Erbschaftsteuer für Unternehmen: So bereiten Sie sich vor | HVB ERBSCHAFTSTEUERREFORM Erbschaftsteuer für Unternehmen: So bereiten Sie sich vor Die geplante neue Besteuerungsregelung bei der Vererbung von kleinen, mittelständischen und großen Unternehmen ist komplex. Je früher Unternehmer sich mit dem Thema und möglichen Auswirkungen auseinandersetzen, desto besser können sie sich auf die kommende Reform einstellen. > Warum Sie diesen Artikel lesen sollten: Die Änderungen sind weitreichend und komplex. Frühzeitige Überlegungen können sinnvoll sein. Das Erbschaftsteuergesetz muss bis zum 30. Juni 2016 überarbeitet werden. So will es das Bundesverfassungsgericht. Das Bundesfinanzministerium hat im Juni 2015 seinen Entwurf vorgelegt. Ziel: Beschäftigung in den vererbten Betrieben sichern, die mittelständische Unternehmenskultur erhalten, heißt es in dem Entwurf. Doch was so gut klingt, sorgt bei den Unternehmen für Verunsicherung. Denn auch der vom Bundeskabinett verabschiedete und im Vergleich zum Entwurf des Ministeriums leicht überarbeitete Gesetzesentwurf vom 8. Juli 2015 stellt neue Anforderungen an die Erben von Unternehmen, um in den Genuss einer teilweisen oder vollständigen Befreiung von der Erbschaftsteuer zu kommen. Die Folge: Laut einer Umfrage des ifo Instituts 2014 geben 66 Prozent der Familienunternehmen an, weniger zu investieren, wenn die Begünstigungen im Betriebsvermögen wegfallen. 52 Prozent rechnen damit, Mitarbeiter entlassen zu müssen. Die Reform aus dem Hause Schäuble sieht vor, dass nur noch Kleinbetriebe mit bis zu drei Mitarbeitern generell verschont werden, wenn die Betriebe langfristig fortgeführt werden. Der Erbe eines Betriebes, der mehr als 26 Millionen Euro wert ist, muss sich hingegen einer speziellen Prüfung unterziehen, ob eine Steuerbegünstigung möglich ist. Legt der Erbe sein privates Vermögen offen, kann auch das zur Steuerzahlung herangezogen werden. Tut er das nicht, muss er sich mit niedrigeren Steuerabschlägen zufrieden geben. Steuern für nicht betrieblich genutzte Güter Der Gesetzgeber will nun bei jedem Wirtschaftsgut eines Betriebsvermögens den Nachweis, dass dieses Gut für den grundsätzlichen Unternehmenszweck unverzichtbar ist – beispielsweise eine Produktionshalle eines Herstellers. Ist dies der Fall, ist eine Steuerbegünstigung möglich. Wenn nicht, etwa bei einem Grundstück, das der Betrieb für den Unternehmenszweck aktuell nicht nutzt, muss die Firma darauf Erbschaftsteuer zahlen. Letztlich soll jedes Gut, also auch jede Maschine, auf dieses Kriterium hin überprüft werden. „Kluge Menschen trennen sich von Vermögen, in dem Moment, in dem sie es erlangen. Häppchenweise Vermögen übertragen lautet die Devise.“ Professor Dr. Peter Lüdemann, Rechtsanwalt/Steuerberater und Vorstand der ETL AG Steuerberatungsgesellschaft https://dossiers.hypovereinsbank.de/unternehmensuebergabe/erbschaftsteuer-fuer-unternehmen.html Seite 1|5 Erbschaftsteuer für Unternehmen: So bereiten Sie sich vor | HVB „Dies klingt zunächst plausibel, ist aber in der Realität unfassbar komplex“, sagt Professor Dr. Peter Lüdemann, Rechtsanwalt/Steuerberater und Vorstand der ETL AG Steuerberatungsgesellschaft. Denn die Bewertung eines Betriebes erfolgt bisher anhand seines Ertragswertes – und nicht, wie geplant, anhand der einzelnen Wirtschaftsgüter. Ein mögliches Problem bei der künftigen Bewertung: Ist die Firma verschuldet oder fährt schlechte Erträge ein, kann es sein, dass sie dennoch hohe Summen an Erbschaftsteuer zahlen muss. Das könnte den Erhalt von Arbeitsplätzen unnötig gefährden. Unterm Strich stellt die geplante Regelung einen essenziellen Bruch mit dem bisherigen System dar, nach welchem das gesamte Betriebsvermögen steuerlich verschont wird, wenn die Voraussetzungen dafür stimmen. Komplexe Verschonungsregeln Aufgrund der Komplexität des Themas sind also Erbschaftsteuerspezialisten gefragt. „Das versteht außer dem Fachmann keiner mehr. Für die Unternehmen wird das Prozedere deutlich komplizierter und letztlich auch kostenintensiver“, erläutert Lüdemann. Die Frage der Höhe der Besteuerung des Betriebes in der Unternehmensnachfolge sei noch schwerer zu beantworten als bisher. „Dies geht dann nur nach einer substanziellen, detaillierten Analyse.