Christiane Prüßmann Gespräche führen – voneinander lernen und sich reflektieren Workshop zum Fortbildungsfilm mit Begleitbroschüre Beispiele für die Komplexität des Themas „Gesundheit gemeinsam verantworten“ zeigen sich in den Wegen der Frühen Hilfen. Bundesweit werden darunter gute Praxis, Netzwerke und Kooperationen mit dem Ziel der Gesundheitsförderung von Beginn des Lebens an bis zum Alter von drei Jahren verstanden. Einen Einblick gibt der Fortbildungsfilm „Guter Start in die Familie – Frühe Hilfen verstehen und verwirklichen“ der Filmemacherinnen Anja Hansmann und Susanne Richter. Er wurde im Rahmen der Bundesinitiative Frühe Hilfen im Auftrag vom Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH), der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH)gedreht. Bei der Entwicklung und der begleitenden fachlichen Beratung wirkte ich als Mitarbeiterin der Universitätskinderklinik in Lübeck mit, ebenso wie viele Familien und Fachkräfte an unterschiedlichen Orten. Im Fokus der Beispiele für ein gelingendes Miteinander bei den geburtsbegleitenden Frühen Hilfen stehen exemplarische Gesprächsverläufe (Bundesinitiative Frühe Hilfen 2014). Da 98 % aller Neugeborenen in Geburtskliniken zur Welt kommen, werden hier fast alle Familien erreicht. Sie zeigen sich rund um die Geburt besonders offen für Unterstützung. Fachkräfte fragen sich, wie es trotz des Ökonomisierungsdrucks und kurzer Liegezeiten nach der Geburt gelingen kann, mit Eltern ins Gespräch zu kommen, früh Hilfe anzubieten und die verfügbaren Ressourcen für eine gute Kindesentwicklung praktisch zu nutzen? Im Kongress Workshop zur Einführung in die Arbeit mit dem Film ging es um „Gespräche führen – voneinander lernen und sich reflektieren“. Am Anfang stand die Frage, wieso Fachkräfte dabei unterstützt werden müssten, mit Eltern und miteinander zu reden? Immerhin verfügen die meisten Professionellen in den Arbeitsfeldern der Jugendhilfe, des Gesundheitswesens, der Frühförderung und Schwangerenberatung zusätzlich zu fundierten Ausbildungen, über langjährige Erfahrung und Routine. Tatsächlich gestaltet sich das Arbeitsfeld der Frühen Hilfen komplex. Es gibt viele Schnittstellen in der Arbeit mit Familien, dabei können Möglichkeiten zur Zusammenarbeit entlastend wirken. Barrieren oder Stolpersteine entstehen durch unterschiedliche Sprachgebräuche, Systemlogiken und unklare Zuständigkeiten. An der Universität Lübeck wurden dazu Fachkräfte der Geburtshilfe befragt, die einen Bedarf für Fortbildung zu Gesprächskompetenzen äußerten (Junghans u.a.2012; www.kinderklinik-luebeck.de/kinderschutz). Welche Ergebnisse gibt es aus diesen Fortbildungen zu berichten? Eine gute Basis sind eine Haltung gemeinsam getragener Verantwortung und die wertschätzende kollegiale Art im Gespräch, anstelle unfruchtbarer Diskussionen um „falsch oder richtig“. Gesundheit Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Dokumentation 20. Kongress Armut und Gesundheit, Berlin 2015 Seite 1 von 3 Fragen und aktives Zuhören, das Reflektieren der Statements der Gesprächspartner und von einem selbst ermöglichen Gespräche. Hierbei spielen unterschiedliche Aspekte von „Haltung“ eine Rolle. Es gehören die Fähigkeit, sich über Gefühle und Einstellungen auszutauschen dazu, sowie zum Perspektivenwechsel. Die Körperhaltung beachten oder in schwierigen Situationen gelassen zu bleiben, sind wesentliche Elemente dabei. Es zeigt sich darüber hinaus, dass vertiefende Gespräche mit Familien in belasteten Lebenslagen ein wirkungsvoller Zugang zur Klärung von Bedarf und passgerechtem Angebot sind. Grundlage dafür ist auch ein dezidierter Standpunkt. Der Mangel an definitorischer Schärfe des Begriffs „Frühe Hilfen“ hat viel Raum für Interpretationen gelassen, bis die 2009 erarbeitete Begriffsbestimmung mehr Klarheit geschaffen hat (2009 NZFH). Auch hier gingen Gespräche unter Experten und das Anliegen voneinander zu lernen und sich zu reflektieren voraus. Seit dem Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes im Jahr 2012 haben die Frühen Hilfen Eingang in die Sozialgesetzgebung gefunden, sollen ab 2016 allen Familien als Regelangebot zur Verfügung stehen. Das Leitbild über Grundhaltung und Wertorientierung ergänzt ein Gerüst für den gelingenden Aufbau und die Funktion professioneller Netzwerke (NZFH 2014). Wie Frühe Hilfen in der Praxis gut klappen, zeigt der Film. Dem Filmteam Anja Hansmann und Susanne Richter ist es gelungen, einen sensiblen Einblick in den Arbeitsalltag der Fachkräfte und Leben der Familien zu gewinnen und für die Fachwelt lebendig darzustellen. In enger Zusammenarbeit mit dem Filmbeirat entstanden eine Struktur mit sechs Kapiteln zum Thema Frühe Hilfen rund um die Geburt, jeweils sechs Trickfilmszenen mit einer Kernbotschaft und eine Begleitbroschüre mit Informationen sowie Anregungen für Fortbildungen. Der Film ist für Fachkräfte kostenfrei bei der BZgA erhältlich. Im Netzwerk Frühe Hilfen in Lübeck und an vielen Orten wird der Film bereits genutzt. Als Koordinatorin für Willkommensbesuche bei Neugeborenen in Lübeck setze ich ihn regelmäßig in Fortbildungen ein, immer mit dem Ziel die Frühen Hilfen voranzubringen, Familien frühzeitig zu unterstützen und die gesunde Entwicklung von Kinder mit Beginn des Lebens zu fördern. Alle Lebensphasen und entsprechende Handlungsfelder von Prävention und Gesundheitsförderung bieten ein breites Panorama für den Dialog zum Thema „Gesundheit gemeinsam verantworten“. Dazu sind alle Fachkräfte eingeladen, auch um dieses wichtige Thema in die Öffentlichkeit zu tragen. Die derzeitigen Finanzierungssysteme und politischen Zuständigkeiten verlangen auf politischer Ebene nach einer Ressort-übergreifenden Strategie wie wir „Gesundheit gemeinsam verantworten“. Gesundheit Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Dokumentation 20. Kongress Armut und Gesundheit, Berlin 2015 Seite 2 von 3 Literatur / Quellen: Bundesinitiative Frühe Hilfen 2014; Junghans u.a.2012; www.kinderklinik-luebeck.de/kinderschutz Kontakt Christiane Prüßmann Institution Verbund Willkommensbesuche für Neugeborene in Lübeck BQL GmbH Dr.-Julius-Leber-Str. 26-30 23552 Lübeck Tel: + (49) 176 41216 966 E-Mail: [email protected] www.familie.luebeck.de Gesundheit Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Dokumentation 20. Kongress Armut und Gesundheit, Berlin 2015 Seite 3 von 3
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