Begrüßungsworte 70 Jahre Landesverband der jüdischen Gemeinden von Nordrhein 7. Dezember 2015, 16 Uhr, Plenarsaal des Landtags Sehr verehrter, lieber Herr Dr. Horowitz und lieber Herr Lehrer, Frau Ministerin Löhrmann, Herr Oberbürgermeister Geisel, verehrter Herr Dr. Rüttgers, liebe Kolleginnen und Kolleginnen, sehr verehrte Festgäste! I. „Die Freundschaft ist gegen alle Widrigkeiten erwachsen - wie eine zarte Pflanze aus einem Aschehaufen“. So hat der frühere israelische Ministerpräsident Olmert beim Besuch der deutschen Kanzlerin in der Knesset 2008 die deutsch-israelischen Beziehungen beschrieben. Und „gegen alle Widrigkeiten – wie eine zarte Pflanze aus einem Aschehaufen“ – so ist auch jüdisches Leben nach der Shoa wieder in Deutschland entstanden, im Land der Täter und Peiniger. 2 Dass schon im November 1945, nur wenige Monate nach der erlösenden Befreiung, der Landesverband der jüdischen Gemeinden des Rheinlandes ins Leben gerufen wurde, weil es Juden gab, die überlebt hatten und die hier bleiben wollten, das ist wohl eines der größten Wunder dieser ansonsten so furchtbar zerstörerischen ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. II. Verehrte Gäste, ich Vorstandsvorsitzenden begrüße des Sie gemeinsam Landesverbandes der mit dem jüdischen Gemeinden von Nordrhein, mit Dr. Oded Horowitz, sehr herzlich zu diesem Festakt. Danke, dass Sie unserer gemeinsamen Einladung so zahlreich gefolgt sind. Mein Willkommensgruß gilt in erster Linie den vielen Gästen des Landesverbandes und seinen acht jüdischen Gemeinden, ohne die dieses Fest gar nicht möglich wäre: Ich darf mit Ihnen, liebe Ruth Rubinstein, lieber Herbert Rubinstein beginnen und schließe Michael Rubinstein als neuen Geschäftsführer des Landesverbandes und Nachfolger von Wilfried Johnen gerne mit ein. Auch den stellvertretenden Vorsitzenden Leonid Goldberg begrüße ich ebenso gerne wie die vielen Mitglieder der weiteren jüdischen Gemeinden. 2 3 Dass auch befreundete Landesverbände an der Feierstunde teilnehmen, zeigt die enge jüdische Verbundenheit untereinander. Sehr herzlich begrüße ich von der Synagogengemeinde Köln den Vorsitzenden, der gleichzeitig auch stellvertretender Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland ist: Willkommen Abraham Lehrer. Frau Ruth Jacob-Prinz begrüße ich herzlich für den Landesverband Westfalen-Lippe. Verehrte Gäste, wenn es um jüdisches Leben in NordrheinWestfalen geht, dann gibt es eine große Einigkeit innerhalb des Landtags und mit der Landesregierung. Deshalb begrüße ich stellvertretend für den Landtag und seine Abgeordneten meine Kollegen Vizepräsidenten Eckhard Uhlenberg und Oliver Keymis. Und für die Landesregierung heiße ich die stellvertretende Ministerpräsidentin, Schulministerin Sylvia Löhrmann, und Justizminister Thomas Kutschaty willkommen. Meine Grüße gelten weiter dem früheren Landtagsvizepräsidenten Edgar Moron sowie Ministerpräsident a.D. Dr. Jürgen Rüttgers, der heute die Festansprache halten wird. Danke, dass Sie beide als Zeichen der Verbundenheit mit dem Judentum gekommen sind. 3 4 Gerne begrüße ich auch die „kommunale Familie“ unseres Landes, vertreten durch den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf, Thomas Geisel. Willkommen sind uns auch die zahlreichen Mitglieder der christlichjüdischen sowie der deutsch-israelischen Gesellschaft, die sich unermüdlich für den Dialog einsetzen, die Repräsentanten der Kirchen- und Glaubensgemeinschaften sowie der Wirtschaft, der Verwaltung und des gesellschaftlichen Lebens in unserem Land. Sehr