Millenniumsdorf Kongoussi – Burkina Faso

LÄNDERBERICHT
Millenniumsdorf Kongoussi –
Burkina Faso
0
50
100
1155
200
km
Mali
Niger
Kongoussi
Kongoussi
Ouagadougou
Burkina Faso
747
641
Elfenbeinküste
! Millenniumsdorf
Ghana
Benin
Togo
Sources: Esri, USGS, NOAA
H Stadt mit Projektbüro
!
J
"
Hauptstadt
#
Berg
9
Fotos: Welthungerhilfe
MDG 1: Okraschoten liegen zum Trocknen aus
MDG 2: Die nächste Generation drückt die Schulbank
MDG 1: Getreidemühlen vereinfachen das Mahlen der Hirse
Millenniumsdorf Kongoussi – Burkina Faso
Grüne Gärten im Sahel
In Fénéguénè, einem von sechs Orten des Millenniumsdorfes
Kongoussi, warten gut 20 Frauen mit ihren Babys im Gemeinde­
zentrum geduldig darauf, dass sie an der Reihe sind. In der
­Mitte des frisch gestrichenen Raumes hängt eine Waage mit
einem Tragesack von der Decke. Darin zappelt der einjährige
Sohn von Valentine Ouedraogo ungeduldig mit den Füßen. Für
die Babys ist die Prozedur eher unangenehm – für ihre Mütter
hingegen ist das monatliche Wiegen ihrer Säuglinge immens
wichtig, weil sie hier erfahren, ob ihr Kind unterernährt ist oder
nicht. „Zum Glück geht es meinem Sohn gut, er hat w
­ ieder zu­
gelegt“, sagt die vierfache Mutter Valentine Ouedraogo. ­Unterund Mangelernährung sind hier am Rand der Wüste in der
Sahel­zone in Burkina Faso eines der größten Probleme.
Dass ihr Sohn und ihre anderen drei Kinder heute genügend
zu essen bekommen, liegt an vielen Maßnahmen, mit denen
die etwa 5.000 Haushalte des Millenniumsdorfes Kongoussi
ihr Leben neu organisieren. Eine ist das gemeinsame Bouillie-­
Kochen. Dafür reichern die Frauen den einheimischen Hirse­
brei mit nährstoffreichen Nahrungsmitteln an, um ihre Säug­
linge und Kinder gut zu ernähren. Früher mussten sie den
Bouillie-­
Brei im acht Kilometer entfernten Nassaré kaufen.
Heute ­haben sie eine neue Getreidemühle und produzieren den
Brei in Fénéguénè selbst, mit ihren eigenen Zutaten. „Dafür
treffen wir Frauen uns jeden Tag in unserem neuen Gemeinde­
zentrum und bereiten die Bouillie gemeinsam zu. Wir tauschen
uns miteinander aus und haben viel Spaß dabei“, sagt Béatrice
Sawadogo, 29 Jahre und Mutter von drei Kindern. Valentine
ergänzt „Danke der neuen Mühle geht das auch gut von der
Hand. Jetzt können wir die Hirse sehr viel schneller mahlen als
mit unserer traditionellen Getreidemühle.“
Es ist nur eines von vielen Beispielen, wie die Menschen in
­Kongoussi ihren Alltag heute einfacher und effizienter ­gestalten.
Vor allem haben sie neue Brunnen gebaut. Das hilft in erster
Linie den Frauen und Kindern, die traditionell dafür zuständig
sind, frisches Trinkwasser zu holen. Jetzt müssen sie nicht mehr
in den frühen, noch dunklen Morgenstunden zum mehrere Kilo­
meter entfernten Bam-See laufen und dort Wasser ­schlechter
Qualität schöpfen. Wenn sie heute die Metall­schlegel an den
neuen Brunnen im Dorf hinunterdrücken, sprudelt frisches
Trink­wasser aus dem Rohr direkt in die bunten Wasserkanister.
Weil in den Familien oft zehn und mehr Personen leben, holen
die Frauen auch heute noch mehrere Male am Tag Wasser. Aber
nun beträgt die Entfernung nur noch wenige hundert Meter bis
zum nächsten Brunnen, und das Trinkwasser, das sie dort ent­
nehmen, ist keimfrei und Zeit wird auch noch gespart.
Dadurch sparen die Frauen jeden Tag wertvolle Stunden ein,
die sie besser nutzen können: Indem sie Lesen und Schreiben
lernen, Kühe, Ziegen oder Hühner züchten und verkaufen und
40%
Die Zahl der Menschen
mit Zugang zu Krediten
hat sich verdreifacht
10
Die Einschulungsrate ist
vor allem bei M
­ ädchen
stark gestiegen
Die Mehrzahl der
Bevölkerung nutzen
heute ihren eigenen
Gemüsegarten
Frauen haben über
den Gemüseanbau und
der Verwaltung von
Mikrokrediten ganz
neue Möglichkeiten
93% der ­Bevölkerung
nutzt inzwischen
­sauberes Trinkwasser
der Frauen ­beteiligen
sich aktiv bei Dorfversammlungen
Jetzt können wir die Hirse sehr viel
schneller mahlen als mit unserer traditionellen
„
Getreidemühle“, sagt die 32-Jährige Valentine Ouedraogo lächelnd.
