Nenad kocht 48 6. Dezember 2015 | sonntagszeitung.ch Manchmal muss es Kaviar sein Wer die Festtage kulinarisch aufwerten will, kann das mit Kartoffeln, Eiern – und Rogen vom Schweizer Stör tun, findet Nenad Mlinarevic Man muss nicht gleich dosenweise Kaviar mit Blinis und Sauerrahm löffeln, um während der Festtage etwas Exklusivität in den Mahl zeitenplan zu bringen. Der gesal zene Rogen vom Stör gilt schon seit Jahrhunderten als Delikatesse, nicht umsonst spricht man vom «schwarzen Gold». Gerade deshalb sollte man den Kaviar mit Verstand essen – und mit Geschmack zu bereiten. Das beginnt mit der Wahl des Produkts, bei uns im Restaurant muss es «Made in Switzerland» sein. Kaviar aus dem Iran oder Russland möchte ich nicht servie ren. Die Vorstellung, dass man während des Nachtessens auf den Vierwaldstättersee blickt und da bei Rogen von Fischen isst, die im Kaspischen oder im Schwarzen Meer gelebt haben, finde ich merk würdig. Im Berner Oberland wird im Tropenhaus Frutigen Kaviar von Schweizer Stören gewonnen, die Zucht und die Produktion läuft un ter Einhaltung aller Gesetze von Natur und Nachhaltigkeit. Dazu gehört nicht nur das Bergwasser aus dem Lötschberg, sondern auch die Tatsache, dass die russischen und sibirischen Zuchtstöre gesamt haft verwertet werden. Aus dem Rogen wird Oona-Kaviar, aus dem Fleisch werden frische oder geräu cherte Filets, die Haut wird in der Schweiz pflanzlich gegerbt und zu Störleder verarbeitet, und alles an dere (Kopf, Innereien etc.) wird in der nahen Biogasanlage zu Strom. Seit kurzem werden im Berner Oberland übrigens auch Egli und Zander in hervorragender Quali tät gezüchtet Den Kaviar nicht nur mit Ver stand zu produzieren, sondern auch zu geniessen, bedeutet, ihn gezielt in einem Gericht einzuset zen. Den Rogen mit einem Perl muttlöffel (niemals Silberlöffel ver wenden, sie oxidieren!) direkt aus der Dose zu essen, gehört für mich nicht zu den sinnvollen Genuss arten. Ich setzte ihn eher wie ein Gewürz ein, Kaviar hat salzige, jodige, rauchige Noten und eine gewisse Säure. Klassische Luxuslebensmittel wie Kaviar oder Hummer als sol ches sagen mir nicht besonders viel. Ich komme aus einfachen Ver hältnissen, bei uns war Rauchlachs zu Weihnachten schon etwas ganz Besonderes. Wenn ich heute aber mit einem Produkt wie Oona ein Gericht runder und besser machen kann, verwende ich es durchaus gerne. Kaviar vom Stör haben wir jetzt – zweieinhalb Jahre nach Eröffnung des Restaurants – zum ersten Mal auf der Karte. Wenn wir Kaviar servieren, wie gen wir ihn grammgenau ab, d amit auf jedem Gericht gleich viel drauf ist und damit wir die Warenkosten im Griff haben. Bei einem Preis von 93 Franken für 50 Gramm hat man sonst schnell sehr hohe Aus gaben – «schwarzes Gold» eben. Beim Publikum ist Kaviar als Zutat äusserst beliebt: Wenn er auf dem Menü steht, werden die entspre chenden Gerichte kaum «abge wählt». Man kann also sagen, es ist auch bei uns in Vitznau ein Bestseller. Die Kartoffeln werden nach dem Kochen geräuchert Kaviar als Gewürz eignet sich bei spielsweise, um eine Kartoffel zu veredeln; er passt auch zu einem Kartoffelpüree und wertet das Rührei beim Katerfrühstück nach dem Fest entscheidend auf. Mir ge fällt bei diesen Beispielen auch die Mischung aus einfachen und luxu riösen Produkten. Kaviar darf nicht zu heiss werden, aber in eine war me Weissweinsauce beispielswei se, die man etwa zu Störfilets serviert oder über Kartoffeln gibt, kann man ihn gut zum Abrunden einrühren. Bei unserem festlichen Gericht kombinieren wir Kaviar also mit einer Kartoffel, einem Eigelb und Dillöl. Das klingt zunächst einfach, weil wir aber die Kartoffeln zusätz lich räuchern und das Eigelb bei einer exakten, tiefen Temperatur über längere Zeit garen, erfordert das dann doch einen gewissen Auf wand. Der wahre Luxus, sagt man, sei Zeit – da muss es auch etwas Kaviar dazu sein. Nenad Mlinarevic mit einer Dose Kaviar: Der Stör badet im Bergwasser aus dem Lötschberg Fotos: Nico Schärer Nenad Mlinarevic ist Küchenchef des Restaurants Focus im Park Hotel Vitznau (2 Michelin-Sterne, 18 «Gault Millau»-Punkte) und Koch des Jahres 2016. Er kocht nur mit Schweizer Produkten und schreibt hier monatlich über seine Arbeit. Kartoffeln mit Eigelb und Kaviar – Rezept für vier bis sechs Personen — 8 kleine Kartoffeln (z. B. Corne de Gatte oder La Ratte) — 100 g Oona-Kaviar No. 103 aus Frutigen — 200 g Eigelb — 50 g Rapsöl — 150 g Dill — 100 g Rapsöl Geräucherte Kartoffeln Die Kartoffeln in Salzwasser 18 Minuten kochen. Abkühlen lassen, schälen und dann 15 Minuten räuchern: Entweder in einem Räucherofen (50 Grad) oder in einem Holzkohlegrill. Dafür benutzt man am besten gewässerte Holzchips und eine Räucherbox. Man kann die Kartoffeln aber natürlich auch ungeräuchert servieren. Eigelb-Creme Das Eigelb in einem Vakuumbeutel vakuumieren und 120 Minuten bei 68 Grad Dampf im Steamer oder Der Stabmixer Wasserbad garen. Wer keine solchen Geräte in der Küche hat, kann das Eigelb auch über einem Wasserbad unter ständigem Rühren erwärmen, bis es dickflüssig und cremig ist. Den Beutel oder die Rührschüssel im Eiswasser kühlen. Danach das Eigelb in einem hohen Becher mit Stabmixer verrühren und 50 g Rapsöl langsam einlaufen lassen (wie bei einer Mayonnaise). Dillöl Den Dill waschen, trocknen und von den Stielen zupfen. 100 g Rapsöl in einer Pfanne leicht erwärmen (ca. 50 Grad), den Dill dazugeben und 8 bis 10 Minuten mixen. Durch ein feines Sieb passieren und in einem lichtgeschützten Gefäss sofort kühlstellen. Fertig stellen Kartoffel und Eigelb-Creme auf Teller anrichten, den Kaviar auf die Kar toffel geben, das Dillöl angiessen. Er ist das wohl wichtigste und meistbenutzte Küchengerät überhaupt: der Stabmixer. Vom Gemüsepüree über Suppen und Schäume bis zur Salatsauce und der Mayonnaise – ohne Stabmixer geht es nicht. Die Schweizer Firma Bamix, die 2014 ihr 60-jähriges Bestehen feierte, stellt einen mittlerweile schon legendären Stabmixer her, der auch in vielen Profiküchen im Dauereinsatz steht. Gute Stabmixer gibt es ab rund 100 Franken im Haushaltsgeschäft.
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