TITELTHEMA Oerlikon Leybold Vacuum GmbH Vakuum erobert die Backstuben Knusprige Kruste, lockere Krume Vakuumtechnik bringt nun auch Innovation in das industriell orientierte Backgewerbe. Die Kühlung von Backwaren wird revolutioniert. Im Vergleich zu konventionell gekühlten Backwaren liegt der Vorteil eines unter Vakuum gekühlten Brotes bereits bei der ersten Berührung im wahrsten Sinne des Wortes auf der Hand: Die Kruste ist knusprig, die Krume locker. Durch die Verlängerung der so genannten Rösche nimmt auch die Volumenbeständigkeit des Backgutes zu – ein Umstand, der zu einer langanhaltend stabilen und zartsplitternden Kruste führt. Dies ist insofern ein Vorteil, weil viele Backprodukte bei höherer Luftfeuchtigkeit dazu neigen, ihre Form zu verlieren. Ein formstabiles Volumen ist nicht nur für den Kunden ein Qualitätsgewinn; es bietet zudem einen optischen Wettbewerbsvorteil, wenn Gebackenes in der Auslage nicht nur lecker duftet, sondern auch attraktiv aussieht und zum Kauf lockt. Weniger Keime im Vakuum Bild: CETRAVAC Neben den ersten augenscheinlichen Vorteilen für den Käufer gibt es noch einen weiteren wichtigen Aspekt: Durch die Verfahrensbeschleunigung verkleinert sich das Zeitfenster für Keim- befall. Der für das Wachstum von Schimmelsporen kritische Temperaturbereich von 60 ° C bis 30 ° C wird bei der Vakuumkühlung in zwei bis drei Minuten statt wie bisher in zwei Stunden durchschritten. Das Kühlen in einer geschlossenen Kammer dient also gleichsam als Schleuse zwischen Produktion und Verpackung und minimiert signifikant das Risiko für einen Keimbefall aus der Luft und späteren Schimmel als Folge. Für die Schimmelresistenz ist nach dem Verpacken somit kein aufwendiger Sterilisierungsprozess notwendig. Lediglich Reinluft und Schutzgas könnten noch für eine zusätzliche Verlängerung der Mindesthaltbarkeit sorgen. Kompakte Abmessungen, mehr Nutzfläche Die Vakuumkühlung bringt dem Backbetrieb noch weiteren Nutzen. Gegenüber der konventionellen Kühlung an der Luft, lässt sich durch die kompakten Abmessungen einer Vakuumkühlanlage eine signifikant große Platzersparnis realisieren – bis zu einem Zehntel der vormals genutzten Bodenstandfläche. Eine einfache Konditionierkammer hat lediglich eine Kammergröße von etwa 120 x 100 Zentimeter und ist circa 2 Meter hoch. Vakuumpumpe oder Schaltschrank sind funktionell direkt neben der Kammer in die Anlage integriert. Die wiedergewonnene freie Nutzfläche kann im Betrieb für zusätzliche Produktionskapazitäten genutzt werden. Brote verschiedenster Art und Größe sind durch die Vakuumkühlung schon nach fünf bis zehn Minuten auf 30 ° C abgekühlt. Der Backbetrieb profitiert nicht nur von der Qualitätsverbesserung; es kommt auch zu einer Produktivitätserhöhung. Die neue Kühltechnik verkürzt die ursprüngliche Auskühlphase drastisch. Dennoch sind die Backwaren für die nachfolgenden Bearbeitungsschritte Schneiden und Verpacken optimal konditioniert. Heute übliche Anlagen sind für einen Stikkenwagen mit einer Blechgröße von 60 x 100 Zentimeter ausgelegt. Je nach Produkt können so stündlich bis zu zwölf Chargen oder 400 bis 500 Kilogramm gebackene Teigmasse konditioniert werden. Im Vergleich dazu kann das Abkühlen an der Umgebungsluft mehrere Stunden dauern. Vakuumgekühlte Backwaren sind für die Weiterverarbeitungskette schneller und besser präpariert. Bild: CETRAVAC Backen gehört zu den ältesten Tätigkeiten im Lebensmittelhandwerk. Fladenbrot wurde schon vor 8.000 Jahren aus zerstoßenem Getreide und Wasser hergestellt. Die Vakuumtechnik ist im Vergleich dazu nahezu jung. Vakuum wird technisch erst seit dem 17. Jahrhundert