13 www.kg-koeniz.ch | Januar 2016 KIRCHGEMEINDE KÖNIZ Zu dieser Nummer Flüchtlinge in Niederscherli In Sicherheit Der Flüchtlingsstrom erreicht Europa, die Schw eiz, Bern – und auch die Kirchgemeinde Köniz. In dieser Num mer eine Reportage aus der neuen Notunterkunft in Niederscherli (Titelseite), das Begegnungs-Café und Über legungen einer Fachperson auf der letzten Seite – und Grundsätze des Kirchgemeinderates im Engageme nt mit Asylbewerbern (hier und S. 14). Was tun oder denken SIE zu Flüchtlingen? [email protected] IN DER NOTUNTERKUNFT NIEDERSCHERLI / Ein sehr kalter Morgen im November ist es, minus 5 Grad. Die 99 Flüchtlinge befinden sich fast alle noch unten in der Zivilschutzanlage beim Schulhaus: Unterirdisch – aber warm. Eine reformiert.-Journalistin wagte eine Begehung der neuen Unterkunft für Asylbewerber in Niederscherli. EDITORIAL Bruno Sigrist Präsident Kirchgemeinderat Köniz Engagement für Asylbewerber gut überlegt Ein Strom von Flüchtlingen ergiesst sich nach Europa und löst Unsicherheit und teilweise sogar Ängste aus.Auch die Einwohner- und die Kirchgemeinde Köniz sind davon betroffen. Um Unsicherheiten abzubauen und den Kontakt von Mensch zu Mensch zu fördern, hat der Kirchenkreis Niederscherli ein Begegnungs-Café eingerichtet. Bereits mehrmals ist es hier zu Begegnungen mit guten Gesprächen zwischen Flüchtlingen und der Dorfbevölkerung gekommen. Die materielle Versorgung der Flüchtlinge besorgen Bund, Kantone und Gemeinden.Wir als Kirche können wertvolle humanitäre Hilfe leisten, dies u.a. mit Impressionen aus dem Begegnungs-Café der Kirche Niederscherli (oben rechts und unten Mitte) und der Notunterkunft: «Ich brauche Schuhe.» Es sind ausschliessliche Männer, vor allem junge, die hier in der Zivilschutzanlage Bodengässli in Niederscherli beim Schulhaus eine Zuflucht gefunden haben. Sie stammen unter anderem aus Eritrea, Afghanistan, Syrien, Sri Lanka, Iran und Irak. Die Hausregeln werden gleich beim Eintritt kommuniziert und zusammen mit dem Sozialhilfeantrag unterschrieben. Es ist ruhig an diesem Morgen, die Männer sitzen im Aufenthaltsraum, der dank der bunt bemalten Wänden einen freundlichen Eindruck macht. Die Männer sind gerade erst ein paar Tage hier und Sergej, der hier seinen Zivildienst leistet, fährt mit Ihnen in Gruppen auf die Gemeindeverwaltung, damit sie sich anmelden können. Für Familien nicht zumutbar Ursula Schär von der Heilsarmee leitet die Flüchtlingsunterkünfte in Niederscherli und im Sandwürfi bei Köniz. Zum festen Team im Zentrum gehören auch Dominic Gilgen, Stefan Bröhl, Stefan Beck, Fabian Kappeler und Elias Weingartner und Sergej. Ursula Schär erklärt: «Für eine Familie ist es nicht zumutbar, in einer unterirdischen Anlage zu leben.» Hier in Niederscherli sind die Männer in Sicherheit, jeder Besucher muss sich registrieren lassen und einen Ausweis vorlegen. «Diese Massnahme dient zum Schutz unserer Klienten und der Sicherheit. Falls es brennt, müssen wir wissen, wer sich in der Anlage befindet. Besuch ist bis um 22 Uhr erlaubt.» Die Nachtwache schliesst um Mitternacht die Türe, Anlaufstellen für Freiwillige und Interessierte Fa. Am 25. November fand im Schulhaus Bodengässli in Niederscherli ein mit rund 60 Personen sehr gut besuchter Informationsanlass für Freiwillige statt. Es zeichnen sich Gruppen respektive Aktivitäten für Deutsch-Kurse, Sport- und Kulturangebote ab (Dorfbegehung, sich gegenseitig bekochen usw.). Interessierte können sich bei folgenden Adressen melden oder vorbeikommen: * Freiwillig Helfende Andreas Flury, Koordinator Freiwilligenhilfe: [email protected] ** Sachhilfen: Kleider, Schuhe, Sportgeräte… Tel. Notunterkunft Niederscherli der Heilsarmee: 031 842 03 63 Fragen/Beschwerden der Bevölkerung In Briefkasten «Fragen an den runden Tisch» beim Bistro chiuche egge einwerfen. Begegnungs-Café Kirchenkreis Niederscherli Jeweils mittwochs 9 – (neu!) 11.30 Uhr im Bistro chiuche egge vis-à-vis der Post Niederscherli. so dass niemand mehr von aussen hinein kann. Arbeit. Auch wenn es nur stundenweise ist, Beschäftigung tut gut!» Neun Franken fünfzig pro Tag Vieles noch im Aufbau Einige sind dabei, sich in der Küche ihr Ein Mann kommt barfuss zum Büro und Essen zuzubereiten, Essen, das sie mit zeigt auf seine Füsse. «Ich brauche Schuihrem Sozialgeld selber einkaufen und he», sagt er lapidar. Ein anderer Mann zubereiten müssen. Im Dorf gibt es eine Bäckerei, die ihre restlichen Brote am Mittwochmittag nach Ladenschluss abgibt. Diese