Für Helfende: Hinweise zur Selbstfürsorge Sie sind in der Flüchtlingsarbeit tätig oder arbeiten mit anderen traumatisierten Menschen. Sie nehmen an deren Schicksal Anteil, versuchen zu helfen, Leid zu lindern. Dies ist eine wichtige Aufgabe, die Kräfte zehrend aber auch befriedigend sein kann. Manchmal beides zugleich. Helfende können auf dieser Seite Hinweise finden, wie sie sich vor Überlastung besser schützen können (und müssen!), um sich längerfristig an dieser wichtigen Arbeit beteiligen zu können, ohne selber Schaden zu nehmen und z.B. selber ähnliche Symptome wie die traumatisierten Menschen (sogenannte „Sekundäre Traumatisierung“) zu entwickeln. Sie werden hier Hinweise über Warnsignale finden, die der Körper oder die Seele sendet, wenn Sie in dieser Arbeit möglicherweise zu viel gefordert sind. Hier finden Sie ebenfalls Hinweise, wie Sie sich den Umgang mit traumatisierten Menschen erleichterten und diesen gleichzeitig dabei helfen mit dem Trauma etwas besser umgehen zu können. (Weitere Informationen unter http://www.refugee-trauma.help/html/infos-zu-traumata/index.html ) Die eigene (höchstpersönliche) Motivation ist Kraftquelle für die Arbeit aber auch Gefahr für die eigene seelische Gesundheit, weil man in diesem Punkt leichter seine Grenzen nicht wahrnimmt, nicht akzeptiert und überschreitet!! Klären Sie bitte für sich: Warum engagiere ich mich (neben der hauptamtlichen Motivation) (die „ureigene Motivation“?) Mögliche Gründe, warum will ich helfen? (Beispiele) ich will ein Stück dazu beitragen, dass das Elend weniger wird Mitglieder meiner Familie waren auch Flüchtlinge weil helfen guttut! weil man selber soziale Kontakte bekommt weil es so viele andere auch tun weil man etwas zurückbekommt, wie Dankbarkeit (Vorsicht: nicht immer und sofort) weil mir selber auch schlimme Dinge widerfahren sind – daher will ich anderen helfen Auch unter den Helfenden gibt es traumatisierte Menschen (körperliche Gewalterfahrung, Kriegserfahrung, Vernachlässigung, sexuelle Gewalterfahrung, Unfälle, plötzlicher Tod naher Angehöriger, Krebserkrankung) manche Traumata wurden verarbeitet, manche verdrängt. Die Arbeit mit traumatisierten Menschen kann die eigenen wunden Punkte berühren, sie schmerzen lassen. Man muss dann besonders gut mit sich umgehen, sich Hilfe / Therapie holen. Dr.med. Birgit Kracke; Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie; Solingen 1 Zeichen der eigenen „Überforderung“: Burnout: Zustand meist beruflich bedingter chronische Erschöpfung. Der anfänglich sehr intensive Einsatz für die geflüchteten Menschen, wird gesteigert, man verliert den Kontakt zu den anderen Menschen im privaten Umfeld, zieht sich von allen anderen Aktivitäten zurück. Letztendlich schwinden aber Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Man fühlt sich am Ende nicht mehr in der Lage seine Arbeit fortzusetzen, kann sich an nichts mehr erfreuen und empfindet möglicherweise alles (auch sein eigenes Leben) als sinnlos. Sekundäre Traumatisierung: Traumatisierungssymptome tauchen bei Ihnen selber auf z.B. nach von den Opfern gehörten Erlebnissen, Miterleben wie Behörden mit den geflüchteten Menschen umgehen. Eventuell wird die Erinnerung an eine eigene Traumatisierung dadurch aktiviert und drängt sich in den Vordergrund des Bewusstseins. Mitgefühlserschöpfung (Compassion fatigue): Z.B. Schilderungen von belastenden Dingen lassen uns zunehmend kalt, langweilen uns, zynische eigene Reaktion, Beschuldigung der Opfer Risikofaktoren: überhöhte Erwartungen an uns selbst Chronische Überlastung Mögliches eigenes Trauma wird immer wieder erinnert. dysfunktionale Bewältigungsstrategien (Alkohol, zu viel Arbeit, emotionale Betäubung, soziale Isolation…) „ins kalte Wasser geworfen“ und allein gelassen werden. Keine Supervision oder Therapie Im Umfeld oder durch Vorgesetze wird Traumatisierung der Geflüchteten und deren Auswirkung verleugnet Die Geflüchteten werden durch Institution nicht als Menschen, sondern als zu verarbeitende Masse (die nur zusätzliche Belastung bedeutet) betrachtet, nach Vorschriften, ohne Respekt oder Beachtung der individuellen Würde und Lebenssituation behandelt. Mitgefühl wird von KollegInnen oder Vorgesetzen nicht angemessen behandelt („Du Weichei!