ABSCHLUSSBERICHTE Drei Kontinente 15 Dörfer – eine Vision Millenniumsdörfer Eine Initiative der Welthungerhilfe 2011–2015 Impressum Herausgeber: Deutsche Welthungerhilfe e. V. Friedrich-Ebert-Straße 1 53173 Bonn Tel. +49 (0)228 2288-0 Fax +49 (0)228 2288-333 [email protected] www.welthungerhilfe.de Verantwortlich: Andrea Düchting, Jeannette Weller Mitwirkende: Mark Ankerstein, Tobias Brehm, Annika Funck, Bärbel Mosebach, Theo Riedke, Rafaël Schneider Journalistische Bearbeitung: Netzhammer & Breiholz, Constanze Bandowski Fotos: Welthungerhilfe Gestaltung: Visuelle Kommunikation – Anja Weingarten Status: Bonn, August 2015 PDF Download: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html Copyright: Die Nutzung und Vervielfältigung des Textes und der Videos ist bei Angabe der Quelle durchaus gewünscht. Das DZI SpendenSiegel bescheinigt der Welthungerhilfe seit 1992 den effizienten und ver antwortungsvollen Umgang mit den ihr anvertrauten Mitteln. 2 Die Welthungerhilfe wurde mehrfach für ihre transparente Berichterstattung und hervorragende Informationsvermittlung ausgezeichnet. Im Test von SPIEGEL ONLINE und der Phineo gAG zur Wirkungstrans parenz der 50 großen deutschen Spendenor ganisationen erzielt die Welthungerhilfe den 1. Platz. Inhalt Vorwort ..........................................................................................................................4 1. Einleitung Initiative Millenniumsdörfer .........................................................................5 2. Die Millenniumsdörfer ...............................................................................................7 Kongoussi – Burkina Faso* .......................................................................................9 Nentaraja – Kenia ...................................................................................................13 Ogur – Uganda .......................................................................................................17 Sarwan, Nimpith, Jhiranya – Indien ..........................................................................23 Kanat Toch – Kambodscha ......................................................................................29 Korak – Nepal .........................................................................................................33 Veshab – Tadschikistan ...........................................................................................37 Mondésir und Poirier – Haiti* ...................................................................................41 Auhya Pihni – Nicaragua** ......................................................................................47 Ayacucho und Riberas del Huallaga – Peru** ............................................................51 3. Wie wir Erfolge messen ...........................................................................................57 4. Nichts überzeugt mehr als ein gutes Beispiel: Süd-Süd-Austausch .................................59 5. Die Initiative Millenniumsdörfer – Fazit und Ausblick ....................................................62 Danksagung ..................................................................................................................65 *Einzelbericht liegt auch in französischer Sprache vor **Einzelbericht liegt auch in spanischer Sprache vor www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 3 Vorwort Selbstbestimmt besser leben – die Initiative Millenniumsdörfer Als 189 Mitglieder der Vereinten Nationen im September 2000 die acht Millenniumsentwicklungsziele beschlossen, gaben sie damit den Startschuss zu einer hoffnungsvollen, globalen Kampagne. Ihr Ziel: Ein menschenwürdiges Leben ohne Hunger und Armut. Um diese Ziele verwirklichen zu können, brauchte es neben den finanziellen Ressourcen auch lokale Konzepte und innovative Ansätze. Die Welthungerhilfe wollte zeigen, dass sich die acht Millenniumsziele in abgelegenen, bedürftigen Regionen mit geringen Mitteln und viel Eigen engagement verwirklichen lassen. Dazu startete sie 2006 ihre Initiative Millenniumsdörfer. Nach rund zehn Jahren ziehen wir ein positives Fazit. Trotz vieler Widrigkeiten haben sich fast alle Dörfer positiv entwickelt. Das gilt auch für das Millenniumsdorf Poirier auf Haiti, das 2010 erst von dem verheerenden Erdbeben, zwei Jahre später von den Hurrikanen Sandy und Isaac heimgesucht wurde. Und dennoch haben die Bewohnerinnen und Bewohner nicht aufgegeben und selbstverwaltete Strukturen geschaffen, Bäume gepflanzt und Felder neu bestellt. Was also ist die Formel hinter diesem Erfolg? Zunächst gibt es kein Patentrezept. In jeder Region sind andere Konzepte und Ansätze notwendig. Zunächst gibt es jedoch Gemeinsamkeiten, die mit den Stichworten Partizipation, Eigenverantwortung, Stärkung von Frauen, gemeinsam lernen und reflektieren oder Neues ausprobieren gut beschrieben sind. Welche Wege die Menschen zusammen mit der Welthungerhilfe und ihren Partnerorganisationen eingeschlagen haben, welche Ansätze funktionierten und welche nicht, darüber will dieser Bericht Auskunft geben. Hierfür haben wir Wirkungen erfasst, geprüft und zusammen mit der Bevölkerung reflektiert. Dank der vielen praktischen Erfahrungen in den Millenniumsdörfern wissen wir heute, dass es für die Weltgemeinschaft möglich ist, Hunger und Armut zu mindern. Frauen sind dabei eine treibende Kraft. Der Schutz der Umwelt stellt ebenso einen Schlüssel für den Erfolg dar. Unsere Methoden wirken, wenn sie gemeinschaftlich mit dem notwendigen Willen verfolgt werden. Das sehen wir als ein ermutigendes Zeichen und eine Aufforderung zugleich, wenn in 2016 die Nachhaltigen Entwicklungsziele die Millenniumsentwicklungsziele ablösen werden. Mathias Mogge Vorstand Programme 4 1 Kapitel Einleitung Initiative Millenniumsdörfer Alle Menschen sollen die gleiche Chancen haben auf ein selbstbestimmtes Leben in Würde und Gerechtigkeit, frei von Hunger und Armut. Diese Vision verfolgt die Welthungerhilfe seit mehr als 50 Jahren in ihren Projekten zur nachhaltigen Ernährungssicherung. Dieser Kerngedanke steckt auch hinter der Initiative Millenniumsdörfer. In ihr ging es darum, diese Vision im Kontext der Millenniumentwicklungsziele (MDGs) zu praktizieren, zu kommunizieren und zu reflektieren. In den ausgewählten Millenniumsdörfern standen die Menschen vor all jenen Herausforderungen, die in den ländlichen Gebieten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas Entwicklung erschweren: Nahrungsunsicherheit, Wassernot, schlechte Infrastruktur, fehlende Energieversorgung, übernutzte Böden und wenig unterstützende und mitunter schwierige politische Strukturen. In den Millenniumsdörfern wollte die Welthungerhilfe die Menschen in die Lage versetzen, Entwicklungschancen zu nutzen und so im Kleinen zeigen, was auch im Großen möglich ist – die Minderung von Hunger und Armut. Das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ stand dabei im Mittelpunkt: Dorfgemeinschaften benannten ihre Probleme, erarbeiteten mit Unterstützung der Welthungerhilfe und ihren Partnerorganisa tionen Lösungsansätze und setzten diese eigenverantwortlich um. Welche der Millenniums entwicklungsziele die Bewohner bis 2015 erreichen wollten, bestimmten sie selbst. Die Dorfbevölkerung passte die ausgewählten Millenniumsziele inhaltlich auf ihre lokale Situation an. Während im Millenniumsdorf Ogur in Uganda Wiederaufforstung eine bedeutende Rolle für das Ziel ökologische Nachhaltigkeit (MDG 7) spielte, waren es in Kanat Toch in Kambodscha Landrechte (MDG 7). Fortschritte durch die Initiative fanden oft nicht nur in den Millenniumsdörfern statt. Ver änderungsprozesse strahlten auch in die Region aus, die zum Beispiel von verbesserten Markstrukturen und Innovationen in der landwirtschaftlichen Produktion profitierten. Peru: Protagonisten der Zukunft in Aktion Jedes Dorf und jede Region leistete einen Beitrag, um extreme Armut und Hunger (MDG 1) lokal zu reduzieren. Wichtig war es, die Ergebnisse der Arbeit zu messen, um so Erfahrungen zu sammeln, zu teilen und zu lernen. Frauen spielten eine Schlüssel rolle. Ihre Gleich stellung (MDG 3) befeuerte p artizipative Prozesse und eine sozio-ökono mische Dynamik, indem Frauen unter anderem Gemüsegärten bewirtschafteten, die Früchte vermarkteten und die Ernährungsvielfalt ihrer Familien verbesserten. Heute sind Frauen aktiver und gleichberechtigter in die Entwicklung ihrer Dörfer eingebunden. Die Beteiligung von Frauen und Männern an der Entwicklung ist nur die eine Seite der Medaille, die andere ist, das Bewusstsein in die eigenen Stärken und Chancen zu fördern. Beide Entwicklungen unterstützten Welthungerhilfe und lokale Partnerorganisationen, denn diese Prozesse stärken das eigene Engagement und damit den Glauben, dass die Ziele auch erreichbar sind. 5 1 Kapitel Haiti: Wichtig – partizipative Workshops Uganda: Gut organisierte Kleinbauerngruppe Langfristiges Ziel – auch über die Zeit der Initiative hinaus – ist eine informierte Zivilgesellschaft, die Entwicklungshemmnisse und -potentiale eigenständig identifiziert, diskutiert und Verantwortung für Entwicklungsprozesse in ihrer Region übernimmt: Methodisch engagierte sich in jedem Millenniumsdorf eine repräsentative Gruppe von Frauen und Männern an p artizipativen Planungs- und Steuerungsprozessen. Die Ergebnisse des Monitorings wurden gemeinsam von Projektmitarbeitenden und Dorfvertretungen diskutiert und umgesetzt. Fortschritte hängen stark von dem lokalen Kontext, aber auch der Entwicklung der zivilgesellschaftlichen Strukturen ab. Bewährte sich eine Methode in einem Dorf, wurden sie auch in anderen angeregt und g etestet. In Ogur, Uganda, beispielsweise bildeten sich eigenständige Netzwerke von Kleinbauerngruppen, die sich untereinander unterstützten und sich für verbesserte Vermarktungsbedingungen ein setzen. Den Süd-Süd-Austausch förderte die Welthungerhilfe aktiv, unter anderem in Form gegen seitiger Dorfbesuche. Denn was ist überzeugender als ein erfolgreiches Beispiel? Sie machen Hoffnung und sie setzten in vielen Millenniumsdörfern Energien frei. Diese Beispiele einerseits zu k ommunizieren, andererseits an die Wirklichkeit der anderen Dörfer anzupassen, ist auch Teil erfolgreicher Partizipation, an deren Ende die Welthungerhilfe die weitere Entwicklung in guten Händen weiß – und die Initiative in den Millenniumsdörfern erfolgreich abschließen kann. Millenniumsdörfer der Welthungerhilfe 2011 bis 2015 Veshab Tadschikistan ! Korak Sarwan Poirier !! Nicaragua Auhya Pihni ! ! Ogur ! Nimpith ! Indien Uganda Ayacucho Jhiranya Kongoussi Burkina Faso Riberas del Huallaga Nepal ! Haiti Mondésir ! ! ! Kambodscha Kanat Toch Kenia ! Nentaraja Peru ! ! Millenniumsentwicklungsziele 1:125.000.000 Länder mit Millenniumsdörfern 6 Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 2 Kapitel Die Millenniumsdörfer Stolz platziert sich Alfred Ocheng zwischen den gut gedeihenden Melonen auf seinem Feld im ugandischen Ogur. Lange glaubten die hier lebenden Kleinbauern, dass Gemüse in der Region nicht gedeihen würde. Nun bauen sie Melonen, Tomaten und Kohl an. Die alte Überzeugung wurde damit widerlegt. Es war für die Menschen im Millenniumsdorf Ogur eine wichtige Erfahrung, die sie durch die Zusammenarbeit mit der Welthungerhilfe gemacht haben. Alleine hätten sie diese nicht initiieren können. „Wo wir gemeinsam lernen, uns als Gruppen Ziele setzen, diese analysieren und das Erreichte auswerten, erzielen wir nachhaltig gute Ergebnisse“, sagt Dennis Ocoka von der W elthungerhilfe in Uganda. Diese Erfahrung haben die Menschen nicht nur in Ogur, sondern auch in den anderen Millenniumsdörfern der Welthungerhilfe gemacht. Wer den Hunger beseitigen will, muss die Menschen von Beginn an in die Entwicklungsprozesse integrieren und sie befähigen, ihre Rechte zu kennen und ihre Chancen wahrzunehmen. Partizipative Workshops sind ein wichtiges Instrument und eine Voraussetzung, um genau das zu erreichen. Dies ist eine der vielen Erkenntnisse der Initiative Millenniumsdörfer. Was aber heißt Teilhabe konkret und wie kann die Welthungerhilfe sie in allen Projekten gewährleisten, wie dieses Ziel umsetzen? Auf diese Fragen gab es noch keine Antworten, als die Welthungerhilfe die Initiative Millenniumsdörfer 2006 in Afrika, Asien und Lateinamerika s tartete und nach einer positiven Zwischenbilanz in die zweite Phase von 2011 bis 2015 überführte. Nach Abschluss der Initiative werden in diesem Bericht Antworten zu den Fragen gegeben. Fünfzehn Dörfer wurden so ausgewählt, dass sie die Herausforderungen für die globalen Millenniumsentwicklungsziele repräsentierten und die erreichten Ergebnisse somit – wenn auch lokal – als exemplarisch gelten konnten. Es handelte sich bei den ausgesuchten Dörfern nicht um Ortschaften im eigentlichen Sinne, sondern um Streusiedlungen mit einer repräsen tativen Anzahl an Familien. Die Welthungerhilfe hat dabei ausnahmslos Dörfer in ländlichen und friedlichen Regionen ausgewählt, um sicherzustellen, dass die Ortschaften jederzeit erreichbar sind und Entwicklungserfolge nicht durch bewaffnete Konflikte beeinträchtigt werden. Neu entflammte politische Unruhen waren der Grund, warum die Maßnahmen im Millenniumsdorf Mabote in Mosambik aus Sicherheitsgründen eingestellt werden mussten. Kambodscha: Die nächsten Schritte werden in der Gruppe besprochen Uganda: Alfred Ocheng, stolz auf seine Melonenernte 7 „Wo wir gemeinsam lernen, uns als Gruppen Ziele setzen, diese analysieren und das Erreichte auswerten, erzielen wir nachhaltig gute Ergebnisse“ , sagt Dennis Ocoka von der Welthungerhilfe in Uganda. Wichtige Gruppenarbeit in einem PIA-Workshop, hier Tadschikistan Singen und Tanzen in Uganda – eine kurze Auszeit ist bei den Workshops wichtig In keinem Millenniumsdorf verlief die Entwicklung ausnahmslos geradlinig. Es gab auch Schwankungen und Rückschritte. Insbesondere externe Ereignisse erschwerten die positiven Entwicklungen. In Kambodscha erschwert der Landraub langfristige Fortschritte, Haiti und Nicaragua wurden von Hurrikanen heimgesucht. Trotzdem haben sich – mit Ausnahme von Mabote – die Lebensbedingungen für die Menschen in allen Millenniumsdörfer positiv entwickelt. Welche Methoden und Ansätze aber waren erfolgreich? Wie genau verbesserten Frauen und Männer ihre Situation? Wie bewältigten Sie Rückschläge? Auf all diese Fragen haben die Menschen auf den drei Kontinenten ganz eigene Antworten gefunden, wie Sie aus den folgenden Länderkapiteln erfahren können. 8 Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html LÄNDERBERICHT Millenniumsdorf Kongoussi – Burkina Faso 0 50 100 1155 200 km Mali Niger Kongoussi Kongoussi Ouagadougou Burkina Faso 747 641 Elfenbeinküste ! Millenniumsdorf Ghana Benin Togo Sources: Esri, USGS, NOAA H Stadt mit Projektbüro ! J " Hauptstadt # Berg 9 MDG 1: Okraschoten liegen zum Trocknen aus MDG 2: Die nächste Generation drückt die Schulbank MDG 1: Getreidemühlen vereinfachen das Mahlen der Hirse Millenniumsdorf Kongoussi – Burkina Faso Grüne Gärten im Sahel In Fénéguénè, einem von sechs Orten des Millenniumsdorfes Kongoussi, warten gut 20 Frauen mit ihren Babys im Gemeinde zentrum geduldig darauf, dass sie an der Reihe sind. In der Mitte des frisch gestrichenen Raumes hängt eine Waage mit einem Tragesack von der Decke. Darin zappelt der einjährige Sohn von Valentine Ouedraogo ungeduldig mit den Füßen. Für die Babys ist die Prozedur eher unangenehm – für ihre Mütter hingegen ist das monatliche Wiegen ihrer Säuglinge immens wichtig, weil sie hier erfahren, ob ihr Kind unterernährt ist oder nicht. „Zum Glück geht es meinem Sohn gut, er hat w ieder zugelegt“, sagt die vierfache Mutter Valentine Ouedraogo. U nterund Mangelernährung sind hier am Rand der Wüste in der Sahelzone in Burkina Faso eines der größten Probleme. Dass ihr Sohn und ihre anderen drei Kinder heute genügend zu essen bekommen, liegt an vielen Maßnahmen, mit denen die etwa 5.000 Haushalte des Millenniumsdorfes Kongoussi ihr Leben neu organisieren. Eine ist das gemeinsame Bouillie- Kochen. Dafür reichern die Frauen den einheimischen Hirsebrei mit nährstoffreichen Nahrungsmitteln an, um ihre Säuglinge und Kinder gut zu ernähren. Früher mussten sie den Bouillie- Brei im acht Kilometer entfernten Nassaré kaufen. Heute haben sie eine neue Getreidemühle und produzieren den Brei in Fénéguénè selbst, mit ihren eigenen Zutaten. „Dafür treffen wir Frauen uns jeden Tag in unserem neuen Gemeinde- zentrum und bereiten die Bouillie gemeinsam zu. Wir tauschen uns miteinander aus und haben viel Spaß dabei“, sagt Béatrice Sawadogo, 29 Jahre und Mutter von drei Kindern. Valentine ergänzt „Danke der neuen Mühle geht das auch gut von der Hand. Jetzt können wir die Hirse sehr viel schneller mahlen als mit unserer traditionellen Getreidemühle.