer engere Union" für Großbritannien
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Herbert Reul MdEP
Europaabgeordneter für das Bergische Land
sowie der britische Wunsch nach Zugang zu
Soziallleistungen von EU-Ausländern erst
nach vier Jahren Aufenthalt. In dem, am
Dienstag
vorgestellten
Reformvorschlag,
kommt EU-Ratspräsident Donald Tusk der
britischen Regierung im vierten Punkt entgegen. Die Briten sollen laut Entwurf das Recht
erhalten, Arbeitnehmern aus anderen EULändern Sozialleistungen bis zu vier Jahre zu
verweigern. Die Regelung soll aber nur für
Arbeitssuchende gelten, die neu ins Königreich kommen. Der vorgeschlagene Kompromiss ist eine solide Basis für eine Einigung.
Allerdings bleibt anzumerken, wir wollen kein
britisches Europa, sondern vielmehr einen
Vorschlag, der dann Europa für alle besser
macht.
Die CDU/CSU-Gruppe unterstützt die Forderung nach mehr Wettbewerbsfähigkeit, die
allen zu Gute kommt. Eine Einschränkung der
Arbeitnehmerfreizügigkeit jedoch ist nicht
verhandelbar. Für den Fall, dass am bevorFortschrittsbericht zu Serbien
Im Dezember des vergangenen Jahres wurden die EU-Beitrittsverhandlungen mit Serbien eröffnet.
Am Mittwoch debattierten und verabschiedeten wir im Plenum die Entschließung des EUParlaments zum Serbien-Bericht 2015. Darin
werden die Bemühungen des Landes im Hinblick
auf
das
strategische
Ziel
EUMitgliedschaft anerkannt und die noch zu leistenden Reformschritte benannt. Die Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo und die
regionale Zusammenarbeit sind und bleiben
wichtigste Voraussetzungen für den EUBeitritt Serbiens. Die CDU/CSU-Gruppe lobt
die serbische Regierung ausdrücklich für ihren
stehenden EU-Gipfel eine Einigung erzielt
wird, könnte die Abstimmung über den Verbleib in der EU noch im kommenden Juni
stattfinden.
Auch das Thema Migration wird auf der Tagesordnung des Rates stehen, im Speziellen
der weitere Anlauf zur Einigung über einen
permanenten Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge.
Aber egal, ob es um das Thema Migration
oder um das Thema Großbritannien geht: das
zentrale Problem für die aktuelle Krisenlösung
ist, dass nicht schnell genug gehandelt werden kann, weil echte Solidarität zwischen Mitgliedsstaaten fehlt. Europa braucht politische
Führungskräfte, die über ihren eigenen Tellerrand hinaussehen und im Interesse einer
notwendigen gemeinsamen europäischen Lösung handeln. Nur so und indem wir Handlungsfähigkeit beweisen, können wir das Vertrauen der Bürger wieder zurückgewinnen.
Reformeinsatz in diesen Punkten. Der schwierigste Teil der Beitrittsverhandlungen steht
allerdings noch bevor. Besonders dringend ist
es, die Rechtsstaatlichkeit im Land weiter zu
stärken. Die organisierte Kriminalität und die
Korruption im Land müssen mit Nachdruck
bekämpft werden.
Wichtig bleibt, dass Serbien nun die Reformpolitik fortführt und neue Rechtsvorschriften
konsequent umsetzt. Das Europäische Parlament unterstützt das Land bei den bevorstehenden Aufgaben und ist zuversichtlich, dass
Serbien auch weiterhin Fortschritte erzielen
wird.
Ansprache des estnischen Präsidenten Toomas Hendrik Ilves
Am Dienstag hat der estnische Präsident der Lastenverteilung und führt an, dass die
Toomas Hendrik Ilves das Europäische Parla- volle Kontrolle der EU-Außengrenzen unabment in Straßburg besucht. Präsident Ilves dingbar ist. Weiterführend verwies er auch
war selbst von 2003 bis 2006 als EU- auf die Herausforderungen der digitalen Welt.
