2 | 2015 zulage, denn hohe Fluktuation ist mit dieser Aufgabe nicht in Einklang zu bringen. „Uns war – noch vor ‚Burbach‘ – von Anfang an klar, dass das kein Auftrag wie jeder andere ist“, ergänzt Dirk Fricke. „Wenn da was schief geht, würde das auch für uns einen erheblichen Imageschaden bedeuten. Deshalb verlassen wir uns nur auf unsere eigene Kompetenz. Dazu gehört es auch, dass der Einsatzleiter permanent vor Ort für die Mitarbeiter ansprechbar ist und die Schnittstelle zur Stadt und den Behörden bildet. Auch das ein wichtiger Unterschied zur Lage im Sauerland: Die Stadt Erlangen hat die Betreiberverantwortung nicht zum Pauschalpreis an einen Generalunternehmer „weggedrückt“. Auch wenn der ASB das Heim allgemein betreut, so steht die ESS im direkten Vertragsverhältnis mit der Stadt und ist ihr gegenüber für die Sicherheit verantwortlich „Und die Bürgermeisterin ist für uns jederzeit ansprechbar“, betonen die Frickes. Geordnete Abläufe Am Ende geht es für die Sicherheitsleute darum, den geordneten Ablauf sämtlicher Prozesse zu gewährleisten. Bei Ankunft der Flüchtlinge werden ihre Daten aufgenommen, es werden Fotos angefertigt und Aufenthaltsausweise ausgestellt. Sind auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit Konflikte nicht ausgeschlossen, versuchen die ESS-Leute von Anfang, eine räumliche Trennung herzustellen, soweit das eben bei den beengten Verhältnissen möglich ist. In kritischen Situationen müssen sie deeskalieren und zwischen „Gruppenführern“ vermitteln. Zu körperlichen Auseinandersetzungen ist es noch nie gekommen. „Letztlich sind unsere Leute Mädchen für alles“, sagt Benjamin Fricke. „Ob nachts Babymilch aufgewärmt werden muss oder jemand eine Anleitung für die Waschautomaten benötigt – wir sind immer zur Stelle.“ Dazu gehört auch die enge Zusammenarbeit mit der Polizei, die Wissen um ihre große Verantwortung: Erlanger Bürgermeisterin und Sozialreferentin Dr. Elisabeth Preuß zwischen dem ESS-Trio Fabian, Dirk und Benjamin Fricke (vl). immer mal wieder vorbeischaut – nicht wegen aktueller Anlässe, sondern um im Gespräch zu zeigen, dass man sich hier zu Lande – anders als in autoritären Staaten, aus denen mancher Flüchtling kommt – vor Uniformierten keine Angst zu haben braucht. Umsicht und nachweisliche Kompetenz waren die wichtigsten Gründe für die Stadt Erlangen, den Zuschlag an die ESS zu vergeben. „Das Unternehmen genießt einen hervorragenden Ruf. Die Sicherheitsprofis haben Erfahrung im Umgang mit großen Menschenansammlungen, etwa durch ihre Einsätze bei den örtlichen Handballspielen. Und eine Reihe der hier ansässigen internationalen Unternehmen vertrauen ihnen ihre Unternehmenssicherheit an“, sagt Preuß. Dass Erlangen nicht Burbach ist, sieht man auf einen Blick. Dafür interessieren sich allerdings nur die wenigsten Medien… www.ess-erlangen.de „Kein ausreichender Schutz für 400.000 Flüchtlinge ohne private Sicherheitsdienste“ AM 8. MAI 2015 traf sich die Kanzlerin in Berlin mit Verantwortlichen aus Bund, Ländern und Behörden, um über Maßnahmen zu disku tieren, wie die hohen Flüchtlingszahlen bewältigt werden können. Die Bundes regierung geht inzwischen von 400.000 Flüchtlingen aus, im vergangenen Jahr war es noch die Hälfte. „Ohne den Einsatz von qualifizierten privaten Sicherheitsdiensten gibt es keinen ausreichenden Schutz für die Flüchtlinge“, so der Präsident des BDSW Bundes verband der Sicherheitswirtschaft, Gregor Lehnert. Bereits heute sind nach Schätzungen des Verbandes 2.500 private Sicherheitskräfte in zahlreichen Unterkünften Tag und Nacht im Einsatz und nehmen dort die unterschiedlichsten Aufgaben wahr. Durch die skandalösen Vorfälle im Herbst in einigen nordrhein-westfälischen Asyl- bzw. Flüchtlingsheimen sei eine ganze Branche in Misskredit gebracht worden, so Lehnert. Verantwortlich dafür sei jedoch in einem hohen Maße die nordrhein-westfälische Landes regierung gewesen. Diese habe durch eine völlig unzureichende Vergabepolitik und mangelnde Kontrollen zu diesen Missständen „maßgeblich“ beigetragen. Wie sensibel dieses Thema auch heute noch sei, zeige der tägliche Blick in die Medien. Fast täglich werde über Vorfälle in und um die Einrichtungen von Unterbringungsmöglichkeiten berichtet. Der BDSW habe in seinem 12-PunkteProgramm für Sicherheitsstandards für Asyl bewerberunterkünfte Unterstützung angeboten und klare Forderungen erhoben. Damals wie heute gelte, dass es eine Trennung zwischen der Ausschreibung der Liegenschaftsbetreuung und der Vergabe von Sicherheitsaufgaben geben müsse. Die staatlichen Einrichtungen von Bund, Ländernund Kommunen sind für den Schutz der Flüchtlinge verantwortlich. Diese Aufgabe könne nicht an den Betreuer der Liegenschaft übertragen werden, so Lehnert. Die ausgeschriebenen Aufgaben seien klar zu defi nieren. Zur Betreuung der Asylbewerber müsse entsprechend qualifiziertes Personal eingesetzt werden. „Diese Tätigkeit kann nicht zum Mindestlohn vergeben werden“, so Lehnert abschließend. WIRTSCHAFT UND POLITIK 23
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