Senf - Anwendungen Wirkung: Zu den Senfanwendungen wird der gemahlene schwarze Senf = Brassica nigra verwendet. Die Senföle sind stark hautreizend und verursachen lokal eine therapeutisch erwünschte Entzündung. An der behandelten Stelle wird die Durchblutung und Stoffwechselaktivität gesteigert und dadurch können aus einem krankhaft entzündeten Organ Stoffwechselprozesse an die Haut abgeleitet werden. Eine weitere Wirkung ist die Vertiefung der Atmung. Unter dem Gesichtspunkt der Wesensglieder werden durch die Schmerzempfindung und die stärkere Durchblutung und Erwärmung die oberen Wesensglieder an diese Stelle hingezogen = inkarnierende Wirkung. Generell gilt für alle Senf-Anwendungen: Keine Anwendung länger als 20 Min. (Gefahr der Nervenschädigung in der Haut und Nekrosebildung). BEI SÄUGLINGEN und KLEINKINDERN bis 4 Jahren keine Anwendung länger als 10 Minuten. Wichtig: tägliche Hautbeobachtung, es kann Spätreaktion eintreten (Rötung - Stunden nach der Auflage) und evtl. ist aufgrund der Rötung eine Anwendungspause notwendig. Bei blonden und rothaarigen Menschen und Menschen mit Hauttyp 1 ist mit einer schnelleren Reaktion zu rechnen. Vorsicht: bei Patienten mit Sensibilitätsstörungen ( z.B. Apoplex, Polyneuropathie ) bei Patienten mit empfindlicher Haut ( z.B. rote Haare, Sommersprossen und Sonnenallergie ) Kontraindikationen Hautverletzungen oder nässende oder entzündliche Hauterkrankungen im Bereich der Auflage Noch nicht abgeklungene Rötung der Haut durch die vorangegangene Senfanwendung Unverträglichkeit gegen Senf Bestrahlte Hautareale Die Behandlung sollte von einem Arzt begleitet werden! Anwendungsmöglichkeiten: Senf - Lungenauflage Anwendungsgebiete: Lungenentzündung mit heftigem Verlauf und hohem Fieber (Bronchopneumonie) Akute und chronische Bronchitis Asthma bronchiale Anwendungsort: Oberer Rücken in Höhe der Lunge, je nach Anwendungsform auch lokal begrenzt Senf – Schulter- Nackenauflage Anwendungsgebiete: starke Muskelverspannungen Myogelosen Anwendungsort: Schulter- Nackenbereich © Vademecum Äußere Anwendungen, www.vademecum.org Praktische Durchführung Hinweis: das Senfmehl sollte so frisch wie möglich gemahlen sein. D.h. originalverpackt sollte es nicht älter als 6 Monate sein, bzw. nach Anbruch sollte es nicht länger als 3 Monate verwendet werden, da die Wirksamkeit ansonsten stark nachlassen kann. Wichtig sind eine luft- und lichtdichte Verpackung. Senfanwendungen gehören zu den wirksamsten und verlässlichsten, aber auch anspruchvollsten Äußeren Anwendungen. Es ist besonders wichtig, dass der Patient gut informiert ist über den Ablauf der Behandlung und die Tatsache, dass Senf auf der Haut brennt. Es muss bei jeder Senfanwendung gemeinsam mit dem Patient die für ihn richtige Dauer gefunden werden. Bei einer zu kurzen Anwendung kann die gewünschte Wirkung ausbleiben; bei einer zu langen Anwendung besteht die Gefahr der verbrennungsähnlichen Hautschädigung. Senf-Anwendungen sollten nach Möglichkeit vormittags oder am frühen Nachmittag (ca.1517 Uhr) durchgeführt werden, da dies die Zeit ist, in der der Organismus maximal leistungsfähig ist, um die Anwendung zu verarbeiten. Material: Gemahlener schwarzer Senf Mullwindel Langes Wolltuch oder Frottee-Badetuch. Optional: Küchenpapier (je nach Größe des zu behandelnden Gebietes). Mit Hilfe des Küchenpapiers, lässt sich das Senfpulver hinterher deutlich leichter aus der Mullwindel entfernen Kleine Thermoskanne mit ca. 50° bis max. 70°C warmem Wasser Frottee-Handtuch als Nässeschutz = Abdecktuch Großes Moltontuch oder Badetuch als Schultertuch Weckeruhr Zubereitung und Durchführung: Mullwindel ausbreiten und mit Blättern von dem Küchenpapier bedecken Das Senfmehl 2–3mm dick gleichmäßig in der gewünschten Fläche darauf streuen. FÜR SÄUGLINGE und KLEINKINDER das Senfmehl nur dünn aufstreuen! Das ganze Tuch falten und locker von beiden Seiten her aufrollen, so dass ein geschlossenes Päckchen entsteht (die Senfölglycoside werden erst durch die Verbindung mit Wasser