Starkes Bayern – starkes Europa Die Lage der EU

Starkes Bayern – starkes Europa
Die Lage der EU – wirtschaftliche und
politische Entwicklungsperspektiven
Freitag, 18.09.2015 um 15:00 Uhr
The Charles Hotel, Ballsaal
Sophienstraße 28, 80333 München
Begrüßung
Bertram Brossardt
Hauptgeschäftsführer
vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Es gilt das gesprochene Wort.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie alle sehr herzlich zu unserer
Tagung, mit der wir die wirtschaftlichen und
politischen Entwicklungsperspektiven in der EU
in den Blick nehmen.
„Der Euro bestimmt derzeit das europäische
Bewusstsein.“ Hätte unsere Veranstaltung einen
Monat früher stattgefunden – wir alle, denke ich,
hätten diesem Satz zugestimmt.
Mittlerweile jedoch werden Griechenland- und
Eurokrise fast vollständig von einem anderen
Thema überlagert:
Wenn an einem einzigen Wochenende fast
40.000 Flüchtlinge zu uns kommen, ist das kein
deutsches, erst recht kein bayerisches, sondern
ein europäisches Problem!
Das müssen auch die Partner in der EU erkennen
– und Flüchtlinge aufnehmen, nicht irgendwann,
sondern jetzt!
Die EU-Innenminister haben sich auf ihrem
Sondergipfel am Montag zwar über Einzelfragen
und die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen
geeinigt.
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Eine grundsätzliche Entscheidung, zum Beispiel
eine Quotenregelung, fehlt aber noch immer. Die
Zeit läuft uns davon!
Lange, viel zu lange, wurde das, was an den
Grenzen Europas geschieht, zu wenig beachtet.
Nun ist kein Ausweichen mehr möglich.
Wir müssen handeln – und zwar alle!
Für uns als bayerische Wirtschaft heißt das,
Asylsuchenden möglichst schnell Zugang zum
Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Integration durch Arbeit – das ist der richtige
Weg.
Wir haben dazu in einem ersten Schritt ein
umfangreiches Maßnahmenpaket aufgelegt:
 Wir wollen jugendliche Asylbewerber für den
bayerischen Arbeitsmarkt qualifizieren.
Schlüssel dazu sind passgenaue
Berufsorientierung und das Erlernen der
deutschen Sprache.
 Wir unterstützen Asylbewerber mit hoher
Bleibeperspektive, die bereits
entsprechende Qualifikationen mitbringen,
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das für sie passende Unternehmen zu
finden.
 Und wir beraten, unterstützen und
informieren die Unternehmen, die
Asylbewerber beschäftigen wollen. Die
Bereitschaft und die Solidarität in den
Betrieben ist groß.
Aber zur Wahrheit gehört auch: Viele Helfer,
Politik, Polizei und Sozialsysteme sind am Limit.
Die vorübergehende Einführung von
Grenzkontrollen am vergangenen Wochenende
spricht eine deutliche Sprache.
Flüchtlinge aus Kriegsgebieten brauchen
umfassende Hilfe und eine sichere Bleibe bei
uns.
Aber unabdingbar ist jetzt folgender Dreischritt,
damit es nicht zum endgültigen Kollaps kommt:
 Den Kreis der sicheren Herkunftsländer
ausweiten,
 Asylverfahren beschleunigen – das heißt
auch: Bei sicheren Drittstaaten, wie zum
Beispiel dem Kosovo, muss die
Abschiebung schneller erfolgen.
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 Und im Rahmen der Entwicklungshilfe
Anreize für die Menschen in ihren
Herkunftsländern schaffen. Haben die
Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive,
bleiben sie dort.
In diesen Punkten wissen wir uns auch einig mit
der Bayerischen Staatsregierung.
Zu hoffen bleibt, dass die europäische Solidarität,
die wir in der Eurokrise gezeigt haben, auch in
der Flüchtlingskrise gilt!
Meine Damen und Herren,
die Krise um Griechenland ist aktuell in den
Hintergrund getreten, aber sie ist nach wie vor da!
Das verabschiedete dritte Reformpaket und die
Neuwahlen am kommenden Sonntag haben erst
einmal Druck aus dem Kessel genommen und
lassen auf einen vernünftigen Kurs hoffen –
wirtschaftlich wie politisch.
