6. Gottesdienst: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das

Jesus ist… Projekt 2016, Gottesdienst-Serie „Ich bin Worte Jesu“
6. Gottesdienst: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben
(einführende Gedanken zur Serie siehe Datei 00-Konzept, Jesus-ist, GdSerie.pdf)
Theologische Hinweise
Die Bibel enthält viele Abschiedsreden. Mose verabschiedet sich eindrücklich und lange – etwa
in 33 Kapiteln in 5. Mose. Paulus macht das kürzer in Apg 20,13-35. Für uns von grösster Tragweite sind die Abschiedsworte, die Jesus in den fünf Kapiteln (Joh 13-17) hält. Sie sind eine unerschöpfliche Quelle für den christlichen Glauben. Was das wichtigste darin ist, müsste Jesus
selbst beantworten. Wir können beobachten und sehen, dass er 53x von seinem Vater spricht:
«Vater, ich habe deinen Namen den Menschen offenbart» (17,6). Jesus bringt uns die Offenbarung seines Vaters. Im AT wird Gott nur selten als Vater bezeichnet (u.a. 2Mo 4,22; 5Mo 32,6;
Jes 63,16; 64,8).
Allerdings treffen wir in Johannes 14 zunächst auf eine grosse Bestürzung: Jesus wird seine
Freunde verlassen. Es hilft auch nicht, dass Jesus sagt, dass er sie später zu sich holen wird.
Verstehen tun sie das in dieser Situation nicht. Deshalb fragt Thomas auch: Wir kennen den
Weg nicht! Wir wissen nicht, wohin du gehst. Darauf antwortet Jesus mit V6. Doch auch das
genügt nicht. Philippus sagt, was sich alle schon längst wünschen: «Zeig uns den Vater, das genügt uns!» Aber die Antwort von Jesus ist wieder nicht einfach: «Wer mich sieht, sieht den Vater!»
Es ist kaum ein Unterschied. Di Jünger haben sich damals genauso schwergetan, im sichtbaren
Jesus, Gott den Vater zu sehen wie wir heute ähnliche Zweifel haben nachzuvollziehen, dass Jesus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Der Schlüssel war damals wie heute: Glauben
kann nur aus der vertrauten Beziehung mit Jesus entstehen und ist nie abstrakt nachvollziehbar! Spurgeon hat einmal gesagt: «Ein kleiner Glaube wird deine Seele in den Himmel bringen.
Ein grosser Glaube wird den Himmel in deine Seele bringen!»
Bibelstellen (Elberfelderübersetzung)
Joh 14,6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand
kommt zum Vater als nur durch mich.
Ps 119,30 Den Weg der Treue habe ich erwählt, ich habe vor mich gestellt deine Bestimmungen.
Spr 14,12 Da ist ein Weg, der einem Menschen gerade erscheint, aber zuletzt sind es Wege des
Todes.
Joh 16,13 Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze
Wahrheit leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, wird er
reden, und das Kommende wird er euch verkündigen.
Joh 6,63 Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu
euch geredet habe, sind Geist und sind Leben;
Apg 4,12 Und es ist in keinem anderen das Heil; denn auch kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, in dem wir errettet werden müssen.
1Tim 2,5-6 Denn einer ist Gott, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch
Christus Jesus, 6 der sich selbst als Lösegeld für alle gab, als das Zeugnis zur rechten Zeit.
5.Mo 30,19 Ich rufe heute den Himmel und die Erde als Zeugen gegen euch auf: das Leben und
den Tod habe ich euch vorgelegt, den Segen und den Fluch! So wähle das Leben, damit du
lebst, du und deine Nachkommen,
Gedanken zu den Texten
— Jesus zeigt, dass es verschiedene Wege gibt. In Mt 7,37 identifiziert er sich mit der schmalen Pforte und dem schmalen Weg. Es ist jedem freigestellt, einen andern – einen breiten
Weg zu wählen. Uwe Appold deutet das in seinem Bild an (PowerPoint-Folie).
