Erfahrungsbericht Name: H a n n a h, E b e r l e Austauschjahr: WS 2014/15 Gastuniversität: Universidade Católica Portuguesa Stadt: Lissabon Land: Portugal Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht, kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden. Vor dem Aufenthalt Vor jedem Auslandsaufenthalt empfiehlt sich selbstverständlich eine gründliche Planung und die gesicherte Einstellung, die richtige Entscheidung für sich getroffen zu haben. Ein halbes Jahr in einem anderen Land kann eine der bereicherndsten Erfahrungen des ganzen Lebens werden, jedoch sollte man sich vorher im Klaren darüber sein, sich einer solchen Herausforderung stellen zu können und auch zu wollen. Entschließt man sich einmal verbindlich, sorgen die Deadlines für die Abgaben aller wichtigen Dokumente meist recht gut dafür, dass man sich schon rechtzeitig mit der Planung befasst. Es empfiehlt sich relativ frühzeitig einen Flug zu buchen, da gerade im September auf Grund der Sommerferien in Bayern die Flugpreise relativ hoch sind. Ratsam ist es oft einen Blick auf das Flugangebot der TAP zu werfen, da man dort günstige Direktflüge (von München) inkl. 20kg Gepäcks erstehen kann. Hin und wieder bietet diese Airline auch Sonderangebote für Erasmus Studenten an, die einen zusätzlichen kleinen Koffer über 10kg ohne Aufpreis mitnehmen dürfen. Ich hatte vor meinem Aufenthalt in Lissabon bereits zwei Jahre Portugiesisch an der Universität in Augsburg studiert, weshalb die Sprache keine allzu große Bedrohung für mich darstellte. Dennoch sollte man auch mit Vorkenntnissen darauf gefasst sein, zu Beginn doch eher auf Schwierigkeiten zu stoßen, wenn es darum geht, den hin und wieder recht stark ausgeprägten Dialekt der Einheimischen zu verstehen. Aber das ist kein Grund zur Sorge, fast jeder Einheimische in Lissabon spricht zumindest rudimentäres, klar verständliches und vollkommen ausreichendes Englisch. Ankunft in Lissabon Einmal in Lissabon angekommen, empfiehlt es sich doch, aufgrund des meist recht umfangreichen Gepäcks ein Taxi in die Stadt zu nehmen, da sich der Flughafen relativ zentrumsnah befindet. Doch Achtung! Viele Taxifahrer neigen leider dazu, nichtsahnenden Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen und viel zu hohe Preise zu verlangen. Vom Flughafen zu zentralen Knotenpunkten der Stadt wie Marquês de Pombal oder der Rua Augusta sollte man eigentlich niemals mehr als 10 Euro bezahlen. Alles andere wäre deutlich über dem normalen Tarif. Es hilft meistens schon, beim Einsteigen darauf zu achten, dass der Taxameter aktiviert wird und kein ominöser Listenpreis zu bezahlen ist. Ich selbst traf zum Glück ausschließlich auf ehrliche, freundliche und hilfsbereite Taxifahrer, habe aber von vielen ausländischen Studenten auch gegenteilige Geschichten gehört. Sollte man vor Semesterbeginn oder der jeweiligen Einführungsveranstaltung anreisen, empfiehlt es sich, erst einmal dem ELL oder ESN Office im Bairro Alto einen Besuch abzustatten. Hierbei handelt es sich um eine lokale und eine internationale Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, neuen Studenten den Einstieg zu erleichtern und sie durch das gesamte Semester zu begleiten. Sie organisieren Ausflüge, Parties, Pub Crawls und vieles, vieles mehr. Am besten ihr holt euch direkt von beiden Organisationen eine gratis Mitgliedskarte. Bei ELL erhaltet ihr meistens auch noch ein gratis Starterpaket inklusive Stadtplan, Veranstaltungsplan, nützlichen Infos und einer SIM-Karte. Ich entschied mich für die WTF-Simkarte. 