“ Es ist nur eines von vielen Beispielen, wie die Menschen in ongoussi ihren Alltag heute einfacher und effizienter gestalten. K Vor allem haben sie neue Brunnen gebaut. Das hilft in erster Linie den Frauen und Kindern, die traditionell dafür zuständig sind, frisches Trinkwasser zu holen. Jetzt müssen sie nicht mehr in den frühen, noch dunklen Morgenstunden zum mehrere Kilo meter entfernten Bam-See laufen und dort Wasser schlechter Qualität schöpfen. Wenn sie heute die Metallschlegel an den neuen Brunnen im Dorf hinunterdrücken, sprudelt frisches Trinkwasser aus dem Rohr direkt in die bunten Wasserkanister. Weil in den Familien oft zehn und mehr Personen leben, holen die Frauen auch heute noch mehrere Male am Tag Wasser. Aber nun beträgt die Entfernung nur noch wenige hundert Meter bis zum nächsten Brunnen, und das Trinkwasser, das sie dort entnehmen, ist keimfrei und Zeit wird auch noch gespart. Dadurch sparen die Frauen jeden Tag wertvolle Stunden ein, die sie besser nutzen können: Indem sie Lesen und Schreiben lernen, Kühe, Ziegen oder Hühner züchten und verkaufen und 40% Die Zahl der Menschen mit Zugang zu Krediten hat sich verdreifacht 10 Die Einschulungsrate ist vor allem bei Mädchen stark gestiegen Die Mehrzahl der Bevölkerung nutzen heute ihren eigenen Gemüsegarten Frauen haben über den Gemüseanbau und der Verwaltung von Mikrokrediten ganz neue Möglichkeiten 93% der Bevölkerung nutzt inzwischen sauberes Trinkwasser der Frauen beteiligen sich aktiv bei Dorfversammlungen Jetzt können wir die Hirse sehr viel schneller mahlen als mit unserer traditionellen „ Getreidemühle“, sagt die 32-Jährige Valentine Ouedraogo lächelnd. Einschätzung der Dorfbevölkerung zur Entwicklung der Gleichstellung (MDG 3) Einschätzung der Dorfbevölkerung zur Entwicklung der Armutsminderung (MDG 1) exzellent exzellent sehr gut sehr gut gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2013 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2013 Gleichberechtigter Zugang zu Einkommen schaffenden Tätigkeiten Gleichberechtigter Zugang zu Informationen, Schulungen und Ausbildungen Nutzung ressourcenschonender Anbaumethoden Zugang zu Mikrokrediten Zugang zu landwirtschaftlichem Wissen Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Hirsebier für den Verkauf produzieren. Sie legen auch Gemüseund Obstgärten an, um den täglichen Speiseplan mit wertvollen Vitaminen zu ergänzen und die Überschüsse ebenfalls zu verkaufen. Leben vorbereitet wird als ihre Eltern. In der Nähe der Schulen sind auch die neuen Brunnen und Gemeindezentren angelegt. Diese haben die Bewohner gemeinsam mit der burkinischen Nichtregierungsorganisation Association Zood Nooma pour le Développement (Zood Nooma, Verein für Entwicklung) gebaut, dem lokalen Partner der Welthungerhilfe. Dadurch ist die Bedeutung von Bildung für alle, eben auch für die Erwachsenen, in den Mittelpunkt des Dorflebens gerückt. Hier lernen die Menschen, wie sie ihre landwirtschaftlichen Erträge steigern und die Anbauflächen erweitern können – und die Frauen, welche Nahrungsmittel sie brauchen und wie sie sie verwenden, um täglich gesunde Familienmahlzeiten kochen zu können. Inzwischen gehen nicht mehr nur die Jungen, sondern auch immer mehr Mädchen wie die zwölfjährige Andrea Ouedraogo zur Schule. „Ich bin sehr glücklich in der Schule“, sagt sie strahlend. „Meine Eltern haben mir eine Lampe gekauft, mit der ich jetzt auch abends lernen kann. Im letzten Jahr war ich sogar die Viertbeste in meiner Klasse.“ Die Gärten, in denen Mango, Zwiebeln und Tomaten wachsen, und die Felder, auf denen die kleinbäuerlichen F amilien Mais, Hirse, Sorghum und Bohnen anbauen, können sie ebenfalls regel mäßig bewässern. Dafür haben die Familien einen zwei Kilometer langen Bewässerungskanal zum nahen Bam-See gegraben, aus dem sie das Wasser mit Pumpen auf die Felder bringen. Auch das erleichtert den Alltag und bringt zusätzliche Erträge, weil die Kleinbauern nicht nur die Pflanzen besser mit Wasser versorgen, sondern auch mehr Fläche bepflanzen können. Die Zukunft hier am Rande der Wüste ist grün und hoffnungsvoll. Nicht zuletzt wegen der besser ausgestatteten Schulen, in denen die nächste Generation viel umfangreicher auf das Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score Karte: Welthungerhilfe Burkina Faso Burkina Faso 2009 Burkina Faso 2015 Deutschland 2015 15,8 Mio. 57 p/km2 402 € 18,4 Mio. 67 p/km2 497 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33.606 € 51 Jahre 54,9 Jahre 6,28 je Frau 8,4% 21,8% 90% 20,4 – sehr ernst 0,389 (Rang 177/182) 11,58% (Rang 29/173) 0,6081 (Rang 120/134) 52,8 Jahre 56,9 Jahre 5,93 je Frau 7,7% 28,7% 90,0% 19,9 – ernst 0,388 (Rang 181/195) 9,62% (Rang 41/171) 0,6500 (Rang 110/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,3% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum Dürre Kongoussi wird zum Millenniumsdorf Dürre 2005 2006 Politische Unruhen und Flüchtlingsströme aus dem benachbartem Mali 2010 2011 2012 2013 Dürre Politische Unruhen infolge der Krise im Nachbarland Elfenbeinküste 2014 Geplante Wahlen 2015 Sturz des seit 1987 regierenden Präsidenten Compaoré Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 11 12 LÄNDERBERICHT Millenniumsdorf Nentaraja – Kenia 4321 4321 79 79 5199 4001 Somalia Victoriasee Kenia Nairobi a nd 3682 5895 r un di a Uganda Nentaraja Tansania 0 ! Millenniumsdorf 50 100 200 km Sources: Esri, USGS, NOAA J " Hauptstadt mit Projektbüro 2653 2653 2653 ! Felsregenfang # Berg 13 MDG 7: Felsregenfang für verbessertes Trinkwasser MDG 1: Viehhaltung als Hauptnahrungs- und Einkommensquelle für die Massai MDG 1: Zusätzliches Einkommen durch Imkerei Millenniumsdorf Nentaraja – Kenia Neue Lebensqualität in einem zerbrechlichen Umfeld Wie sie in Nentaraja Wasser ernten „Vor der Dürre 2010/11 hatte mein Mann 52 Rinder“, erinnert sich Naisula Karia. „Er ist mit seinen Tieren gewandert, um Wasser und Gras zu suchen, wie es schon unsere Väter getan haben. Aber es hat nichts genützt. Durch die Dürre haben wir bis auf vier alle Tiere verloren“, sagt die Massai aus Nentaraja, 80 Kilometer südlich von Kenias Hauptstadt Nairobi. Früher mussten die Frauen Wasserlöcher nutzen oder sie gingen in der Trockenzeit zum fünf Kilometer entfernten Olkerriai-Fluss. Das ohnehin schmutzige Wasser teilten sich die Menschen mit ihren Tieren. Insbesondere Kinder, aber auch Erwachsene litten an Durchfallerkrankungen. Jede zweite Erkrankung in der Region und jeder zehnte Todesfall ging auf belastetes Wasser zurück. Wie den Karias geht es vielen Familien in der semi-ariden, sprich halbtrockenen Region um das Millenniumsdorf N entaraja mit seinen rund 2.500 Bewohnern. Trockenheit gehört hier zu den Jahreszeiten wie in Deutschland der Frühling. Dürren gab es früher allerdings nur alle fünfzehn Jahre, heute bleibt der Regen jede zwei bis drei Jahre aus. Das gefährdet die Lebensweise der Massai, die vor allem von ihren Rinderherden leben. Alles in Nentaraja hängt vom Regen ab – nur wenn der Regen fällt, haben die Menschen genügend zu trinken, können sie ihre Herden tränken und ihre Felder bestellen. Neun von zehn Menschen in der Region leben von der Land- und Viehwirtschaft. Deshalb zielen die Maßnahmen der Welthungerhilfe darauf ab, die Wasserversorgung zu verbessern, den Ackerbau an die neuen Verhältnisse anzupassen und die Menschen unabhängiger von der Rinderhaltung zu machen. Heute ernten Frauen und Männer ihr Trinkwasser selbst, indem sie das Regenwasser unterhalb eines großen, felsigen Hügels auffangen. Dazu haben sie ein Auffangbecken betoniert, in der sich das Wasser staut, dann gefiltert wird und in Tanks fließt. Diese fassen 4.500 Kubikmeter Wasser. Davon können rund 2.000 Menschen ein ganzes Jahr trinken. Die Qualität ist so gut, dass die Durchfallerkrankungen zurückgingen. Für die Wasserverteilung und gerechte Nutzung ist ein Wasser komitee zuständig. Es betreibt einen Wasserkiosk, an dem das Trinkwasser ausgegeben wird. Das Komitee hat nach langen Diskussionen beschlossen, dass alle künftig für ihr Wasser bezahlen müssen, rund 20 kenianische Shilling (3 Cent) für 20 Liter. Das Wasserkomitee organisiert die Verteilung, hält den Felsen sauber und kümmert sich um notwendige R eparaturen. 40 € Das Millenniumsdorf besteht aus 209 kleinen Ansiedlungen (Manyattas) mit insgesamt 408 Haushalten 14 ist das durchschnittliche Monatseinkommen der Haushalte Die Fertigstellung des Felsregenfangs hat den Weg zur nächsten Quelle von 5-15 km auf < 0.5-2 km reduziert 14 Imkergruppen wurden gegründet, die pro Jahr 150-200 kg Honig für 6 € pro kg verkaufen Ein durchschnittlicher Haushalt in Nentaraja isst mind. zwei Mal täglich 71 Trainings, 164 Gemeindetreffen und 5 Austauschbesuche wurden durchgeführt viele Jahre auf Hilfe angewiesen. Jetzt verdiene ich mein eigenes Geld, kann meine Seit dem Tod meines Mannes war ich Kinder ernähren und sogar die Schulgebühren bezahlen“, freut sich Anna Lengeny. Einschätzung der Dorfbevölkerung zur ökologischen Nachhaltigkeit (MDG 7) Einschätzung der Dorfbevölkerung zum Bewusstsein über ökologische Nachhaltigkeit (MDG 7) exzellent exzellent sehr gut sehr gut gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Zugang zu sauberem Trinkwasser Wiederaufforstung Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 „Das neue System macht mein Leben sehr viel einfacher, weil ich nicht mehr viele Stunden Wasser schleppen muss“, sagt J aqueline Kanayoi, die ganz in der Nähe lebt und für die Nutzergruppe den Wasserkiosk betreibt. gibt es zur Genüge und Honig lässt sich gut konservieren und verkaufen. Inzwischen bewirtschaften vierzehn Frauengruppen ihre eigenen Bienenvölker. Mit Hilfe des Projekts konnten die Imker eine Honigschleuder anschaffen, mit dem sie den Honig filtern und verarbeiten. So erzielen sie eine gute Qualität und damit hohe Preise. „Seit dem Tod meines Mannes war ich viele Jahre auf Hilfe angewiesen. Jetzt verdiene ich mein eigenes Geld, kann meine Kinder ernähren und sogar die Schulgebühren bezahlen“, freut sich Anna Lengeny über die Entwicklung. Schlangenbohnen statt Mais Bleibt das Wasser aus, wird die Lage auch in der Landwirtschaft prekär. Dann verdorrt das Weideland, wächst nicht genügend Mais auf den Feldern. Während die Männer mit ihren Tieren auf Wanderschaft gehen, schlagen die Frauen Bäume und produzieren daraus Holzkohle, um sie zu verkaufen. Oder sie bauen Sand ab. Damit aber legen die Frauen Hand an ihre Zukunft. Um dem Raubbau entgegenzuwirken, sensibilisierte das Projekt die Bevölkerung für die Zusammenhänge zwischen Holzeinschlag und Verwüstung. Wissen allein aber reicht nicht aus – sie brauchen auch Alternativen, um überleben zu können. Daher bauen die Menschen trockenresistentere Gemüse, zum Beispiel Mungo-, Schlangen- und Helmbohnen an. Und sie ernten Gras und verarbeiten es zu großen Heuballen, die sie in einer neu errichteten Scheune lagern. In jedem der sieben Dorfteile stehen heute Demonstrationsfarmen, auf denen die Bauern mit neuen Sorten und Früchten experimentieren. Gutes Geld verdienen Frauen wie Männer mit Honig. Bienen Als die Welthungerhilfe mit den Bewohnern und Bewohnerinnen über mögliche Maßnahmen diskutierte, hörten die Frauen und Männer zu. „Aber wirklich geglaubt, dass Gemüsegärten oder das Anpflanzen von Bäumen auch funktionieren können, haben sie nicht“, sagt Millicent Mbithi, stellvertretende Projekt leiterin der Welthungerhilfe in Kenia. Deshalb ist sie mit 14 Klein bauern und Kleinbäuerinnen ins Millenniumsdorf Ogur im benachbarten Uganda gereist. Dort konnten sie mit eigenen Augen die Fortschritte sehen und sich mit den Bewohnern über lokale Methoden und Ansätze austauschen. Beeindruckt haben vor allem die energiesparenden Öfen. Denn in Ogur kochen die Menschen inzwischen nicht mehr auf Drei- Die Welthungerhilfe startet ihr Engagement in der Region Regierungswechsel 2002 Wer sieht, wird selig 2004 2006 Schwere Dürre, die große Teile des Viehs sterben lässt 2007 2008 Politische Unruhen und schwierige Koalitionsbildung 2009 Dürre 15 MDG 1: Rinder – die Hauptnahrungsquelle der Massai MDG 1: Bienenzucht als Einkommensquelle Steine-Herden, sondern auf effizienten, aus Lehm gebauten Herdstellen. Anna Lengeny hat ihn, wieder zurück in Kenia, nachgebaut: „Heute komme ich mit einem Bündel Holz pro Woche aus, davor habe ich drei Bündel die Woche verfeuert.“ s aubereres Wasser trinken, gesünder sind und sie zusätzliche Zeit, gewonnen hat: „Ich habe mehr Zeit für meine drei Kinder und kann auch nach meinem neuen Gemüsegarten schauen.“ Fragiles Leben Trotz aller Fortschritte leben die Menschen in Nentaraja in einem fragilen Umfeld. Ihre Zukunft hängt weiterhin von den Niederschlägen und vom Klima ab. Aber die Bevölkerung hat viele wichtige Maßnahmen umgesetzt. Die Wasserversorgung ist besser geworden, auch die Gleichberechtigung der Frauen. Sie sind heute in viele Entscheidungen eingebunden und verdienen mit Hilfe ihrer Gemüsegärten und Bienenvölker e igenes Geld. Jaqueline Kanayoi freut sich, dass ihre Kinder heute Karte: Welthungerhilfe Kenia Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score Kenia 2009 Kenia 2015 Deutschland 2015 39 Mio. 67 p/km2 675 € 45,01 Mio. 78 p/km2 905 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33.606 € 57,5 Jahre 58,2 Jahre 4,56 je Frau 5,47% 85,1% 75% 20,2 – sehr ernst 0,541 (Rang 147/182) 7,82% (Rang 67/173) 0,6512 (Rang 97/134) 62,1 Jahre 65 Jahre 3,54 je Frau 4,07% 87,4% 75% 16,5 – ernst 0,535 (Rang 147/195) 7% (Rang 75/171) 0,7258 (Rang 37/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,3% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum Regierungswechsel 2010 Dürre 2011 2012 2013 2015 Nentaraja wid zum Millenniumsdorf 16 Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html Der Film über den Süd-Süd-Austausch zwischen Kenia und Uganda ist hier www.welthungerhilfe.de/trinkwasser-in-kenia.html LÄNDERBERICHT Millenniumsdorf Ogur – Uganda 4307 3418 3418 Süd Sudan 3187 Ogur Lira Kenia Uganda Dem. Rep. Kongo 4321 4979 Kampala 4001 5199 Victoriasee 0 50 100 200 4519 km Ruanda Tansania Sources: Esri, USGS, NOAA ! Millenniumsdorf ! H Stadt mit Projektbüro " J Hauptstadt # Berg 3480 3480 3682 3682 2670 5895 5895 Burundi 2670 17 MDG 7: Zugang zu Trinkwasser verbessern MDG 1: Kredit- und Sparvereine für mehr Investitionen MDG 3: Auf dem lokalen Markt – gemeinsam für ein besseres Einkommen Millenniumsdorf Ogur – Uganda Wissen aneignen, Ziele setzen, Zukunft bauen Die Kornkammer soll wieder blühen Das Millenniumsdorf Ogur liegt im nördlichen Distrikt Lira, der einstigen Kornkammer Ugandas. Doch wo früher Hirse, Bohnen und Mais im Überschuss wuchsen und Bäume für ausreichend Schatten und Wasser sorgten, erstreckte sich lange Jahre nur ödes, trockenes Brachland. Über 20 Jahre lang wütete hier der gewaltsame Konflikt zwischen der Rebellenorganisation Lord’s Resistance Army und der ugandischen Armee. Aus Angst um ihr Leben verließen damals rund 1,7 Millionen Menschen ihr Hab und Gut – so auch die Familien des heutigen Millenniumsdorfes Ogur. Viele Jahre verbrachten sie in Flüchtlingslagern im eigenen Land. Genau darum geht es im Millenniumsdorf Ogur: Schritt für Schritt erwerben die Bewohner und Bewohnerinnen die notwendigen Fähigkeiten, um langfristig vom Ertrag ihrer Felder leben zu können. Dabei übernehmen sie selbst die Verant wortung für die Entwicklung ihrer Heimat. Den Weg zu ihrem Ziel haben die Männer und Frauen zu Beginn des Projektes selbst ausge arbeitet. In partizipativen Workshops diskutierten sie unter A nleitung der Welthungerhilfe die Millenniumsentwicklungsziele. Ihre Vision für Ogur: Die einstige Kornkammer wieder zum Blühen zu bringen. Dafür setzten sie die Schwerpunkte Hunger- und Armutsbekämpfung (MDG 1), Geschlechtergerechtigkeit (MDG 3) und ö kologische Nach haltigkeit (MDG 7). Mit den Projektmitarbeitenden der Welthungerhilfe entwickelten sie konkrete Maß nahmen, wie sie diese Vision umsetzen können und g ründeten in den vier Streusiedlungen Awelo, Akano, Adwoa und Baradanga 15 Bauerngruppen mit jeweils 30 Mitgliedern. Mit Unterzeichnung des Waffenstillstandabkommens Mitte 2006 begannen die Menschen, in ihre Heimatorte zurückzukehren. Und standen erneut vor dem Nichts: Ihre Dörfer waren zerstört, die Felder überwuchert, die Bäume abgeholzt. Zudem hatten die jungen Leute, die sich hier ein neues Leben aufbauen wollten, keine Erfahrung in der Landwirtschaft. Sie wussten nicht, wie man ein Feld bestellt, Bewässerungssysteme anlegt oder Bäume pflanzt. Und sie besaßen weder Saatgut, noch Werkzeug oder Zugtiere. Heute muss in Ogur niemand mehr hungern. Auf den Feldern wachsen Getreide, Mais und Bohnen, Obst und Gemüse. Die Bauernfamilien züchten Ziegen für ihren eigenen Bedarf und zum Verkauf. Sie haben Straßen, Schulen und Brücken 76€ noch immer ist das jährliche Einkommen von 27% der Familien geringer 18 33% 120 Ochsen wurden an die Landbe völkerung verteilt Von 9.000 angepflanzten Orangenbäumen sind 70% angewachsen 84% der Haushalte be werten die ökonomische Situation der Gemeinde besser als zuvor mehr der 450 Haushalte verfügen inzwischen über ein Nebeneinkommen Die Nahrungsmittel ernte ist heute um knapp 30% höher Alex Opoio und seine Frau erläutern stolz: ,,Wir wollten etwas Neues ausprobieren und ernten so viel Weißkohl, dass wir wöchentlich zum Verkaufen auf den Markt fahren müssen.