Vortrag Peter Mair

Schwerverletzt
nach Absturz
P. Mair
NAH Alarm
Notfallmeldung
6:45 Uhr
Absturz beim Aufstieg
Skitour ca. 100 Meter
Patient
Zustand unklar, Helfer
steigen zu ihm ab
7:08 Uhr
Notarzt steigt angestützt aus
und steigt zu Opfer auf.
7:10 Uhr
Notarzt stellt Lebenszeichen
fest - schweres Polytrauma.
- GCS Score 7 Punkte
- Atemfrequenz 8/ Min
- blass, keine Zyanose
- kein Radialispuls
- GCS Score 7 Punkte
- Atemfrequenz 8/ Min
- blass, keine Zyanose
- kein Radialispuls
1.
Crashbergung – alles weitere am ZLP
2.
„basic“ ATLS mit Monitoring (O2 Sättigung, RR, iv, Volumen, O2
evtl. extraglottischen AW), Intubation erst nach Taubergung
3.
„complete“ ATLS mit sofortiger Intubation vor Taubergung
Wann und wo soll ATLS durchgeführt werden ?
Daten ob präklinisch oder Notaufnahme
- Evidenzlage widersprüchlich
Situation vollkommen unklar Taubergung
- praktisch keine validen Daten
„Internationales Alpines Traumaregister“ - EURAC Bozen
Polytrauma nach Alpinunfall
Notarzthubschrauber
n = 58
Studienzentrum Innsbruck
ISS mean 37,7 + 13,5
Taubergung notwendig n = 40
Crashbergung
n = 10 (25%)
ATLS
n = 30 (75%)
Intubation
n=5
„Internationales Alpines Traumaregister“ - EURAC Bozen
Polytrauma nach Alpinunfall
Notarzthubschrauber
n = 58
Studienzentrum Innsbruck
ISS mean 37,7 + 13,5
Taubergung notwendig n = 40
42% aller Intubationen
Crashbergung
n = 10 (25%)
ATLS
n = 30 (75%)
Intubation
n=5
Entscheidung für ATLS am NFO - Kreislauf
- GCS Score 7 Punkte
- Atemfrequenz 8/ Min
- blass, keine Zyanose
- kein Radialispuls
Entscheidung für ATLS am NFO - Kreislauf
- GCS
Score 7 Punkte
gezielte
Drucktherapie
unmittelbar
- Atemfrequenz
8/ Min
am
Notfallort notwendig?
- blass, keine Zyanose
- kein Radialispuls
Mein Vorgehen wäre
1.
2.
3.
4.
5.
Volumenbolus ohne Monitoring
> 80 mmHg
> 90 mmHg
> 110 mmHg
> 140 mmHg
0%
0%
0%
0%
0%
30
Schädelhirntrauma - Hypotension und Outcome
Daten- und Evidenzlage eindeutig
- Hypotension und traumatischer Schock
erhöht Mortalität und Morbidität
auch kurzzeitige Hypotension relevant
- einmalige Episode verdoppelt Mortalität
- längere Episoden vervielfachen Mortalität
- aggressive Therapie innerhalb von Minuten
Schädelhirntrauma – optimaler Blutdruck
Schädelhirntrauma – optimaler Blutdruck
systolischer Blutdruck bei SHT > 90 mmHg
- so empfohlen in fast allen Richtlinien
systolischer Blutdruck bei SHT > 90 mmHg ?
- 90 mmHg ist meist auch Schockdefinition
- daher mit dieser Druckgrenze meisten Daten
- arterieller Mitteldruck relevanter ?!
- systolischer Wert zu nieder angesetzt ?!
systolic pressure*
mortality
< 120 mmHg
1,5 x
< 100 mmHg
2x
< 90 mmHg
3x
< 70 mmHg
6x
* hospital admission
Fuller et al. Injury 2014; 45:612-617.
systolic pressure*
< 120 mmHg
120 -140 mmHg
> 140 mmHg
mortality
2,7 x
minimal
1,6 x
Zafar et al J Trauma 2011; 71:1179-1184.