Reformen sind und bleiben der richtige Weg.
Denn Fakt ist: Die schweren und schmerzhaften
Einschnitte, die sich Euro-Krisenländer wie
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Spanien, Portugal, Irland oder Lettland auferlegt
haben, zeigen erste Erfolge – im Falle Irlands
oder Lettlands sogar ganz erstaunliche.
Das zeigt einmal mehr: So wünschenswert der
Verbleib Griechenlands in der Eurozone auch ist
– aber nicht um den Preis, dass Reformauflagen
gelockert werden.
Das muss die klare Haltung der Staats- und
Regierungschefs in der Eurozone bleiben.
Dr. Clemens Fuest vom Zentrum für europäische
Wirtschaftsforschung wird in seinem Vortrag zur
aktuellen wirtschaftlichen Lage die
Zusammenhänge beleuchten. Lieber Herr Dr.
Fuest, seien Sie herzlich willkommen!
Meine Damen und Herren,
Schulden- und Flüchtlingskrise bestimmen derzeit
das europäische Bewusstsein.
Dass die EU auch unzählige Chancen für
Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand bietet,
gerät dabei leicht aus dem Blickfeld. Umso
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wichtiger ist, dass wir als Wirtschaftsverbände
genau das deutlich machen!
Darum freue ich mich, dass heute auch Vertreter
unserer europäischen Schwesterverbände bei
uns sind.
Ich begrüße
 den Hauptgeschäftsführer des französischen
UE35 Union des Entreprises, Hervé Le
Jeune,
 Dr. Josef Negri, Direktor des
Unternehmerverbands Südtirol
 sowie den Präsidenten des katalonischen
Foment del Treball, Joaquim Gay de
Montellà.
Seien Sie herzlich willkommen!
Für die vbw – Vereinigung der Bayerischen
Wirtschaft e.V. gilt:
Wir stehen zur EU und zum Euro. Vom
gemeinsamen europäischen Binnenmarkt
profitiert der Freistaat in besonderer Weise.
Über die „Bedeutung der EU für Bayerns
Wirtschaft“ wird im Anschluss
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Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer
sprechen. Schön, dass Du da bist!
Ich möchte mich an dieser Stelle nur auf ein paar
wenige Kennzahlen beschränken. Aber die sind
deutlich genug:
 Im Jahr 2014 exportierte die bayerische
Wirtschaft Waren im Wert von über
90 Milliarden Euro in die EU-Mitgliedsländer.
Das waren mehr als 53 Prozent der
gesamten Ausfuhren und ein Plus von
2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Nebenbei bemerkt:
Dieser Anstieg liegt vor allem am kräftigen
Exportzuwachs nach Großbritannien. Auch
das macht klar, worum es beim
angekündigten Referendum geht und was
auf dem Spiel steht!
 Aber nicht nur Bayern profitiert vom
Binnenhandel: 60 Prozent aller Importe
stammen aus anderen EU-Mitgliedsländern,
das sind ebenfalls knapp 90 Milliarden Euro.
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 Und unsere vbw Studie „Die Bedeutung der
deutschen Industrie für Europa“ weist nach:
Allein die Vorleistungsimporte der deutschen
Industrie sorgen in den anderen EU-Staaten
für 3,5 Millionen Arbeitsplätze.
Berücksichtigt man alle Importe
Deutschlands, so hängen 6,1 Millionen
Arbeitsplätze in den EU Staaten unmittelbar
davon ab.
Ja, die EU ist Motor für „intelligentes,
nachhaltiges und integratives Wachstum.“
Um dies noch effektiver, erfolgreicher und für alle
spürbar zu machen – dazu weist die „Europa
2020 Strategie“ den Weg.
Aktuelle Leitlinien, Maßnahmen und
Entwicklungen bei der Umsetzung wird uns die
Europaabgeordnete und Vorsitzende der CSU
Europagruppe Dr. Angelika Niebler vorstellen.
Last, but not least, geht ein herzlicher
Willkommensgruß an Sie.
Die „Europa 2020 Strategie“ ist ambitioniert. Es
gibt noch viel zu tun: Die Schere hinsichtlich der
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Zielvorgaben geht zwischen den einzelnen
Mitgliedsländern teilweise noch sehr stark
auseinander. Das beginnt bei der Arbeitsmarkt-,
über die Umwelt-, Klima- und Bildungspolitik bis
hin zur Innovationspolitik.
