Vollstreckbarkeit von superprovisorischen Verfügungen nach LugÜ

Vollstreckbarkeit von superprovisorischen Verfügungen nach LugÜ
und UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20.6.1956
- Gemäss LugÜ Art. 27 sind inländische Verfügungen nur vollstreckbar im Ausland,
wenn dem Beklagten das rechtliche Gehör gewährleistet wurde. Bei einem
Entschied aus Eheschutz ist dies eben nicht der Fall. Diese werden ohne
Anhörung der Gegenpartei entschieden.
- Prof. G. Walter, "Int. Zivilprozessrecht der Schweiz": 3. Auflage, S. 405:
4. Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes
Wie schon erwähnt, sind auch Entscheidungen des einstweiligen oder vorläufigen
Rechtsschutzes – obwohl keine End- Entscheide,- solche im Sinne von Art. 25
LugÜ (Bsp. einsteilige Unterhaltsordnungen). Dies stellt einen wichtigen
Unterschied zu Art. 25 IPRG dar. Allerdings hat der EuGH die Bedeutung dieser
Auslegung erheblich relativiert: Nach seiner Auffassung sind Entscheidungen, die
ohne Ladung des Schuldners ergangen sind oder ohne Zustellung an ihn
vollstreckt werden können, nicht nach den Vorschriften des Brüsseler
Übereinkommens anzuerkennen und zu vollstrecken.
Das bedeutet: Einstweiligen Verfügungen, die lediglich auf Antrag einer Partei
ergangen sind, ohne dass der Gegenseite rechtliches Gehör gewährt worden wäre
(sog. Ex-parte Verfügungen oder auch Superprovisorium), sind nicht gemäss LugÜ
anerkennungspflichtig.
Grund: Aus Art. 27 Abs. 2 und 4 LugÜ sowie aus Art. 46 Abs. 2 und 47 Abs. 1
LugÜ lässt sich entnehmen, dass vor einer Auslandsvollstreckung zunächst im
Inland die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs gewährt gewesen sein muss. War
dies nicht der Fall, so wird die Inlandsvollstreckung von solchen Entscheidungen
nach dem jeweiligen nationalen Recht natürlich nicht gehindert, aber es wird
jedenfalls eine Auslandsvollstreckung gerade von solchen eiligen Massnahmen,
die ohne rechtliches Gehör ergangen sind, verhindert. Dieses bedeutet für die
praktische Anwendung: Der Überraschungseffekt eines Superprovisoriums, d.h.
einer Massnahme des einstweiligen des einstweiligen Rechtsschutzes ohne
vorheriges Gehör der Gegenseite, kann nur erreicht bzw. erhalten werden, wenn
der Erlass der Massnahme in dem jeweiligen Vollstreckungsstaat oder auch in
mehreren gleichzeitig beantragt wird. Ein superprovisorischer Entscheid eines
schweizerischen Gerichts hat also für die Partei, die ihn erwirkt hat, nur einen Sinn,
wenn der Entschied selbst in der Schweiz zu vollstrecken ist – er ist jedenfalls nicht
gemäss Art. 25 LugÜ in anderen LugÜ Vertragsstaaten anerkennungspflichtig. "
- Im LugÜ wird die Anerkennung von Urteilen geregelt. Stellt weniger strenge
Anforderungen als das IPRG an die Anerkennung von inländischen Urteilen im
Ausland.
- Der Gedanke war, dass alle Länder in der EU zivilisierte Rechtsordnungen haben
und die rechtsstaatlichen Grundsätze einhalten beim Erlass von Verfügungen. Nur
wenn sie gegen ordre Public verstossen, nicht anerkannt. Da aber die
superprovisorischen Verf. ohne Gewährung des rechtl. Gehörs erlassen werden,
können sie nicht vollstreckt werden in den Vertragsstaaten.