- GCS Score 7 Punkte
systolisch 120 mmHg
- Atemfrequenz 8/ Min
bis
- blass, keine Zyanose
systolisch 140 mmHg
- kein Radialispuls
1
2.
3.
4.
5.
Volumengabe ohne Monitoring
systolischer Druck > 80 mmHg
systolischer Druck > 90 mmHg
systolischer Druck > 110 mmHg
systolischer Druck > 140 mmHg
- GCS Score 7 Punkte
- Atemfrequenz 8/ Min
- blass, keine Zyanose
- kein Radialispuls
Pulsoxymetrie
Sättigung
87%
1.
- GCS Score 7 Punkte
akzeptabel, keine relevante Hypoxie
- Atemfrequenz 8/ Min
2.
kurzfristig akzeptabel bis ZLP
3.
blass,
keine
Zyanose
unbedingt sofortige O Gabe
2
- kein Radialispuls
Pulsoxymetrie
Sättigung
87%
Was würden sie meinen?
1.
2.
3.
akzeptabel über längere Zeit
kurzzeitig akzeptabel
Notfall – sofort intervenieren
0%
0%
0%
30
Schädelhirntrauma – akzeptable O2 Sättigung
Hypoxie triggert zerebrale Sekundärläsion
- Episoden von Hypoxie 2x Mortalität
- O2 Sättigung soll nicht unter 90% fallen
- Zielwert O2 Sättigung: > 95%
Zusammenhang - Hypoxie und Outcome bei SHT
- weniger gut belegt wie für Hypotension?!
- relevante Grenzwerte O2 Sättigung?!
1.
2.
3.
- GCS Score 7 Punkte
akzeptabel, keine relevante Hypoxie
- Atemfrequenz 10/ Min
kurzfristig akzeptabel bis ZLP
- blass, keine Zyanose
unbedingt sofortige O2 Gabe
- kein Radialispuls
Pulsoxymetrie
Sättigung
87%
- GCS Score 7 Punkte
- Atemfrequenz 8/ Min
- blass, keine Zyanose
- kein Radialispuls
1.
Crashbergung – alles weitere am ZLP
2.
„basic“ ATLS mit Monitoring (O2 Sättigung, RR, iv, Volumen, O2
evtl. extraglottischen AW), Intubation erst nach Taubergung
3.
„complete“ ATLS mit sofortiger Intubation vor Taubergung
Weiteres Vorgehen
- Monitoring EKG, RR, Pulsoxymetrie
- wegen O2 Sättigung < 90%
- 3L Sauerstoff über Maske
- iv Zugang
- Kolloidlösung 500 mL mit Druck infundiert
- Seitenlage im Bergesack auf Vacuum
- komplikationslose Taubergung
Patientenzustand am Zwischenlandplatz
- GCS Score 8 Punkte
- Atemfrequenz 14/ Min
O2 Sättigung 95%, Atemwege akzeptabel
- zentralisiert
RR 110/90 nach Volumengabe (750 mL)
Patientenzustand am Zwischenlandplatz
1. jetzt Intubation
Transfer KH
2. keine Intubation
Transfer KH
Flugzeit Krankenhaus 10 – 12 Minuten
Was würden sie machen?
1.
2.
präklinische Intubation jetzt
Intubation erst im Schockraum
0%
0%
30
Patientenzustand am Zwischenlandplatz
- GCS Score 4 Punkte
Pupillen rechts weit, lichtstarr
- Atemfrequenz 14/ Min
O2 Sättigung 98%, Atemwege akzeptabel
- zentralisiert
RR 110/90
nach Volumengabe
mL)
Flugzeit
Krankenhaus
10 – 12(750
Minuten
Was würden sie in
dieser Situation machen?
1.
2.
präklinische Intubation jetzt
Intubation erst im Schockraum
0%
0%
30
Schädelhirntrauma – Intubation
Literaturdaten und Evidenz
- publizierten Daten lässt sich (fast) jedes
Vorgehen „evidenz based“ begründen
Indikation zur präklinischen Intubation
Studien präklinische Intubation bei SHT * n = 31
Vergleich Outcome Intubation ja/nein
Outcome verbessert n = 7
n = 20
Outcome gleich/ schlechter# n = 13
# Prähospitalzeit,
physiologische Parameter,
aber auch Morbidität/Mortalität erhöht.