“) zu viel Arbeit Für die traumatisierten Menschen ist bei so viel Unsicherheit Ihre Kontinuität (Gesundheit, seelisches Gleichgewicht) sehr wichtig! Dr.med. Birgit Kracke; Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie; Solingen 2 Wie kann / muss ich für mich selber sorgen? Regelmäßig Imaginationsübungen machen. D. h., sich z. B. eigene tragende positive Erlebnisse in Erinnerung rufen (Anleitung, Texte und Audiodateien auf der dieser Website www.refugee-trauma.help) Sich mit anderen zusammentun, nicht Einzel-„Kämpfer“ werden Nicht jedes „Äffchen“ annehmen (gehört „das“ zu meiner Tätigkeit? Kann ich delegieren?) Grenzen meiner Tätigkeit kennen und einhalten Die eigenen Grenzen frühzeitig erkennen und akzeptieren Spiritualität (z.B. das Gefühl von Gott, Allah oder humanen Prinzipien geleitet und getragen zu werden) Nach der Arbeit belastende Bilder und Gefühle „wegpacken“ (siehe z.B. Übungen wie „Tresorübung“, “innerer Garten“, „klärendes Bad“ auf dieser Website). Hinweis: Genauso, wie das aktuelle Wiedererleben traumatischer Ereignisse die Hormone, das Gehirn und damit z.B. die Gefühle, Körperfunktionen massiv negativ beeinflussen, so wirksam sind auch positive Imaginationen oder Erinnerungen, die man versucht bewusst so plastisch wie nur möglich vor dem inneren Auge lebendig werden zu lassen. Im Kontakt mit traumatisierten Menschen nicht nach Details fragen, um bei diesen nicht das Wiedererleben des Traumas und damit erneut Gefühlsausbrüche und das Gefühl der Ohnmacht zu fördern. Andererseits ist dies wichtig, damit nicht eigene „traumatisierende“ Bilder in Ihnen entstehen. Möglicherweise ist es sogar wichtig, das Thema respektvoll umzulenken, wenn man merkt, dass die betroffene Person starke Gefühlsregungen zeigt und droht, die Kontrolle über sich zu verlieren. (Einfach nur darüber reden, es ‚rauslassen‘ führt zur Re-Traumatisierung und eventuell. zur eigenen „sekundären“ Traumatisierung). Bei starken Gefühlsregungen des Gegenübers seitlich drehen, um die Emotion quasi an sich vorbeiziehen zu lassen Sich bei anderen nach der Arbeit entlasten (aber nicht die schlimmen Details erzählen). Sich bewegen (Stresshormone abbauen). Schöne Dinge machen, Spaß haben Sich mit anderen Helfenden austauschen als spontane Entlastungsmöglichkeit, gezielte Entlastung durch kollegiale Intervisionsgruppen Ausreichend Schlaf, gutes Essen, Dr.med. Birgit Kracke; Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie; Solingen 3 Pausen in der Arbeit mit den Geflüchteten Meditation, Yoga etc. Kontakt zu Freunden HALTEN! Sich rechtzeitig professionelle Hilfe (Supervision) holen in der Arbeit mit den Geflüchteten, aber auch für sich selber Hinweis: In der Arbeit mit Flüchtlingen braucht man einen langen Atem (Marathon versus Kurzstreckensprint). Man muss seine Kräfte einteilen! Auch wenn man zu Beginn das Gefühl hat, überall einsteigen zu müssen und überall helfen zu können (was ja oft auch stimmt), ist es wichtig, vielleicht nur eine Aktivität regelmäßig durchzuführen, damit man diese auch langfristig durchhalten kann. Eigene Ressourcenliste machen: …… …… …… …… …… Liste eigener Warnsignale machen (und diese beachten!!!!!): ▼ …. ▼ …. ▼ …. ▼ …. ▼ …. Dr.med. Birgit Kracke; Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie; Solingen 4
© Copyright 2025 ExpyDoc