Gleichwertigkeit der Schweizer Versicherungsaufsicht

Stellungnahme
Lukas Meermann
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EU-Kommission: Gleichwertigkeit der Schweizer
Versicherungsaufsicht – Stärkung des Versicherungsstandorts
Die Europäische Kommission anerkennt die Schweizer Versicherungsaufsicht als
gleichwertig zu der in der EU zukünftig geltenden Solvency II-Richtlinie. Die Schweiz ist
das einzige Drittland, dem die volle und unbefristete Gleichwertigkeit für die geprüften
Bereiche zugebilligt wird. Der gesamte Finanzplatz und insbesondere der
Versicherungsstandort Schweiz werden mit diesem Entscheid wesentlich gestärkt. Die
Äquivalenzanerkennung ist angesichts der Verflechtungen des Schweizer und
Europäischen Versicherungsmarktes eine Notwendigkeit.
ZÜRICH, 11. JUNI 2015 – Was bedeutet dieser Entscheid für den Schweizer
Versicherungsmarkt? Was für Auswirkungen hat dieser Entscheid auf den Schweizer
Versicherer? Welche Folgen hat dieser Entscheid für ausländische Versicherer, die im
Schweizer Markt tätig sind oder einen Markteintritt in die EU in Erwägung ziehen?
Der Entscheid der EU-Kommission steht im Zusammenhang mit der Einführung von Solvency
II (Richtlinie 2009/138/EU) per 1. Januar 2016. Das Solvency-II-Regime wird ein
gesamteuropäisches Aufsichtssystem für Versicherer einführen, dessen Ziel die Stärkung des
Verbraucherschutzes und des Wettbewerbes ist. Mit dem Entscheid der EU-Kommission wird
das Schweizer Aufsichtssystem den neuen Solvency-II-Regeln in wesentlichen Bereichen
gleichgestellt. Ebenfalls geprüft hat die EU-Kommission die Aufsichtssysteme von Bermuda,
USA, Kanada, Australien, Brasilien und Mexiko. Im Gegensatz zur Schweiz erhalten diese
Länder jedoch nur eine auf 10 Jahre befristete Gleichwertigkeit für den Bereich der SolvenzBerechnung.
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«EY begrüsst den Entscheid der EU-Kommission. Die Anerkennung der Gleichwertigkeit ist
von grosser Bedeutung für den Schweizer Versicherungsmarkt und nicht zuletzt auf die
Bemühungen der FINMA zurückzuführen», sagt Achim Bauer, Swiss Insurance Sector Leader
bei EY Financial Services.
Die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Aufsichtssysteme ist deshalb so wichtig, weil den
Versicherern und Rückversicherern mit Sitz in der Schweiz andernfalls Wettbewerbsnachteile
und aufsichtsrechtliche Doppelspurigkeiten gedroht hätten. Nun aber erhalten Schweizer
Versicherer und Rückversicherer in wesentlichen aufsichtsrechtlichen Bereichen gleich lange
Spiesse wie ihre Europäischen Wettbewerber. Die EU-Kommission hat die Gleichwertigkeit der
Schweiz zum Solvency-II-Regime im Bereich der Gruppenaufsicht, der Solvenzberechnung
und der Rückversicherung festgestellt.
Gruppenaufsicht
Der aus Sicht von Schweizer Versicherungsgruppen wesentliche Punkt der Gleichwertigkeit
umfasst die Gruppenaufsicht (Art. 260 Solvency II), also die Aufsicht von Mutter- und ihren
angeschlossenen Tochtergesellschaften durch eine zentrale Aufsichtsbehörde. Von ihr
betroffen sind Versicherer und Rückversicherer mit Hauptsitz in der Schweiz, die
Versicherungs- oder Rückversicherungstochtergesellschaften im EU-Raum haben und die der
Gruppenaufsicht nach Solvency II unterstehen. Dank der Anerkennung der Gleichwertigkeit der
Schweizer Aufsicht führt die EU keine separate Gruppenaufsicht durch, sondern stützt sich auf
die Gruppenaufsicht der FINMA. Im anspruchsvollen regulatorischen Umfeld, welches immer
mehr Anforderungen an die Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften stellt, wird
dies von den Schweizer Versicherungsgruppen mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, da
es grundsätzlich die Schaffung einer Europäischen (Unter-)Gruppe obsolet macht. Dennoch
sei erwähnt, dass den einzelnen Europäischen Mitgliedsländern weiterhin die Option bleibt, die
Bildung von (Unter-) Gruppen für sämtliche Entitäten in ihrem jeweiligen Land zu verlangen.