“ So gibt es auch eine Regel, dass die Freigrenze von 26 Millionen Euro auf 52 Millionen Euro verdoppelt werden kann. Der Preis dafür: Die Lohnsumme, die vom Betrieb gezahlt wird, muss für die nächsten 30 Jahre gleich bleiben. Kompliziertes Prüfungsverfahren Aufgrund der 26-Millionen-Schwelle der neuen Regelung wird die überwiegende Mehrheit der Unternehmensnachfolger von der Erbschaftsteuer teils oder ganz verschont bleiben, wenn – und nur wenn - diese das geerbte Unternehmen langfristig fortführen und eine hohe Beschäftigung – gemessen an der Lohnsumme – belegen. Sichern die Erben eine fünfjährige Weiterführung zu, beträgt die Begünstigung bis zu 85 Prozent der Erbschaftsteuerzahlung. Bei siebenjähriger Fortführung kann die gesamte Schuld erlassen werden. Einerseits können nun die meisten potenziellen Firmenerben froh darüber sein, dass sie aufgrund der relativ hohen Schwelle von 26 Millionen Euro nicht von den negativen Folgen der künftigen Regelung der Steuern betroffen sein werden. Andererseits dürfte das komplizierter werdende Prüfungsverfahren in der Wirtschaft für Unmut sorgen. Was Unternehmer jetzt tun sollten Was müssen Unternehmen berücksichtigen? Für die klassisch aufgestellte Firma, die ihr Betriebsvermögen überwiegend für den laufenden Betrieb nutzt, ändert sich im Grunde nichts. Der Unternehmer sollte jedoch wissen, dass das Prüfungsverfahren kompliziert und anstrengend werden kann. Vorbereitend könnten Firmeneigner ihr Betriebsvermögen daraufhin überprüfen, was davon notwendig ist und was nicht. Professor Lüdemann rät dazu, die Vermögensübertragungen, die schon geplant oder schon in der Umsetzung sind, durchzuführen, bevor das neue Gesetz in Kraft tritt. Momentan gilt noch die alte Rechtslage, das neue Gesetz werde wohl nicht rückwirkend gelten, so der Experte. Werde eine Firma vorher übergeben, könnten die Erben bei der Nachfolge Steuern sparen. Mit auch anderen positiven Aspekten. Das sieht auch die ifo-Studie so. Demnach war die Geschäftslage der Unternehmen, in denen es Schenkungen gab, besser als die der Vergleichsgruppe. Angesichts der Unsicherheit über die künftige Lage empfiehlt Lüdemann, Vermögensübertragungen https://dossiers.hypovereinsbank.de/unternehmensuebergabe/erbschaftsteuer-fuer-unternehmen.html Seite 2|5 Erbschaftsteuer für Unternehmen: So bereiten Sie sich vor | HVB frühzeitig zu planen. Außerdem sei es sinnvoll, etwaige anfallende Erbschaftsteuern so einzuplanen, dass das Unternehmen nicht in Mitleidenschaft gezogen wird, sollte die Steuer in voller Höhe anfallen. Aus Erfahrung weiß er allerdings, dass viele das Thema Erbschaft auf die lange Bank schieben. Wer redet schon gerne über den Tod und der eigenen Verabschiedung aus dem aktiven Unternehmerleben? „Kluge Menschen trennen sich von Vermögen, in dem Moment, in dem sie es erlangen. Häppchenweise Vermögen übertragen lautet die Devise“, sagt Professor Lüdemann. WAS SICH BEI DER ERBSCHAFTSTEUER FÜR UNTERNEHMEN ÄNDERT Nutzen Unternehmen ihr Betriebsvermögen überwiegend für den laufenden Betrieb, dann ändert sich wenig. Doch das Prüfungsverfahren wird aufwändiger. Vergleich: die bisherigen Regelungen und die geplante Neufassung. Regelverschonung • • • Alte Regelung: Möglich bis neues Gesetz in Kraft tritt Abhängigkeit Geplante Regelung: Weiterhin vorgesehen, aber mit veränderten Voraussetzungen Handlungsoption: Unternehmensübertragung durch Schenkung noch vor dem neuen Gesetz? Regelverschonung und Unternehmenswert • • • Alte Regelung: Keine Abhängigkeit