11. O K T O B E R 2 015 W E LT A M S O N N TA G HAMBURG 21 N R . 41 M itten in der Stadt an der Trostbrücke steht das imposante Backsteinhaus der Patriotischen Gesellschaft. Im Jahre 1292 entstand hier das erste Hamburger Rathaus. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde der mittelalterliche Rathausbau erweitert und immer mal wieder umgebaut. Es gab zuletzt auch ein Restaurant „Zum Alten Rathaus“ mit Veranstaltungsräumen – alles hanseatisch gediegen, aber in der Bausubstanz total veraltet. Nun wurde das Gebäude kernsaniert, und Torben und Christian Kostiuk wagen am 4. November den Neuanfang in den ehrwürdigen Gemäuern. Wieso? CHRISTIAN KOSTIUK: Dass mein Bruder und ich, wo das gleiche Blut fließt, so ein Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern aufbauen konnten. Wir haben vor 19 Jahren in einer zwölf Quadratmeter großen Harburger Hinterhofgarage die erste Firma gegründet. Wir arbeiten lieber unter als über dem Radar. Was kann Ihr Bruder nicht? TORBEN KOSTIUK: Er ist halt eher der emotionale Visionär. Zahlen interessieren ihn nicht so sehr. Warum Sie? TORBEN KOSTIUK: Das ist Gottes Gabe. Genauso kann mein Bruder dafür Menschen emotionalisieren oder abholen. Ich kann das nicht. Ich kann nachher mit denen rechnen, ob das Sinn oder keinen Sinn hat. VON NORBERT VOJTA WELT AM SONNTAG: Christian und Torben Kostiuk, wie fühlt es sich an, eines der traditionsreichsten Hamburger Restaurants gepachtet zu haben? CHRISTIAN KOSTIUK: Uns erfüllt das mit Stolz, und es ist eine tolle Aufgabe für unsere Zukunft. Was hat Sie in Ihrem Leben am meisten erfreut? CHRISTIAN KOSTIUK: Ehrlich: Dass der Erste Bürgermeister, Olaf Scholz, am 4.. November bei unser Eröffnungsfeier das rote Band durchschneiden und ein Grußwort sprechen wird. Das ist für uns eine große Ehre, die wir mehr als zu schätzen wissen. TORBEN KOSTIUK: Als sie davon hörten, sind unsere 100 Mitarbeiter hochgesprungen und haben gejubelt. Haben Sie sich bei dem Eigentümer, der Patriotischen Gesellschaft, beworben, oder sind Sie angesprochen worden? TORBEN KOSTIUK: Wir haben uns beworben. Wir haben gesagt: „Wir sind die Kostiuk-Brüder und möchten ein Konzept abgeben“ und haben um eine Besichtigung gebeten. Gab es ein Auswahlverfahren? CHRISTIAN KOSTIUK: Ja, mit rund 13 Parteien. Zum Schluss wurde mit uns eine Art Interview über unsere Personen geführt. Wir haben wohl bei dem Gespräch mit dem Vorstand der Patriotischen Gesellschaft einen guten Eindruck gemacht. Was könnte Sie ausgezeichnet haben? CHRISTIAN KOSTIUK: Man sagte uns, dass wir ordentliche Jungs mit ganz viel Charisma sind und vertrauensvoll wirken. Man könnte das Projekt mit dem hanseatischen Gedanken der Patriotischen Gesellschaft umsetzen. Wie lange läuft so ein Pachtvertrag? TORBEN KOSTIUK: Zehn Jahre fest und zweimal fünf Jahre mit Option. Die Zeit braucht man, um überhaupt eine Reinvestition zu erreichen. Anders schafft man das gar nicht. Was stecken Sie denn an Geld in die Renovierung? TORBEN KOSTIUK: Viel Geld. Es ist eine idealistische Summe. Das konnten wir im Vorwege auch nicht ganz greifen. Der Denkmalschutz hat da ein Wörtchen mitzureden. Wir freuen uns beide aber über das Objekt. CHRISTIAN KOSTIUK: Man wächst während einer Umbauphase natürlich auch mit seinen Aufgaben. Man entwickelt einen eigenen Drive, dass alles in Perfektion sein muss. BERTOLD FABRICIUS Inwiefern mit Stolz? CHRISTIAN KOSTIUK: Es ist ein Privileg, in so einer Stadt, die weltbekannt ist und die auch in Deutschland einen sehr hohen Stellenwert hat, so ein Restaurant zu gestalten und zum Erfolg zu führen. Neues Flair in altem Gemäuer: Christian (l.) und Torben Kostiuk mit Autor Norbert Vojta im freigelegten Kellergewölbe „Zum Alten Rathaus“ „Ordentliche Jungs“ Die Brüder Christian und Torben Kostiuk, Gastronomen und ShowtechnikUnternehmer, über ihr neues Projekt, Thaiboxen und die Frage, wie man sich in ein Restaurant verlieben kann Vojta fragt nach Was für einen Stempel? TORBEN KOSTIUK: Wir wollten mal raus aus der touristischen Ecke. Dem Eventbereich und unserem technischen Unternehmungen, die wir auch noch haben. Wir wollen zeigen, dass wir auch auf einem sehr hohen Niveau kochen und bedienen können. Wo möchten Sie mit dem Restaurant CHRISTIAN UND TORBEN KOSTIUK GASTRONOMEN Kann man sich in so eine Location verlieben? CHRISTIAN KOSTIUK: Es ist nicht nur ein Verliebtsein, sondern wir