Ein Gast auf Erden Sommerzeit ist Reisezeit. Viele Urlauber kommen nicht nur mit Fotos aus den Ferien zurück, sondern mit tiefen Erlebnissen von Gastfreundschaft. Sie bewundern die Herzlichkeit und Offenheit der armen Bevölkerung Indiens, Rumäniens oder der Türkei. Da öffnen Menschen nicht nur bereitwillig ihre Häuser, sondern teilen herzlich ihr Bestes und Weniges mit Fremden. Und das ohne Hintergedanken. In vielen Kulturen ist Gastfreundschaft höchstes Gut und höchste Pflicht – auch im christlichen Denken. Gastfreundschaft als Grundthema der Bibel Die Bibel ist voll von Geschichten über Gastfreundschaft, sowohl im Alten wie auch in Neuen Testament. Urbild ist gleichsam Abraham und Sara (1. Mose 18), die drei Fremde aufnehmen und herzlich bewirten, bis sie endlich merken, dass Gott selbst bei ihnen zu Besuch war. So mahnt uns der Schreiber des Hebräerbriefs: „Vergesst die Denkt daran, dass auch ihr Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, Fremde gewesen seid. Ich bin ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.“ (Hebr. 13, 2) Gastfreundlichkeit liegt also begründet im Wissen, dass der Herr. 3. Mo. 19, 34 Gott der Fremde ist, der als Gast auf die Erde kommt. Er, der Gastgeber par excellence, wird selber Gast, der in Christus um Aufnahme bittet – auch bei dir und mir. (vgl. Joh. 1, 11f., Offb. 3, 20) Was das Gesetz fordert Urerfahrung des Volkes Israel war Gottes wundersame Befreiung aus der Fremdlingschaft in Aegypten. Als Folge davon fordert das Gesetz: „Du sollst den Fremden nicht bedrücken…du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen.“ (3. Mo. 19, 33f.) Gäste auf zu nehmen, heisst eben nicht, Freunde willkommen zu heissen, sondern gerade und vor allem Fremde. Gastfreundschaft ist die Antwort des Gläubigen auf die Erfahrung, dass Leben fremd sein bedeutet und dass Gott uns in Liebe angenommen hat. „Herr, vernimm mein Schreien und schweige nicht zu meinen Tränen; denn ich ein Gast bei dir, ein Fremdling wie alle meine Väter.“ (Ps. 39, 13) Bedingunslose Gastfreundschaft Das Wirken Jesu war durchtränkt von der Mahl- und Tischgemeinschaft mit unterschiedlichsten Männern und Frauen. Mit Freunden und Skeptikern sass er zusammen – ohne Vorbedingungen. Es herrschte Freizügigkeit und Bedingungslosigkeit. Er nahm jegliche Einladung an und lud sich auch immer wieder selber ein. Diese Begegnungen gehörten offensichtlich zum Herzstück seines Wirkens und veränderten nicht wenige. Ich denke an Maria und Martha, Alle murrten: Bei einem Sünan den Pharisäer Simon, an Zachäus, den Zöllner, aber auch der ist er eingekehrt! Lk. 19, 7 an die Tischgemeinschaft mit seinen Jüngern nach der Aufestehung am See Tiberias. Zeichenhaft und handfest lebte Jesus so die bedingungslose Liebe Gottes: Gott hat dich angenommen, dir vergeben und dich unter seinen persönlichen Schutz gestellt! Jesus im Zentrum Mit dem Abendmahl hat Jesus das Bild der Gastfreundschaft tief in unser christliches Bewusstsein geschrieben. Im Mahl ist er Gastgeber und Gast zugleich. Er ist aber auch das Gastgeschenk, der sich für uns hin gibt und der Diener, der seine Gäste bedient (vgl. Mk. 10, 45) Auch in vielen seiner Gleichnisse spielt die Gastfreundschaft und Gastaufnahme eine wesentliche Rolle. So wird am Ende der Zeiten Christus selbst das grosse Gastmahl geben und zu Tische laden. Und im Gleichnis über das Weltgericht sagt er: „ Ich war hungrig…ich war fremd… und ihr habt mich aufgenommen…und ihr habt mich besucht.“ (Matth. 25, 35) In der Aufnahme des Gastes vollzieht sich Begegnung mit Christus, und diese ist und bleibt entscheidend in alle Ewigkeit. Keine Frage der Ressourcen Was braucht es nun, um gastfreundlich zu sein? Genügend Ressourcen? Eine aufgeräumte Stube und einen vollen Kühlschrank? Nein, Gastfreundschaft ist keine Frage von Ordnung oder Geld, sondern eine Frage von Liebe und Beziehung. Liebe zu Gott und Menschen. So sagt die Benediktinische Mönchsregel ganz biblisch: Im Gast sollen wir Christus sehen, denn in Wahrheit hätten wir ihn Gastfreundschaft ist die oft aufgenommen. Gastfreundschaft ist deshalb auch nicht primär eine Frage unserer Begabung. Manch einer macht vergessene christliche es sich da zu leicht, wenn er sagt: Das ist nicht meine Grundhaltung…und sie ist Stärke, meine Gabe! Die obigen Ausführungen machen deutlich, dass Gastfreundschaft eine christliche keine Einbahnstrasse! Grundhaltung ist. Natürlich gibt es Gastfreundschaft auch als spezielle Begabung, aber dies entbindet alle anderen nicht vom Auftrag: „Seid gastfrei untereinander ohne Murren und dienet einander…“ (1. Petr. 4, 10) Ein Wagnis Gäste sind ein Segen! Der Besuch eines Gastes bringt Engel, ja Christus selber in unsere Häuser. Gastfreundschaft ist darum keine Einbahnstrasse. Sie ist Geben und Nehmen. Sie war und ist die treibende Kraft einer missionarischen Gemeinde. Ohne sie hätte sich die christliche Gemeinde kaum über den ganzen Erdkreis verbreitet. Sie ist Umsetzung des Missionsauftrages Jesu und zutiefst verheissungsvoll. Und trotzdem geschieht sie absichtslos und ohne Hintergedanken. Sie quillt aus einem von Gott besuchten Herzen. Denn das ist der tiefste Sinn, „dass ein Mensch dem anderen Rastgeber auf der grossen Wanderschaft zum ewigen Zuhause ist.“ (Romano Guardini) Wann laden SIE Ihren neuen Nachbarn ein oder den wenig Bekannten von schräg vis a vis? Ich wünsche Ihnen viel Mut und Segen dabei. Ihr Pfr. Hanspeter Herzog-Frei Gemeindebrief der Evang. Kirchgemeinde Berg TG – 3/2006
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