erzeugt und ist heute ein fester und unverzichtbarer Bestandteil in der industriellen Praxis. Unsere hochtechnisierte Welt braucht Vakuum. Neue technische Entwicklungen und Innovationen, beispielsweise etwa Smartphones, wären ohne Vakuumtechnik nicht möglich. Vakuumkonditionierte Backwaren überzeugen durch gleichmäßige Krume und formstabiles Volumen Vakuumkonditionierung verbessert Backwarenqualität Die großen technischen Herausforderungen bei der Vakuumkonditionierung von Backwaren lassen sich in zwei Bereiche aufteilen: Einerseits sind die Anlagenhersteller gefordert, die vielen unterschiedlichen Brotsorten in Europa, insbesondere im deutschsprachigen Raum, zu berücksichtigen. Backwaren sind nicht gleich Backwaren. Sie unterscheiden sich alle. Dabei fallen nicht nur die regionalen und mundartlichen Unterschiede ins Gewicht. Brötchen, Röggelchen, Semmel, Strippe oder in Schwaben die Seele – alle haben unterschiedliche Rezepte und verschiedenste Zutaten. Erweitert man den Blick von der Vielfalt des typischen deutschen Frühstücksbrötchens auf die Gesamtheit der Brotarten in der europäischen Brotkultur, werden die Unterschiede der Backwaren deutlicher: Croissant, Baguette, Roggenbrot oder Hefezopf mit Rosinen – sämtliche Rezepte und Eigenschaften spiegeln sich in ihrer Einzigartigkeit in der Anlagensteuerung wieder. Der Anlagenhersteller muss für die jeweiligen Backwaren die entsprechenden Abkühlabläufe in der Anlagensteuerung programmieren. Dies verlangt backspezifisches Know-how und langjährige Erfahrung. Damit erlangt die Vakuumtechnik auf Qualität und Güte der Ware fast so viel Einfluss wie die Backrezeptur selbst. Die Vakuumkonditionierung von Backwaren ist auch für das heute übliche Konzept der Backshops oder Backverkaufsstellen optimal. Gebacken wird meistens dezentral außerhalb der Stadt. Die Backwaren werden an die Verkaufsstellen in den Innenstädten oder in Einkaufszentren ausgeliefert. Die Kundenerwartung, zu jeder Tageszeit frische und warme Brötchen kaufen zu können, kann mit Hilfe der Vakuumkonditionierung optimal umgesetzt werden. Oerlikon Leybold Vacuum GmbH TITELTHEMA Halbgebackene konditionierte Kaisersemmeln können einfach verpackt zur Backfiliale transportiert und fertig gebacken werden Moderne ölfreie Schraubenvakuumpumpen mit integriertem Frequenzumrichter sind zur Bild: CETRAVAC Vakuumkonditionierung Niedrigere Logistik- und Lagerkosten Der Schlüssel ist hier das so genannte Vorbacken. Vorgebackene Backwaren werden unter Vakuum konditioniert und können dann ohne Tiefkühlung an die Verkaufsstandorte ausgeliefert und dort bis zu vier Tage gelagert werden. Oftmals werden so viele Filialgeschäfte beliefert und große Wege zurückgelegt. Die Produkte überstehen die Filialbelieferung durch die Vakuumkonditionierung auch bei den unterschiedlichsten wetterbedingten Einflüssen in einfacher Verpackung unbeschadet. Im Backshop werden die vakuumkonditionierten Backwaren lediglich noch final gebacken, wobei die Backzeiten durch das Vorbacken nur noch kurz sind. Durch die Anwendung der so genannten UnterbruchBackmethode und dem Wegfall der bisher notwendigen Tiefkühllogistik und -lagerung im Backbetrieb und Filialshop kann der Energieverbrauch signifikant reduziert werden. In der Summe sinken also die Kosten für Energie und Logistik. Der verkürzte Backvorgang ist auch für das Personal erheblich angenehmer, da Abluft und Wärmeentwicklung deutlich gesenkt werden. Der Kunde kommt so rund um die Uhr in den Genuss von frischem und warmem Brot mit nahezu optimaler Formgebung – „verzehrbereit“, dem modernen Lifestyle entsprechend. Kühlzeiten