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Basler7.eitungl Mittwoch,
<<558. Millionen Franken
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Dura-Experte und Milizoffizier Mathias Gräzer kritisiert den M_iltärtransporter-Deal scharf
Basler7,eitung 1
Mittwoch, 2. März 2016
1
Von Christian Keller
BaZ: Sie haben als Motorfahrer und
Kompaniekommandant jahrelang eine
Bataillonswerkstatt geführt und kennen
die Vor- und Nachteile des Duros. Bis
zum Wechsel ins Finanzdepartement
hat
sich
Verteidigungsminister
Ueli
Maurer stets hinter die Weiterführung
der 18-jährigen Fahrzeugflotte gestellt
Engagierte Personen
brau cht das Land
Brisante Vorwürfe �um Duro­
Geschäft; BaZ 1. 3. 16
Ich beglückwünsche Christian Keller,
den Bundeshauskorrespondenten, be­
ziehungsweise die Redaktion der Basler
Zeitung zu ihrer journalistischen Coura­
ge, auch Themen zur Diskussion z�
bringen, die eine breite und einflussrei­
che Gegnerschaft (in diesem Fall VBS,
Armasuisse, Mowag) auf den Plan rufen
können. Dem Artikel betreffend dem
fragwürdigen Duro-Geschäft brauche
ich inhaltlich nichts hinzuzufügen: Mei­
ne Meinung deckt sich mit der der Initi­
anten des Bürgerforums «duromillio­
nen.ch». Wichtig ist mir aber, über den
sachlichen Aspekt des Duro-Deals hin­
aus, meine Freude und Genugtuung
darüber auszudrücken; dass sich auch in
unserer eher interessenorientierten Zeit
Bürgerinnen und Bürger ohne jegliche
materielle oder politische Absichten
und «Hintergedanken» für die Armee
und das Gemeinwohl von uns allen ein­
setzen. Und das mit Mut, Hartnäckigkeit
und ohne Rücksicht auf eigene «Verlus­
te». Engagierte Personen, die von poli­
tisch Verantwortlichen und den Verwal­
tungen, welcher Stufe auch immer,
bedingungslose Offenheit, Transparenz
und den gradlinigen Weg zum Nutzen
von uns allen einfordern, verdienen
unseren Respekt und auch unsere
Unterstützung. Bravo!
Hans-Ulrich Fischer, Luzern
und gebeten, seinen Experten zu ver­
trauen. Warum tun Sie es nicht?
Mathias
Gräzer:
Zunächst
möchte
ich betonen, dass
ich mich in diesem
Interview als Bür­
ger und nicht als
Angehöriger
der
äussere.
Armee
Mein
Misstrauen
begründet sich darin, dass ich die bei­
den Verwendungszwecke des Duros
kenne: Einerseits wird er für Mann­
schafts-, andererseits für Material­
transporte eingesetzt. Dafür benötigt
die Schweiz nicht mehr einen Lastwa­
gen, der auf die Bedürfnisse der
Armee 61 zugeschnitten ist. Heute
reicht ein Serienfahrzeug ab Stange,
das man grün anmalt, bei Weitem aus.
tivmodell infrage komme. Ein Argument
Sie behaupten, Sie könnten bei einem
lautet, dass der Zugang zu abgelegenen
privaten Anbieter
Schiessplätzen
3000
Transporter für
Mehr Transparenz.
im
Beim Duro-Geschäft müssten die Fakten auf den Tisch kommen, fordert Mathias Gräzer.
Gebirge
nur
mit
die Hälfte der 558 Millionen Franken
einem geländegängigen Vehikel sicher­
beschaffen,
gestellt sei.
die
in
die
alten
Duros
gesteckt werden sollen. Eine solche
Aussage tönt gut und sagt sich leicht.
Aber: Auf welche konkreten Angaben
stützen Sie sich ab?
Man braucht gar nicht grosse Recher­
chen zu betreiben. Ein Blick in die Lis­
tenpreise eines VW Crafter, eines
Iveco Daily oder eines Mercedes
Sprinter genügt vollauf. Diese Infor­
mationen inklusive Konfigurations­
möglichkeiten sind im Internet leicht
zugänglich. Man muss sich bewusst
sein, dass die Anforderungen seitens
der Armee nicht komplex sind. Die
Fahrzeuge benötigen weder einen
Funkaufbau noch sonst spezielles
Equipment.
Das klingt fast so, als seien die Ent­
scheidungsträger
beim
Rüstungsamt
Armasuisse und beim Verteidigungs­
departement (VBS) nicht in der Lage,
einfachste Abklärungen vorzunehmen.