* Medline ab 2001 RCT und größere prospektive/ retrospektive Fallserien
Gründe für das „Versagen“ präklinischer Intubation
- unzureichende Erfahrung, Atemwegskatastrophen
- Hyperventilation nach Intubation
Inzidenz ca.20%, Mortalität verdoppelt
- Intubation ohne Muskelrelaxation
- Hypotension durch Narkose und RSI
Inzidenz und Auswirkung Mortalität ?!
Indikation zur präklinischen Intubation?
Hausverstand und klinischer Erfahrung
„situationselastisch“
geringe Erfahrung
Zurückhaltung
Vermeide Hypotension, Hypoxie, Hyperkapnie
ausreichende Erfahrung
durchführen!
strenge Risiko/Nutzen Abwägung
Was könnte gegen Intubation am Notfallort sprechen
- kurze Prähospitalzeit
- Gelände - „Manpower“ - Logistik ?
- hohes Risiko, großer Zeitverlust
- Monitoring nicht kontinuierlich möglich
- Blutdruck, Sättigung, pECO2
- schwierige Intubation zu erwarten
- schlechte Einstellung Glottis 2-3 x häufiger
- Intubationsindikation nur GCS <9
- Polytrauma, Schutzreflexe, Atmung
Falldiskussionen 2015
Lawinenunfall
P. Mair
Frühwinter 28. November
Alarm NAH 13:30 Uhr: Alleingänger seit 2 h vermisst
13:50 Uhr: Lawinenkegel Gipfelbereich entdeckt
Verschüttungstiefe 1.5 Meter
Verschüttungsdauer lang (?!)
Abfahrtsspur führt in Lawinenanriss
13:54 Uhr: Flugretter, Hundeführer und Arzt abgesetzt
kein LVS Signal, Suche mit Lawinenhund
14:10 Uhr: Vermisster Hund gefunden
Zustand des Patienten nach Ausgraben:
- keine Lebenszeichen
- Atemstillstand, kein Puls tastbar.
- Pupillen weit, lichtstarr
- Atemwege frei von Schnee, Atemhöhle?
- äußerlich keine Verletzungszeichen
- Verschüttungsdauer unklar
- mindestens 3 Stunden anzunehmen
Weiteres Vorgehen:
1. keine Reanimation
- sehr langer Verschüttungszeit
- unbeobachteter Unfall
- „irgendwo hat Alles eine Grenze“
2. Beginn mit Reanimationsmaßnahmen
- Atemwege schneefrei - Überlebenschancen
- „nobody is dead until warm and dead“
Was würden sie machen?
1.
2.
keine Reanimation
Reanimation
0%
0%
30
Weitere Diagnostik nach CPR Beginn:
- Körperkerntemperatur gemessen
- Tympanon 25.6°C
- unter CPR weiterhin keine Lebenszeichen
- Pupillen bleiben weit, lichtstarr
- EKG Diagnostik durchgeführt
- Kammerflimmern
Was würden sie machen?
1.
2.
Reanimation fort setzen
Reanimation abbrechen
0%
0%
:30
Körperkerntemperatur
25.6°C Tympanon
1.
valider Wert für Körperkerntemperatur*
2.
repräsentiert nicht Körperkerntemperatur
*trotz aller technischer Einschränkungen gute Grundlage für Triage
Was würden sie meinen?
1.
2.
valider Wert für Triage
„kann man vergessen“
0%
0%
:30
Problem der Körperkerntemperaturmessung
Hypothalamus und Tympanon werden von den gleichen Ästen
der A. Carotis versorgt. Deshalb gilt die Temperatur gemessen
am Tympanon normalerweise als guter Indikator für die
Temperatur des Gehirns und damit die Körperkerntemperatur.
Temperaturmessungen im Tympanon sind ein guter Indikator
der Körperkerntemperatur bei erhaltener zerebraler Perfusion!
Bei Kreislaufstillstand, zerebralem Perfusionstop oder während
CPR repräsentieren Temperaturmessungen im Tympanon eher
die Umgebungstemperatur und geben zu niedrige Werte.
