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Schweiz
Das Convivium Ostschweiz stellt vor
Ausgezeichnetes Schwiiniges Stückli
Eine Metzgerei nach Wachtmeister Studers Geschmack: Huber in Grub.
Urs Fuchs ist ein Metzger alter Schule. Bei ihm gibts noch das Schwinige Stückli.
W
enn der Schriftsteller Friedrich Glauser seine Verlobte
besuchte, übernachtete er
jeweils im Gasthaus Ochsen in Grub
AR. Hier spielt auch sein letzter grosser Kriminalroman um Wachtmeister
Studer, «Krock und Co.». Gleich neben
dem literarischen Mordschauplatz liegt
an der alten Dorfstrasse die Metzgerei
Fuchs.
Der Familienbetrieb wird von Urs
Fuchs in der zweiten Generation
geführt und ist heute noch das, was
man unter einer Dorfmetzgerei im
landläufigen Sinn versteht. Hier ist der
Kunde König, und es bleibt immer Zeit
für ein paar Worte mit Frau und Herrn
Fuchs, auch wenn sich im kleinen
Ladenlokal die Kunden stauen.
Während viele Metzgereien unter dem
Druck der überbordenden Vorschriftenflut zu reinen Fleischverkaufsstellen
mutiert sind, wird in der Metzgerei
Fuchs noch selber geschlachtet,
gewurstet und geräuchert. Jeweils
montags in der Früh werden Rinder,
Schweine, Schafe und Ziegen aus den
nahen Bauernhöfen ins Schlachthaus
gebracht. Die kurze Anfahrt und die
ruhige Atmosphäre bedeutet weniger
Stress für die Tiere und damit eine
bessere geschmackliche Qualität des
Fleisches. Urs Fuchs kennt den Inhalt
seiner Bratwurst vom Stall bis in die
Wursthaut.
Viele regionale Spezialitäten entstehen in den Produktionsräumen
hinter dem Ladenlokal: das Appenzeller Pantli (Kulinarisches Erbe der
Schweiz), das Appenzeller Mostbröckli,
natürlich die berühmte St. Galler
Bratwurst und die Appenzeller
Siedwurst. In der Metzgerei Fuchs wird
auch das Schwinige Stückli nach
traditionellem Rezept hergestellt
(Kulinarisches Erbe der Schweiz). 2010
wurde diese Spezialität aus dem
Appenzeller Vorderland von Slow
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Food in die Arche des Geschmacks
aufgenommen. Das Schwinige Stückli
ist ein Stück Fleisch samt Knochen und
Fett vom Schweinshals, das einem
Kotelett sehr ähnlich sieht. Nach dem
Pökeln und Würzen wird es in den
Räucherofen gehängt und, das ist die
Besonderheit, mit heissem Rauch zur
Vollendung gebracht.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Schwinige Stückli
erstmals schriftlich erwähnt, rund 40
Jahre vor der Geburt Friedrichs
Glausers. Die Wege des bedeutenden
Schriftstellers und des unbedeutenden
Stück Fleisches vom Schweinshals
hatten sich vermutlich nicht gekreuzt.
Doch der hemdsärmlige Wachtmeister
Studer aus den Kriminalromanen
Glausers hätte sogar seine Brissago für
ein Glas Most und ein Schwiniges
Stückli beiseite gelegt. Das ist sicher.
Michael Higi, Slow Food Ostschweiz
Metzgerei Urs Fuchs
Metzgerei Urs Fuchs
Dorf 44, 9035 Grub AR
071 891 12 32
Grub AR liegt an der Hauptstrasse von
St. Gallen nach Heiden.