Giesecke & Devrient – Zur Zukunft des Bezahlens

4 | 2015
Giesecke & Devrient –
Zur Zukunft des Bezahlens
Von Britta Kalscheuer
BARGELD, WÄHRUNGSUMSTELLUNG,
SICHERHEITSMERKMALE – Banknoten sind
täglich in aller Hände, trotz des Einzugs des
digitalen Bezahlens. Giesecke & Devrient
(G&D) hatte deshalb am 27. Juli 2015 zum
Blick hinter die Kulissen beim Medientag
Banknote in die Papier­fabrik Louisenthal und
ihre Münchner Zentrale eingeladen.
Gleich zur Begrüßung machte Dr. Walter
Schlebusch, Vorsitzender der Geschäfts­
führung von G&D, deutlich, dass Bezahl­
vorgänge vor allem auf Vertrauen basieren:­
„Für uns ist es natürlich ein interessantes
Thema, wie sich Bezahlvorgänge in den
nächsten zehn Jahren entwickeln werden.­
Bargeldloses Bezahlen ist schnell und
modern, aber die Frage der Sicherheit wird
dabei eine wesentliche Rolle spielen. Und
Banknoten sind nicht als Produkt, sondern
als ein System zu verstehen, in das unsere
Kunden vertrauen können.“
Zuverlässiges Zahlungsmittel
Diese Einschätzung bekräftigte auch Ralf
Wintergerst, Mitglied der Geschäftsführung
und verantwortlich für den Geschäftsbereich
Banknote: „Vertrauen ist der wichtigste Faktor
beim Bezahlen.“ Sonst hätte auch die Umstel­
lung von Metallmünzen, die noch einen realen
Gegenwert besaßen, auf Geldscheine aus
Papier, deren Gegenwert durch Unterschriften
– übrigens auch heute noch auf Geldscheinen
üblich – verbürgt war, nicht erfolgen können.
Trotz zunehmender virtueller Transaktionen
Die Erstveröffentlichung erfolgte in
der Zeitschrift PROTECTOR. Wir be­
danken uns für die Abdruckgeneh­
migung.
und bargeldlosem, mobilem­Bezahlen wächst
die Menge des sich im Umlauf befindlichen
Bargeldes an. „53 Prozent aller Bezahlvorgänge­
in Deutschland werden derzeit noch mit Bar­
geld abgewickelt, in Rumänien­sind es sogar
über 80 Prozent“, sagte Wintergerst und
benannte auch die Gründe dafür: „Bargeld
ist sicher, immer verfügbar, überall einsetzbar
und auch in Krisenzeiten ein zuverlässiges
Zahlungsmittel.“
Die Referenten des Media Day Banknote von Giesecke & Devrient: (vl.) Ralf Wintergerst, Antti Heionen, Florian Reithmeier, Dr. Alfred Kraxenberger­
und Marc Mittelstädt. Bild: Britta Kalscheuer
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GELD UND WERT
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Wasserzeichen und Intaglio
Dabei beginnt das Vertrauen in den Geld­
schein mit dem Vertrauen in den Menschen:
„Zuerst schaut man, ob die Person, die einem
die Banknote überreicht, vertrauenswürdig
erscheint“, erläuterte der Geschäftsführer für
Technologie und Innovation in Louisenthal,
Dr. Alfred Kraxenberger. „Falls hier Zweifel
aufkommen, werden nach dem Motto ‚Sehen,
fühlen, kippen‘ die eingebetteten Sicher­
heitsmerkmale des Geldscheins überprüft.
Dazu zählen Wasserzeichen, Sicherheits­
faden, Folien, Fenster, Tiefdruck (Intaglio)
und optische Effekte.“ Im Handel kommt eine
Überprüfung mit UV-Licht hinzu, Cash-Center
und die Zentralbank können noch weitere,
geheime Codierungen auslesen. Pro Jahr flie­
ßen diese Sicherheitsmerkmale je nach Anfor­
derung in rund 160 Milliarden Banknoten ein.
„Geld ist eine Art Visitenkarte des Landes“,­
fasste Dr. Kraxenberger zusammen.
Und dass Visitenkarten auch anspre­
chend gestaltet werden wollen, ist für Marc
Mittelstädt­eine Selbstverständlichkeit. Der
Bank­notendesigner gab einen Einblick in die
Entwicklung des Designs, das ästhetische
Ansprüche auf vorgegebenem Raum mit den
Sicherheitsmerkmalen kombiniert – und dabei
auch noch technisch von der Druckmaschine
umsetzbar sein muss.
Verkehrsfähigkeit prüfen
Die Qualität der Banknoten muss auch nach
dem Inverkehrbringen gesichert sein. „Die
Lebensdauer eines Fünf-Euo-Scheins beträgt
weniger als ein Jahr“, gab Florian Reithmeier,­
Leiter der Division Currency Management
Solutions, zu bedenken. Rund 460 Mrd.
Banknoten, die derzeit im Umlauf sind,
müssen­regelmäßig von den Cash Centern
oder Bargeld-Dienstleistern auf Löcher, Risse,
Verfärbungen, Knicke, Notizen hin überprüft
werden. Daneben werden die Banknoten
sortiert und Fälschungen erkannt und aus­
sortiert. Unterstützt werden sie dabei auch
von vollautomatischen Banknotenbearbei­
tungs- und -inspektionssystemen, die einen
Durchsatz von bis zu 160.000 Banknoten pro
Stunde erreichen. Die Zentralbank zerstört die
nicht mehr verkehrsfähigen Geldscheine und
bestellt neue, die dann wieder in den Bargeld­
kreislauf eingebracht werden.
Der ehemalige Direktor Banknote bei der
Europäischen Zentralbank, Antti Heionen, der
zugleich Vorsitzender der Banknote Ethics
­Initiative ist, schilderte in seinem Gastvortrag­
die Anforderungen von Zentral­
banken an
Währungssysteme und den Geldkreislauf.
Seiner Erfahrung nach fördern Krisen wie
­
die Insolvenz­der Investmentbank Lehman­
Brothers,­aber auch unklare politische­
Verhältnisse­wie in der Ukraine oder der
drohende­Grexit Griechenlands den Umlauf
von Bargeld. Im Falle von Naturkatastrophen,
Überschwemmungen, Erdbeben oder bei
Bankstreiks könnten Geldautomaten schnell
nicht mehr funktionieren. „Sobald Menschen­
das Gefühl haben, es könnte zu einer Krise
kommen,­fühlen sie sich sicherer, wenn sie Bar­
geld zu Hause im Bücherregal liegen haben“,
erklärte Heionen, und ergänzte: „Bargeld­ist ein
Teil der nationalen Infrastruktur.“
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