7,50 Euro/Monat mit 500 Freiminuten/SMS und 500 MB Internet. Der erste Monat ist oftmals gratis. Darüberhinaus helfen euch die Leute im ELL Office dabei, den Antrag für die Monatskarte der öffentlichen Verkehrsmittel in Lissabon auszufüllen. Es ist ratsam, das relativ früh zu tun. Der Preis beträgt um die 38 Euro im Monat und ist mehr als empfehlenswert, selbst wenn man nicht jeden Tag Metro oder Bus fährt. Die aufladbaren Papierkarten gehen doch mit einem einmaligen Fahrpreis von mindestens 1,20 Euro schnell ins Geld. Wohnungssuche Solltet ihr euch bereits vor Abflug einen Überblick über den Wohnungsmarkt verschaffen wollen, so rate ich euch dringend, erst einmal alle Erasmusgruppen bei Facebook abzusuchen. Gebt dabei einfach in die Suchleiste „Erasmus Lisboa/Lisbon 201-/1-`` ein und meldet euch bei so vielen Gruppen wie möglich an. Sehr viele einheimische Privatpersonen sind mittlerweile dazu übergegangen, ihre Zimmer/Wohnungen nur noch über die jeweiligen Facebookgruppen zu vermitteln. Gerade die Seiten von Organisationen wie „Erasmus Life Lisboa/ELL“ sind überaus empfehlenswert. Von professionellen Organisationen, die Zimmer ausschließlich an Erasmus Studenten vermitteln, muss ich leider eher abraten. Ich habe einfach zu viele Geschichten von miserablen Zuständen, nie zurückgezahlten Kautionen und vielen, vielen anderen Abzocken gehört, als dass ich diese Option wirklich empfehlen könnte. Selbstverständlich gibt es einem mehr Sicherheit, aber normalerweise ist es überhaupt kein Problem, innerhalb weniger Tage ein WG-Zimmer vor Ort zu suchen und zu finden, indem man sich einfach ein paar Tage in einem Hostel einmietet. Eine Zwischenlösung wäre, wie auch in meinem Fall, natürlich auch über eine Facebook-Seite direkt ein Zimmer bei einer Privatperson zu buchen. Hier wird in der Regel ein Monat Miete im Voraus verlangt, um die Buchung auch wirklich zu bestätigen. So bin ich in einer der verrücktesten und besten Studenten-WGs der Welt im schönen Stadtteil Graça gelandet. Hierbei handelt es sich um eine der schönsten und auch ruhigsten Wohngegenden, wobei man sich im Klaren sein sollte, dass der Heimweg stets steil den Hügel nach oben führt. Empfehlenswert sind auch noch die Gegend um Marquês de Pombal und von dort weiter Richtung Fluss (Metrostationen Avenida und Restauradores) oder das berühmte Feier- viertel Bairro Alto, wobei man sich bewusst sein sollte, dass es hier wirklich laut werden kann. Eher zu meiden sind die Gegenden auf der gelben Linie der Metro (Martim Moniz, Intendente, Anjos, Arroios). Auch wenn sie sehr zentral liegen, kommt man hier des Öfteren an zwielichtigen Gegenden vorbei, und es handelt sich auch generell um einen der weniger ansehnlichen Teile Lissabons. Die Preise für ein Zimmer in guter Lage liegen meist je nach Größe und Ausstattung zwischen 250 und 350 Euro warm. Obwohl Erasmus-Studenten natürlich mehr bezahlen als einheimische Studierende, sollte man doch darauf achten, in diesem Preisniveau zu bleiben, da man sonst Gefahr läuft, über den Tisch gezogen zu werden. Die Studentenwohnheime der Universität sind eher nicht zu empfehlen, dass sie universitätsnah sehr weit außerhalb der Stadt liegen und zum Teil noch teurer sind als Privatwohnungen. Universidade Católica Portuguesa Einmal in Lissabon angekommen, sollte man auf keinen Fall die Einführungsveranstaltung an der Universität verpassen. Dort lernt man seine ErasmusMitstreiter für das jeweilige Semester und alle wichtigen Personen wie die Erasmus-Betreuerin Clementina Santos kennen. Sie ist eine der freundlichsten und hilfsbereitesten Personen, die ich jemals kennenlernen durfte und steht allen Studierenden stets mit Rat und Tat zur Seite. Sie ist es auch, die allen Erasmus-Studenten bereits vor Beginn des Semesters eine Liste mit allen möglichen Kursen zuschickt. Dort kann man sich schon einen ganz guten Überblick darüber