“ Durchschnittliche Nahrungsmittelernte Durchschnittliche Ernte von Cash Crops Ernte pro Haushalt in kg 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Mais Sorghum Ernte pro Haushalt in kg 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Soja 2011 Hirse Sesam Bohnen Erbsen Erdnüsse 2011 2013 Baumwolle Sonnenblumen 2013 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 instandgesetzt, Obstbäume und Nutzhölzer gepflanzt, Brunnen repariert und die hygienischen Bedingungen verbessert. Jungen wie Mädchen gehen in die Schule und immer mehr Frauen übernehmen lokale Führungspositionen. In der letzten Haushaltsbefragung gaben 84 Prozent der befragten F amilien an, dass sich ihr Leben im Vergleich zu 2010 verbessert habe, zum Teil sogar deutlich. Um die Wirtschaft anzukurbeln, unterstützt die W elthungerhilfe die Bauerngruppen bei der Organisation von Sparvereinen und mit günstigen Kleinkrediten. Dadurch konnten sich im Jahr 2013 sieben von zehn Landwirten eigenes Vieh kaufen. Z uvor waren es nur vier von zehn. Auch ihre Rücklagen stiegen: Im Jahr 2011 hatte nicht einmal jedes zehnte Mitglied der 15 Bauerngruppen 190 Uganda-Schilling (59 Euro) gespart – 2013 war es bereits knapp die Hälfte. Dreifache Ackerflächen, zwei Ernten pro Jahr Um den Anbau wieder anzukurbeln, verteilte die Welthungerhilfe verbessertes, neues Saatgut. Jede der 15 Bauerngruppen erhielt außerdem vier Ochsengespanne und Pflüge, mit denen sie reihum die Böden beackerten und schließlich bestellten. So gelang es den Familien innerhalb von drei Jahren, ihre bewirtschaftete Fläche von durchschnittlich 0,28 Hektar auf rund 0,8 Hektar fast zu verdreifachen. Gemeinsam legten sie Modellfelder an, auf denen sie angepasste A nbaumethoden sowie Unkraut- und Schädlingsbekämpfung ausprobierten. Und sie entwickelten Vermarktungsstrategien für ihre Produkte, deren Erträge trotz einer schweren Dürreperiode 2013 beachtlich gestiegen sind. Inzwischen hat sich die Zahl der Haushalte mit zwei Mais- oder Bohnenernten im Jahr mehr als verdoppelt. Der Lira Distrikt ist ein landwirtschaftliches Produktionszentrum. 1970er Mit großem Erfolg ernten und essen die Menschen in Ogur heute vitaminreiches Gemüse. Dadurch sind sie weniger krank und leistungsstärker. „Früher wurde uns immer erzählt, dass Tomaten oder Zwiebeln hier gar nicht wachsen würden“, sagt der Kleinbauer Abor Eremerik. „Das ist offensichtlich falsch. Wir haben von der Welthungerhilfe verbessertes, neues Saatgut b ekommen. Schauen Sie, was daraus geworden ist!“ Stolz zeigt der Familienvater auf prächtige Reihen voller Kohl und Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch, Möhren oder Auberginen. Starke Frauen sorgen für Aufschwung Vom Gemüse- und Obstanbau profitieren vor allem die Frauen. In ihren Küchengärten wächst alles, was sie für eine frische Mahlzeit für die Familie benötigen. Die Wege sind kurz, die Der Konflikt zwischen der Lord‘s Resistance Army und der Regierung führt zu Flüchtlingsströmen. 1980er 2006 Die Dorfbewohner verlieren die landwirtschaftlichen Nutztiere. 19 „Früher entschied mein Mann allein über alle Anschaffungen“, sagt die 56-jährige Milly Atula. „Mittlerweile tun wir das gemeinsam. Bisher dachte ich, dass Mädchen traditionell mit 14 Jahren heiraten sollten. Jetzt weiß ich es besser und unterstütze meine Töchter, länger in die Schule zu gehen.“ MDG 1: Anbau von Cash Crops für ein verbessertes Einkommen Ernten das ganze Jahr über gesichert und die Überschüsse bringen etwas Geld in die Familienkasse. So tragen die F rauen erstmalig zum F amilieneinkommen bei. Das macht sie stolz und selbst bewusst. In Seminaren diskutiert das ganze Dorf über Menschenrechte, Rollenverständnis und Gleichstellungsfragen. Das hat viel verändert: „Früher entschied mein Mann allein über alle Anschaffungen“, sagt die 56-jährige Milly Atula. „Mittlerweile tun wir das gemeinsam. Bisher dachte ich, dass Mädchen traditionell mit 14 Jahren heiraten sollten. Jetzt weiß ich es besser und unterstütze meine Töchter, länger in die Schule zu gehen.“ Inzwischen werden fünf Bauerngruppen von Frauen geleitet und 41 Prozent aller Frauen haben eine leitende Position in der Gruppe oder auf Gemeindeebene. Brunnen und Bäume für die Nachhaltigkeit Die kleinbäuerlichen Familien reparierten verfallene Brunnen und bauten neue. Dabei sollte es jedoch nicht bleiben: Sie gründeten Wasserkomitees, die heute dafür sorgen, dass die Brunnen sauber und funktionsfähig bleiben. Die Komitees halten auch die Wasserquelle instand und kontrollieren die Abgabe, damit nicht zu viel entnommen wird. So hat sich die Versorgung mit sauberem Trinkwasser im Projektzeit- raum drastisch verbessert (siehe Karte): Fast Dreiviertel der Bevölkerung musste im Jahr 2009 mehr als zwei Kilometer bis zu nächsten sauberen Wasserquelle zurücklegen – 2014 waren es nur noch 20 Prozent. Ein wichtiges Anliegen war den Männern und Frauen aus Ogur von Anfang an die Aufforstung ihrer Heimat. Der bewaffnete Konflikt hatte ganze Landstriche zerstört, ein Großteil des Baumbestandes war als Feuerholz in den Flüchtlingslagern gelandet. So verteilte die Welthungerhilfe gleich zu Projektbeginn Setzlinge und legte mit den Bauerngruppen Baumschulen an. Die Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 2011 pflanzte bereits knapp die Hälfte der Haushalte (48 Prozent) Bäume an, zwei Jahre später waren es sogar zwei Drittel (63 Prozent). Auch qualitativ zeigt die Initiative Erfolg: Von 9.000 verteilten Orangen bäumen wuchsen gut 70 Prozent an. Diese 6.365 B äume bieten heute den Familien eine nachhaltige Einkommens- und Ernährungsquelle für die kommenden Jahre. Die Aufforstung beeindruckt den Kleinbauern Isaac Okino von allen Projektaktivitäten am meisten. Der alleinerziehende Vater von drei Kindern ist eine der treibenden Kräfte im Die Welthungerhilfe startet ihr Engagement in der Region 2006 2008 Friedensverhandlungen und Rücksiedlung der Bevölkerung 20 2010 Ogur wid zum Millenniumsdorf 2015 Millenniumsdorf Ogur – Uganda Die Wasserversorgungssituation vor und nach den Maßnahmen der Welthungerhilfe Entfernungen der Haushalte zum nächsten sicheren Brunnen 2009 1km 8% 2km 20% 3km 13% Gemeinde Adwoa >3km 59% Gemeinde Akano 2014 1km 23% >3km 3% 3km 16% 2km 58% 0 0,5 1 2 km MDG 1: Verteilung von Ochsengespannen Entfernungen der Haushalte zum nächsten sicheren Brunnen 2009 2014 Neu gegrabene Brunnen Instand gesetzte Brunnen Uganda 1km 1km Hauptstraße 2km 2km Wege 3km 3km Besiedelte Gebiete >3km Victoria See Quelle: Welthungerhilfe 2015 illenniumsdorf Ogur. Er hat Mango- und Zitrusbäume sowie M Nutzhölzer angepflanzt. Er besitzt einen Waschkanister vor seinem Toilettenhäuschen und hat eine ordentliche WeißkohlProduktion aufgebaut, die er auf dem Markt verkauft. „Wenn Karte: Welthungerhilfe Uganda Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score die Welthungerhilfe nicht mehr da ist, muss ich das alleine schaffen“, sagt der 31-Jährige. „Und ich werde alles daran setzen, dass es auch funktioniert.“ Uganda 2009 Uganda 2015 Deutschland 2015 32,4 Mio. 134 p/km2 328 € 35,9 Mio. 149 p/km2 415 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33 606 € 51,7 Jahre 53,8 Jahre 6,8 je Frau 6,50% 66,80% 82% 14,8 – ernst 0,450 (Rang 157/182) 7,57% (Rang 72/173) 0,7067 (Rang 40/134) 57,6 Jahre 59,8 Jahre 5,96 je Frau 4,50% 73,20% 82% 17 – ernst 0,456 (Rang 161/195) 6,69% (Rang 84/171) 0,6821 (Rang 88/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,30% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 21 22 LÄNDERBERICHT m e n i sta n 60 65 Drei Millenniumsdörfer, ein großes Ziel – Indien 7649 Ta j i ki s tan 3540 5808 3137 2941 Gas H u Ch in a 3314 6748 7795 7708 7492 8611 8125 6934 5048 Aqq ik kol H u Qi ngh ai H u 7167 Ho h Sai Hu Ho h Xi l H u 6282 Hu it en N ur Si a c h e n Gl a ci e r Al esayq in H a Els en N ur Goz ha Co Gya ri ng H u 4755 7135 Tar bel a D am 4171 Ayak kum H u 6973 1070 Afgh a n i s tan 6929 6725 Lum aj an gdo ng Co Ban ggo ng Co 6720 3767 2708 3452 Gob in d Sag ar Res er voi r 7817 3003 35 Nepal Neu Delhi 7162 7095 Lang a Co M apam Y um co 8848 7556 Ho ng H u 6882 7570 Don gt in g Hu 2570 4330 4500 1895 3826 Bangladesch 1935 Deoghar Kalkutta Jhiranya 3142 176 Ho n g Ko n g Ma c a o Ho n g Ko n g Ma c a o Nimpith Indien 3053 1567 Mumbai 2300 7782 7294 Bhutan Sarwan 1722 Dan ji an gkou S hu iku 6638 3941 Pakistan 2130 Ng or in g Hu 6621 Myanmar 2830 2580 1501 1840 La o PDR Ub olr a tn a Re ser voi r 2598 Thailand Tung abh adr a 1343 2072 2420 Tonl e Sap Cam b o d i a 1813 0 250 500 ! Millenniumsdorf 2695 1.000 km Vi e tn a m Sources: Esri, USGS, NOAA 1780 Hauptstadt J " Stadt 2524 mit Projektbüro Sr i L a n k a Stadt # Sp r atl y Is. Berg Sen anay ake Sa m udr a Ma l d i ve s Ma l d i ve s 2190 Ma l d i ve s 2985 Ma l d i ve s Ma l a ys i a Ma l d i ve s Ma l d i ve s Dan au To ba 23 176 Ma l d i ve s Si n g a p o re 3 2278 In d o n e s ia Ma l d i ve s 3805 In d o n e s ia MDG 1: Jhiranya – Trocknung von Chillis als Einkommen schaffende Aktivität MDG 1: Nimpith: Brunnenbau mit dem staatlichen Beschäftigungsprogramm MDG 1 und 7: Nimpith: Sammlung von eßbaren Wildblüten des Mahua Baumes Drei Millenniumsdörfer, ein großes Ziel – Indien Rechte einfordern, die Menschen stärken Fotografieren ist nicht ihre Sache. Ernst, beinahe grimmig blickt Shymai Bai aus dem Millenniumsdorf Jhiranya, in Madhya Pradesh im Osten Indiens, in die Kamera. Dabei ist die 65-Jährige inzwischen eine durchaus selbstbewusste Frau. Das war nicht immer so. Shymai Bai gehört dem Volk der Barela an, die zu den Adivasis, zur indigenen Bevölkerung Indiens zählt – mit eigener Sprache und eigener Kultur. Die Adivasis werden wie die Dalits, die „Unberührbaren“, im Land diskriminiert. „Wir lebten von der Hand in den Mund. Früher wussten wir nicht einmal, dass wir überhaupt Rechte besitzen“, sagt Shymai Bai. Das hat sich geändert, seit ihr Dorf Jhiranya Millenniumsdorf wurde. In Indien gibt es insgesamt drei. Sarwan ist ein weiteres Millenniumsdorf und liegt im nordostindischen Bundesstaat Jharkhand. Das dritte Dorf, Nimpith, ist 400 Kilometer weiter südlich am Golf von Bengalen zu finden. Geographisch und kulturell unterscheiden sich die Dörfer voneinander, sie haben jedoch einen ähnlichen sozialen und politischen Hintergrund. Die Einwohnerinnen und Einwohner sind wie Shymai Bai entweder Adivasis oder Dalits. Sie profitieren nicht von den beeindruckenden Wachstumszahlen der indischen Wirtschaft. So wundert es nicht, dass die Kindersterblichkeit mit 72 Toten pro 1.000 Lebendgeburten in Jhiranya einen Spitzenplatz im Dorfversammlungen, Komitees und Selbst hilfegruppen unterstützen die Zusammenarbeit und ermöglichen politische Teilhabe 24 globalen Ranking einnimmt und hier mehr Menschen hungern als zum Beispiel im afrikanischen Sudan. Es ist ein Dreiklang aus Unterernährung, Unterdrückung und Unwissenheit, die die Menschen in ihrer Not hält. In allen drei Dörfern halten die Welthungerhilfe und ihre Partnerorganisa tionen dagegen – mit Hilfe zur Selbsthilfe, politischer Aufklärung und Bildung. Dadurch haben sich vor Ort zahlreiche Indikatoren der Millenniumsentwicklungsziele (MDG) deutlich verbessert. Die politische Teilhabe von Adivasis und Dalits ist besonders wichtig. Die drei indischen Millenniumsdörfer sind deshalb auch Teil der regional übergreifenden Fight Hunger First Initiative der Welthungerhilfe, die besonders die politischen Zusammenhänge von Armut und Hunger in den Vordergrund rückt und den Staat an seine sozialen Pflichten und die Rechte seiner Bevölkerungsgruppen erinnern will. In den P rogrammen der Welthungerhilfe wird diese politische Arbeit eine z unehmend wichtigere Rolle spielen, denn ohne sie wird man die Armut rund um den Globus nicht überwinden. Sarwan – Diversifizieren, bewässern, höhere Erträge Die 5.300 Dorfbewohner in der abgelegenen Region im Bundesstaat Jharkhand bauten lange Zeit vor allem Reis an. 227 Bei 20 Kleinmessen zur Ernährung in Jhiranya wurde 227 unterernährten Kindern direkt geholfen 17 Bewässerungs brunnen wurden von der Dorfbevölkerung in Jhiranya mitfinanziert und gemeinschaftlich gebaut Heute besuchen alle Kinder in Sarwan die Schule – vor allem für Mädchen eine neue Erfahrung In 15 Koch-Demon strationen lernte die Bevölkerung Nimpiths nährstoff- und abwechslungsreiche Nahrung kennen 50 Gemüsegärten verbessern in Nimpith die Gesundheits- und Ernährungsqualität „Wir lebten von der Hand in den Mund. Früher wussten wir nicht einmal, dass wir überhaupt Rechte besitzen“, sagt Shymai Bai. Einschätzung der Dorfbevölkerung in Sarwan zur Entwicklung des Rechtes auf medizinische Grundversorgung (MDG 5) Einschätzung der Dorfbevölkerung in Sarwan zur Entwicklung des Rechtes auf nachhaltige Ernährungssicherung (MDG 1) exzellent exzellent sehr gut sehr gut gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Qualität der Beratung über reproduktive Gesundheit Bewusstsein über die Bedeutung von Gesundheitseinrichtungen für Mütter und Kinder Registrierung aller schwangeren und stillenden Müttern in Gesundheitszentren Verfügbarkeit von Nahrungsmittelkarten für Bedürftige Ausreichende und regelmäßige Verfügbarkeit von subventionierter Nahrung Registrg. von bedürftigen Haushalten für 100 Tage bezahlte Arbeit (MGNREGA System) Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Monokulturen aber laugen die Böden aus und sind gegen über Schädlingen anfällig. Zudem leiden die Menschen unter wiederkehrenden Dürren in der Trockenzeit und verheerenden Überschwemmungen in der Regenzeit. Beides ist kaum zu beeinflussen, doch Anpassungsmechanismen sind erlern- und anwendbar. So haben die Menschen in Sarwan zum Beispiel die Vorteile einer nachhaltigen Landwirtschaft schätzen gelernt. können, ohne diese bewässern zu müssen. D adurch konnten sich die Menschen neue Nutzflächen erschließen und darauf Hülsenfrüchte, Hirse, Ölpflanzen und Gemüse anbauen. Inzwischen erzielen die Menschen höhere Erträge. Die Ernten reichen heute drei M onate länger als noch vor Projektbeginn. Bauer Sanjay Y adav ist wie die fünfzehn anderen Mitglieder seiner Selbst hilfegruppe voll des Lobes. „Früher hatten wir nicht genug Weizen zu essen. Heute fehlt uns der Platz, um die Ernten zu lagern“, sagt der 35-jährige Vater von zwei K indern. Gemeinsam in der Gruppe e xperimentieren sie mit Getreideund Gemüsesorten und haben ein Weidemanagement eingeführt, das den heiligen K ühen huldigt und gleichzeitig ihre Ernten vor dem Appetit der frei laufenden Kühe schützt. Statt im Durchschnitt zehn Feldfrüchten bauen sie heute doppelt so viele an. Als ersten Schritt für eine nachhaltigere Bewirtschaftung der Ackerfläche gründeten Bewohnerinnen und Bewohner mit Unterstützung der Welthungerhilfe und ihrer Partnerorganisation Pravah Gruppen von Kleinbauern, Frauenselbsthilfegruppen sowie Wasserkomitees. Mit D ämmen und Kanälen sammelt die Bevölkerung heute Regenwasser ein und bewässert so ihre Felder. Trinkwasser gibt es inzwischen auch genügend. Die Partnerorganisation Pravah wiederum trainierte Kleinbauernfamilien und Frauengruppen, wie sie ihre Felder mit Methoden einer nachhaltigen integrierten Landwirtschaft ange passter bewirtschaften können. Diese M ethoden konzentrieren sich nicht auf die Leistungssteigerung einzelner Sorten, s ondern kombinieren Feldfrüchte, Nutztiere und Aquakulturen, je nachdem in welcher geologischen Zone sich die landwirtschaft lichen Nutzflächen befinden. In Sarwan lernten die Klein bauern, wie sie Brachflächen im Trockenfeldbau bewirtschaften Nimpith – Gesunde Mütter, gesunde Kinder Nimpith liegt in einem einzigartigen, für Besucher idyllisch wirkenden Mangrovenbiotop. Die Wirklichkeit jedoch ist ernüchternd. Das Gebiet in Westbengalen gehört zu den ärmsten Regionen Indiens. Ackerland ist knapp. Die Hälfte der Bevölkerung kann sich kaum zwei angemessene Mahlzeiten am Tag leisten. 