awit online News – August 2015 Ist die Bruttorendite als Kennzahl beim Immobilienkaufentscheid ausreichend? Stellt man einem Kaufinteressenten für eine Renditeliegenschaft die Frage, anhand welcher Kerngrössen er die verschiedenen Angebote vergleicht, wird oftmals die Antwort „Bruttorendite“ genannt. Die Verwendung der Bruttorendite als entscheidende Grösse beim Kaufentscheid von Renditeliegenschaften wird ebenfalls in Immobilieninseraten und -dokumenten ersichtlich, welche oftmals ausschliesslich diese Kennziffer – teilweise dafür bereits im Inseratetitel – ausweisen. Die Bruttorendite ist eine Kennzahl um den Cash Flow (Geldfluss) einer Immobilie zu messen und bildet das Verhältnis zwischen den Anlagekosten (Gesamtheit der Investitionen) und den Mieterträgen (ohne Nebenkosten) in Prozenten ab. Bruttomietertrag x 100% = Bruttorendite Anlagekosten Der Beizug der Bruttorendite beim Immobilienkaufentscheid ist daher sicherlich sinnvoll, es stellt sich jedoch die Frage, ob sie als alleinige Grösse zur Findung der renditeoptimalsten Investition genügend aussagekräftig ist. Das Problem bei einer isolierten Verwendung der Bruttorendite als Kriterium des Investitionsentscheides liegt darin begründet, dass Liegenschaften nicht nur Mieterträge sondern auch Kosten verursachen, welche in oben gezeigter Berechnungsformel nicht abgebildet werden. Die daher rührende unzureichende Eignung der Eingabegrösse „Mietertrag“ soll anhand eines einfachen Rechenbeispiels veranschaulicht werden: Liegenschaft A Anlagekosten 2‘000‘000 2‘000‘000 100‘000 100‘000 Mieterträge Bruttorendite 5.00% B 5.00% Verwaltungskosten 5‘000 5‘000 Betriebskosten 4‘000 5‘500 Mietzinsrisiko 1‘500 2‘500 10‘000 12‘000 8‘500 11‘000 71‘000 64‘000 Unterhaltskosten Rückstellungen Nettoertrag Nettorendite *Alle Beträge in CHF 3.55% 3.20% awit online News – August 2015 Das Beispiel zeigt deutlich auf, dass die beiden Liegenschaften A und B dieselbe Bruttorendite (5%) aufweisen. Zieht man die Kosten für die Berechnungen hinzu, wird deutlich, dass sich bei Liegenschaft A trotz gleicher Bruttorendite im Vergleich zu Liegenschaft B eine um 0.35% höhere Nettorendite (Nettoertrag in % der Anlagekosten) erzielen lässt. Die Nettorendite von Liegenschaft A ist also rund 10% höher als diejenige von Liegenschaft B. Die Differenz der Nettorendite lässt sich durch die unterschiedlich hohen Liegenschaftskosten und Rückstellungen (siehe Berechnungsbeispiel) erklären. Solche Kostenunterschiede können entstehen, wenn ein Objekt über eine bessere Bauqualität verfügt und / oder die Unterhaltsarbeiten laufend und ordnungsgemäss erfolgt sind. Aus der Liegenschaftsabrechnung resp. Liegenschaftsbuchhaltung kann ein grosser Teil dieser effektiven Kosten für die Berechnung der Nettorendite entnommen werden. Für den jährlichen Rückstellungsbedarf, welcher zur Deckung der zyklischen Sanierungen dient, kann pro Jahr 1% des Gebäudeversicherungsneuwertes eingesetzt werden. Obiges Beispiel zeigt anschaulich, dass eine relevante Renditedifferenz erst bei der Ermittlung der Nettorendite festgestellt werden kann. Für eine vollständige und aussagekräftige Entscheidungsgrundlage beim Kauf von Renditeliegenschaften ist darum das Berechnen der Nettorendite zwingen notwendig. Christian G. Brunner Leiter Kompetenzbereich Immobilien MAS real estate management MAS real estate valuation Schätzungsexperte SIV Immobilien I Treuhand I Steuern & Recht I Merger & Acquisition
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