verschaffen, was einen interessieren könnte bzw. was man gegebenenfalls belegen muss. Wie viele ECTS-Punkte ihr letztendlich einbringen müsst, hängt ganz von eurem Studienfach ab. Informiert euch hierüber am besten vorab im Akademischen Auslandsamt oder bei eurem jeweiligen Betreuer. Solltet ihr euch Punkte anrechnen lassen wollen, werdet ihr ohnehin nicht darum herumkommen. Vor Ort erhalten ErasmusStudenten die Option, sich zwei Wochen lang ohne Verpflichtung in alle Kurse probehalber reinsetzen zu dürfen, um nach Ablauf der Frist ihre letztendlich verbindliche Kurswahl an Clementina weiterzuleiten. Diese trägt euch dann bei Moodle, der Onlineplattform der Universität verbindlich in die jeweiligen Kurse ein. Einmal offiziell eingetragen, beträgt die Anwesenheitspflicht mindestens 2/3 der Kurszeit. Auch wenn die Mentalität durchaus entspannter und offener ist als an deutschen Unis, führen doch auch in Lissabon die meisten Dozenten streng Liste über die Anwesenheitszeiten und schmeißen Studenten auch schon mal aus dem Kurs, sollten sie durch übermäßige Abwesenheit auffallen. Informiert euch hierüber am besten bei euren einheimischen Kommilitonen, bevor ihr das auf die Probe stellen wollt. Das portugiesische Notensystem ist zu Beginn auch etwas verwirrend. Die Noten gehen von 0 bis 20 Punkten, wobei 20 die absolute Bestleistung ist (wird aber eigentlich nie vergeben). Auch wenn die Católica einen Ruf als strenge Universität hat, so würde ich doch behaupten, dass man durch einigermaßen regelmäßige Anwesenheit und reger Aufmerksamkeit während des Unterrichts keine Probleme in den Klausuren bekommt. Selbstverständlich hängt dies aber auch immer von Dozent und Student ab. Durch relativ kleine Seminargrößen (maximal 30 Teilnehmer) und Dinge wie Hausaufgaben und Mitarbeitsnoten fühlt man sich teilweise sehr in die Schulzeit zurückversetzt. Jedoch führt dies auch oft zu einem engeren Dozent-Student-Verhältnis, und die Dozenten stehen gerade Erasmus-Studenten immer gerne mit Rat und Tat zur Seite. Verkehrstechnisch erreicht ihr die Uni über die gelbe Metrolinie (Cidade Universitária) oder die blaue Linie (Laranjeras) inklusive 10 minütigem Fußmarsch. Seid darauf vorbereitet, dass die Uni sehr weit außerhalb des Stadtzentrums liegt, sie ist jedoch durch die Metroanbindung relativ schnell und problemlos zu erreichen. Lissabon Lissabon ist eine der schönsten, aufregendsten und kulturell faszinierendsten Städte, in denen ich jemals war. Sie besticht vor allem durch ihre Lage auf mehreren Hügeln, weshalb man stets einen tollen Ausblick über verschiedene Teile der Stadt genießen kann, und durch ihr farbenfrohes Bild. Die Einheimischen sind unglaublich freundlich und stehen einem stets hilfsbereit mit Rat und Tat zur Seite, sollte man sich zu Beginn mal wieder in den verwinkelten Gassen der Altstadt verlaufen haben. Das wohl berühmteste Ausgehviertel, das Bairro Alto, liegt sehr zentral auf einem der Hügel direkt in der Altstadt. Dort findet ihr verschiedenste Bars und Pubs mit Livemusik und stetig wechselnden Spezialangeboten für Studenten. Vom Bairro Alto aus gesehen kann man zu Fuß Richtung Fluss und der berühmten Pink Street laufen, wo die ersten Diskotheken der Stadt auftauchen. Zu Beginn sollte man die vielen Erasmus-Partys in den Diskotheken Music Box, Lust und Urban Beach unbedingt einmal ausprobieren. Bis 1 oder 2 Uhr nachts erhält man als Erasmus Student meistens freien Eintritt gegen Vorlage der ELL oder ESN Card. Abgesehen vom Nachtleben sind zentrale Dreh- und Angelpunkte der Platz Terreio do Paço direkt am Fluss, wo man mit einem schönen Buch den Sonnenuntergang genießen kann oder auch nur das geschäftige Treiben um sich rum beobacht. Einkaufsmöglichkeiten