Geplante Regelung: Gilt nur für Betriebe bis 26/52 Millionen Euro Unternehmenswert Handlungsoption: Bei Unternehmenswert > 26 Millionen Euro: Unternehmensübertragung durch Schenkung noch vor dem neuen Gesetz? Lohnsummenregelung und Bagatellgrenze • • • Alte Regelung: Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern müssen Betrieb fünf Jahre fortführen. Keine Überwachung der Lohnsumme Geplante Regelung: Regelung soll nur noch für Betriebe mit drei Mitarbeitern gelten Handlungsoption: Unternehmen mit vier bis 19 Mitarbeiter: Unternehmensübertragung noch vor dem neuen Gesetz? Lohnsummenregelung • • • Alte Regelung: Innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Übertragung muss die Lohnsumme insgesamt mindestens 400 Prozent über der durchschnittlichen Lohnsumme in den fünf Jahren davor liegen Geplante Regelung: Gilt weiter. Zusätzlich: Hat der Betrieb zwischen drei und zehn Mitarbeiter, beträgt die Grenze 250 Prozent, bei 11 bis 15 Mitarbeitern 300 Prozent Handlungsoption: Keine https://dossiers.hypovereinsbank.de/unternehmensuebergabe/erbschaftsteuer-fuer-unternehmen.html Seite 3|5 Erbschaftsteuer für Unternehmen: So bereiten Sie sich vor | HVB Begünstigtes Betriebsvermögen • • • Alte Regelung: Verwaltungsvermögen weniger als 50 Prozent des gesamten Betriebsvermögens: Wert des übertragenen Unternehmens kann zu 85 Prozent verschont werden. Wenn überschritten, wird das gesamte Vermögen steuerpflichtig Geplante Regelung: Trennung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Betriebsvermögen. Nur das begünstige BV nach Regelverschonung zu 85 Prozent steuerbefreit Handlungsoption: Nicht begünstigtes Betriebsvermögen vor neuem Gesetz übertragen Optionsverschonung • • • Alte Regelung: 100 Prozent des Unternehmenswertes steuerfrei, wenn das nicht notwendige Betriebsvermögen nicht mehr als zehn Prozent des Gesamtvermögens beträgt der Betrieb sieben Jahre fortgeführt wird die Lohnsumme in den ersten sieben Jahren nach der Übertragung insgesamt mindestens 700 Prozent der durchschnittlichen Lohn-summe in den fünf Jahren vor der Übertragung beträgt Geplante Regelung: Weiterhin vorgesehen, aber mit veränderten Voraussetzungen Handlungsoption: Unternehmensübertragung durch Schenkung noch vor dem neuen Gesetz? Optionsverschonung und Unternehmenswert • • • Alte Regelung: Keine Abhängigkeit Geplante Regelung: Gilt nur für Betriebe bis 26 Millionen Euro Unternehmenswert Handlungsoption: Bei Unternehmenswert >26 Millionen Euro: Unternehmensübertragung durch Schenkung noch vor dem neuen Gesetz? Lohnsummenregelung und Bagatellgrenze • • • Alte Regelung: Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern müssen Betrieb fünf Jahre fortführen. Keine Überwachung der Lohnsumme Geplante Regelung: Regelung soll nur noch für Betriebe mit drei Mitarbeitern gelten Handlungsoption: Unternehmen mit vier bis 19 Mitarbeiter: Unternehmensübertragung noch vor dem neuen Gesetz? Privatvermögen • • • Alte Regelung: Keine Geplante Regelung: Soll bis zur Hälft herangezogen werden, wenn große Unternehmen (26/52 Millionen Euro Unternehmenswert) vererbt werden Handlungsoption: Keine Abschmelzmodell • • • Alte Regelung: Keine Geplante Regelung: Privatvermögen wird nicht in Bedürfnisprüfung einbezogen. Verschonungsabschlag wird pro 1,5 Millionen Euro Unternehmenswert um 1 Prozent gekürzt (Übertragung zwischen 26/52 und 116/142 Millionen Euro) Handlungsoption: Keine https://dossiers.hypovereinsbank.de/unternehmensuebergabe/erbschaftsteuer-fuer-unternehmen.html Seite 4|5 Erbschaftsteuer für Unternehmen: So bereiten Sie sich vor | HVB Quellen: Gesetzentwurf, Stiftung Familienunternehmen: Erbschaftsteuer und Deutsche Handwerks Zeitung: Neue Erbschaftsteuer © HypoVereinsbank https://dossiers.hypovereinsbank.de/unternehmensuebergabe/erbschaftsteuer-fuer-unternehmen.html Seite 5|5
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