95 Prozent aller schwangeren Frauen leiden an Unterernährung, 83 Prozent an Blutarmut. Entsprechend hoch ist die Kindersterblichkeit. PRAVAH wird Partnerorganisation der Welthungerhilfe 1999 SRAN wird Partnerorganisation der Welthungerhilfe 2004 2006 Manmohan Singh wird erster Sikh Premier Minister Sarwan wird Millenniumsdorf, erste Phase 2007 2008 2009 Zyklon Alia in West Bengalen 25 Bauer Sanjay Yadav: „Früher hatten wir nicht genug Weizen zu essen. Heute fehlt uns der Platz, um die Ernten zu lagern“, sagt der 35-jährige Vater von zwei Kindern. Kinder mit Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen (MDG 1, 2, 4) in Nimpith Ernährungsstatus der Kinder (MDG 1, 4) in Nimpith Nr. 100 Nr. 200 80 160 60 120 40 80 20 0 40 17 0 41 Zusatznahrung für Kinder 2012 67 Vorschulteilnahme 30 83 Gesundheits- & Ernährungscamps 35 52 0 Impfschutz 2014 125 79 Schwer akut unterernährt (SAM) 2012 184 109 Moderat akut unterernährt (MAM) 0 20 Nicht akut unterernährt 2014 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Einer der Gründe für Hunger und Armut ist die fehlende B ildung, andere sind soziale Tabus und Unwissenheit, weiß Sharmistha Some von der Partnerorganisation Sri Ramakrishna Ashram Nimpith (SRAN). „Einige der vielen Tabus in der Region lösen sich endlich auf. Heute geben Frauen ihren Neugeborenen die Brust und lassen sie gegen Polio impfen“, sagt die 24-Jährige. e rlernten die Mütter in Kochkursen, wie sie ihre Neugeborenen nährstoffreich mit lokal vorhandenen Lebensmitteln und Kräutern ernähren können. Dafür war und ist jede Menge Überzeugungsarbeit notwendig. SRAN und Welthungerhilfe organisierten 35 Gesundheitscamps, in denen sie mehr als 2.500 Teilnehmerinnen über Hygiene, Impfungen und die richtige Ernährung für ihre Babys sensibilisierten. Und mit ihnen diskutierten, warum es für sie besser ist, eher später Kinder zu bekommen. Außerdem MDG 2 und 4: Nimpith: In der Schule wird vor dem Essen gesungen. Die bewusstseinsschaffenden Sensibilisierungskampagnen wirken, sagt Sharmistha Some: „Ich bin schon stolz, wenn ich die wichtigen Veränderungen sehe. Ein akut unter ernährter Junge hat sich Dank der aktiven Behandlung von einem lethargischen zu einem aktiv spielenden Kind entwickelt.“ Inzwischen registrieren die Mütter die Vorteile einer guten Gesundheitsvorsorge, entsprechend aktiver nutzen sie diese Dienstleistungen heute. MDG 4: Nimpith: Das Mädchen Mampi bekommt feste Nahrung. Sie war schwer akut unterernährt und nahm nach richtiger Beratung 2 kg zu. Jan Sahas wird Partnerorganisation der Welthungerhilfe 2010 26 2011 2014 Jhiranya & Nimpith werden Millenniumsdörfer 2015 Narendra Modi wird Premier Minister „Ich bin schon stolz, wenn ich die wichtigen Veränderungen sehe. Ein akut unterernährter Junge hat sich Dank der aktiven Behandlung von einem lethargischen zu einem aktiv spielenden Kind entwickelt.“ sagt die 24-Jährige Sharmistha Some. Einschätzung der Dorfbevölkerung in Jhiranya zum Bewusstsein über ihre Rechte (MDG 4, 5) Dorfbevölkerung in Jhiranya mit Zugang zu staatlichen Förderprogrammen (MDG 1) exzellent 100 sehr gut 80 gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht 60 40 20 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Bewusstsein für das Recht auf medizinische Grundversorgung von Müttern Bewusstsein für das Recht auf medizinische Grundversorgung von Kindern 3% 70% 0 % Bewohner mit Eink. aus dem staatl. Beschäftigungsprogramm MGNREGA 2012 2014 66% 80% Bewohner erhalten staatl. Nahrungsmittelhilfe PDS* *Staatliches System zur Verteilung von Nahrungsmitteln an bedürftige Menschen. Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Jhiranya – Rechte einfordern Garantierte Rechte sind das eine. Sie einzufordern und durchzusetzen das andere. Es ist schwierig, aber möglich. In einem ersten Schritt gründeten die Menschen, unterstützt von Welthungerhilfe und ihrer Partnerorganisation Jan Sahas, Selbsthilfegruppen. In Workshops erfuhr die 65-jährige Shymai Bai erstmals, welche Rechte ihrer Gemeinschaft zustanden. Und sie diskutierte mit anderen, wie sie diese Rechte einfordern können. Zum Beispiel über Wandzeitungen, in denen Schulkinder auf die Probleme in ihren Schulen aufmerksam machen. Zahlreiche Komitees begannen damit, staatlichen Gesundheitszentren auf die Finger zu schauen und über die Einhaltung von Budgets staatlicher Stelle und Gesetzen zu wachen bzw. staatliche Unterstützung einzufordern. Lange lebten die Bewohnerinnen und Bewohner des Millenniumsdorfes Jhiranya von den Früchten des Waldes wie es ihre Urahnen seit vielen Jahrhunderten taten. Weil Unter nehmen den Wald einschlagen, müssen die Adivasi Landwirt schaft betreiben. Dabei gibt es zahlreiche Gesetze, die Be dürftigen staatliche Unterstützung garantieren oder Ureinwohnern das Recht verleihen, Landrechte einzufordern. So räumt der Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act (MGNREGA) jedem indischen Haushalt das Recht auf 100 Tage bezahlter Arbeit ein, zum Beispiel im Straßenbau. Mit dem Forest Right Act können Ureinwohner ihr Recht auf das Land einfordern, das sie früher bewohnt haben, von dem sie aber vertrieben wurden. MDG 1: Sarwan: Die Selbsthilfegruppe der Frauen trifft sich zum Thema Mikrokreditvergabe MDG 4: Jhiranya: Befragung zu Mangelernährung 27 MDG 5: Swaran: Die Frauengruppe diskutiert über die Servicequalität des lokalen Gesundheitszentrums. MDG 4: Nimpith: Mütter und Kinder warten auf die Essensausgabe MDG 7: Sarwan: Sri Srikanth Yada in seinem ökologisch bewirt schafteten Auberginenbeet Schritt für Schritt stellten sich Erfolge ein: So konnten die Bewohner – mit staatlicher Unterstützung – 17 Brunnen bohren. Schulkinder erhalten ein kostenloses Mittagessen in vier Schulen und drei Gesundheitszentren. Über 1.200 Männer und Frauen profitierten vom staatlichen Beschäftigungs programm MGNREGA. Die Kombination aus landwirtschaftlichen Methoden für h öhere Ernten einerseits und Rechten einfordern andererseits, hat sich als besonders erfolgreich für eine verbesserte Ernährungs situation erwiesen. „Die Regierung muss einlösen, was den Bürgern hier im Land zusteht“, sagt Ashif Shaikh, Gründer der Partnerorganisation Jan Sahas in Jhiranya. Seine kämpferische Lösung haben die Menschen verinnerlicht. Die 65-jährige Shymai Bai schaut deshalb hoffnungsvoll nach vorne: „Früher war jeder für sich. Heute sind wir eine Gemeinschaft g eworden. Wir lernen gemeinsam unsere Rechte kennen und sorgen gemeinsam für eine bessere Zukunft.“ Erfolge und neue Ziele Die staatliche Unterstützung ist finanziell bedeutend. Noch wichtiger aber ist, dass die Menschen in Jhiranya, Nimpith und Sarwan heute ihre Rechte kennen und diese selbstbewusst bei der Regierung reklamieren. Sie haben sich den Zugang zu Beschäftigungsförderung und Ernährungsprogrammen (MDG 1) sowie besserer Schulbildung für Ihre Kinder (MDG 2) erkämpft. Die Unterernährung von Kindern ist im Projektgebiet um rund acht Prozent gesunken. Außerdem hat sich die medizinische Versorgung für Mütter (MDG 5) verbessert und die Kindersterblichkeit (MDG 4) ist zurückgegangen. Schließlich wissen die Menschen heute sehr viel genauer, wie sie ihre Böden nachhaltig bewirtschaften und ihre Ernte besser lagern. So verwenden sie heute statt Pestiziden selbst produzierten Kompost und schützen damit ihre Umwelt (MDG 7). Karte: Welthungerhilfe Indien Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score Indien 2009 Indien 2015 Deutschland 2015 1.166 Mio. 354,7 p/km2 833 € 1.236 Mio. 375,9 p/km2 1.088 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33.606 € 67,5 Jahre 72,6 Jahre 2,72 je Frau 3,0% 61,0% 60% 23,9 – sehr ernst 0,612 (Rang 134/182) 7,68% (Rang 71/173) 0,6151 (Rang 114/134) 66,7 Jahre 69,1 Jahre 2,51 je Frau 4,3% 62,8% 49% 17,8 – ernst 0,586 (Rang 135/195) 7,04% (Rang 85/171) 0.6455 (Rang 114/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,3% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum 28 Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html LÄNDERBERICHT Millenniumsdorf Kanat Toch – Kambodscha Laos Kanat Toch H ! Banlung Virach ey Thailand Ka mb n Sa Se od 1813 Lumphat sc ha 2420 Vietnam Phnom Penh 0 50 100 200 km Sources: Esri, USGS, NOAA ! Millenniumsdorf ! H Stadt mit Projektbüro " J Hauptstadt # Berg Nationalparks 29 MDG 7: Traditionelle Ressourcennutzung ist gestärkt – Frauen gehen zur Bambussprossen Ernte in den Wald MDG 1: Verbesserte Ernährung durch traditionelle und nährstoffreiche Lebensmittel MDG 3: Frauen stärken ihren Zusammenhalt in der Kochgruppe Millenniumsdorf Kanat Toch – Kambodscha Fortschritt im Reisfeld Das Paradies könnte in Kanat Toch liegen: Der Nordosten Kambodschas hat fruchtbare Böden, ausreichend Wasser und überall gibt es wild wachsendes Obst und Gemüse. Im Virachey- Nationalpark lebten die ethnischen Minderheiten einst in Einklang mit der üppigen Natur, die sie mit ausreichend Nahrung versorgte. Dann wütete 30 Jahre lang der Bürgerkrieg und mit ihm die Gewaltherrschaft der Roten Khmer. Seitdem gehören die Bewohner und Bewohnerinnen der Provinz Ratanakiri zu den am meisten benachteiligten Menschen des Landes. Sie wurden vertrieben und siedelten sich am Ufer des Flusses Se San an – ohne Saatgut, Werkzeug oder Arbeit. Hunger, Elend und lebensbedrohliche Krankheiten waren weit verbreitet. Zwei Drittel aller Kinder litten an chronischer Mangelernährung. Heute stehen die Reisfelder im kambodschanischen Millenniumsdorf wieder in prächtigem Grün. Die Ähren biegen sich unter der Last der Früchte. „Wir setzen die Pflanzen jetzt in größeren Abständen, das vergrößert das Wurzelwachstum“, erklärt Youel Romam. Die 43-jährige Reisbäuerin engagiert sich trotz ihrer sieben Kinder aktiv in der Dorfgemeinschaft. Seit 2010 leitet sie die 12-köpfige Frauenkochgruppe. Sie hat in den vergangenen acht Jahren jede Schulung zu Landwirtschaft, Gemüseanbau oder Hygiene besucht. Die Welthungerhilfe engagiert sich mit ihrer Partnerorganisation Centre d’Etude et de Développement Agricole Cambodgien (CEDAC) bereits seit 2004 in der vernachlässigten Region. Seitdem ist in Kanat Toch und Umgebung viel passiert. Viele Familien in den zwei Siedlungen des Millenniumsdorfes be stellen ihr Reisfeld mit der Saatgut sparenden Methode System of Rice Intensification (SRI). Wie das funktioniert, haben die Fachkräfte von CEDAC in Theorie und vor allem in der Praxis auf dem Feld gezeigt. Die W elthungerhilfe hat angepasstes Saatgut und Ochsenge spanne bereitgestellt. „Die Felder werden nur noch feucht gehalten und nicht mehr geflutet, so konnten wir unsere Erträge fast ver doppeln und gleichzeitig Wasser sparen“, sagt Y ouel Romam. Einen Teil der Reisfelder legen die Kleinbauern trocken, damit sich der Boden erholen und sich neue Nährstoffe für die nächste Anbauperiode bilden können. Die Ernte lagern die Familien in Vorratsspeichern, einen Teil verkaufen sie weiter, wenn die Preise auf dem Markt gut sind. Gesund durch Gemüse, Obst und Tierhaltung Neben dem Grundnahrungsmittel Reis essen die meisten Familien in Kanat Toch heute jeden Tag Obst und Gemüse. Das war vor zehn Jahren noch undenkbar. „Wir wussten gar nicht, was Vitamine sind und dass Gemüse deshalb so wichtig für den Körper ist“, sagt die 20-jährige Hanim Romam. Die junge Frau ist erst seit kurzem in der Kochgruppe, aber sie 2009 / 10 Die Reisernte fällt heute 50% höher aus 30 4 km Zufahrtsstraße wurden instand gesetzt und kleine Brücken neu gebaut Heute hat jeder Zugang zu sauberem Trinkwasser und guter Hygiene 26 Latrinen wurden von CEDAC / Welt hungerhilfe gebaut und werden benutzt Zyklon Ketsana und eine Überschwemmung zerstörten alle Gemüsegärten 50% der Kinder in der Region sind chronisch unterernährt „Die Felder werden nur noch feucht gehalten und nicht mehr geflutet, so konnten wir unsere und gleichzeitig Wasser Erträge fast verdoppeln sparen“, sagt Youel Romam. Einschätzung der Dorfbevölkerung zur Entwicklung der Gleichstellung und Gleichberechtigung der Geschlechter (MDG 3) Einschätzung der Dorfbevölkerung zu ihrer Hungerund Armutssituation (MDG 1) exzellent exzellent sehr gut sehr gut gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht 2003 2008 2014 Verbessertes Wissen über Geschlechtergerechtigkeit Gleichberechtigte Partizipation an Dorfentwicklungsmaßnahmen Gleichberechtigte Entscheidungsfindung im Haushalt 2003 2008 2014 Zugang zu Obstbäumen Zugang zu Gemüsegärten Anpflanzung von Cash Crops Techniken der Nutztierhaltung Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 hat schon viel gelernt. In ihrem Gemüsegarten zieht sie Langbohnen, Knoblauch, Zwiebeln, Wassermelonen und Chili. Das ganze Jahr über wächst etwas vor der Haustür. „Das Essen ist abwechslungsreich und schmeckt immer gut. Ich weiß jetzt auch, welche Blätter und Wurzeln ich im Wald suchen kann, damit meine Mahlzeiten noch schmackhafter und gesünder werden.“ Eine ältere Frau aus der Kochgruppe ergänzt: „Wir schneiden Bambus und schälen die Sprossen gleich im Wald, wie es unsere Vorfahren früher auch gemacht haben. Daran hat uns die Welthungerhilfe erinnert. Viele dieser traditionellen und nährstoffreichen Lebensmittel nutzen wir jetzt wieder.“ bäume, Maniok, Sesampflanzen und andere Cash Crops. Dabei geht der Fortschritt im Millenniumsdorf durch den ganz heitlichen Ansatz Linking Agriculture, Natural Resource Management and Nutrition (LANN) nicht zu Lasten der Natur. Er verbindet vielmehr Landwirtschaft und Ernährungssicherung mit ressourcen schonenden Anbau methoden, die sich positiv auf die U mwelt auswirken. Boden- und Waldschutz spielen eine ebenso wichtige Rolle wie der Erhalt natürlicher Wasserkreisläufe. Die Menschen in Kanat Toch nehmen heute eine viel g rößere Bandbreite an Nahrungsmitteln zu sich als früher. Dadurch sind sie gesünder und vitaler. 2013 hatten bereits neun von zehn Haushalten Obstbäume gepflanzt, die Hälfte von ihnen bis zu vier Sorten. 38 Prozent der Kleinbauern züchteten s ogar mehr als fünf verschiedene Sorten und drei Prozent über zehn. Alle Familien halten Hühner, Enten oder Gänse. Aus den neuen Ställen schnattert und gackert es quer durch den Ort. Fische aus Teichen versorgen die Bevölkerung mit einer zusätzlichen Proteinquelle. Die kleinbäuerlichen Familien intensivieren ihre Landwirtschaft. So verdoppelte sich das Monatseinkommen von 24.000 kambodschanische Riel (5,5 Euro) auf 48.000 Riel (11 Euro). Für den Verkauf kultivieren die F amilien Cashew Große Schwierigkeiten bereitet hingegen der Landraub. Ohne Rücksicht auf die Bevölkerung vergibt die Regierung immer mehr Anbauflächen an große Konzerne, die dann Kautschuk- oder Cashew-Plantagen für den Export anlegen. Das Land wird den ethnischen Minderheiten einfach ent zogen. So schwinden die Wälder um Kanat Toch und mit ihnen die Überlebens chancen der kleinbäuerlichen Familien. Sie besitzen keine Landtitel und können ihre Rechtsansprüche gegenüber multinationalen K onzernen und Korruption kaum durchzusetzen. Hinzu kommen immer häufiger auftretende Extremwetter wie Dürren oder Zyklone. Die Auswirkungen der Naturkatastrophen sind aufgrund der Abholzung und der Monokulturen der Großinvestoren verheerend. Die Welthungerhilfe beginnt ihr Engagement in der Region. CEDAC wird Partnerorganisation Kanat Toch wird zum Millenniumsdorf 30 Jahre Bürgerkrieg und Terror durch die Roten Khmer 1970er Landraub – die neue Katastrophe 1999 2004 2006 Internationale Unternehmen kommen ins Land und holzen tropische Wälder ab 2009 2011 2015 Zyklon Ketsana Schwere Überflutungen 31 MDG 7: Verbesserung der Hygiene im Vergleich – früher und heute MDG 7: Frisches und sauberes Wasser sorgen für eine bessere Hygiene Die Welthungerhilfe und Partnerorganisation CEDAC nehmen sich dieser neuen Gefahren und Herausforderungen an. Sie klären die Bevölkerung über ihre Rechte auf und beraten sie in juristischen Fragen. Immer mehr Dorfbewohner und -bewohner innen kämpfen um einen Landtitel – und können ihn mittlerweile stolz vorweisen. Aber das reicht noch lange nicht. „Wir wollen in Z ukunft stärker rechtebasiert arbeiten, den Leuten Anwälte zur S eite stellen. Wir wollen, dass sie als Landbesitzer anerkannt werden – oder eine Entschädigung bekommen“, sagt Dirk Reber, Landeskoordinator der Welthungerhilfe für Kambodscha und Laos. nutzt. Zum Beispiel die beliebte Süßspeise „Nom Korng“. Die Reisküchlein aus verkauft Youel Romam für knapp 440 Riel (10 Cent) das Stück. In den Hygieneschulungen hat sie gelernt, Geschirrspülmittel aus einfachen Zutaten herzustellen. Das verkauft sie nun in Halbliterflaschen und verdient damit bis zu 105.000 Riel (24 Euro) pro Monat. Aus dieser Position heraus kann Youel Romam heute sagen: „Natürlich haben wir am Anfang Unterstützung gebraucht. Aber in der Zukunft können wir uns einfach selbst organisieren.