Einschätzung der Dorfbevölkerung zur Entwicklung
der Gleichstellung (MDG 3)
Einschätzung der Dorfbevölkerung zur Entwicklung
der Armutsminderung (MDG 1)
exzellent
exzellent
sehr gut
sehr gut
gut
mehr oder
weniger
schlecht
sehr
schlecht
gut
mehr oder
weniger
schlecht
sehr
schlecht
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2013
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2013
Gleichberechtigter Zugang zu Einkommen schaffenden
Tätigkeiten
Gleichberechtigter Zugang zu Informationen, Schulungen
und Ausbildungen
Nutzung ressourcenschonender Anbaumethoden
Zugang zu Mikrokrediten
Zugang zu landwirtschaftlichem Wissen
Quelle: Welthungerhilfe 2015
Quelle: Welthungerhilfe 2015
Hirsebier für den Verkauf produzieren. Sie legen auch ­Gemüseund Obstgärten an, um den täglichen Speiseplan mit wert­vollen
Vitaminen zu ergänzen und die Überschüsse ebenfalls zu ver­
kaufen.
Leben vorbereitet wird als ihre Eltern. In der Nähe der Schulen
sind auch die neuen Brunnen und Gemeindezentren angelegt.
Diese haben die Bewohner gemeinsam mit der burkinischen
Nichtregierungsorganisation Association Zood Nooma pour le
­Développement (Zood Nooma, Verein für Entwicklung) gebaut,
dem lokalen Partner der Welthungerhilfe. Dadurch ist die Be­
deutung von Bildung für alle, eben auch für die ­Erwachsenen,
in den Mittelpunkt des Dorflebens gerückt. Hier lernen die
­Menschen, wie sie ihre landwirtschaftlichen ­Erträge steigern
und die Anbauflächen erweitern können – und die Frauen,
­welche Nahrungsmittel sie brauchen und wie sie sie ver­wenden,
um täglich gesunde Familienmahlzeiten kochen zu können.
Inzwischen gehen nicht mehr nur die Jungen, sondern auch
immer mehr Mädchen wie die zwölfjährige Andrea Ouedraogo
zur Schule. „Ich bin sehr glücklich in der Schule“, sagt sie
strahlend. „Meine Eltern haben mir eine Lampe gekauft, mit
der ich jetzt auch abends lernen kann. Im letzten Jahr war ich
sogar die Viertbeste in meiner Klasse.“
Die Gärten, in denen Mango, Zwiebeln und Tomaten wachsen,
und die Felder, auf denen die kleinbäuerlichen ­Familien Mais,
Hirse, Sorghum und Bohnen anbauen, können sie ebenfalls
regel­
mäßig bewässern. Dafür haben die Familien einen zwei
Kilometer langen Bewässerungskanal zum nahen Bam-See ge­
graben, aus dem sie das Wasser mit Pumpen auf die Felder
bringen. Auch das erleichtert den Alltag und bringt zusätzliche
Erträge, weil die Kleinbauern nicht nur die ­Pflanzen besser mit
Wasser versorgen, sondern auch mehr Fläche bepflanzen können.
Die Zukunft hier am Rande der Wüste ist grün und hoffnungs­
voll. Nicht zuletzt wegen der besser ausgestatteten Schulen,
in denen die nächste Generation viel umfangreicher auf das
Einwohner
Einwohnerdichte
Bruttoinlandsprodukt
pro Person & Jahr
Lebenserwartung Männer
Lebenserwartung Frauen
Geburtenziffer
Kindersterblichkeit
Alphabetisierungsrate
Beschäftigte in der Landwirtschaft
Welthunger-Index
Human Development Index
Weltrisikoindex
Gender Gap Score
Karte: Welthungerhilfe
Burkina Faso
Burkina Faso 2009
Burkina Faso 2015
Deutschland 2015
15,8 Mio.
57 p/km2
402 €
18,4 Mio.
67 p/km2
497 €
80,6 Mio.
231 p/km2
33.606 €
51 Jahre
54,9 Jahre
6,28 je Frau
8,4%
21,8%
90%
20,4 – sehr ernst
0,389 (Rang 177/182)
11,58% (Rang 29/173)
0,6081 (Rang 120/134)
52,8 Jahre
56,9 Jahre
5,93 je Frau
7,7%
28,7%
90,0%
19,9 – ernst
0,388 (Rang 181/195)
9,62% (Rang 41/171)
0,6500 (Rang 110/142)
78,6 Jahre
83,3 Jahre
1,38 je Frau
0,3%
99%
1,6%
0,911 (Rang 6/195)
3,01% (Rang 147/171)
0,7780 (Rang 12/142)
Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum
Dürre
Kongoussi wird zum Millenniumsdorf Dürre
2005
2006
Politische Unruhen und Flüchtlingsströme
aus dem benachbartem Mali
2010
2011
2012
2013
Dürre
Politische Unruhen infolge der Krise
im Nachbarland Elfenbeinküste
2014
Geplante
Wahlen
2015
Sturz des seit 1987 regierenden
Präsidenten Compaoré
Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 11