gibt es am besten an der Haltestelle Baixa Chiado oder im großen Shoppingcenter Colombo (Haltestelle Campo Militar/ blaue Linie). Dort findet ihr auch ein großes Kino und eine Bowlingbahn. Ein guter Ort also, falls das Wetter mal nicht so mitspielen sollte. Ansonsten kann man auch Wochen damit verbringen, die kleinen Gassen des ältesten Viertels der Stadt, der Alfama, zu durchstreifen. Auch nach Wochen findet man hier immer wieder neue versteckte Bars, Plätze und Cafes. Unbedingt vorbeischauen sollte man auch einmal im Terraço do Sol und dort bei einem guten Kaffee den Fluss und die Ankunft der großen Kreuzfahrtschiffe beobachten. Keinesfalls verpassen darf man natürlich auch die berühmten Aussichtspunkte der Stadt, von denen aus man die gesamte Innenstadt überblicken kann. Die berühmtesten sind wohl der Miradouro da Graça, der Miradouro São Pedro de Alcântara und (mein Favorit) der Miradouro Senhora do Monte. Umgebung In der direkten Umgebung Lissabons sind die wohl berühmtesten Ausflugsziele das kleine Dorf Sintra: das komplette Dorf ist Weltkulturerbe, der Cabo da Roca, der westlichste Punkt Europas, Belém- Herkunftsort der berühmten Pasteis de Belém und die Küstenorte Carcavelos und Cascais, wenn man sich mal einen Nachmittag an den Strand legen will und zu faul ist, bis auf die andere Seite des Tejo zu fahren, wo sich die berühmteren und schöneren Strände befinden. An besagten Küstenorten werden auch regelmäßig Surfkurse angeboten, eine tolle Gelegenheit, um neue Leute kennenzulernen. Abgesehen davon sind die wohl beliebtesten Ausflugsorte die nördlich gelegene Stadt Porto und selbstverständlich die berühmte Algarve im Süden. Falls ihr etwas Geld sparen wollt, informiert euch am besten bei den ELL und ESN Büros oder Websites über Trips, die in besagte Gegenden organisiert werden. Sie sind oftmals recht günstig, und man kommt mit sehr vielen neuen Leuten in Kontakt. Tipps: - Im Winter empfiehlt es sich dringend, eine Wärmflasche oder eine zweite warme Decke parat zu haben. Portugiesische Wohnungen haben in der Regel keine Heizung und können auch aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit sehr kalt werden. - „O vento engana/ der Wind betrügt“ lautet ein Sprichwort in Lissabon, und es ist wahr. Der beständig durch die Gassen wehende Wind vermittelt einem trotz stechendem Sonnenschein oft ein Gefühl angenehmer Frische und kann leicht zu Sonnenbränden führen. Außerdem kommt man durch die steilen Treppen doch schnell ins Schwitzen, das führt leicht zu Erkältungen, wenn man nicht aufpasst. Eine Lektion, die ich direkt in der zweiten Woche lernen musste. - Die Adressen des ELL-Büros und des ESN-Büros sind „Travessa da Cara 14“ und „Rua da Atalaia 157“. Schaut dort so früh wie möglich vorbei, um euch alle möglichen Infos zu holen - Facebook-Gruppen! Ich bin selbst kein sehr großer Facebook Fan, doch in Lissabon können sie als Erasmus-Student überlebenswichtig werden. Gerade für Events, Wohnungssuchen und Anfragen jeglicher Art, die ihr dort posten könnt. - Extreme Vorsicht ist vor Taschendieben geboten! Gerade an den Hauptknotenpunkten der Stadt sind sie enorm viel unterwegs. Es empfiehlt sich, immer eine Handtasche mit Reißverschluss zu tragen und wichtige Dokumente und Karten am besten in der Wohnung zu Hause zu deponieren. Solltet ihr euch für Lissabon als Ziel entscheiden, so habt ihr meiner Meinung nach eine der besten Entscheidungen überhaupt getroffen. Die Stadt hatte durch ihr natürliches Flair bereits nach einem Tag mein Herz erobert, und ich werde so oft es geht dorthin zurückreisen. Genießt eure Zeit dort, es wird vielleicht die bisher beste eures Lebens werden.
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