“ Frauen stärken Das gilt auch für die Rechte der Frauen. Sie spielen eine immer wichtigere Rolle in der Entwicklung des Millenniumsdorfes. Traditionelle Rollenverständnisse brechen langsam auf. Das sehen inzwischen auch einige, wenn auch nicht alle Männer, als Vorteil. Frauen haben im Haushalt und in der Landwirtschaft Mitspracherecht und beteiligen sich gleichberechtigt an den Dorfkomitees. „Da haben sich einige Männer ganz schön umgeschaut, dass sie jetzt nicht mehr einfach alles allein entscheiden können“, sagt Youel Romam entschieden. Ihr neues Selbstbewusstsein hat sich die Leiterin der Frauenkochgruppe Schritt für Schritt aufgebaut. Wichtig dafür war vor allem, etwas zum Familieneinkommen beizutragen. Karte: Welthungerhilfe Von der Welthungerhilfe und CEDAC hat sie verschiedenste Rezepte kennengelernt, die sie zum Teil auch für den Verkauf Kambodscha Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score Sauberes Wasser bleibt eine Herausforderung Eines der Kernprobleme in Kanat Toch war außerdem die schlechte Trinkwasserversorgung. Die Menschen waren auf das schmutzige Wasser aus dem Fluss Se San angewiesen. Inzwischen haben sie mit Unterstützung der W elthungerhilfe und CEDAC 52 Brunnen gebaut. Zwei Drittel der Familien nutzen jetzt sauberes Wasser in ihrer Nähe. Sieben von zehn müssen weniger als 50 Meter bis zur nächsten Quelle gehen. Latrinen und Waschbecken sorgen für bessere Hygiene. Trotzdem bleiben sauberes Wasser und eine intakte Umwelt die Herausforderungen der Zukunft. Landraub, Abholzung und Monokulturen zerstören die natürlichen Kreisläufe, die die Welthungerhilfe mit ihrem ganzheitlichen LANN-Ansatz unterstützen will. Umso wichtiger, die Dorfgemeinschaft weiterhin zu stärken, damit sie ihre Rechte auf ein selbstbestimmtes Leben frei von Hunger und Armut, in Einklang mit der Natur vom Staat einfordern kann. Kambodscha 2009 Kambodscha 2015 Deutschland 2015 14,5 Mio. 80,1 p/km2 534 € 15,5 Mio. 85,6 p/km2 731 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33.606 € 60 Jahre 64,3 Jahre 3,04 je Frau 5,5% 73,6% 75% 21,2 – sehr ernst 0,593 (Rang 137/182) 16,58% (Rang 9/173) 0,6410 (Rang 104/134) 61,4 Jahre 66,3 Jahre 2,66 je Frau 5,1% 73,9% 55,8% 16,1 – ernst 0,584 (Rang 136/195) 17,12% (Rang 9/171) 0,6520 (Rang 108/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,3% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum 32 Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html Kurzfilme wie „Mit Reis und Bambus gegen Hunger“ gibt es hier www.youtube.com LÄNDERBERICHT Millenniumsdorf Korak – Nepal 6638 6638 7162 7817 7095 China Ne pa 8172 l Chitwan Nationalpark Korak 7570 8848 Mt. Everest 8586 Kathmandu Bhutan Bhutan Indien 0 50 100 200 km ! Millenniumsdorf J " Sources: Esri, USGS, NOAA India Hauptstadt mit Projektbüro Chitwan Nationalpark # Berg Bangla- desh 33 MDG 1: Gemüse für eine bessere Ernährung MDG 7: Naturkundeunterricht für Schulkinder im Freien MDG 2: Gleichberechtigte Schulbildung für Jungen und Mädchen MDG 1: Tierhaltung für bessere Nahrung und mehr Einkommen Millenniumsdorf Korak – Nepal Ein grünes Konzept macht Schule Shreemaya Tamang öffnet den Wasserhahn. Klares Wasser sprudelt in einen Plastikbehälter. Zweimal am Tag kann sie Wasser direkt in ihrer Küche zapfen. „Früher musste ich das Wasser aus Wasserlöchern schöpfen. In der Trockenzeit war ich dafür viele Stunden bis zum Fluss unterwegs. Meine Kinder litten an Durchfall und konnten nicht in die Schule gehen“, sagt die dreifache Mutter. Das ist vorbei, seit in ihrem Millenniumsdorf die gemeinsam beschlossenen Maßnahmen greifen. Das Wasser fließt aus einem oberhalb der Häuser errichteten Tank. „Statt Medikamente kaufe ich heute Schulmaterialien“, sagt Shreemaya Tamang. Die Nepalesin stammt aus der Projektregion Korak, die 180 Kilo meter westlich der Hauptstadt Kathmandu im Chitwan Distrik liegt. Fast 9.000 Menschen leben hier in vielen kleinen Gemeinden. Die meisten Bewohner gehören den ethnischen Minderheiten der Chepang oder Tamang an oder zählen zur „niederen“ Kaste der Dalits. Wie Familie Tamang bebauen die meisten hier weniger als ein Hektar Land mit Mais, Hirse und Buchweizen. Früher reichten die Erträge der mühseligen Feldarbeit nicht aus, um die Familien zu ernähren. Fast alle hatten sechs bis neun Mona- Über 80% der Menschen nutzen inzwischen sauberes Wasser 34 56 Selbsthilfegruppen wurden gegründet 650 Küchengärten wurden angelegt und 15 verschiedene Gemüsesorten angebaut te im Jahr nicht genug zu essen, Lebensmittel – überlebten nur durch das Sammeln von wild wachsenden Wurzeln und Knollen. Dabei ist der Boden in Korak fruchtbar und das Klima günstig für die Landwirtschaft. Wechselnde Wetterextreme wie Starkregen und Dürreperioden bedrohen jedoch immer wieder die Existenz der Familien. Seit Korak 2011 Millenniumsdorf wurde, verbessern die Menschen ihre Lage mit Unterstützung der W elthungerhilfe und ihrer Partnerorganisation Rural Reconstruction Nepal (RRN) Schritt für Schritt: zum Beispiel, indem sie Dünger selbst herstellen und mit neuen landwirtschaftlichen Methoden experimentieren. „Viele Projekte scheitern, weil die Menschen neue Ideen oft nicht als ihre begreifen. Deshalb binden wir sie von Beginn an in alle Planungen ein“, sagt Surendra Gautam von der Welthungerhilfe in Nepal. An den Anfang erinnert sich Mahendra Chepang noch genau. „Alle 1.200 Familien wurden nach ihren Wünschen und Stärken gefragt“, sagt die 22-jährige Einwohnerin. Und weil der nepalesische Staat kaum präsent war, haben sie in den ver gangenen vier Jahren eigene demokratische Strukturen aufgebaut. Inzwischen gibt es eine Bürgervertretung (People´s Forum) aus gewählten Gemeindemitgliedern, die einen Entwicklungs- Chronische Krank heiten sind die Haupt-Todesursache 57% der Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze und verdienen 6000 Nepali (53€) pro Person und Jahr 22 km Straße wurden für einen besseren Marktzugang rehabilitiert „Statt Medikamente kaufe ich heute Schulmaterialien“, sagt Shreemaya Tamang. Einschätzung der Dorfbevölkerung zur Entwicklung der Gleichstellung und Gleichberechtigung der Geschlechter (MDG 3) Einschätzung der Dorfbevölkerung zu ihrer Hunger- und Armutssituation (MDG 1) exzellent exzellent sehr gut sehr gut gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht 2004 2006 2003 2008 2010 2012 2014 2003 Bewusstseinsschärfung 2004 2006 2008 2010 2012 2014 Landwirtschaftliche Anbautechniken Zugang zu Bewässerungssystemen Zustand der Straße Einkommenmöglichkeiten Abbau kultureller Hürden Chancengleichheit Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 plan ausgearbeitet haben und den Kontakt zu den Behörden halten. Außerdem gründeten die Bewohner acht Waldnutzergruppen, 56 Bauerngruppen und eine Agrargenossenschaft. Diese Erfolge können von Dauer sein, wenn die Menschen in Korak die biologische Vielfalt ihrer Region bewahren und ihre Ressourcen schonend nutzen. Mit dem Konzept der „Grünen Schulen“ zielen Welthungerhilfe und ihre Partnerorganisation Friends of Nature auf Mädchen und Jungen und damit auf die Landwirte von morgen. Als Teil des Unterrichts lernen die Jugendlichen, wie sie Regenwasser sammeln, W ildkräuter bestimmen, den Wald nutzen und gleichzeitig aufforsten können. „Indem wir die Kinder an sprechen, erreichen wir auch die Eltern“, erklärt Surendra Gautam das Konzept. Diese demokratische Strukturen bilden die Basis für Entwicklung und Unterstützung der Village Development Committees (VDC). Sie sind das unterste Verwaltungsorgan auf lokaler Ebene. Alle Menschen in Korak sollen sich ausreichend und gesund ernähren können. Das geht aber nur, wenn die B auern ihre Produkte auf den Märkten der Umgebung ver kaufen können. Deshalb haben die Bewohner in einem K raftakt 22 Kilometer Straße ausgebessert. Außerdem verlegten sie acht Kilometer Leitungen für ein Bewässerungsnetzwerk und legten Teiche zum Auffangen von Regenwasser an. Damit bewässern über 300 kleinbäuerliche Familien rund 176 Hektar Ackerfläche. Sie ernten 20 Prozent mehr Getreide. Seit sie zusätzliche Früchte und Gemüse wie Mangos, Litschis, Ananas, Bohnen, Spinat und Kürbisse anbauen, verdienen die Bauern mehr Geld. Über das Projektgebiet verteilt, wachsen inzwischen 3.150 Obst bäume, und in mehr als 650 Gärten ernten die Frauen ver schiedene Gemüsesorten, mit denen sie ihre Familien ausgewogener ernähren können. In einem gemein schaftlich organisierten Fahrzeug transportieren Mitglieder der Agrargenossenschaft die überschüssigen Erzeugnisse zum Verkauf auf die naheliegenden Märkte. Beim Erfüllen der von der Dorfbevölkerung ausgewählten Millenniumsziele gab es gute Fortschritte. Nicht nur Armut und Hunger sind zurückgegangen. War es Frauen früher noch verwehrt, an öffentlichen Diskussionen teilzunehmen, b ringen sie sich inzwischen aktiv ein, zum Beispiel die 22-jährige Mahendra Chepang: „Wichtig ist mir, dass ich Teil eines gemeinsames Planes bin, und dass ich zum ersten Mal in meinem Leben nach meinen Wünschen und Ideen gefragt werde.“ Am 25. April und 12. Mai 2015 wurde Nepal von einer ver heerenden Erdbebenkatastrophe heimgesucht. Mehr als 8 Millionen Nepali sind auf Hilfe angewiesen, über 480.000 Häuser sind zerstört, Straßen verschüttet und bedeutende Kulturdenkmäler dem Erdboden gleichgemacht. Welthungerhilfe nimmt Unterstützung für Nepal wieder auf Welthungerhilfe und Rural Reconstruction Network (RRN) kooperieren in der Region Rückgang der Nahrungsmittelproduktion und Anstieg der Hungersnot Bürgerkrieg zwischen Regierung und Maoisten 1995 2002 2004 Schwere Regenfälle, Überschwemmungen und Erdrutsche 2006 2007 Geringe Niederschläge und generell verändertes Niederschlagsmuster 35 Mahendra Chepang sagt: „Wichtig ist mir, dass ich Teil eines gemein- samen Planes bin, und dass ich zum ersten Mal in meinem Leben nach meinen Wünschen und Ideen gefragt werde.“ MDG 1: Sreemaya Chepang füttert stolz ihre Rinder Während die Naturkatastrophe in manchen Distrikten be sonders schwere Ausmaße annahm, hatten die Menschen im Millenniumsdorf Korak Glück im Unglück: Alle haben das Beben überlebt. Einige Familien verloren jedoch ihr Z uhause: Insgesamt 24 Häuser stürzten ein, außerdem auch mehrere Toilettenanlagen. Wie in anderen Landesteilen haben die Welthungerhilfe und ihre Partner auch hier die Betroffenen unmittelbar nach der Katastrophe mit Hilfsgütern und Material für Notunterkünfte versorgt. Doch auch wenn die Schulen kurz nach der Krise ihren Betrieb wieder aufnehmen und langsam wieder so etwas wie Alltag in Korak einkehrt – die Unsicher- Karte: Welthungerhilfe Nepal Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score heit ist geblieben. Ernten werden ausfallen, Einnahmen werden wegfallen und einige Familien neu anfangen müssen. Aber sie sind eingebunden in eine tragfähige Gemeinschaft, die mithilfe unserer Unterstützung auch einen solch schweren Schicksalsschlag meistern wird. Nepal 2009 Nepal 2015 Deutschland 2015 28,56 Mio. 194 p/km2 353 € 30,99 Mio. 211 p/km2 504 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33.606 € 64,3 Jahre 66,7 Jahre 2,64 je Frau 4,75% 48,6% 76% 19,8 – ernst 0,553 (Rang 144/182) 6,15% (Rang 99/173) 0,6213 (Rang 110/134) 65,9 Jahre 68,6 Jahre 2,3 je Frau 4,04% 57,4% 75% 16,4 – ernst 0,540 (Rang 145/195) 5,29% (Rang 108/171) 0,6458 (Rang 112/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,3% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum Hungersnot 2009 Klimawandel Entscheidung der Welthungerhilfe, Engagement in Nepal auszuweiten 2010 2011 2014 Korak wird zum Millenniumsdorf 36 Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html LÄNDERBERICHT Millenniumsdorf Veshab – Tadschikistan Kirgisistan Veshab Usbekistan Ayni H ! 4099 5621 Zerafshan 7495 4643 Ta d s c h i k i s t a n Dushanbe 7649 China 3137 0 50 100 200 km ! Millenniumsdorf Afghanistan H Stadt mit Projektbüro ! 7795 PakistanSources: Esri, USGS, NOAA J Hauptstadt # Berg " Siachen Glacier 37 MDG 7: Ressourcenmanagement mindert Erosion und kann zur ökologischen Nachhaltigkeit beitragen MDG 1: Regelmäßiges Einkommen durch Honig MDG 3: Nähkurse für Mädchen Millenniumsdorf Veshab – Tadschikistan Aufbruchstimmung im Zerafshan-Tal Die Häuser und Hütten von Veshab schmiegen sich an die steilen Hänge des Zerafshan-Tals im Nordwesten Tadschikistans. Ein paar Bäume, wenig grünes Land und vor allem Felsen, Stein und Geröll. Veshab ist ein typisches tadschikisches Dorf. Bis 2006 verfügten die rund 2.000 Bewohnerinnen und Bewohner in dieser kargen Berglandschaft über viel Land, aber kaum Ackerfläche. Die Erträge reichten zum Leben nicht aus. Viele Kleinkinder litten an Unterernährung. Weil es zudem kaum alternative Verdienstmöglichkeiten gab, suchten Männer Arbeit in anderen Regionen. Und wie im ganzen Land lebten acht von zehn Einwohner von weniger als einem US-Dollar am Tag. Seit Veshab aber mit den benachbarten Siedlungen Darg und Shamtuch 2006 Millenniumsdorf wurde, ist viel passiert. Neue Anbaumethoden, Bewässerung, zusätzliche Produkte, Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Trinkwasser und Bildung für Mädchen – die Liste der Veränderungen ist lang. „Vor Projektbeginn haben wir unser Wasser direkt aus den Bächen geschöpft, mit Hilfe einer Pipeline können wir nun sauberes Trinkwasser genießen“, sagt Rukia Nazarowa, Mutter von vier Kindern. Schwere Durchfallerkrankungen sind selten geworden, auch dank regelmäßiger Hygieneschulungen. Erkranken ein Kind oder ein Erwachsener trotzdem, werden sie im neuen Gesundheitsposten von einem Krankenpfleger verarztet. Viele einzelne Schritte haben die Dorfbewohner mit Unter stützung der Welthungerhilfe eingeleitet – als Teil eines syste ma tischen Plans. Sie haben gemeinsam diskutiert und Entscheidungen ebenso gemeinsam getroffen. Und sie gründeten die Public Organization Zerafshan (POZ, lokale Organisation Zerafshan) und ein Frauenkomitee. Die lokale Organisation wird die E ntwicklungen fort führen, wenn die Welthungerhilfe ihr P rojekt beendet, davon ist Rukia Nazarowa, die Leiterin des Frauenkomitees überzeugt. Ausbilden und höhere Einkommen erzielen Gerade die Ausbildung von Mädchen zeigt, wie sehr sich der Blickwinkel in Veshab verändert hat. Am Anfang zögerten die meisten im Dorf. „Die Eltern von der Idee zu überzeugen, hat sehr lange gedauert, weil Mädchen traditionell früh verheiratet werden und die Schule oft mit elf Jahren verlassen haben“, sagt die 43-jährige Rukia Nazarowa. Heute gibt sie Nähkurse für Mädchen. Seitdem können sich die Menschen Hosen und Jacken im Dorf kaufen und müssen nicht mehr in die 90 Minuten entfernt liegende Stadt Aini fahren. Sie sparen Transport kosten, und die Frauen verdienen Geld, das in Veshab bleibt. Rukia Nazarowa registriert, dass sich das Verhältnis zwischen Männern und Frauen verändert. „Sogar verheiratete Mütter besuchen heute die Universität oder beenden ihre Ausbildung, das war früher undenkbar“, sagt die Leiterin des Frauenkomitees. 34 ha Heute gibt es 34 Imker mit etwa 230 Bienenstöcken in Veshab 38 Aprikosenplantagen mit 40-70 t Ernte pro Jahr 18 Die Frauengruppe von Veshab gibt Näh kurse und verleiht ein Hochzeitskleid Honig und Propolis-Salbe aus Veshab wird heute überregional verkauft Sauberes T rinkwasser ist immer und für jeden verfügbar Früchtetrockner wurden lokal gebaut und werden genutzt „Sogar verheiratete Mütter besuchen heute die Universität oder beenden ihre Ausbildung, das war früher undenkbar“, sagt Rukia Nazarowa. Einschätzung der Dorfbevölkerung zur Entwicklung der Gesundheitsversorgung (MDG 1) Einschätzung der Dorfbevölkerung zur Entwicklung der Gleichstellung und Gleichberechtigung der Geschlechter (MDG 3) exzellent exzellent sehr gut sehr gut gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2007 2008 2009 2010 Chancengleichheit 2011 2012 2013 2014 Gleichberechtigung und Respekt innerhalb der Familie Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Erträge in der Landwirtschaft steigen In den vergangenen zehn Jahren haben die Einwohner in Veshab zahlreiche Projekte angestoßen. Nicht alle brachten den erwünschten Erfolg, und nach wie vor stehen die Menschen vor großen Herausforderungen. Der Baumbestand geht immer noch zurück, weil die Menschen mit Feuerholz kochen. Und nach wie vor kehren viele junge Männer und Frauen Veshab den Rücken, um ihr Glück woanders zu suchen. Wie aber lassen sich die Erträge in der Landwirtschaft auf den begrenzten Ackerflächen steigern? Als ersten Schritt setzten die Frauen und Männer ihr marodes Bewässerungssystem instand und führten mit Hilfe von Experten eine sparsame Tropf-Bewässe rung ein. Um Erosionen zu verhindern, legten sie Felder in Terrassen an. In regelmäßigen Trainings lernten sie, Wasser sparsam einzusetzen. Sie gründeten Selbsthilfegruppen, in denen sie mit neuen Anbaumethoden experimentierten, neue Früchte testeten oder Saatgut in Gewächshäusern zogen. Ein gutes Beispiel für die Experimentierfreude ist die bis vor Jahren unbekannte Bienenzucht oder die Trocknung von Obst durch Solartrockner. Inzwischen gibt es 34 Imker in V eshab. Für jedes Kilo Honig erzielen sie fünf Euro. Dank der guten Qualität beziehen in zwischen internationale Hotels aus der Hauptstadt Dushanbe ihren Honig von den Imkern aus Veshab. Aus dem Bienenharz fertigen Frauen zudem Propolis-Salbe, die eine antibiotische und antivirale Wirkung hat und gute Preise erzielt. Das getrocknete Obst lässt sich ebenfalls gut v ermarkten oder hilft den Familien über den Winter, weil die Früchte nun nicht mehr faulen. Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score Karte: Welthungerhilfe Tadschikistan Doch insgesamt haben die Bewohnerinnen und Bewohner e inen positiven Prozess in Gang gesetzt, der ihnen heute zu größeren Ernten und zusätzlichen Einkommen verhilft, b ilanziert der Agraringenieur Husein Sultonov. „Dank der Mischung aus Investitionen in Infrastruktur und Weiterbildung einerseits und höherwertigen Produkten andererseits, ist uns eine p ositive Entwicklung gelungen“, sagt der gewählte Leiter von POZ. Besonders erfreulich ist, dass sich die Erfolge in Veshab herumgesprochen haben. Aus anderen Dörfern kommen inzwischen Delegationen, die die Gründe für den Aufstieg erfahren wollen. Denn die Entwicklung von Veshab steht auch ihnen offen. Tadschikistan 2009 Tadschikistan 2015 Deutschland 2015 7,35 Mio. 51 p/km2 486 € 8,05 Mio. 56 p/km2 753 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33.606 € 62,3 Jahre 68,5 Jahre 2,99 je Frau 4,1% 99,5% 67% 18,5 – ernst 0,688 (Rang 127/182) 7,47% (Rang 73/173) 0,6661 (Rang 87/134) 64 Jahre 70,3 Jahre 2,76 je Frau 3,5% 99,7% 46% 16,4 – ernst 0,607 (Rang 133/195) 7,17% (Rang 70/171) 0,6654 (Rang 102/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,3% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum Präsidentschaftswahlen 1991 1992 Kollaps der Bürgerkrieg Sowjetunion 1994 1997 Späte 1990er: schwere Dürre Die Welthungerhilfe beginnt ihr Engagement im Zerafshan-Tal Veshab wird zum Millenniumsdorf 2004 2006 2007 / 8 Sehr kalter Winter 2012 2015 Die zweite Millenniumsdorf Phase wird implementiert Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 39 40 LÄNDERBERICHT Millenniumsdorf Mondésir und Poirir – Haiti Bahamas Cuba 0 25 50 100 km Haiti Dominikanische Republik Port-au-Prince Petit-Goâve 1076 394 840 Poirier ! Millenniumsdorf H Stadt mit Projektbüro ! 3098 Mondésir 2680 Marigot Sources: Esri, USGS, NOAA J " HauptstadtMarigot mit Projektbüro # Berg 41 MDG 7: In der Baumschule in Mondésir werden Setzlinge für die Anpflanzung gezogen MDG 1: Die Bäckerei in Poirier – neue Einkommensmöglichkeiten MDG 1: Karotten für eine verbesserte Ernährung und ein verbessertes Einkommen Millenniumsdorf Mondésir und Poirir – Haiti Erdbeben und Stürmen zum Trotz, die Menschen hoffen wieder Als am 12. Januar 2010 um 16.53 Uhr die Erde in H aiti zu beben beginnt, stürzen Häuser und Brücken ein. Die Wasserleitungen bersten, der Strom fällt aus und die gesamte Infrastruktur bricht zusammen. 316.000 Menschen sterben unter den T rümmern oder erliegen ihren Verletzungen. Jeder zweite Bewohner verliert sein Obdach. Zwei Jahre später verwüsten die Hurrikane Sandy und Isaac den Süden des Landes und zerstören die komplette Ernte. Die Lebensmittel werden knapp, die Preise steigen. Die regel mäßigen und unterschiedlich schweren Naturkatastrophen verschärfen die Not im Land. Haiti ist das ärmste Land der Welt, auch weil die politische Instabilität Investoren und Touristen abschreckt. Zwei Millionen Menschen – zwanzig Prozent der Bevölkerung h ungert. Die beiden Millenniumsdörfer – Poirier im Südosten, M ondésir im Süden – spiegeln die Verhältnisse in dem Karibik staat mit einem großen Bevölkerungsdruck wieder. In P oirier zum Beispiel leben mit 560 Menschen mehr als doppelt so viele Menschen auf einem Quadratkilometer wie in Deutschland. Weil die M enschen nahezu ausschließlich von dem leben, was ihre Felder hergeben, ist der Druck auf das Land enorm. Jahr um Jahr werden die Böden unfruchtbarer, die Erträge spärlicher. Die Menschen erschließen sich „neuen Boden“, fällen weitere Bäume, selbst an steilen Bergen. Starke Regenfälle schwemmen den Boden fort, zurückbleiben karge Hänge. Kaum zwei Prozent Haitis sind noch bewaldet. Die Abwärtsspirale durchbrechen Was aber tun? Soll es den Menschen besser gehen, müssen viele unterschiedliche Maßnahmen ineinandergreifen, die die Böden schützen und mehr Erträge versprechen. Die gleichzeitig aber dazu führen, dass degradierte Flächen wieder aufgeforstet werden können. Es klingt wie die Quadratur des Kreises und doch haben sich die Menschen auf den Weg gemacht. Bewusstseinsbildung ist in beiden Millenniumsdörfern der Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung. Mit Hilfe der Welthungerhilfe haben die beiden Partnerorganisationen A ction pour un Dévéloppement Durable (ACDED) in Mondésir und Concert Action in Poirier alternative Anbau- und Forstmethoden eingeführt. In Workshops lernten Frauen wie Männer, neue Frucht sorten anzubauen und Lebensmittel zu konservieren, Wälder wieder aufzuforsten und nachhaltig zu bewirtschaften. Da die Menschen in den Projektregionen regelmäßig unter extremen Wetterereignissen leiden, zielen die Maßnahmen auch darauf ab, vorhandene Risiken zu minimieren und die Menschen – soweit das möglich ist – vor Katastrophen zu schützen. 400 In Mondésir wurden rund 400 Personen in der Nutzung von Baum veredelungstechniken ausgebildet und geben ihr Wissen weiter 42 113.000 In Mondésir werden Früchte zu Marmeladen und Säften veredelt In 6 neuen Baumschulen in Mondésir wurden mehr als 100.000 Setzlinge gezogen Die Bäckerei versorgt Poirier täglich mit frischem Brot Über 113.000 Baumsetzlinge wurden in Poirier angepflanzt 1.100 Landwirte in Poirier bauen neue Gemüsesorten wie Kohl, Lauch, Paprika und Tomaten an “Frauen sind die Säulen jeder Familie und jeder Gesellschaft Jean-Philippe Hubert, Einwohner von Poirier: und sie tragen mehr Verantwortung. Aber leider werden ihre Rechte oft nicht respektiert.“ Einschätzung der Dorfbevölkerung in Mondésir zur Entwicklung der Armutsminderung (MDG 1) Einschätzung der Dorfbevölkerung in Piorier zur Entwicklung der Gleichstellung der Geschlechter (MDG 3) exzellent exzellent sehr gut sehr gut gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht 2004 2006 2008 2010 2012 2013 2015 2003 Integration von Frauen in den örtlichen Kleinunternehmen Integration von Frauen in Aus- und Bewusstseinsbildung Alphabetisierung für alle 2005 2007 2009 2011 2013 2014 Zugang zu Wohnraum Zugang zu Trinkwasser Investitionen in die Landwirtschaft Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Partizipation duzieren und etwas gegen die allgegenwärtige Boden erosion tun können. Heute verdienen die Frauen mit dem Verkauf des Gemüses eigenes Geld. „Wir können uns an den Schulge bühren für unsere Kinder beteiligen, Medikamente einkaufen und müssen dafür nicht mehr unsere Männer bitten“, freut sich Félisie Jean Louis. Das Stärken von kommunalen Strukturen gelingt, wo die Be wohnerinnen und Bewohner aktiv in Prozesse eingebunden sind. In Mondésir hat ACDED deshalb insgesamt 17 Workshops mit Vertretern der Kommunalverwaltung und der Bauernorganisationen organisiert, in denen beide Seiten ihre Rollen diskutierten und die jeweiligen Aufgaben identifizieren. Landwirtschaft – neue Methoden, höhere Erträge Das ist aber nur eine Seite, eine andere benennt Jean-Philippe Hubert, Einwohner von Poirier: “Frauen sind die Säulen jeder Familie und jeder Gesellschaft und sie tragen mehr Verant wortung. Aber leider werden ihre Rechte oft nicht respektiert.“ Aus diesem Grund hat der Vater von acht Kindern mit Männern und Frauen über Frauenrechte und Geschlechterrollen debattiert. Es ist noch ein weiter Weg bis zur Gleichberechtigung, das weiß auch Félisie Jean Louis. „Wir müssen nach wie vor für unseren Platz in der Gesellschaft kämpfen“, sagt die 60-jährige Mutter von acht Kindern. Doch sie sieht auch Fortschritte. Gemüsegärten sichern Ernährung und bringen Unabhängigkeit Gemüsegärten spielen dabei eine wichtige Rolle, zum Beispiel in Poirier. Hier haben vor allem Frauen zahlreiche Gemüse gärten angelegt, in denen nun Erbsen, Mais, Tomaten, Paprika und Lauch wachsen. Mit Hilfe von Concert Action lernten die Frauen, wie sie Gemüse anbauen, ihren eigenen Kompost pro- Zivile Unruhen, politische Instabilität, internationale Interventionen und Embargo 2000 2004 2005 2006 Zyklone Noël, Jeanne & Georges Die Kleinbauern nutzen inzwischen organische Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmittel, die sie selbst produzieren. Das schützt die Umwelt und entlastet die Familien, denn sie sparen das Geld für chemischen Pflanzenschutz ein. Und sie ernähren sich gesünder. Entscheidend für das Einkommen ist, welche Feldfrüchte die Landwirte anpflanzen. „Wir haben von Concert Action Saatgut für Granatäpfel, Chilis und Pfeffer erhalten. Mit diesen Kulturen erzielen wir in der Stadt sehr gute Preise“, sagt Benèche Jean Claude aus Poirier. Auch Simain Gustain, Landwirt aus Mondésir, sieht Fortschritte. „Wir produzieren heute sehr viel mehr als früher. Einen Teil konsumieren wir, den anderen Teil verkaufen wir“, sagt der 27-Jährige. Dafür kultivieren sie in Mondésir ihr Land heute nach einer Methode, die Tierhaltung mit Land- und Forstwirtschaft kombiniert, zum Beispiel um mit Blättern und Tierdung organischen Dünger herzustellen. „Wir Welthungerhilfe unterstützt Projekte in der Region 2007 2008 Zyklone Anna & Ike Welthungerhilfe kooperiert mit ACDED (Action Pour un Développement Durable ) und Concert d‘action 2009 2010 Trockenheit Schweres Erdbeben 43 Simain Gustain, Landwirt aus Mondésir, sieht Fortschritte. „Wir produzieren heute sehr viel mehr als früher. Einen Teil konsumieren wir, den anderen Teil verkaufen wir“, sagt der 27-Jährige. MDG 1: Herstellung von Fruchtsäften für den Verkauf MDG 1: Fruchtmarmelade zur Konservierung von Nahrungsmitteln haben Mango-, Citrus- und Avocadobäume gepflanzt und in die Zwischenräume Tomaten, Karotten und Kohl gesetzt“, erklärt Simain. handene Wald genutzt werden kann, ohne den Bestand zu gefährden. Früchte veredeln und konservieren Bäume rechnen sich auf lange Sicht Weil die Menschen inzwischen verstehen, wie wichtig der Schatten von Bäumen für das Gedeihen von Früchten ist, sind die Bewohnerinnen und Bewohner eher bereit, aufzuforsten. Das ist anfangs schwer, weil sich der Erfolg erst langfristig einstellt. Um die Zusammenhänge zwischen Erosion, Erträgen und Aufforstung zu verdeutlichen, haben Concert Action und ACDED zahlreiche Workshops mit insgesamt fast 1.700 Teil nehmenden organisiert. Rund 300 Dorfbewohnende trainierten in speziellen K ursen, wie sie Flächen aufforsten und ihre eigenen Baum setzlinge ziehen können. Insgesamt verteilten die Partnerorganisation über eine halbe Million Setzlinge an die Bevölkerung. In Poirier wurde darüber hinaus ein Flächen nutzungsplan entwickelt, der genau ausweist, wie der vor Die Welthungerhilfe unterstützt Projekte in der Region 2010 Erster Wahlgang für neue Regierung 44 2011 Cholera Epidemie Michael Martelly neuer Präsident nach Stichwahl Die Monate vor der nächsten Ernte waren für die Menschen in beiden Millenniumsdörfern lange Zeit sehr hart, weil die Lebensmittel Wochen vorher zur Neige gingen. In den Gemüse gärten ernten die Menschen inzwischen fast das ganze Jahr über. Das entspannt die Situation ein wenig. Eine wichtige Rolle spielen die neuen Produktionszentren, deren Aufbau die Welthungerhilfe in beiden Projektregionen unterstützte. In ihnen konservieren Frauen und Männer ihre landwirtschaftlichen Produkte durch Einkochen oder Trocknen. Sie minimieren dadurch Lagerverluste und können in Notzeiten auf die konservierten Nahrungsmittel zurückgreifen. Auch veredeln sie Früchte wie Mangos und Tomaten, Avocados, Pfeffer, Chilis und Granatäpfel. Daraus entstehen Säfte, Marmeladen und Liköre, die dann auf den Märkten in den naheliegenden Städten hohe Preise erzielen. Mondésir & Poirier werden zu Millenniumsdörfern 2012 Trockenheit und Zyklone Isaak & Sandy 2014 Trockenheit 2015 Parlamentswahlen mit politischen Unruhen MDG 7: Aufgeforstete Fläche im Vergleich zu einer steinigen, abgeholzten Hügelkette Eigenes Brot in Poirier In Poirier steht inzwischen eine neu gemauerte Bäckerei. In den Holzöfen backen Dorfbewohner ihr eigenes Brot. Bisher kam es mit Eseln aus der 23 Kilometer entfernten Kleinstadt Petit-Goâve. Das Geld für das Brot bleibt künftig in Poirier, das Brennholz stammt aus den nachhaltig bewirtschafteten Waldflächen. In der Bäckerei arbeiten inzwischen 12 Frauen und Männer. Mit den Gewinnen der Bäckerei wollen die Bewohner die Nutzholzplantagen ausweiten und ihre Bäckerei ausbauen. Die Hoffnung ist zurück Karte: Welthungerhilfe Seit September 2012 arbeiten die Menschen von Poirier und Mondésir mit ACDED, Concert Action und der Welthungerhilfe zusammen. Insgesamt 1.200 Familien profitieren in beiden Dörfern von der Millenniumsinitiative. In den drei Jahren initiierten die Partner viele Vorhaben. Nicht alle Ziele wurden verwirklicht. Infolge der immer wiederkehrenden Naturkatas trophen muss die ökologische Nachhaltigkeit in Poirier noch verbessert werden, um das Millenniumsentwicklungsziel 7 (MDG) zu erreichen. Mondésir war weniger betroffen von den Hurrikanen und weist hier bessere Ergebnisse aus. Nach wie vor grassiert Armut in beiden Orten, auch wenn der Hunger Haiti Karibisches Meer Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score (MDG 1) zurückgegangen ist. Dass sich die Situation vor Ort nur langsam positiv verändert hat, war in Anbetracht der schweren Rahmenbe dingungen jedoch abzu sehen, denn die meisten Ziele können die Menschen allenfalls langfristig erreichen. In Mondésir verfügen die Menschen mittlerweile über Trink wasser in guter Qualität und können auf Mikrokredite zurückgreifen, wenn sie investieren wollen. Gerade Frauen trauen sich in Mondésir mittlerweile mehr zu. Sie mischen sich in den Debatten um die Zukunft ein und schätzen die Veränderungen. Wie zum Beispiel Pierre Jésula aus Mondésir: „Indem wir unsere Lebensmittel veredeln, verdienen wir mehr Geld“, sagt die 23-Jährige. „Wir wünschen uns aber auch eine Berufsschule, in der wir kochen und backen lernen, aber gleichzeitig kalkulieren und Computer bedienen.“ Die Zukunftsvision: Eine Berufsschule für Männer und Frauen. Haiti 2009 Haiti 2015 Deutschland 2015 9,04 Mio. 326 p/km2 490 € 10 Mio. 360 p/km2 596 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33.606 € 59,1 Jahre 62,5 Jahre 3,81 je Frau 5,96% 52,9% 66% 28,6 – sehr ernst 0,532 (Rang 149/182) 11,45% (Rang 32/173) 0,6859 (Rang 67/134) 61,8 Jahre 64,6 Jahre 2,79 je Frau 4,94% 48,7% 38% 23,0 – sehr ernst 0,471 (Rang 168/195) 12% (Rang 21/171) 0,6906 (Rang 78/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,3% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 45 Einen Kurzfilm gibt es hier www.youtube.com 46 LÄNDERBERICHT Millenniumsdorf Auhya Pihni – Nicaragua Bajo Nuevo Bank (Petrel Is.) Lago de Izabal 2849 Auhya Pihni Honduras 2106 El Salvador Nicaragua Managua Lago de Nicaragua 0 50 100 ! Millenniumsdorf 200 km Costa Rica J Hauptstadt mit Projektbüro " Sources: Esri, USGS, NOAA # Berg 47 MDG 3: Schulbildung wichtig für Mädchen MDG 1: Wichtig für die Vermarktung – die Reisschälmaschine MDG 7: Eine der gebauten Ökotoiletten Millenniumsdorf Auhya Pihni – Nicaragua Mehr verdienen mit Zwiebeln, Reis und Biodünger Tornados, Starkregen und immer wiederkehrende Hurrikane erschweren das Leben im besonders armen Nordosten Nicaraguas, dem ärmsten Land Mittelamerikas. Was die Bewohner und Bewohnerinnen gestern aufgebaut haben, kann morgen schon wieder zerstört sein. Kein Wunder also, dass viele Menschen in die USA oder nach Costa Rica abwandern, um sich dort als Arbeitskräfte zu verdingen. Es sind in erster Linie die Männer, die gehen – und die Frauen, die zurückbleiben, um die Felder zu bestellen und die Kinder groß zu ziehen. Darunter leidet auch das Millenniumsdorf Auhya Pihni mit seinen 2.300 Einwohnern in sieben indigenen Miskitu- Gemeinden. Doch für die, die geblieben sind, hat sich in den vergangenen Jahren vieles zum Positiven verändert. Zum Beispiel für Santiago Lewis. Der 56-Jährige kniet in seinem Bohnenfeld und zeigt auf seine prächtig gedeihenden Pflanzen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich ein Kleinunternehmer werde“, sagt er. Gemeinsam mit anderen Landwirten hat er ein k leines Unter nehmen gegründet: „Wir produzieren jetzt Saatgut für den Eigenbedarf und den Verkauf.“ Mit dem Verkauf der Überschüsse erzielt Santiago Lewis heute Gewinne. Damit kann er seinen vier Kindern und acht Enkelkindern ein besseres Leben ermöglichen. Und wenn der nächste Hurrikan kommt, hat er genügend Saatgut, um wieder aussäen zu können. Das gibt ihm die Sicherheit, die er braucht, um in Auhya Pihni bleiben und sein Leben Schritt für Schritt verbessern zu können. „Meine Vorfahren haben nur kleine Felder bepflanzt“, sagt Santiago Lewis. „Aber ich habe jetzt gelernt, dass es wichtig ist, mehr Fläche zu bearbeiten, um genügend Getreide und Saatgut für den Eigenverbrauch und die nächste Aussaat zu haben.