— In diesem Ich-bin-Wort zeichnet Jesus die Reise des Lebens. Der Weg lädt ein zur Bewegung, zu einem Gehen. Die Jünger möchten in Joh 14 ja wissen, wohin es geht. Sie sagen,
dass er «Worte des ewigen Lebens hat» (6,68) und wissen doch bleiben Teile des Weges
manchmal unbekannt.
— Die erste Gemeinschaft der Jesus-Nachfolger bezeichnete die Wahrheit über ein Leben mit
Jesus oftmals als «den Weg». Als Folge wurde die Gemeinschaft von Aussenstehenden oft
als «der Weg» bezeichnet (Apg 16,17; 18,25-26; 19,9.23; 24,14.22; 2Pe 2,21). Der Begriff
«Christen» entsteht erst in Antiochien (11,26).
— Christsein ist nicht einfach ein Glaubensbekenntnis oder ein Dazugehören zu einer Organisation. Es ist Gottes Leben in uns menschlichen Wesen. Johannes schreibt: «Das ist das Zeugnis: Dass Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn. Wer
den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht.» (1Joh
5,11-12). Der Schlüssel ist die Inkarnation  Christus lebt in mir (Gal 2,20). Dieses Leben
(er)leben wir, in dem wir Jesus auf seinem Weg folgen, Jesus der Wahrheit glauben und
uns Jesus, dem Leben hingeben.
— Warren Wiersbe macht eine Gegenüberstellung von Ps 1,1-3 mit Joh 14,6:
o Jesus ist der Weg
Glücklich sind die, die nicht dem Rat der Gottlosen folgen, den Weg der Sünder nicht
betreten und nicht im Kreis der Spötter sitzen
o Jesus ist die Wahrheit
sondern ihre Lust am Gesetz des Herrn haben und über sein Gesetz Tag und Nacht
nachdenken
o Jesus ist das Leben
Sie sind wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht zu seiner Zeit
bringt, und dessen Laub nicht verwelkt. Alles, was sie tun, gelingt ihnen.
— In einem Gespräch mit einem Rabbi in Zürich bemerkte er: Jüdisches Denken bedeutet:
Wahrheit ist nicht ein Punkt, sondern eine Richtung, ein Weg. Das widerspricht unserem
statischen Empfinden von Wahrheit. Wahrheit muss entdeckt werden und ist nicht einfach.
Anregungen (Inspiriert von Henri Nouwen)
Ich bin der Weg
Wenn du auf Jesus, dem Weg gehst, dann betrittst du neues Land. Du hast vielleicht Vorstellungen, wie dieses neue Land aussehen soll. Oft ist es auch so, dass wir eher im alten Land zu
Hause sind. Du hast dort lange Zeit gelebt und bist noch ganz mit ihm verbunden.
Leider weiss ich nicht mehr, wie der Film heisst, der auf einer wahren Geschichte beruht. Ein
lebenslänglich Verurteilter wird nach über 30 Jahren Knast in die Freiheit entlassen. Die Bilder
sind mir unter die Haut gegangen, wie er vor dem Gefängnis steht und nicht weiss, was er jetzt
mit der Freiheit tun soll. Was für ein Mensch bin ich, wenn ich kein Gefangener mehr bin? –
Während Monaten versuchte er – mit viel Unterstützung – in ein Leben in Freiheit zurückzufinden. Doch er schafft es nicht und beschliesst, einen bewaffneten Raubüberfall mit einer Spielzeugpistole zu machen – nur damit er wieder zurück ins Gefängnis kann.
Jetzt heisst es einzusehen, dass du das alte Land verlassen und das neue Land betreten musst.
Der Weg in dieses Land ist Jesus selbst. Du weisst, dass dir das, was dir im alten Land geholfen
hat, nichts mehr nützt. Du bist aufgerufen, darauf zu vertrauen, dass du auf dem Jesus-Weg
das finden wirst, was du im neuen Land brauchst. Es verlangt das Sterben all dessen, was dir
wichtig geworden ist: Einfluss, Ansehen, Erfolg – ja dein Hunger nach Zuneigung und Lob. Und
so wird dieser Jesus-Weg manchmal steil und steinig und kostet dich viel mehr, als der breite
Weg (Mt 7,37). Und manchmal sehnst du dich nach einem Abstecher in das alte Land. Aber
wenn du dann dort verloren herumstehst, dann spürst du, dass das alte Land seinen Reiz verloren hat. Du bist dort nicht mehr Zuhause, weil in deinem Herzen die Liebe Gottes ihre Wurzeln
geschlagen hat und wächst. Wieder zurück auf dem steilen und steinigen Jesus-Weg freust du
dich über die nächsten Anstiege und Wachstumsherausforderungen.