Europa stärken und auf die Herausforderungen
der Zukunft ausrichten – aus Sicht der vbw
umfasst das unter anderem folgende Aspekte:
Erstens. Europa stärken – durch einen stabilen
Euro und eine solide Haushaltspolitik in den
Mitgliedstaaten.
Zweitens. Europa stärken – durch einen
attraktiven ordnungspolitischen Rahmen.
Das heißt:
 Eigenverantwortung stärken,
 wettbewerbsverzerrende Regulierungen und
Bürokratie abbauen,
 Subsidiarität achten.
Auch hier muss die EU nachbessern, und zwar
massiv!
Drittens. Europa stärken – durch den
Wachstumsmotor Industrie
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Basis des Erfolgs ist eine starke Industrie.
Die De-Industrialisierungstendenzen einiger
Länder haben sich bitter gerächt!
Deshalb muss das Ziel der EU-Kommission, den
EU-weiten Wertschöpfungsanteil der Industrie
von heute 15 auf 20 Prozent im Jahr 2020 zu
erhöhen, konsequent umgesetzt werden.
Viertens. Europa stärken – durch Digitalisierung
Die Digitalisierung durchdringt alle Technologie-,
Lebens- und Arbeitsbereiche.
Sie ist die zentrale Treiberin für praktisch alle
technischen Innovationen und gesellschaftlichen
Veränderungen.
Das ist eines der zentralen Ergebnisse unserer
neuen vbw Leitstudie „Bayerns
Zukunftstechnologien“. Der von uns ins Leben
gerufene Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft
hat daraus Handlungsempfehlungen für Politik,
Wirtschaft und Wissenschaft entwickelt.
Es ist wichtig und richtig, dass sich die
Europäische Union eine ehrgeizige Digitale
Agenda gesetzt hat.
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Wir brauchen
 Anreize für zusätzliche Investitionen in den
Ausbau von Informations- und
Kommunikationsnetzen,
 europaweit einheitliche Standards zur
Digitalen Sicherheit
 und ein modernes Arbeitsrecht für eine
moderne digitale Arbeitswelt!
Fünftens. Europa stärken – durch die Vollendung
des europäischen Binnenmarkts
Während es seit 1993 einen einheitlichen
Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen gibt,
ist der Energie-Binnenmarkt bis heute nicht
vollendet.
Es ist höchste Zeit, unsere Energieversorgung
auf mehr Standbeine zu stellen.
Aber auch beim internationalen Handel gilt es
weitere Hemmnisse abzubauen.
Das gilt vor allem im Hinblick auf den größten
Handelspartner der EU: die USA.
TTIP ist wichtig und wir müssen gemeinsam
Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit leisten,
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denn viele der ins Feld geführten Kritikpunkte
treffen nicht zu!
Und ein letzter Aspekt: Binnenmarkt ist mehr als
Handel und Energie.
Horrende Arbeitslosigkeit einerseits und
Fachkräftemandel andererseits schreien
geradezu nach einem integrierten europäischen
Arbeitsmarkt.
Wesentliche Voraussetzungen dafür sind die
grenzüberschreitende Anerkennung von
Bildungs- und Berufsabschlüssen.
Dieses Thema ist angesichts der momentanen
Asyl- und Zuwanderungsdebatte nach wie vor
brandaktuell
Meine Damen und Herren,
Die Europäische Union ist mehr als Euro- und
Krisenpolitik.
Gemeinsam müssen wir
 die Vorteile des europäischen Lebens- und
Wirtschaftsraums aufzeigen,
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 Vorsorge treffen, dass sich Fehler der
Vergangenheit nicht wiederholen,
 und bei den gewaltigen Herausforderungen
durch Asylsuchende und Flüchtlinge in ganz
Europa solidarisch zusammenstehen.
Das ist schwer, aber nicht unmöglich.
Dann haben nämlich die Parolen von
Europaskeptikern und -gegnern ausgedient.
Und wir schaffen die Voraussetzung für Stabilität,
Wachstum und Beschäftigung auch in Zukunft.
Die Bayerische Wirtschaft ist dazu bereit.
Ich wünsche uns eine informative und
erfolgreiche Veranstaltung!
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