“ Die Ernährungsunsicherheit ist das zentrale Problem in ländlichen, von Unwettern heimgesuchten Regionen. Darunter leiden insbesondere Kinder, bei denen sich schnell Mangelerscheinungen zeigen, wenn die Lebensmittel nicht ausreichen. Daher haben sich die Menschen in Auhya Pihni gemeinsam dafür entschieden, in ihrem Millenniumsdorf in erster Linie Hunger und Armut zu bekämpfen. Heute reichen die Nahrungsmittel, die die Familien selbst anbauen, für mehr als zehn Monate im Jahr. 2011 waren es nicht einmal sechs Monate. Dieser Erfolg geht auf ein Bündel an Maßnahmen zurück. So haben die Miskitu ihre Ernteerträge mit dem angepassten Saatgut und besseren Anbaumethoden deutlich steigern können. Außerdem setzen sie inzwischen auf Sortenvielfalt bei ihren Anbaukulturen, um Wetter- und anderen Ernte risiken begegnen zu können. Während die Landwirte vorher meistens nur eine Feldkultur angebaut haben, ernten sie heute Bohnen, Mais, Reis und vieles mehr. Werfen Mais oder -50% 27€ beträgt das durchschnittliche Wocheneinkommen einer Familie 48 5 neue Gemüsesorten werden inzwischen in den Gemüse gärten angebaut 227 Ökotoiletten verbessern die Grund wasserqualität und ihr Bau schafft Einkommen Die Reisernte hat sich mehr als verdoppelt 208 Familien (54%) nutzen inzwischen sauberes Trinkwasser Die landwirtschaftlich genutzte Fläche hat sich wegen Emigration nahezu halbiert „Inzwischen baue ich in meinem eigenen Garten so viel Gemüse an, dass ich einen Teil davon sogar verkaufen kann“, sagt Ailita Panik Wilson. Landwirtschaftliche Erträge pro Hektar Nutzung von Latrinen und Toiletten Erträge t/ha 7 6 5 4 3 2 1 0 2013 6,5 2,2 1,5 2,0 1,5 Mais 2011 2012 1,7 Bohnen 2,3 3,0 3,6 2012 2011 Reis 0% 20% 40% 60% 80% Familien die eine Latrine oder Toilette nutzen 2013 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 ohnen aufgrund zu heftiger Regenfälle nur wenig Ertrag ab, B sorgt immer noch der Reis für gute Ernten. nur sehr selten in unserem Dorf zu bekommen. Heute ist Gemüse ein sehr leckerer Bestandteil unserer Mahlzeiten geworden“, sagt die 72-jährige Ailita Panik Wilson. „Inzwischen baue ich in meinem eigenen Garten so viel Gemüse an, dass ich einen Teil davon sogar verkaufen kann.“ Das Essen schmeckt nicht nur besser, sondern stärkt auch die Gesundheit. Genauso wie die mehr als 200 neuen Toiletten, die Waschhäuser und die 22 neuen Brunnen für die Trinkwasserversorgung. Die Hygiene und damit die Gesundheit der Menschen haben sich deutlich verbessert. Mit all diesen Maßnahmen haben die Miskitu ihre Felderträge deutlich steigern können. Jetzt erzielen sie mehr als sechs Tonnen Reis pro Hektar und damit mehr als doppelt so viel wie noch zwei Jahre vorher. Wichtig sind auch die besseren Wegeanbindungen. Zwei neue Landstege verbinden die durch den Fluss getrennten Felder besser mit den Dörfern. Außerdem haben die Miskitu eine neue Straße gebaut. Dank der k ürzeren Entfernungen zum Markt verderben ihre Waren nicht mehr, und sie sind unabhängiger von Zwischenhändlern, die ihnen schlechtere Preise bezahlt haben. Mehr Vielfalt hat heute auch der Speiseplan der Miskitu. In rund 50 neu angelegten Küchengärten wachsen Tomaten, Kohl, Zwiebelgewächse, Paprika und Gurken. „Früher war Gemüse Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score Karte: Welthungerhilfe Nicaragua „Unser Leben hat sich sehr zum Positiven verändert“, sagt Maria Zuñiga, Mutter von sechs Kindern. Und es soll sich weiter entwickeln, beispielsweise mit dem neuen kommunalen Mikrofinanzsystem, das die Miskitu nutzen können, um ihre Produkte besser zu vermarkten und die Infrastruktur im Ort weiterzuentwickeln. Nicaragua 2009 Nicaragua 2015 Deutschland 2015 5,89 Mio. 45 p/km2 1.060 € 5,84 Mio. 44 p/km2 1.345 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33.606 € 69,4 Jahre 73,8 Jahre 2,57 je Frau 2,50% 67,5% 29% 10,5 – ernst 0,699 (Rang 124/182) 15,74% (Rang 11/173) 0,7002 (Rang 49/134) 70,6 Jahre 75 Jahre 1,99 je Frau 2,03% 78% 31% 9,5 – mäßig 0,614 (Rang 132/195) 14,87% (Rang 13/171) 0,7894 (Rang 6/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,30% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum Bürgerkriege und Zeiten schlechter Regierungsführung und großer Korruption 1990 Die Welthungerhilfe startet ihr Engagement in der Region Hurrikan Mitch 1998 Friedensschluss; dennoch bleibt die Regierungsführung lange von Korruption geprägt Hurrikan Felix 2002 2003 2007 Große Überschwemmungen nach einem Orkan Auhya Pihni wird Millenniumsdorf 2010 2012 2015 Das „El Niño“ Wetterphänomen führt zu Überschwemmungen und Ernteausfällen Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 49 50 LÄNDERBERICHT Millenniumsdörfer Ayacucho und Riberas del Huallaga – Peru 6267 Ecuador 6768 Colombia Riberas Brasilien del Huallaga Huanuco Lima Peru Ayacucho Ayacucho 6372 Bolivien 6425 6402 0 150 300 ! Millenniumsdorf 6542 600 km J " Sources: Esri, USGS, NOAA Hauptstadt mit Projektbüro Chile Stadt # Berg 1555 830 6176 Pa ra gu ay 51 MDG 1: Meerschweinchenzucht MDG 1: Käse für den Markt MDG 1: Vielfalt der Knollenfrüchte Foto: IDMA MDG 7: Landschaftsgestaltung mit Steinzäunen Millenniumsdörfer Ayacucho und Riberas del Huallaga – Peru Die Kombi macht’s: Traditionelles Wissen und moderner Ökolandbau Das Leben in den abgelegenen Andengebieten ist rau und hart. In Höhen von 1.900 bis 4.500 Metern wächst nicht mehr viel – dennoch hatten sich die Nachfahren der Inka über Jahr hunderte an ihre unwirtliche Umgebung angepasst. In Einklang mit der Natur trotzten die Quechua-Familien ihren kargen Böden Kartoffeln, Knollengewächse und Bohnen ab. Sie hielten Alpakas und Meerschweinchen und schützten ihre steilen Hänge vor Erosion durch Steinmauern, Büsche und B äume. Dann brachte die moderne Landwirtschaft in den 1960er Jahren neue Pflanzensorten und Chemikalien in die Region. Viele traditionelle Knollengewächse gingen verloren, Bäume wurden abgeholzt. Von 1980 bis 2000 trieb der brutale Bürgerkrieg zwischen der maoistischen Guerillaorganisation „Leuchtender Pfad“ und dem peruanischen Militär Tausende Menschen in die Flucht. Von den 70.000 Toten im Land gehörten drei Viertel der Quechua sprechenden Bevölkerung an. Ihre zurückgelassenen Felder und Weiden lagen brach und verödeten. Seitdem gehören die Regionen Ayacucho und Huánuco, in denen sich die beiden peruanischen Millenniumsdörfer efinden, zu den ärmsten Regionen des aufstrebenden Pazifik b staates. Ausserdem schafft es dieser nicht, die Gewinne aus seiner b oomenden Wirtschaft umzuverteilen. Noch immer lebt mehr als die Hälfte der ländlichen Bevölkerung in Armut. In den beiden Millenniumsdörfern sind es sogar 85 Prozent. V erstärkt wird die Situation durch den Klimawandel, dessen Aus wirkungen besonders im Hochland spürbar sind: Heftige Regen güsse verursachen Schlammlawinen und Erdrutsche, die ganze Berghänge und fruchtbare Erde mit sich in die T iefe reißen. Gletscher schmelzen und die abgeholzten Böden v erlieren ihre Fähigkeit, Wasser zu speichern. In extremen Trockenperioden vertrocknet die frisch eingebrachte Saat auf dem Acker. Zudem spielen die Jahreszeiten verrückt: Nachtfröste und H agel zerstören die Pflanzen während der Wachstumsphase. Die Ernten fallen immer häufiger schlecht oder ganz aus. Beharrlichkeit zahlt sich aus „Als wir Anfang der 1990er Jahre auf unseren Hof zurück kehrten, sah es hier aus wie in einer Wüste“, erinnert sich Romulo Vilca aus dem Millenniumsdorf Ayacucho. Der 37-jährige Kleinbauer steht mitten in seinem Haferfeld, das er auf 4.500 Metern Höhe als Kraftfutter für seine Milchkühe 8 /10 Teilnehmende in Riberas del Huallaga bestätigen die Gleichberechtigung von Frauen 52 50% In Riberas del Huallaga können inzwischen 34 von 200 teilnehmenden Familien (+17%) täglich Gemüse essen Kleinbauern mit Hofentwicklungsplänen steigern ihre Ernten um 60% In Ayacucho sind von den über 26.500 gepflanzten Bäumen 80% angewachsen Knapp 50% des in Ayacucho angebauten Gemüses wird verkauft Die Kühe in Ayacucho geben jetzt täglich etwa 10 Liter Milch, vorher waren es zwei Liter „Wir bauen auch landwirtschaftliche Kulturen an. Früher glaubten wir nicht, dass auf dieser Höhe Feldfrüchte gedeihen. Aber wir haben gelernt, dass es geht“, erklärt Romulo Vilca voller Einschätzung der Dorfbevölkerung in Ayacucho zur Situation der Gender-Gerechtigkeit (MDG 3) Einschätzung der Dorfbevölkerung in Riberas del Huallaga über ökologischer Nachhaltigkeit (MDG 7) exzellent exzellent sehr gut sehr gut gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht gut mehr oder weniger schlecht sehr schlecht 2005 2006 2007 2008 2010 2011 2012 2013 Gemeinsame Entscheidungen der Männer und Frauen Gleichberechtigte Aufteilung der Hausarbeit Meinungsberücksichtigung aller Familienmitglieder Stolz. 2005 2006 2007 2008 2010 2011 2012 2013 Kommunales Gesetz zum Schutz der Umwelt Erfolgte Aufforstungsmassnahmen Anwendung agroökologischer Techniken Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 angelegt hat. Der Wind fegt dem Kleinbauern kräftig um die Ohren. „Damals lebten wir noch mit unserem Vieh zusammen wie unsere Großeltern.“ Die Frauen mussten schon im Morgengrauen aufbrechen, um die mageren Rinder auf weit entfernte Weiden zu treiben. Erst spät am Abend kehrten sie müde und erschöpft mit ihren Tieren zurück. Die Tiere dienen nicht nur als Notgroschen, sondern auch für Milch- und Fleischproduktion für die eigene Familie. Heute grast ein halbes Dutzend Milchkühe auf einer saftigen Weide hinter dem Haus der vierköpfigen Familie. In beiden Millenniumsdörfern ist es den Partnerorganisationen ABA und Institute of Development and Environment (IDMA) gemeinsam mit der Bevölkerung gelungen, das traditionelle Wissen der Vorfahren mit modernen ökologischen Anbau methoden zu kombinieren und damit die Bodenqualität in beiden Regionen deutlich zu verbessern. Inzwischen wenden rund 507 Kleinbauern diese Methoden an. Sie produzieren organischen Dünger, ziehen Steinwälle als Erosionsschutz, pflanzen Bäume und Büsche, die den Boden auch bei starken Regenfällen halten und sorgen für ein nachhaltiges Wasser management. Sie haben traditionelle Kartoffel- und Maissorten sowie Wurzel knollen wieder eingeführt, die gegen extreme Wetterschwankungen resistent sind. So konnten die klein bäuerlichen Familien die Vielfalt ihrer Feldfrüchte und damit die Nahrungsmittelauswahl auf ihren Tellern deutlich e rweitern. Auch hier sind die Ernten beachtlich gestiegen. Zudem ist es gelungen, den Ertrag der drei wichtigsten Grundnahrungs mittel Kartoffeln, Bohnen und Mais um 20 Prozent zu e rhöhen. Durch die beachtlich gestiegen Erträge konnte die Zeit von Ernährungs unsicherheit durch ausfallende Ernten auf zwei Monate im Jahr reduziert werden. Die lokale Partnerorganisation Asociación Bartolomé Aripaylla (ABA) hilft den kleinbäuerlichen Familien in A yacucho seit 1992 dabei, ihre Höfe ertragreich zu bewirtschaften. Zusammen mit der Bevölkerung hat sie im Gebiet des Millenniumsdorfes 100 von Regen gespeiste Wasserreservoirs angelegt. So kann das Wasser in niedrigere Lagen sickern, und versorgt dort die Felder und Wiesen mit ausreichend Feuchtigkeit. „Inzwischen halten wir nicht nur Kühe, die durch das nahrhafte Futter mehr Milch geben, so dass wir Käse herstellen und verkaufen können“, erklärt Romulo Vilca voller Stolz. „Wir bauen auch wieder landwirtschaftliche Kulturen an. Früher glaubten wir nicht, dass auf dieser Höhe Feldfrüchte gedeihen. Aber wir haben gelernt, dass es geht.“ Bewaffneter Konflikt zwischen Regierung und den terroristischen Gruppen „Leuchtender Pfad“ & MRTA mit 70.000 Toten 1980s 1989 1997 Welthungerhilfe und IDMA kooperieren in der Region 1998 Wetterphänomen „El Niño“ verursacht viele Schäden 2000 Welthungerhilfe und ABA kooperieren in der Region 53 „Wir Jugendlichen wollen die Welt retten!“, sagt Aldo aus der Jugendgruppe Erhöhung der Ernteerträge in Ayacucho Täglicher Nahrungsmittelkonsum von 200 Familien in Riberas del Huallaga kg/ha 2500 100% 2000 75% 1500 50% 1000 25% 500 0 Gerste 2012 Kartoffel 2013 Reis Tarwi Bohne Mashua* 0% *knollige Kapuzinerkresse Getreide 2012 Wurzeln und Knollen Gemüse Früchte Eier 2013 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Quelle: Welthungerhilfe 2015 Auch die Nachbarn profitieren Die Jugend stärken Andere Nachbarn sind neugierig geworden und kopieren die erfolgreichen Strategien aus den Millenniumsdörfern. Insgesamt profitieren 2.700 Familien im Gebiet der beiden Millenniums dörfer von den Maßnahmen, insbesondere vom Wasser management und Umweltschutz. 407 Frauen haben Küchengärten angelegt, in denen Gemüse und Kräuter wachsen. Damit versorgen sie ihre Familien mit ausreichend Vitaminen und Spurenelementen, die ihnen früher fehlten. In Kochkursen haben sie gelernt, wie sie die bisher unbekannten Nahrungsmittel zubereiten und was eine gesunde Mahlzeit ausmacht. Mit ihren neuen, verbesserten Öfen sparen sie Feuerholz, schonen die Umwelt und schützen ihre Gesundheit. Die Ernteüberschüsse verkaufen sie auf dem Markt und tragen damit erstmalig etwas zum Familieneinkommen bei. Das stärkt das Selbstbewusstsein der Frauen und ihre Stellung innerhalb der Familie und der Gemeinde. Gleichberechtigung gilt auch bei Kindern und Jugendlichen: Mädchen besuchen heute in beiden Millenniumsdörfern genauso häufig die Schule wie Jungen und beenden sie mit Abschlüssen. Früher kamen Mädchen kaum über die Grundschule hinaus. Nun setzen sie wie ihre männlichen Klassenkameraden die Sekundarschule fort und machen teilweise sogar eine Aus bildung oder studieren. In ihrer Freizeit engagieren sich die jungen Leute in Jugendclubs. Hier steht vor allem Umweltschutz und Tradition auf dem Programm. Die Kinder und Jugendlichen pflanzen Bäume, unterstützen ihre Eltern beim Anlegen von Wasserreservoirs und legen Schulgärten an, deren Produkte den Speiseplan der Schulkantinen bereichern. „Die Umwelt wird immer mehr verschmutzt“, sagt Aldo aus der Jugendgruppe „Machtachuya“ im Millenniumsdorf Ayacucho. Das Quechua-Wort bedeutet „Jugendliche reinen Herzens“ und so handeln die jungen Leute auch. Der 14-jährige Aldo will später einmal Ökobauer werden, denn er hat ein großes Ziel vor Augen: „Wir Jugendlichen wollen die Welt retten!“ Die Gleichstellung der Geschlechter wird von IDMA und ABA durch gezielte Maßnahmen gefördert, so dass heute viele M änner ihre Frauen im Haushalt und auf dem Feld unterstützen. Entscheidungen treffen sie immer häufiger gemeinsam. Die Ehepaare erwirtschaften alternative Einnahmequellen durch die Weiterverarbeitung und den Verkauf von Milchprodukten und Alpaka-Fleisch. In den Gemeinden genießen Frauen inzwischen das gleiche Wahlrecht wie Männer und nutzen dies auch. Durch Mülltrennung sowie Gesundheits- und Kochkurse lernt die neue Generation schon früh alltagstaugliche Dinge, die gleichzeitig die Natur schützen. Dabei haben sie jede Menge Spaß und lassen die alten Traditionen ihrer Vorfahren w ieder aufleben. Beginn des Dezentralisierungsprozesses von Regierungsstrukturen Ayacucho und Riberas del Huallaga werden zu Millenniumsdörfern 2001 2011 2010 Welthungerhilfe kooperiert mit ABA und IDMA in der jeweiligen Region 54 „Machtachuya“. 2012 2014 2015 MDG 7: Umweltgruppe einer Schule in Ayacucho mit Aktionsschild „Wir geben auf unsere Umwelt acht“ MDG 1: Ein Beispiel für einen Hofentwicklungsplan MDG 1: Die Kartoffeln wollen gepflegt sein Wiedergewonnenes Selbstbewusstsein nationaler Ebene finden die Quechua-Gemeinden Anerkennung: ABA gewann 2014 zusammen mit der B evölkerung aus dem Millenniumsdorf Ayacucho den Nationalen Umwelt Preis in der Kategorie „Gute Praxisbeispiele für die Anpassung an den Klima wandel in ländlichen Gebieten“. Das gibt den Anden bauern weiteren Grund zur Hoffnung. Sie wissen, dass sie ihre Zukunft selbst gestalten können. Insgesamt ist das Selbstbewusstsein in den häufig diskriminierten Quechua-Gemeinden enorm gestiegen – sie sehen ihre Herkunft nicht länger als Stigma an, sondern fordern nachdrücklich ihre Rechte auf Gemeindeebene ein. IDMA und ABA haben zusammen mit der Bevölkerung nachhaltige Land nutzungspläne für die Gemeinden entwickelt. Dazu gehören auch Risikoanalysen, Katastrophenschutz, Wassermanagement und Vermarktungsstrategien. In Riberas del Huallaga gibt es eine enge Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftsabteilung der Regionalregierung, um Risikomanagementpläne auf Gemeinschaftsebene umzusetzen. Mit ihrer Beharrlichkeit haben die kleinbäuerlichen Familien die Aufmerksamkeit der lokalen Autoritäten geweckt: Die haben ihre Themen über nommen und diskutieren nun Klimawandel, Erosionsschutz oder Risikomanagement in verschiedenen Dialogforen. In dem Zusammenhang nimmt IDMA an einer Arbeitsgruppe teil, um eine regionale Strategie für den Umgang mit Klimawandel zu entwickeln. Während der letzten Jahre stiegen die öffentlichen Investitionen in diesen Bereichen um 21,6 Prozent. Auch auf Karte: Welthungerhilfe Peru Einwohner Einwohnerdichte Bruttoinlandsprodukt pro Person & Jahr Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Geburtenziffer Kindersterblichkeit Alphabetisierungsrate Beschäftigte in der Landwirtschaft Welthunger-Index Human Development Index Weltrisikoindex Gender Gap Score Peru 2009 Peru 2015 Deutschland 2015 29,54 Mio. 23 p/km2 3.042 € 30,15 Mio. 24 p/km2 4.838 € 80,6 Mio. 231 p/km2 33.606 € 68,9 Jahre 72,7 Jahre 2,37 je Frau 2,86% 92,9% 27,7% 7,3 – mäßig 0,806 (Rang 78/182) 7,24% (Rang 75/173) 0.7024 (Rang 44/134) 71,2 Jahre 75,3 Jahre 2,22 je Frau 2,02% 89,6% 25,8% 5,7 – mäßig 0,737 (Rang 82/195) 6,91% (Rang 77/171) 0,7198 (Rang 45/142) 78,6 Jahre 83,3 Jahre 1,38 je Frau 0,30% 99% 1,6% 0,911 (Rang 6/195) 3,01% (Rang 147/171) 0,7780 (Rang 12/142) Quelle: Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS, CIA, IFPRI/Concern/Welthungerhilfe, UNDP, Worldbank, World Economic Forum Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 55 Einen Kurzfilm „Mit Wasser in die Zukunft“ gibt es hier. www.youtube.com 56 3 Kapitel Wie wir Erfolge messen Die Welthungerhilfe startet ihre Projekte mit dem Ziel, das Leben der Menschen dauerhaft und spürbar zu verbessern. Der Erfolg ist jedoch selbst bei bester Vorbereitung nicht garantiert, auch weil sich Rahmenbedingungen immer wieder ändern. Deshalb ist es wichtig, angestrebte Ziele und erreichte Wirkungen immer wieder zu überprüfen, sich auf neue Herausforderungen einzustellen und gegebenenfalls nach zu justieren. In der Initiative Millenniumsdörfer hat die Welthungerhilfe systematisch und von Beginn an ein wirkungsorientiertes Monitoring eingeführt. Dazu wurden unter anderem zwei Methoden angewandt. Hierzu interviewten Mitarbeitende alle zwei Jahre eine repräsentative Anzahl von Haushalten mit Hilfe eines Fragebogens. Zum anderen wurde jedes Jahr partizipative Workshops (Participatory Impact Assessment – PIA) zur Messung der Wirkung und zur Steuerung der Projektaktivitäten durchgeführt. Die Kombination dieser beiden Methoden bringt Vorteile, sagt Arturo Bellot aus Bolivien, Monitoring-Experte der Welthungerhilfe in Lateinamerika. „In den PIA-Workshops schildern die Menschen, wie sie die Entwicklungen des Projektes wahrnehmen. Mit Hilfe dieser Methode können die Veränderungen analysiert, mit allen Beteiligten Lösungsvorschläge diskutiert und daraus Maßnahmen abgeleitet werden.