aktiviert). Großes Molton zum Einhüllen des Oberkörpers und das Wolltuch im Bett vorbereiten Das vorbereitete Substanztuch in die Schüssel legen und mit dem ca. 60°C warmem Wasser gut anfeuchten, anschließend vorsichtig ausdrücken, nicht wringen! Das Tuch wieder auseinander falten und die Substanzseite auf die zu behandelnde Region auflegen und das Abdecktuch darüber legen Das Wolltuch um den Rumpf oder um die Schultern des Patienten (in V-Form) hüllen Das große Moltontuch so um den Oberkörper hüllen, dass der Patient warm eingepackt vor Kälte und Zug geschützt ist, ohne sich eingeengt zu fühlen. Während der 1. Anwendung immer beim Patienten bleiben! Bei weiteren Anwendungen dem Patienten die Klingel in die Hand geben, damit er sich sicher und ohne kalt zu werden melden kann (in der Klinik), zu Hause immer dabei oder erreichbar bleiben. © Vademecum Äußere Anwendungen, www.vademecum.org Alternativ: Senfpäckchen (Quelle: Heidenheim) Aus Reißwäsche ein Baumwolltuch machen, das etwas doppelt so groß wie die gewünschte Packung ist, rundherum ca. 2cm Zugabe. 3 gehäufte Esslöffel Senfmehl (für eine Seite) mit 60-70°C heißem Wasser anrühren, so dass es einen streichfähigen Brei ergibt. Diesen zügig auf die Hälfte des Tuches auftragen (2cm Rand lassen) und die andere Hälfte des Tuches über den Brei legen, an den offenen drei Seiten die Ränder gut einschlagen, so dass der getrocknete Brei nicht ins Bett bröselt, wenn die Packung abgenommen wird. Dieses Päckchen schließlich auf auf das gewünschte Hautareal auflegen und lokal begrenzt applizieren. Zur Fixierung und zum Einhüllen ein weiteres dickes Baumwolltuch und ein Wolltuch wie oben beschrieben verwenden. Einwirkzeit: Säuglinge und Kleinkinder bis 4 Jahre: 1. Anwendung 3 Minuten, den Wickel vorher nicht zum Nachschauen abnehmen. Weitere Anwendungen individuell bis auf zu 10 Minuten ausdehnbar. Ältere Kinder und Erwachsene: 1. Anwendung mind. 3-5 Minuten nicht länger als ca. 12 Minuten. Während der gesamten ersten Anwendung ist es wichtig, beim Patienten zu bleiben und nach 3-5 Minuten die Hautreaktion zu überprüfen (auch wenn der Patient kein Brennen verspürt). Ziel ist, dass das behandelte Gebiet gut gerötet ist, eine deutliche Grenze zwischen geröteter und normaler Haut zeigt die gewünschte Reaktion an. Alle weiteren Anwendungen werden individuell der Hautreaktion angepasst. Wenn der Patient das Brennen als zu stark empfindet ist dies in der Regel der Zeitpunkt, den Wickel abzunehmen. Bei blonden und rothaarigen Menschen und Menschen mit Hautyp 1 ist mit einer schnelleren Reaktion zu rechnen. Die brennende Senfwirkung zeigt fast immer einen typischen Verlauf: Das Brennen auf der Haut setzt rasch ein und steigert sich in wenigen Minuten zu einer ersten Spitze. Dann wird es etwas schwächer und bleibt einige Zeit ziemlich konstant. Danach nimmt es wieder zu und wird schließlich unerträglich. Spätestens jetzt muss die Behandlung beendet werden. Auch nach dem Entfernen der Senfauflage hält das Brennen weiterhin an und klingt erst allmählich ab. Diese Zeitspanne kann einige Minuten bis Stunden dauern. Das Brennen ist eine erwünschte therapeutische Reaktion – jedes Abwaschen oder Ölen stört und mindert den Prozess und ist bei Erwachsenen Patienten nicht indiziert. BEI KINDERN ist eine Ablinderung der Senfwirkung durch sanftes Abtupfen mit Lavendelöl hingegen sinnvoll. Nachbereitung: Das Küchenpapier aus der Mullwindel lösen und in den Abfall tun, die Mullwindel auswaschen, auswringen und alle Tücher zum Trocknen aufhängen. Innerhalb der nächsten 2 Stunden sollte die Rötung abgeklungen sein. Nach der 1. Anwendung ist die regelmäßige Kontrolle der Haut wichtig, da sie Auskunft darüber gibt, wie empfindlich der Patient auf die Anwendung anspricht. Eine weitere Behandlung darf frühestens am nächsten Tag vorgenommen werden und auch nur dann, wenn die Rötung vollständig abgeklungen ist. © Vademecum Äußere Anwendungen, www.vademecum.org
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