Rückversicherung
Von Bedeutung ist der Entscheid auch für die Rückversicherung. Dank der Anerkennung der
Gleichwertigkeit von Art. 172 der Solvency-II-Richtlinie müssen etwa Rückversicherungsverträge mit Schweizer Rückversicherern genauso behandelt werden, wie
Rückversicherungsverträge mit in einem EU Land ansässigen Rückversicherungsunternehmen. Ein weiterer Aspekt ist beispielsweise das Verbot der Besicherung von
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Vermögenswerten. Hiernach sollen die EU-Mitgliedsstaaten von der Leistung entsprechender
Sicherheiten durch Schweizer Rückversicherungsunternehmen in Bezug auf deren
Versicherungsgeschäft im jeweiligen EU-Mitgliedsland absehen.
In der Konsequenz bedeutet diese Gleichbehandlung von Rückversicherern mit Sitz in der
Schweiz gegenüber ihren europäischen Mitbewerbern eine erhebliche Erleichterung des
Marktzuganges in die EU. Bis anhin musste teils auf aufwendigem bürokratischen Weg
festgestellt werden, inwiefern Sicherheiten zu leisten oder vergleichbare Vorkehrungen zu
treffen sind.
Solvenzberechnung
Der dritte Bereich, die Solvenzberechnung, betrifft vor allem europäische Versicherer, die über
Tochtergesellschaften in der Schweiz verfügen. Die Anerkennung der Gleichwertigkeit der
Solvenzberechnung (Art. 227 Solvency II) ermöglicht den Tochtergesellschaften in der
Schweiz, auch für die Gruppenaufsicht durch die EU die Vorschriften der Solvenzberechnung
nach den Regeln des Schweizer Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) anzuwenden. Neben der
Gruppenaufsicht durch die EU unterstehen die Schweizer Tochtergesellschaften der
Einzelaufsicht durch die FINMA und müssen dementsprechend die aufsichtsrechtlichen
Anforderungen des VAG erfüllen. Dies bedeutet, dass ohne die Anerkennung der
Gleichwertigkeit an dieser Stelle Duplikationen und Ineffizienzen gedroht hätten. So aber reicht
es aus, wenn die Europäischen Tochtergesellschaften mit Sitz in der Schweiz die
Solvenzberechnungen gemäss Schweizer VAG durchführen.
Ausblick
Mit Interesse dürften auch Versicherungs- und insbesondere Rückversicherungsgesellschaften
aus Drittstaaten, die einen Umzug oder eine Etablierung in der Schweiz in Erwägung ziehen,
den Entscheid der EU-Kommission zur Kenntnis genommen haben.
«Einerseits werden mögliche regulatorische Hürden aus dem Weg geräumt. Andererseits –
und nicht weniger wichtig – ermöglicht der Entscheid bezüglich der von der
Äquivalenzanerkennung betroffenen Aufsichtsrechtsbereiche eine bessere Planbarkeit
aufgrund der hergestellten Rechtsicherheit, beispielsweise bei Etablierung in der Schweiz und
gleichzeitig geplanten Versicherungsaktivitäten im EU-Raum und umgekehrt», sagt Stefanie
Gey, Leiterin Insurance Legal, Regulatory & Compliance bei EY Financial Services.
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Trotz Äquivalenzanerkennung bleiben jedoch auch weiterhin gewisse Unsicherheiten
hinsichtlich der Versicherungsaufsicht im Blickwinkel der Versicherer bestehen.
«Namentlich seien hier das Nebeneinander und Verhältnis der beiden Solvenzsysteme
(Solvency II und SST), die Umsetzung des qualitativen Risikomanagements und der Trend zur
regulatorischen Präferenz eines Standardmodells gegenüber unternehmensinternen Modellen
erwähnt», so Andrew Gallacher, Leiter des Beratungsgeschäfts von EY für Versicherungen bei
EY Financial Services.
EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory
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Erfahrung, unserem Wissen und unseren Dienstleistungen weltweit die Zuversicht und die
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dank gut ausgebildeter Mitarbeitender, starker Teams sowie ausgezeichneter Dienstleistungen und
Kundenbeziehungen bestens gerüstet. Building a better working world: Unser globales Versprechen ist
es, gewinnbringend den Fortschritt voranzutreiben – für unsere Mitarbeitenden, unsere Kunden und die
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