“ Die Fragebögen wiederum validieren und präzisieren die Informationen. Beide Methoden zusammen bilden ein wirksames Instrument. Indien: Interview im Rahmen der Haushaltsbefragung Uganda: Interview im Rahmen der Haushaltsbefragung Nepal: Die Frauen haben zunehmend das Wort in den Indien: Greeta Devi entwickelte mit einer Frauen PIA-Workshops gruppe ein erfolgreiches Geschäftsmodell 57 „Mussten wir anfangs die Menschen eher motivieren und mobilisieren, entwickelten sich die Workshops zusehends zu einer aktiven Diskussions plattform.“, sagt Arturo Bellot aus Bolivien, Monitoring-Experte der Welthungerhilfe in Lateinamerika. Arturo Bellot schätzt die Workshops aber nicht nur, um die Wirkungen zu erfassen. Vielmehr stärken die PIA-Workshops auch die Teilhabe der Bevölkerung an ihre Entwicklung und in den Projekten. Nicht nur er beobachtete, dass Teilnehmer und vor allem auch Teilnehmerinnen sich zunehmend mehr an den Workshops beteiligten und ihre Meinung artikulierten. „Mussten wir anfangs die Menschen eher motivieren und mobilisieren, entwickelten sich die Workshops zusehends zu einer aktiven Diskussionsplattform.“ Gerade Frauen nutzten den vorgegebenen Rahmen, um sich zusehends gleichberechtigt zu äußern. Damit haben die PIA-Workshops nicht nur wichtige Daten geliefert, sondern auch die Gleichberechtigung vorangetrieben. Milly Atula aus Uganda zieht ebenfalls eine positive Bilanz: „Ich bin froh, über die Rechte von Frauen mehr erfahren zu haben. Denn früher entschied mein Mann allein über Anschaffungen, heute machen wir es gemeinsam.“ Und es ist für Arturo Bellot „Ein gutes Lerninstrument, um das Bewusstsein der Bevölkerung für die Wechselbeziehungen von unterschiedlichen Aspekten zu stärken.“ So waren die Workshops zum Beispiel in Kenia ein Ort, an dem die Bewohner erstmals über die Zusammenhänge zwischen ausbleibenden Niederschlägen und Abholzung diskutierten. Und in ihnen reiften auch Geschäftsideen. In Indien zum Beispiel hat Geeta Devi mit sechs weiteren Frauen ein Unternehmen gegründet. „Zusammen hatten wir die Geschäftsidee, Equipment für Hochzeiten und Feiern einzukaufen und es dann zu verleihen“, sagt die junge Frau. Inzwischen haben sie die Ausstattung gekauft und das Unternehmen trägt sich. 58 2005 Zeichung zur Armutsituation in Ayacucho, Siedlung Quispillacta 2015 1990 und der fotografische Nachweis für den gleichen Ort 2015 Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 4 Kapitel Nichts überzeugt mehr als ein gutes Beispiel: Süd-Süd-Austausch Erfahrungen austauschen und voneinander Lernen “Ich habe an einigen Workshops teilgenommen und dabei An bau techniken und Methoden kennen gelernt. Wirklich überzeugt war ich aber erst, als ich im Millenniumsdorf Ogur bei unseren Nachbarn in Uganda die positiven Ergebnisse mit eigenen Augen gesehen habe“, sagt Benjamin Lerueshi aus dem Millenniumsdorf Nentaraja im Süden Kenias. Zurück aus Uganda, hat der Familienvater einen Gemüsegarten angelegt, Tomaten, Kartoffeln, Kraut und Karotten gesät und Bäume gepflanzt. Es gibt wenig Überzeugenderes als ein erfolgreiches Beispiel. Weil die Beobachtenden alles mit den eigenen Sinnen wahrnehmen und die Beteiligten des Projekts direkt fragen können. Praktische Erfahrungen setzen zudem sehr viel mehr Energien frei, als es Workshops oder Konferenzen je könnten. Oder wie es Benjamin Lerueshi formuliert: „Diese Art zu lernen ist so viel einfacher, als im Klassenzimmer zu sitzen und zu versuchen, komplexe Techniken zu verstehen.“ Deshalb fördert die Welthungerhilfe den Süd-Süd-Austausch. Denn in vielen ländlichen Gebieten in Entwicklungsländern sind die Menschen mit ähnlichen Herausforderungen und P roblemen konfrontiert. Wie können sie ihre Ernährung dauerhaft sichern und gleichzeitig ihr Leben an den Klimawandel anpassen? Wie die Selbstorganisation stärken und mit politischen Initiativen in ihrem Sinne auf die Gesellschaft einwirken? Eine Antwort darauf lautet: Indem sie ihre Antworten teilen und E rfahrungen austauschen. Das ist die Idee des Süd-Süd-Austausches. Um diesen Austausch zu fördern, hat die W elthungerhilfe Mittel bereitgestellt und je nach Kontext und Situation nationale, länderübergreifende und interkontinentale Austausche initiiert und begleitet. Begrüßung der kenianischen Besucher unter einem ugandischen Schattenbaum Die Lateinamerikaner lernen in Indien Schlüssel lochgarten kennen Besucher aus Uganda zeigen in Kenia wie der Bau holzsparender Öfen funktioniert 59 „Diese Art zu lernen ist so viel einfacher, als im Klassenzimmer zu sitzen und zu versuchen, komplexe Techniken zu verstehen.“ sagt Benjamin Lerueshi aus Kenia. Süd-Süd-Austausch der Welthungerhilfe Nationale Ebene (innerhalb eines Landes) Geringer logistischer Aufwand und Kosten Einfache Kommunikation Ähnliche Rahmenbedingungen Internationale Ebene Gemeinsame Aktivitäten des Süd-Süd Austauschs Regional Ebene (zwischen mehreren Ländern, gleicher Kontinent) Projekt- und Austauschbesuche, Studien und Publikationen, Kampagnen und Advocacy, Vernetzung und Trainings Gute Möglichkeit für Austausch und Vernetzung Hohes Potential für mehr politisches Handeln & Advocacy Ähnlicher kultureller Kontext (zwischen mehreren Ländern, unterschiedliche Kontinente) Hohes Potential für eine breite Aufmerksamkeit Stärkung intern. Netzwerke und Austauschmöglichkeiten Logistische Herausforderungen & hohe Kosten Mögliche sprachliche & kulturelle Hürden Mittlere Kosten (v.a. Reisekosten) Quelle: Welthungerhilfe 2015 Benjamin Lerueshi ist mit 13 anderen Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Projektmitarbeitern nach Uganda gereist und hat selbst wenige Monate später eine Bauerngruppe aus Ogur in Nentaraja empfangen. Während sich die Menschen aus Kenia für Gemüsegärten, Obstanbau und die effizienten Kochherde bei den ugandischen Nachbarn interessierten, beeindruckten die Uganderinnen und Ugander in Nentaraja die ausgeklügelte Bienenzucht und die Methode, Wasser mithilfe eines Dach- oder Felsregenfangs zu schöpfen. „Bei uns fließt noch viel zu viel Wasser ungenutzt ab. Deshalb habe ich damit begonnen, das Regenwasser zu ernten, so wie ich es in Kenia gesehen habe“, sagt Milly Atula aus Ogur in Uganda. Einen interkontinentalen Austausch zu organisieren, ist zeitaufwändig und teurer. Trotzdem konnten 2014 zehn Projektverantwortliche und Repräsentanten von Partnerorganisationen aus Haiti, Nepal und Indien die Länder Peru und Bolivien b esuchen. Die teilnehmenden Frauen und Männer diskutierten über gemeinsame Rahmenbedingungen sowie landespezifische Unter schiede und wie sie ihre Projektarbeit transparenter gestalten können. Viele Themen betreffen alle Regionen gleichermaßen, sei es der Druck auf die natürlichen Ressourcen oder die Frage, wie sich lokale Partnerorganisationen intensiver vernetzen oder zivilgesellschaftliche Strukturen wie Kleinbauerngruppen gestärkt werden können. Ein Gegenbesuch in Indien und Nepal stärkte die Vernetzung der Teilnehmenden unter einander. Einem direkten Austausch steht seitdem nichts mehr im Weg. 60 4 Kapitel Für einen dauerhaften Austausch müssen jedoch auch bestimmte Bedingungen berücksichtigt werden. So muss klar sein, mit welchem Ziel ein solcher Austausch initiiert wird, welche Ressourcen benötigt werden oder welche sprachlichen und kulturellen Hindernisse den Austausch erschweren könnten. Und natürlich müssen die angewandten Methoden und Techniken, zum Beispiel die Gemüsegärten in Uganda und Kenia, auch in den Regionen der Austauschländer sinnvoll sein. So waren die ersten Erfahrungen mit dem Gemüsegarten für Benjamin Lerueshi nicht immer erfolgreich. „Ich habe viele Sorten gepflanzt, aber die Regenmenge bleibt in diesem Jahr hinter u nseren Erwartungen zurück, weshalb einige Sorten b isher nicht die erhofften Erträge abwarfen“, erklärt der Kleinbauer und Familienvater. In solchen Fällen braucht es einen Plan B, damit die Euphorie nicht sofort verfliegt und mit ihr die Lust auf Veränderung und Verbesserung. Auch hier kann der Austausch mit anderen Millenniumsdörfern helfen, die vielleicht schon ähnliche Rückschläge hatten und notwendige Maßnahmen zur Verbesserung eingeleitet haben. Benjamin Lerueshi jedenfalls will weiter l ernen. Weil er gesehen hat, was möglich ist und ein langer Atem sich auszahlt. Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html 61 5 Kapitel Die Initiative Millenniumsdörfer – Fazit und Ausblick Nach vielen Jahren praktischer Arbeit in den fünfzehn Millenniumsdörfern ziehen wir eine positive Bilanz. Der Mehrzahl der über 72.000 dort lebenden Menschen geht es heute deutlich besser als vor Beginn der Initiative. Gemeinsam ist es uns gelungen, extreme Armut und Hunger zu reduzieren, die Gleichstellung von Frauen zu fördern oder auch die Degradierung der Böden zu mindern und die Umwelt zu schützen. Die Erfolge auf lokaler Ebene weisen den Weg auf globaler Ebene. Mit den vor handenen Methoden und Ansätzen konnten wir zum Erreichen der Millenniumsentwicklungsziele bei tragen und die damit verbundenen, zweifellos großen Herausforderungen angehen. Technische Lösungen spielen dabei eine wichtige Rolle, sei es um die Menschen mit Wasser oder Energie zu versorgen oder um höhere Erträge auf kleineren Flächen zu erwirtschaften und gleichzeitig Erosionen und Abholzungen entgegenzuwirken. Noch wichtiger ist es jedoch, dass Frauen und Männer mit ihren Familien in die einzelnen Schritte eingebunden sind, dass sie ihren Weg selbst bestimmen, demokratische sowie partizipatorische Strukturen schaffen und mit Leben füllen. Wo dies gelang, verbesserten die Menschen auch parallel ihre Lebensbedingungen stark und erzielten Erfolge in der Überwindung von Hunger und Armut. Um diese Entwicklung zu verstärken, braucht es einen Staat, der den Menschen Grundrechte einräumt, sie schützt und durch adäquate Sozialsysteme fördert. In vielen Ländern ist der erfolg reiche Kampf für diese Grundrechte genauso elementar wie das Ringen um sauberes Trinkwasser oder Saatgut. Zum Beispiel in Indien. Nicht ohne Grund sind die drei indischen Millenniumsdörfer Jhiranya, Nimpith und Sarwan gemeinsam mit dem nepalesischen Korak auch Teil der Fight Hunger First Initiative, mit der die Welthungerhilfe verstärkt auf Zusammenhänge zwischen staatlichem Handeln und nachhaltiger Entwicklung hinweist. In d iesen Millenniumsdörfern hat die Welthungerhilfe und ihre indischen und nepalesischen Partner organisationen die Bevölkerung über ihre Rechte und die Zuständigkeiten der lokalen Behörden aufgeklärt. So suchen inzwischen Mütter in den Millenniumsdörfern in Indien lokale Gesundheitszentren auf und schließen sich in Selbsthilfegruppen zusammen, um ihren Forderungen zum Beispiel für mehr Unterstützung besser Nachdruck verleihen zu können. Schließlich hat sich auch der Süd-Süd-Austausch als sehr wirksam erwiesen. Durch gegenseitige Besuche über Orts- und Landesgrenzen hinweg lernen die Menschen sehr viel schneller erfolgreiche Praktiken zum Beispiel im Gemüseanbau kennen, als dass dies durch Fortbildungen in Seminarräumen möglich wäre. Persönliche Erfahrungen, der Austausch mit anderen Menschen, die vor ähnlichen Problemen stehen und Lösungen gefunden haben, zeigen schnell Erfolge und animieren zum Nachahmen. Diese praktischen Erfahrungen und erfolgreichen Ansätze der Initiative Millenniumsdörfer w erden auch in der künftigen Arbeit der Welthungerhilfe eine wichtige Rolle spielen. Schließlich e rsetzen 2016 die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG) die Millenniumsentwicklungsziele (MDG). 62 5 Kapitel Was aber haben die Millenniumentwicklungsziele bewirkt? Unbestritten ist, dass regional einige Zielsetzungen erreicht wurden. Andererseits sind Hunger und Armut längst nicht überwunden. Festzustellen ist jedoch: Die Staatengemeinschaft hat mit den MDGs erstmals ein gemeinsames, weltweit gültiges Messinstrument zur Überprüfung der Fortschritte in der Armutsbekämpfung initiiert. Das erhöht die Transparenz, setzte Regierungen unter Zugzwang und stellte sicher, dass Armut und Hunger auf der politischen Agenda blieben – trotz Finanz- und Wirtschaftskrisen. Gleichzeitig sind die Herausforderungen weiter gestiegen. Armut und Hunger sind mehr denn je kein lokales oder regionales Problem mehr, sondern Teil multinationaler und globaler Prozesse. Deshalb braucht es auch mehr denn je multidimensionale Ansätze für eine wirkungsvolle Hunger- und Armutsbekämpfung. Durch die SDGs sollen alle Nationen und wichtige Akteure für eine weltweit nachhaltige Entwicklung in die Pflicht genommen werden. Dass die SDGs in einem globalen und partizipativen Prozess erarbeitet wurden, ist hierfür ein gutes Zeichen. Die gemeinsame Agenda schließt Aspekte wie Ungleichheit, Wirtschaftswachstum, Konsummuster und Biodiversität ein. Mit den SDGs sollen Hunger und Armut bis 2030 endlich in Gänze überwunden werden. Die Welthungerhilfe wird ihren Teil zu den globalen Nachhaltigkeitszielen beitragen. Das zukünftige Engagement steht auf einem guten Fundament. Denn es basiert auf den zahlreichen Erfahrungen und Erfolgen, die wir zusammen mit unseren Partnerorganisationen und mit den Menschen in den Millenniumsdörfern gemacht haben. In Partnerschaft mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und anderen Akteuren in Nord und Süd wird die Welthungerhilfe die SDGs durch Entwicklungsmaßnahmen in bedürftigen Regionen unterstützen, einen konstruktiv-kritischen politischen Dialog auf nationaler und internationaler Ebene einfordern und sich daran beteiligen. 63 5 Kapitel Millennium Development Goals 2000 – 2015 Quelle: © United Nations Sustainable Development Goals 2016 – 2030 Quelle: © United Nations 64 Der vollständige Bericht der Initiative Millenniumsdörfer und weiteres Material ist hier zu finden: www.welthungerhilfe.de/millenniumsdoerfer.html Danksagung Danke, Thanks, Merci, Gracias an alle Partner und Beteiligte der Initiative Millenniumsdörfer und alle Unterstützer und das gesamte Team. to all partners and participants of our Millennium Villages and to all supporters and the whole team. à tous les partenaires et participants des Villages du Millénaire et tous les donateurs et toute l’équipe. a todos los socios y participantes de las Aldeas del Milenio y a todos los partidarios y todo el equipo. Mangue in Angola Manigri in Benin Cañadon Peñas in Bolivia Kongoussi in Burkina Faso Kanat Toch in Cambodia San Andrés in Ecuador Sodo in Ethiopia Mondésir & Poirier in Haiti Gandhiji Songha in India Jhiranya, Nimpith & Sarwan in India Nentaraja in Kenya Anosikely in Madagascar Mabote in Mozambique Korak in Nepal Auhya Pihni in Nicaragua Ayacucho & Riberas del Huallaga in Peru Base-Kiryango Tal in Rwanda Veshab in Tajikistan Ogur in Uganda 65 66 Bro-Mille-D-37/15 Deutsche Welthungerhilfe e. V., IBAN DE15 3705 0198 0000 0011 15, BIC C0LSDE33 Deutsche Welthungerhilfe e. V., Friedrich-Ebert-Straße 1, 53173 Bonn, Tel. +49 (0)228 2288-0, Fax +49 (0)228 2288-333, www.welthungerhilfe.de
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