Abgeordneter im Parlament tätig und der ers- Er sieht die digitale Revolution als Chance für
te Abgeordnete, der zum Staatspräsidenten den Binnenmarkt und appelliert an die Mitgewählt wurde.
gliedsstaaten EU-weit einheitliche RechtsIn seiner Ansprache ruft er die Mitgliedsstaa- grundlagen in den einzelnen Bereichen zu
ten zur europäischen Verantwortung auf. Für schaffen, um die Vorteile des Binnenmarktes
die Bewältigung der Flüchtlingskrise fordert er wirklich nutzen zu können.
Solidarität gegenüber den EU-Ländern, die an
vorderster Front stehen. Er spricht über die Seine zweite und letzte Amtszeit als Präsident
dringende Akzeptanz einer funktionalen Form Estlands endet im Oktober.
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Europaabgeordneter für das Bergische Land
Ansprache des Präsidenten Nigerias Muhammadu Buhari
Am Mittwoch hat der Staatspräsident Nige- auf, gegen den Terrorismus verstärkt gerias, Muhammadu Buhari das Europäische meinsam vorzugehen.
Parlament in Straßburg besucht.
In seiner Ansprache brachte er deutlich zum Am Ende ist Buhari überzeugt, dass der VerAusdruck, wie sehr Nigeria, Afrikas einwoh- such die Sicherheit im Land wiederherzustelnerreichstes Land, unter den Angriffen der len, den Terror und die Kriminalität zu beislamistischen Miliz Boko Haram leidet. Er kämpfen und die Korruption einzudämmen,
betont, dass der Kampf gegen den Terror Op- nicht nur zur Verbesserung der sozialen Stafer, Ressourcen und Engagement erfordere, bilität in Nigeria führen wird, sondern auch
wie auch die Europäische Union schmerzlich die Türen für weitere Wirtschaftsbeziehungen
erfahren musste und ruft in dem Zusammen- mit Europa und dem Rest der Welt öffnen
hang die internationale Gemeinschaft dazu wird.
Gespräche mit der EU-Kommission
Am Dienstag habe ich mich mit dem spanischen EU-Kommissar für Energie und Klima,
Miguel Arias Canete getroffen. Es ging
hauptsächlich um die Vorschläge der EUKommission für ein neues Energieeffizienzlabel, welchen ich für die EVP-Fraktion im parlamentarischen Verfahren betreue. Wir sprachen außerdem über die schwierige Regierungsbildung in seiner Heimat Spanien, welches möglicherweise bald von einer Regierung
aus Linken, Linksextremen und Separatisten
regiert wird. Diese Perspektive ist auch für
Europa höchst beunruhigend.
Neben zahlreichen Gesprächen mit Kollegen,
hat man in Straßburg auch immer die Möglichkeit, sich mit der EU-Kommission eng abzustimmen, da auch die Kommissare für unsere Plenarsitzung vor Ort sind.
Am Montag habe mich mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker über die aktuellen Herausforderungen Europas ausgetauscht.
Wir sind uns einig, dass die Lösungen europäisch sein müssen, aber nur dann zu realisieren sind, wenn die Mitgliedstaaten endlich
mitmachen.
Am Dienstagnachmittag habe ich noch ein
Gespräch
mit
dem
EU-Kommissionsvizepräsidenten Jyrki Katainen (siehe Foto)
geführt. Im Mittelpunkt des Austausches
standen die Haushaltspolitiken in Europa.
Leider gibt es in einigen Staaten, wie beispielsweise Portugal, äußerst beunruhigende
Entwicklungen hinsichtlich der Haushaltsdisziplin und Einhaltung der Stabilitätskriterien.
Es ist total unverständlich, dass das griechische Beispiel für einige wohl nicht abschreckend genug gewirkt hat und sie weiter meinen, Schulden seien die Lösung für Europas
Probleme.
Herzliche Grüße aus Straßburg
Ihr
Europabüro Herbert Reul MdEP
Am Stadion 18-24, D- 51465 Bergisch Gladbach
 02202 936 95 55  02202 936 95 61 Email: [email protected]
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