„Schwimmende Herbergen in der Messezeit“, meinRheinland 7

AM WASSER
Fotos (2): Regis Hotelschiff GmbH
Foto: Messe Düsseldorf / Tillmann & Partner
AM WASSER
ERLEBEN
Schwimmende Herbergen
in der Messezeit
Die Kabinen sind
komfortabel
eingerichtet wie ein
Hotelzimmer.
Sie haben klangvolle Namen: MS Amadeus Princess, MS Antonio Bellucci oder MS Maxima:
Normalerweise schippern sie als Flusskreuzfahrtschiffe den Rhein entlang. Zu den Zeiten
der großen Messen in Köln und Düsseldorf machen sie jedoch am Rheinufer fest und
werden für kurze Zeit zur schwimmenden Unterkunft für die Messegäste.
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Wenn eine Messe läuft, ist das Rheinufer voll mit Hotelschiffen. Der Lounge-Bereich lädt zum Enstpannen nach
einem langen Messetag ein.
W
enn sich zur Medica, der größten Medizinmesse der Welt, jedes Jahr im
Herbst rund 130 000 Besucher aus der
Gesundheitswirtschaft in Düsseldorf zusammenfinden, werden Hotelbetten der Landeshauptstadt
knapp und teuer. Laut einer aktuellen Erhebung,
die das Hotelportal HRS in Auftrag gegeben hat,
verdoppeln sich die Zimmerpreise und liegen im
Schnitt in Düsseldorf bei etwa 200 Euro pro Nacht.
Die große Nachfrage nach Zimmern während
größerer Messen brachte schon in den 1970erJahren einen Briten in Frankfurt auf die Idee, Engpässen mit Messeschiffen zu begegnen. Mit Erfolg:
Allein für die Regis Hotelschiff GmbH, eigenen Angaben zufolge Marktführer in Europa für schwimmende Messe-Hotels, liegen während der Medica
um die 15 Schiffe am Rheinufer zwischen Neuss
und Golzheim.
„Im kommenden Jahr haben wir eine besonders
große Messe in Köln, die Internationale Dental
Schau; in dieser Zeit rechnen wir mit rund 20 Hotelschiffen“, sagt Ulrich Wünsche, der in der Hafenverwaltung von RheinCargo Köln für die Vergabe
vieler Liegeplätze von Hotel- und Flusskreuzfahrtschiffen zuständig ist. Gemeinsam mit dem Hafenbetreiber koordiniert er den Belegungsplan und
verteilt die Schiffe dann den Größen entsprechend
an die passenden Landebrücken. Auch die Abwasser- und Abfallentsorgung der Schiffe koordiniert
RheinCargo.
Eigentlich handelt es sich bei den Messeschiffen
um Flusskreuzfahrtschiffe, die außerhalb der Saison, zwischen Oktober und März, entweder in den
Werften liegen, um überholt zu werden, oder eben
während einer Messe eine schwimmende Unterkunft mit viel Komfort zu bieten: „Die Schiffe werden in der Regel von Messebetreibern und Ausstellern, aber nicht von einzelnen Besuchern, gebucht“,
so Ulrich Wünsche weiter. Die Gäste kommen aus
unter anderem Afrika, Australien, Nordamerika
und Skandinavien und wollen nah am Messegelände wohnen.
Oft buchen Unternehmen gleich ein ganzes
Schiff; schließlich kann so eine ganz besondere
Unterkunft angeboten werden, die neben rund
90 bis 200 Betten auch nach dem anstrengenden
Messebesuch ausreichend Möglichkeiten zum Entspannen bietet: Verschiedene Restaurants, Bars und
Lounges befinden sich auf den meisten Schiffen.
Manche verfügen sogar über einen Wellness- und
Spa-Bereich. Und die Nachtruhe wird von sanftem
Schaukeln und dem Gluckern des Rheins begleitet.
„Das Unternehmen ist sozusagen Hausherr auf
dem Messeschiff. Das Schiff wird zur vorüberge-
henden Heimat“, sagt Klaus Klobes von Regis Hotelschiff. Sein Unternehmen kümmert sich um die
Vermarktung solcher Schiffe, chartet sie und stellt
sie dann in den gebuchten Städten bereit. „Die
Schiffe bieten viel Komfort und einen exzellenten
Service. Sie liegen so zentral zur Messe, dass Aussteller zu Fuß zur Messe gehen können – für entfernt
liegende Schiffe bieten wir auch einen Busshuttleservice an.“
Karin Golembusch von Crossgates, dem englischen Tochterunternehmen von Regis Hotelschiff in
London, lobt besonders das Ambiente der schwimmenden Unterkünfte: „Allein durch die Tatsache,
dass man in der Bar den Blick über Fluss und Stadt
genießen kann. Die Crew geht abends nicht nach
Hause, sondern das Schiff ist ihr Zuhause für die
Saison – dadurch entsteht eine persönliche Atmosphäre. Da die Reedereien zum großen Teil Sitze in
den Niederlanden oder der Schweiz haben, spiegelt
sich die Esskultur jener Länder auch wider.“
Genauso organisiert fairtours Business Express
aus Köln die Messeschiffe: „Wir stellen Schiffe
unterschiedlichster Kategorie zur Verfügung und
haben damit ein Angebot vor allem für Aussteller
und Unternehmen, die eine messenahe Unterkunft
ohne lange Anfahrtswege suchen“, sagt Mitarbeiterin Gisela Plescher. „Die besondere Atmosphäre auf
einem Schiff ist für Veranstaltungen und Meetings
sehr attraktiv.“
Außerhalb der Messezeit werden die Schiffe für
Flusskreuzfahrten genutzt. Regis Hotelschiff schippert auch auf Wunsch Unternehmen mit bis zu
135 Meter langen schwimmenden Hotels über die
Flüsse und bietet 80 bis 100 Kabinen mit Doppelbetten, auf manchen Schiffen sind auch Suiten vorhanden. Rund 25 bis 40 Mitarbeiter sind auf einem
Schiff tätig. Die schwimmenden Herbergen sind
in ganz unterschiedlichen Stilen eingerichtet und
ausgestattet und entsprechen dabei meist einer Hotelkategorie von drei, vier oder fünf Sternen. Viele
Flusskreuzfahrtschiffe fahren gemächlich an interessanten Städten entlang des Rheins in Richtung
Holland, Belgien, nach Basel, Richtung Donau
und können so nach Tagestouren immer wieder das
nächste Ziel ansteuern. „Es gibt auch Flusskreuzfahrten, die in Amsterdam starten und das Schwarze Meer als Ziel haben“, sagt Klaus Klobes. „Die
Reiseleitung ist vor Ort, das Hotelzimmer und alle
Annehmlichkeiten des Schiffes sind vorhanden. Es
gibt teilweise Wellnessangebote, Fitnessräume, Bars,
eine Bibliothek.“
Die meisten Kreuzfahrten auf dem Fluss dauern
eine Woche. Angeboten werden aber auch Kurzreisen – wie Silvesterfahrten, Besuche der verschiedenen Adventsmärkte entlang des Rheins. Und die
Idee der Flusskreuzfahrt boomt: „Es werden viele
neue Schiffe gebaut – für noch mehr Gäste“, weiß
Ulrich Wünsche.
Eva Rüther
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