Sei dir bewusst, dass dieser Jesus-Weg im neuen Land ein Weg deiner Heilung ist. Jesus ist
deine Heilung. Und weil das so ist, verläuft dieser Weg nicht schnurgerade. Du musst auf tote
Punkte und Rückschläge gefasst sein. Sag nie: «Alles ist vergebens! Ich muss von vorne anfangen!», weil das nicht stimmt. Was du erreicht hast, hast du erreicht – ja hat Jesus mit dir erreicht. Weil Jesus der Weg ist, ist er dein Weggefährte. Du kannst gar nicht anders, als mit ihm
unterwegs zu sein.
Deshalb: Lass Jesus dich verändern! Verlier nicht den Mut und überlege nicht krampfhaft, wie
du dich verändern kannst. Geh einfach Schritt für Schritt auf dem Jesus-Weg! Du bleibst in seiner Gegenwart. Bitte ihn um ein furchtloses Herz. Du kannst dich selbst nicht verändern. Jesus
ist gekommen, um dir ein neues Herz, einen neuen Geist, einen neuen Sinn und letztlich dann
auch einen neuen Körper zu geben! Das erwartet dich auf dem Jesus-Weg. Lass dich durch
seine Liebe verändern und damit fähig machen, seine Zuneigung in deinem ganzen Sein zu
empfangen!
Ich bin die Wahrheit
Welches ist deine wahre Identität? Oft fragen wir wie Pilatus: Was ist Wahrheit? Doch eigentlich
würde die Frage heissen: Wer ist Wahrheit? – weil Jesus selbst die Wahrheit ist! Deshalb heisst
die eigentliche Frage auch: Wer ist meine wahre Identität? Wenn ich ein Kind Gottes, von Gott
adoptiert bin (Joh 1,12 – «Vollmacht, Kind Gottes zu sein!»), dann bin ich nicht mehr von Lob
und Anerkennung vieler abhängig. Dann bin als freies Kind Gottes in die Welt gesandt. Natürlich
bin ich dauernd in Versuchung, mich aus diesem Zuhause bei Gott herauszulösen und mich wieder vom Lob und Tadel dieser Welt betäuben zu lassen. Doch wenn Christus meine Wahrheit
ist, dann wächst meine wahre Identität. Jesus wird mir in diesem tiefsten Zuhause ein Gefühl
der Sicherheit geben, dass ich aufhören kann, das an andern Orten zu suchen. Jesus wird zu
dem Ort! Dahin kann ich auch mitten in äusserer Unruhe, Infragestellung, Zweifel zurückkehren
und wieder ruhig werden. Diese Gelassenheit gibt eine gesunde Souveränität und Sicherheit,
die mein Umfeld spüren wird. Ich glaube nicht mehr jeder Lüge, vergleiche mich nicht dauernd
mit andern und werte mich ab – in mir ist Christus, der meine Wahrheit und mein Zuhause ist –
da ist es gut, Kind zu sein! Kind Gottes!
Ich bin das Leben
Eine unserer grössten Ängste ist, nicht willkommen zu sein. Viele erleben sie tagtäglich. Darüber hinaus steckt aber in vielen Christen die Angst, im Leben nach dem Sterben nicht willkommen zu sein. Es ist die tiefsitzende Angst, dass wir das ewige Leben nicht verdient haben – ja
hier nicht gut genug gelebt haben. Wenn uns solche Gedanken befallen und wir ihnen Raum
geben, dann begeben wir uns auf den Weg der Selbstzerstörung. Satan möchte uns glauben
machen, dass unser Leben ein Irrtum ist und es für uns kein Zuhause gibt – weder hier noch
jenseits des Sterbens.