Ich kenne die Überlegungen der ver­
antwortlichen Stellen nicht. Es ist aber
in der Tat äusseist unverständlich,
weshalb unbedingt am Duro festgehal­
ten wird. Mir fehlt in diesem Geschäft
ganz einfach die Transparenz.
Armasuisse hat sich doch aber bereits
mehrfach zu Wort gemeldet und begrün­
det, weshalb für den Duro kein Alterna-
·
Fakt ist, dass die Zeiten, in denen auf
jeder Alp im Land Kühe weideten und
gleichzeitig scharf geschossen wurde,
längst der Vergangenheit angehören.
Aber lassen wir diesen Aspekt einmal
beiseite, In aller Regel werden auf
Schiessplätzen
in
den
Bergen
Gefechtsschiessen durchgeführt. Das
Reglement schreibt zwingend vor,
dass die übenden Einheiten über ein
Sanitätsfahrzeug verfügen müssen.
Und dieses Sanitätsfahrzeug ist auf
einem Mercedes Sprinter aufgebaut.
Das bedeutet also: Auf einem militäri­
schen Ausbildungsgelände, das ein
Sprinter nicht mehr zu erreichen ver­
mag, dürften eigentlich gar keine
Übungen tnehr stattfinden. Das ist
doch absurd. Übrigens muss ich
schmunzeln, wenn ich daran denke,
wie der Fourier jeweils zur Mittags­
zeit mit dem Fiat Scudo an allen
Standorten das Essen ausliefert.
Trotzdem: Die Politik scheint gegenüber
dem Duro-Rüstungsgeschäft keine Vor­
halte zu haben. Die Sicherheitspoliti­
sche Kommission des Ständerats hat
grünes Licht gegeben. Wie nehmen Sie
diesen Umstand wahr?
Ganz ehrlich: Ich kann es mir nicht
' erklären. Eine Zeitlang habe ich mich.
selbst hinterfragt: Wo mache ich
einen Denkfehler? Am Schluss bin
ich jedoch zur Erkenntnis gelangt,
dass nur mit mehr Transparenz Klar­
heit geschaffen werden kann. Der
Rüstungschef sollte die Offerte der
Firma Mowag, welche die Wartungs­
arbeiten ausführen soll, öffentlich
machen.
«Es ist äusserst
unverständlich, weshalb
unbedingt am Duro
festgehalten wird.»
FotoA. campiche
Franken, wäre das Parlament in die Irre
geführt worden.
In diesem Fall hätten wir einen ähnli­
chen Skandal wie 1961 bei der
Mirage-Affäre. Das müsste dann Kon­
sequenzen haben. Ich kann es nicht
genug wiederholen: Der Ball liegt bei
der Armasuisse. Sie muss jetzt Trans­
parenz herstellen.
Die Mowag hat im Auftrag der Arma­
suisse bekanntlich auch die Machbar­
keitsstudie
erstellt,
in der überprüft
wurde, ob sich die millionenschwere
Investition in die Duros überhaupt lohnt.
Eine höchst fragwürdige Doppelrolle.
Hegen Sie Filzverdacht?
Millionen Franken würde für die
Das ist ein harter Vorwurf. Anderer­
seits geht es einfach nicht an, dass der
Profiteur eines Auftrags gleich selber
für die Machbarkeitsstudie verant­
wortlich zeichnet. Warum wurde
nicht ein anderes Institut mit der Prü­
fung beauftragt? Das verstehe ich
nicht.
heimliche Finanzierung anderer Rüs­
Sie sind derzeit Anwärter für den Gene­
tungsgeschäfte verwendet. Stehen Sie
ralstab. Setzen Sie mit Ihrer öffentlichen
In der gestrigen BaZ hat das Bürger­
forum «Duro Millionen», dessen Mitglied
Sie sind, einen brisanten Vorwurf erho­
ben: Die Mowag würde für den Duro­
Auftrag viel weniger Geld erhalten, als
offiziell angegeben. Die Differenz von
220
zu dieser Aussage?
Wenn es nicht stimmt, warum folgt
dann kein Dementi? Und nochmals:
Weshalb schafft Armasuisse nicht
Tatsachen und legt die Mowag­
Offerte auf den Tisch? Irgendetwas ist
in dieser Sache einfach faul.
Sollte es tatsächlich zutreffen, dass die
Kosten der Duro-Vorlage viel tiefer lie­
gen als die geforderten 558 Millionen
Kritik
nicht
Ihre
Militärkarriere
aufs
Spiel?
Eine gute Frage. Ich lebe nach Werten
und Überzeugungen und habe mir
geschworen, mich an diese zu halten.
Sollte mein Engagement als Bürger
meine Aspiration gefährden, eben
weil ich mich kritisch einbringe, dann
bin ich sowieso die falsche Person für
den Generalstab.
2. März 2016
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