lieben diese Location. Man schafft sich damit einen Rahmen. Was für einen Rahmen? CHRISTIAN KOSTIUK: Das, was wir dort gestalten, zeigt ja ein hohes Niveau – und wir wollen das Restaurant auch strategisch nutzen. Wir können hier viele Facetten komplett aus eigener Regie bedienen, ohne dabei fremde Hilfe zu holen. Das betrifft die Gastronomie und Events im Restaurant oder in den Räumen des Hauses. Die Räume sind klasse, das findet man sehr selten in Hamburg. Mussten Sie hier viel renovieren? TORBEN KOSTIUK: Renovieren? (Lacht). Wir haben alles kernsaniert und komplett neu gebaut. Auf höchstem Niveau und mit modernster Technik und das alles in engster Absprache mit dem Denkmalschutz. Sie sind einer der größten norddeutschen Showtechnik-Anbieter. Ihnen gehören das „Café Seeterrassen“, der „Hamburger Veermaster“ oder die „Kaiserperle“ und vieles mehr. Managen Sie das beide allein? CHRISTIAN KOSTIUK: Wir haben zumindest überall unsere Finger mit drin. Es geht wenig an meinem Bruder Torben und mir vorbei. Es macht uns auch so erfolgreich, dass wir Brüder so unterschiedlich sind. Was machen Sie, wenn das Restaurant nicht brummt? TORBEN KOSTIUK: Dann gehen wir da mal selbst zum Essen hin. Wie lange dauert es, bis so ein Objekt zum Laufen kommt? TORBEN KOSTIUK: Wir schätzen, so ein Jahr. CHRISTIAN KOSTIUK: Das werden wir brauchen, um alles so umzusetzen, wie wir es haben wollen. Mein Bruder und ich haben uns in die Augen geguckt und uns gesagt, wir haben für uns mit dem Restaurant einen Stempel gesetzt. und Spaß daran haben, letztendlich wollen wir ja auch Geld verdienen. „Zum Alten Rathaus“ hin? CHRISTIAN KOSTIUK: Wir wollen ein Wohnzimmer schaffen für die Hamburger und hoffen auf Stammgäste, die diese gediegene, gemütliche und hanseatische Art lieben. Wir möchten gute hanseatische Gastgeber sein. Trifft man so eine Objektentscheidung aus dem Bauch? TORBEN KOSTIUK: Grundsätzlich treffen wir unsere Entscheidungen sehr oft aus dem Bauch. Ich wiederum denke in Zahlen. Widerspreche dann oder sage, dass wir eine Lösung finden werden. Auch wenn wir Stempel setzen wollen Was meinen Sie? CHRISTIAN KOSTIUK: Mein Bruder ist der Zahlen- und Strukturmensch, der alles im Blick behält. Ich bin am Ende derjenige, der die Innovation und Kraft hat, die Dinge nach vorne zu treiben, damit alles funktioniert. Blockieren Sie manchmal Ihren Bruder? TORBEN KOSTIUK: Grundsätzlich blockieren wir uns zu 50 Prozent immer. Das kann man nicht anders sagen. Aber die Blockade ist genau die richtige Ebene, wo wir uns wieder finden, um das Ergebnis rauszuholen. Christian Kostiuk wurde am 9. Dezember 1976 in Hamburg geboren. Er machte sein Fachabitur mit Spezialisierung auf Sozialpädagogik. Es folgte eine Ausbildung zum Kaufmann für Groß-, Außenhandel und Werbung. Er gründete 1996 in einem zwölf Quadratmeter Garagenbüro seine erste Firma. Daraus entstand ein Unternehmen mit jetzt rund 100 Mitarbeitern. Er ist der „Außenminister“ des Unternehmens. Torben Kostiuk wurde am 2. Juni 1980 in Hamburg geboren. Er machte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Speditionskaufmann. Es folgte ein Abendstudium zum Marketing- und Kommunikationswirt. Eintritt in die Firma 1996. Torben Kostiuk ist der „Finanzminister“. Der Gewinn, der gemacht wird, geht dann in eine Kasse? TORBEN KOSTIUK: Grundsätzlich ist alles zwischen uns 50 zu 50 aufgeteilt. Das gilt für alle unserer Gesellschaften. CHRISTIAN KOSTIUK: Ich runde das mal ab und finde es auch nicht schlimm zu erwähnen, dass wir erst finanziell erfolgreich geworden sind, seitdem wir so richtig zusammen sind. Das macht mich unheimlich stolz. Bei dem allen, was Sie machen, wann pusten Sie mal durch? CHRISTIAN KOSTIUK: Unser Job ist das Durchpusten, das ist eine tolle Aufgabe. Es gibt nichts Schöneres auf der Welt, als Dinge zu machen, die man selbst gestaltet und daran Freude hat. Und zu Hause? CHRISTIAN KOSTIUK: Bei mir zu Hause im Wald mal auf der Terrasse zu sitzen und im Schlafsack einzuschlafen. Und wie ist das bei Ihnen? TORBEN KOSTIUK: Ich puste durch, wenn ich Sport treibe. Ich laufe viel und mache Thaiboxen. Da kann ich meine Seele baumeln lassen und abschalten. Norbert Vojta ist Journalist und Honorarprofessor an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Seine Interviews erscheinen alle zwei Wochen an dieser Stelle ANZEIGE
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