herzlich danke ich dem Bischof von Aachen, Heinrich Mussinghoff, sowie dem Kölner Weihbischof, Dr. Dominikus Schwaderlapp, für Ihr Kommen. Mein Dank gilt dem „Iris-Streichquartett“ der „Robert Schumann Hochschule Düsseldorf“ für den musikalischen Auftakt mit Wolfgang Amadeus Mozart. Zwei Werke von Johannes Brahms werden noch folgen. III. Verehrte Festgäste, wenn wir heute an die Gründung des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Nordrhein vor 70 Jahren erinnern, dann ist das ein Grund zur Freude, aber vor allem auch ein Grund, dankbar zu sein – dankbar dafür, dass die wenigen 4 5 die Shoa überlebenden Juden damals nicht fortgegangen sind. Wer hätte es ihnen verdenken können? Es mögen 1945 und in den Folgejahren ganz persönliche, schlichte pragmatische Gründe für das Bleiben entscheidend gewesen sein. Sicher wollten die Juden damit kein deutungsvolles Zeichen setzen. Es ging einzig ums „Leben“ – in kleinster, vertrauter Gemeinschaft. Aber dennoch wurde es von denen, die gewillt waren, ein neues, ein demokratisches, ein den Menschenrechten verpflichtetes Deutschland aufbauen, als hoffnungsvolles Zeichen gesehen: ein Deutschland, das das Erbe der Schuld annimmt und für das „Nie wieder“ und das „Nicht vergessen“ einsteht. Auch aus meiner heutigen Sicht kann ich dieses Bleiben nach all den ertragenen Qualen und den dann folgenden Neuanfang nur als eine Geste der Großherzigkeit einordnen, die gar nicht hoch genug bewertet werden kann. Und die vielen, insbesondere meiner und der folgenden Generation, die das ebenso sehen, wissen um die Verantwortung, die mit einer solchen Geste einhergeht. Für mich heißt das dreierlei: Erstens: Dauerhaft dafür einzustehen, dass Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland und in Europa nie wieder Fuß fassen können. Zweitens: Nach Kräften das partnerschaftliche Verhältnis zur jüdischen Gemeinschaft zu fördern. 5 6 Drittens: Heute und in Zukunft für die Sicherheit des Staates Israel und für unsere gemeinsamen Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzutreten. In diesem dreifachen Sinn verstehe ich die Gründung des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Nordrhein vor 70 Jahren. IV. Verehrte Gäste, ich wiederhole gerne, was ich beim Festakt „50 Jahre Diplomatische Beziehungen mit Israel“ zitiert habe: Vom großen israelischen Politiker Abba Eban stammen die Worte über das jüdische Erbe: „Es gibt praktisch keine Zivilisation, die nicht eine jüdische Komponente hat.“ Wir wissen: Die jüdische Komponente in der deutschen Kultur und Zivilisation ist herausragend. Diese Spuren konnten – Gott sei Dank - auch durch zwölf Jahre Nazi-Barbarei nicht ausgelöscht werden. Deshalb gilt mein letzter Satz noch einmal den Mitgliedern unserer jüdischen Gemeinden: 6 7 Dass Sie so erstarkt, so lebendig und so kulturprägend für uns alle sind, gehört für mich zu den schönsten Lebenserfahrungen. Und das ist ein Geschenk, das wir uns – trotz der sehr bedenklichen Störfeuer von rechts - von nichts und niemandem wieder kaputt machen lassen. Niemals wieder! Unsere Beziehungen zu den jüdischen Gemeinden, verehrter lieber Freund Oded Horowitz, bleiben immer etwas Besonderes: Sensibel und emotional - ein Anliegen der Moral und des Herzens. Aus diesem Grund sind wir heute zusammen und wollen nach dem Festakt hier im Plenarsaal auch das heitere Chanukka-Fest mit dem Anzünden der zweiten Kerze in der Bürgerhalle zusammen feiern. Ich freue mich darauf. Glückauf und von Herzen Shalom! 7
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