Gaben werden dann gerecht verteilt. Die Auszahlung des Sozialgeldes, Fr. 9.50 pro Tag und Flüchtling, finU r s u l a S c h ä r, L e i t e r i n N o t u n t e r k u n f t det alle zwei Wochen statt, plus das Geld, dass sie sich mit dem Putzen der Anlage dazuverdienen können. Das steht draussen, in Bermuda-Shorts.Wahrgibt drei Franken zusätzlich. Der Putzplan scheinlich befindet sich seine Hose gerawird jede Woche aufgestellt, die Ein- de in der Waschmaschine, die hier zur Verteilung, wer wo putzt, wird per Los ent- fügung steht. Ursula Schär erklärt, dass schieden. Die medizinische Versorgung Vieles ist noch im Aufbau oder im Entstegewährleistet ein Arzt, für die Erstversor- hen sei: «Wir sind dabei, eine Kleiderbörse einzurichten. Gebraucht werden saubere, gung gibt es eine Hausapotheke. Zum Thema freiwillig Helfende* (siehe ganze Kleidungsstücke und Schuhe**». links) weiss Ursula Schär sehr genau, wer Der Pingpong-Tisch und der Töggeliund was gebraucht wird: «Sportbegeisterte kasten sind noch verwaist. Die meisten freiwillige Helfende sind für die Freizeitge- Flüchtlinge sitzen im Aufenthaltsraum, staltung sehr willkommen. Und vor allem nur wenige sind bei dieser Kälte draussen Menschen, die einen Deutsch-Kurs aufbau- unterwegs. Die Asylbewerber sind aufen wollen. Ausserdem Personen, die den merksam und freundlich, dies trotz den Männern aus ihrem Fachgebiet Wissen wei- Schrecken, die sie erlebt haben bis sie hier tergeben können. Unsere Klienten sind sehr eintrafen. motiviert zu lernen.Mit dem N-Ausweis,den Draussen empfängt mich wieder die sie nach drei Monaten bekommen, dürfen Sonne – und trotzdem es ist kalt. Aber nur sie zwar arbeiten, aber der Arbeitgeber ist hier draussen. In den Menschen, die im verpflichtet nachzuweisen, dass er für die Inneren dieser Anlage zusammen leben, offene Stelle keinen Schweizer oder keine brennt die Flamme der Hoffnung. Text: Barbara Bürki Person mit B- oder C-Ausweis gefunden hat. Bilder: M. Wieser (Begegnungs-Café) Wenn sich die Männer Fähigkeiten und und B. Bürki Wissen aneignen, steigt die Chance auf eine «Unsere Klienten, die Flüchtlinge, sind sehr motiviert zu lernen.» • Erwachsenenbildung: Vier Kirchenkreise planen ab Februar 2016 eine Veranstaltungsserie zum Thema «MENSCHEN auf der Flucht», die das gegenseitige Verständnis fördern, oder • Aktivitäten im kulturellen Bereich: Mit gemeinsamem Kochen, Musik und Kunst einander kennen lernen Wir als Kirchgemeinde leisten einen eigenen, spezifischen Beitrag beim Empfang der Flüchtlinge, und zwar in den Bereichen, wo unsere Kernkompetenzen liegen: Im Menschlichen, im Kulturellen und in der Bildung. Hierzu hat der Kirchgemeinderat für 2016 zusätzliche finanzielle Mittel bereitgestellt. Was wir nicht wollen: Bewährte Aktivitäten der Kirchgemeinde wegen der Flüchtlinge vernachlässigen. Denn diese sind – für die Mitglieder unserer Kirchgemeinde – ebenfalls notwendig. Seelsorge gehört zu unserer Hauptaufgabe. Deshalb hat sich der Kirchgemeinderat Grundsätze im Engagement für Flüchtlinge überlegt (siehe nächste Seite). Die Anzahl der Akteure im Bereich Asyl ist gross,Absprachen sind nicht fakultativ, sondern unabdingbar.Aktionismus bringt nichts. Nur so ist unser humanitäres Engagement sinnvoll und nachhaltig. Mit herzlichen Grüssen: Ihr Bruno Sigrist I N H A LT GLANZLICHTER JANUAR Niederscherli Diverse Kreise Köniz und Niederscherli Begegnungs-Café mit Flüchtlingen Stille und Bewegung Die Kirche bildet Nach den Feiertagen – Stille und Bewegung: Stille am Abend im Liebefeld, christliche Meditation in Schliern, stille Meditation in Wabern, Spiritualität und Bewegung im Spiegel. Seiten 14 – 16 Das beliebte «Internet-Café» in Köniz, «Ansteckung durch Insekten» und «Was tun, wenn Kinder gestresst sind» in Niederscherli, Literaturkreis im Spiegel. Seiten 15, 16, 17 Eindrückliche Begegnungen: Jeden Mittwoch von 9–11.30 Uhr treffen sich Asylbewerber und die Bevölkerung im Bistro chiuche egge vis-à-vis der Post Niederscherli. Seiten 17 und 18 • respektvoller Kontaktförderung zwischen Flüchtlingen und Dorfbewohnern wie etwa im erwähnten Begegnungs-Café in Niederscherli Kirchgemeindeversammlung Kirchgemeinderat zu Flüchtlingen Liebefeld – Personalwechsel Schliern – Neuzuzüger-Apéro Köniz – Walter Loosli gestorben Spiegel – Kirche vernetzt Wabern – Spielnachmittag Niederscherli – Lauberhorn Oberwangen – Dolder & Band S. 14 S. 14 S. 14 S. 15 S. 15 S. 16 S. 16 S. 17 S. 17
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