Wenn Jesus sagt «ich bin das Leben» und «ich bekommen, dass sie das Leben in Fülle haben»,
dann bietet Jesus uns sein eigenes Leben mit dem Vater an. Er will, dass wir alles wissen, was
er weiss. Er will, dass wir im gleichen Eins-sein mit ihm leben, wie er mit dem Vater lebt. Einssein bedeutet nicht zwei-sein. Wir sind also untrennbar mit Jesus verbunden. Er will, dass sein
Haus, unser Haus wird. Er will, dass wir dort sind, wo er ist (Joh 17).
Deine wichtigste Frage sollte immer sein, ob du etwas mit oder ohne Gott lebst. Immer wenn
du etwas tust, was deinem Bedürfnis nach Angenommen sein, Bestätigung oder Zuneigung entspringt, weisst du, dass du nicht bei Gott zu Hause bist. Wenn du etwas aus der tiefen Geborgenheit, dem Zuhause in Gott tust, dann wirst du dich selbst loslassen können – in die Hände
von Jesus. Dann geht es nicht mehr um dich, weil du von ihm umsorgt bist und in seinem Leben lebst. Deshalb: Lebe immer dort, wo Gott ist. Je tiefer und bewusster du dein geistliches
Leben gestaltest, umso leichter wirst du zwischen einem Leben mit und ohne Gott unterscheiden können und du wirst die Orte verlassen, wo Gott nicht mehr mit dir sein kann.
Tiefgang
«Wer sind wir? Wo kommen wir her?
die einzigen wirklichen Wegweiser,
Wohin gehen wir? Was erwarten wir?
die übriggeblieben sind, die
Was erwartet uns? Viele fühlen sich
einzigen klar sichtbaren Leuchttürme,
nur als verwirrt. Der Boden wankt,
die einzige Quelle der Erneuerung der
sie wissen nicht warum und von was.
Vitalität der menschlichen Weltkulturen.
Dieser ihr Zustand ist Angst, wird er
Wo Wirtschaftsfachleute hadern,
bestimmter, so ist er Furcht.
können wir heiter sein. Wo Politiker
Einmal zog einer weit hinaus,
ihre diplomatischen Spiele treiben,
das Fürchten zu lernen.
können wir Herz und Hirn bewegen.
Das gelang in der eben vergangenen
Wo die Habgierigen raffen, können
Zeit leichter und näher, diese
wir schenken, unsere Federn, unsere
Kunst ward entsetzlich beherrscht.
Stimmen, unsere Pinsel, unsere ‘Pas de
Doch nun wird, die Urheber der Furcht
Deux’, unsere Worte, unsere Cis und Bs
abgerechnet, ein uns gemässeres
steigen viel höher als die höchste Öl-Fontäne.
Gefühl fällig. Es kommt darauf an, das
Hoffen zu lernen. Seine Arbeit entsagt
nicht, sie ist ins Gelingen verliebt statt
ins Scheitern.»
Ernst Bloch
«Unsere Wahrheit, wenn sie von
Herzen kommt, und die Schönheit, die
wir aus ihr hervorbringen, sind vielleicht
Sie können Eigennutz in die
Knie zwingen. Sie können uns vor dem
moralischen Niedergang bewahren.
Vielleicht sind es überhaupt nur die
Künstler, die das mystische mit dem
Rationalen versöhnen und dann fortfahren
können, die Gegenwart Gottes
der Menschheit vor Augen zu führen.»
Leonard Bernstein
Anstösse für die Kleingruppe
Lest die Fragen durch und Tauscht euch darüber in der Kleingruppe aus.
— Welche der drei Selbstaussagen von Jesu „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ ist dir persönlich am Wichtigsten?
— „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Was würdest du aus deiner Lebenserfahrung an Beispielen dafür anführen, warum du diesen Anspruch Jesu anerkennst?
— Was würdest du jemandem antworten, der sagt: „Es gibt viele Wege zu Gott“?
— Was bedeutet die Aussage Jesu über das Gebet für dein Leben? Was für Erfahrungen
hast du damit gemacht?
März 2016, Beat Ungricht, Freie Evangelische Gemeinde Winterthur, [email protected]