verkürzt, Kondensation verhindert Die zweite große technische Herausforderung liegt in der vakuumtechnischen Auslegung der Kühl- und Konditionierungsanlage. Anwendung findet hier das Prinzip der Vakuumkühlung. Bei atmosphärischem Druck kocht Wasser bei 100 ° C. Sinkt der Atmosphärendruck, verringert sich auch der Siedepunkt. Liegt der Druck bei 42 von Backwaren optimal geeignet Bild: Oerlikon Leybold Vacuum mbar, verdampft das Wasser bereits bei 30 ° C. Die zum Sieden notwendige Energie wird dem nahezu noch ofenwarmen Backprodukt entzogen. Übliche Kühlzeiten liegen produktspezifisch zwischen 2 und 6 Minuten. In dieser Zeit kühlt das Backgut gleichmäßig über das ganze Produkt hinweg. Der gleichmäßige Entzug des Wasseranteils verhindert auch eine mögliche Kondensation im Gebäck selbst, oft auch als Verkleisterung bezeichnet. Dies ist für den Brotliebhaber wiederum ein Gewinn an Qualität. Der aus dem Prozess resultierende heiße (warme) Wasserdampf ist die Herausforderung bei der vakuumtechnischen Auslegung der Kühl- und Konditionierungsanlage. Der Dampf ist zudem nicht rein, sondern mit Backzutaten wie Mehl, Hefe, Zucker und Salz versetzt. Für die Auswahl der Vakuumpumpentechnologie ist dies entscheidend. Keine Vakuumpumpe würde die Belastung mit Wasserdampf und einer breiig, süßklebrigen Masse langfristig aushalten, sieht man vom Einsatz einer Flüssigkeitsringpumpe einmal ab. Prinzipiell wäre diese Technologie zwar ideal, die Abhängigkeit des Enddruckes von der Wassertemperatur ist hier aber nicht prozessdienlich. Letztendlich stellt sich die Frage, eine Pumpe mit klassisch ölgedichteter Drehschiebertechnik einzusetzen, oder die modernere ölfreie Schraubentechnologie zu verwenden. Eine Präferenz lässt sich an dieser Stelle nur schwer nennen. Beide Pumpen sind prinzipiell geeignet, allerdings ist die Konzeption der Vakuumkühlanlage entscheidend. Trend geht zur trockenen Schraubentechnologie Für einen reibungslosen Betrieb kommt es auf das Geschick des Anlagenherstellers an, die richtigen Maßnahmen in Betrieb und Service zu implementieren, um die Pumpe der Wahl vor dem Gemisch aus Wasserdampf und Backzutaten zu schützen. Betrachtet man die auf dem Markt angebotenen Vakuumkühlanlagen, so ist jedoch ein Trend zur Verwendung der ölfreien Schraubentechnologie feststellbar. Dieser Sachverhalt beruht sicherlich auch darauf, dass sich moderne Schraubenpumpen mit Frequenzumrichter optimal mit der Anlagensteuerung verbinden und kompakt integrieren lassen. Auch im Hinblick auf Geräuschemission bieten diese Schraubenpumpen den Komfort eines geräuscharmen Betriebes. Hygienevorschriften in der Lebensmittelproduktion werden diesem Sachverhalt zudem Rechnung tragen. Viele Backbetriebe scheuen häufige Ölwechsel, die zudem mit Kosten verbunden sind. Profitables Vakuum Doch das wird sich ändern: Bei näherer Betrachtung der neuen Backtechnologie fällt auf, dass Anlagenhersteller, Produzenten, Bäckereien und Konsumenten dort, wo Vakuum angewandt wird, gleichermaßen in den sprichwörtlichen Genuss der Vorteile kommen. Sie alle profitieren vom Zuwachs an Qualität und Produktivität, und das Verbesserungspotential in puncto Produktionszeit, Infrastruktur, Personal, Logistikkosten sowie Rohstoff- und Energieverbrauch ist enorm. Die technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Marktdurchdringung sind also zweifellos gegeben. Autor: Klaus Buhlmann, Markt Segment Manager Industrielle Applikationen, Oerlikon Leybold Vacuum GmbH, Köln ACHEMA 2015: Halle 8.0, Stand F61 Weitere Informationen: http://www.oerlikon.com/ leyboldvacuum/de/
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