Problem der Körperkerntemperaturmessung
Bei hypothermen Patienten mit Kreislaufstillstand/ CPR
sollten Temperaturmessungen präklinisch wenn möglich
ösophageal erfolgen. In der Notaufnahme sollten Messungen
der Bluttemperatur zur Patiententriage verwendet werden.
Weitere Diagnostik nach CPR Beginn:
- Körperkerntemperatur gemessen
- Tympanon 25.6°C
- unter CPR weiterhin keine Lebenszeichen
- Pupillen bleiben weit, lichtstarr
- EKG Diagnostik durchgeführt
- Kammerflimmern
Was würden sie meinen?
1. Kammerflimmern prognostisch günstig
2. auch Asystolie gute Prognose ( Hypothermie)
0%
0%
30
Hypothermer Kreislaufstillstand
Kammerflimmern
- bei Kerntemperatur unter 28°C auf Basis extremer Arrhythmieneigung
- typischer Rhythmus bei Hypothermie bedingtem Kreislaufstillstand
Asystolie
- bei Kerntemperatur unter 22°C – 20°C aus extremer Bradykardie heraus
- selten bei ausschließlich Hypothermie bedingtem Kreislaufstillstand
- Asystolie bei Kerntemperatur über 22°C „unphysiolgisch“
Hinweis auf Asphyxie oder prolongierten Kreislaufstillstand
- Körperkerntemperatur gemessen
- Tympanon 25.6°C
- unter CPR weiterhin keine Lebenszeichen
- Pupillen bleiben weit, lichtstarr
- EKG Diagnostik durchgeführt
- Asystolie
Was würden sie machen?
1.
2.
Reanimation fort setzen
Reanimation abbrechen
0%
0%
:30
Was würden sie meinen?
1. Serumkalium hilft mir sicher weiter
2. nicht Triage entscheidender Laborwert
0%
0%
:30
Kaliumwerte von Lawinenopfern mit
extrakorporaler Wiedererwärmung (n = 28)
Asphyxie
P. Mair et al. High Alt Biol Med 2014; 15:500.
Kaliumwerte von Lawinenopfern mit
extrakorporaler Wiedererwärmung (n = 28)
……….
unserer Asphyxie
Erfahrung nach ist Kalium ein
prognostischer Marker von geringem klinischen Nutzen
……… weniger als ein Drittel der Lawinenopfer mit
irreversiblem Kreislaufstillstand weist tatsächlich so
hohe Kaliumwerte (>8 mMol/L)
auf
P. Mair et al. High Alt Biol Med 2014; 15:500.
Weiterer Verlauf
- Indikation zur prolongierten CPR gestellt
- 60 Minuten manuelle CPR (mit Taubergung)
- Extrakorporale CPR und Wiedererwärmung
- einsetzende Spontanatmung
- Pupillen eng, Reaktion auf Licht
- Anästhesie notwendig
- CT (6 Stunden) keine zerebrale Ischämie
Weiterer Verlauf
- nach 12 Stunden Pupillen weit, lichtstarr
- CT zeigt massive Hirnschwellung
- nach 48 Stunden verstorben
- Einklemmung bei malignem Hirnödem
Literaturreview – Outcome ECPR nach Lawinenunfall
unterkühlte Lawinenopfer mit Kreislaufstillstand
n = 98
keine Angaben
unbeobachtet
n = 22
n = 64
beobachtet
Langzeitüberleben
n=1
Langzeitüberleben
Lawine und Spaltensturz
Temperatur
19.0°C
keine CPR
70 Minuten
n = 12
n = 11
Langzeitüberleben n = 11
Temperatur 19.6°C bis 24°C
Kammerflimmern n = 9
High Alt Med Biol 15:500-503; 2014
Triage ganzverschütteter Lawinenopfer
Verschüttungsdauer > 60 Minuten
ja
Asphyxie
Schnee in den Atemwegen
Kerntemperatur > 30°C
CPR Abbruch
ja
ja
Serumkalium > 8 mMol/L
Triage asystoler ganzverschütteter Lawinenopfer
Stillstand beobachtet oder unbeobachtet ?
Kammerflimmern oder Asystolie ?