Frühjahr - Hochsaison für Allergien

Frühjahr –
Hochsaison für Allergien
ALLERGIEN SIND AUF DEM VORMARSCH. DAS IMMUNSYSTEM IST AUSSER KONTROLLE
GERATEN. WAS GUT HILFT, IST EINE HYPOSENSIBILISIERUNG.
T
ränende Augen oder ständiges Niesen, dahinter könnte
zum anaphylaktischen Schock führen können, zählen zum So-
eine Allergie stecken. Das Immunsystem spielt verrückt
forttyp. Typische Kontaktallergene hingegen sind Materialien
und hält harmlose Substanzen wie beispielsweise Pollen, Haus-
wie Nickel oder Kobalt, welche hauptsächlich im Modeschmuck
staubmilben, Tierhaare oder Schimmel-
enthalten sind, der auf der Haut getragen wird. Diese hinterlas-
pilzsporen für eine Gefahr. „Bereits durch
sen beim Allergiker des verzögerten Typs ihre Spuren als jucken-
das Einatmen von beispielsweise Pollen
des Ekzem. Aber auch Tonerstäube aus laserbasierten Drucksys-
oder Feinstaub kann das menschliche Im-
temen mit hohen Schwermetallkonzentrationen können eine
munsystem gereizt werden. Denn es kann
allergische Reaktion hervorrufen. „Als Beispiel für den zytotoxi-
nur schwer zwischen harmlosen und schädigenden Substanzen
schen Typ führe ich die sogenannte Autoimmun-Schilddrüsenent-
unterscheiden“, erklärt der Hals-Nasen-Ohren-Spezialist und Al-
zündung vom Typ Hashimoto an. Bekanntester Vertreter einer Al-
lergologe Dr. med. Jürgen Palm aus Röthenbach bei Lauf.
lergie
13 ▹ exklusiv
vom
Immunkomplex-Typ
ist
die
Farmer-
oder
Vogelhalterlunge“, berichtet der Allergologe.
Eine Allergie kann jeden treffen, egal welchen Alters. Sind bereits die Eltern daran erkrankt, können genetische Faktoren dies
Eine andere Variante ist die Kreuzallergie. Leidet der Allergi-
auch beim Nachwuchs begünstigen. Auslöser kann ebenso ho-
ker an einer Pollenallergie, kann diese eine Allergie gegenüber
her Stress sein. „So wissen wir zum Beispiel, dass Mütter, die lange
bestimmten Nahrungsmitteln bewirken, wenn sich ähnliche
stillen, das Risiko ihres Kindes, später an einer Allergie zu erkran-
Substanzen in Pollen und Lebensmitteln befinden. Eine Pseudo-
ken, erheblich senken“, führt Dr. Palm aus. Bekannt ist ebenfalls,
allergie hingegen zeigt gleiche Symptome wie eine Allergie, je-
dass Landkinder geringer davon betroffen sind als Stadtkinder.
doch ohne immunologischen Hintergrund und sie beruht meist
„So haben Allergien in den letzten 60 Jahren von ca. 2 Prozent der
auf einer Enzymstörung. „So kann bei der chronisch polypenbil-
Gesamtbevölkerung auf ca. 30 bis 40 Prozent zugenommen. Auch
denden Nasennebenhöhlenentzündung oft eine Störung des En-
die Zahl der Asthmatiker hat sich in den letzten 80 Jahren in etwa
zyms Cyclooxygenase zugrunde liegen. Mitunter wird eine pseu-
verdoppelt. In Deutschland sind ca. 24 bis 32 Millionen Menschen
doallergische Reaktion auch beispielsweise durch Weichkäse und
allergisch sensibilisiert. Davon haben etwa 12 Millionen Heu-
Rotwein ausgelöst, wenn eine Störung des Enzyms Diaminoxidase
schnupfen und 4 Millionen Asthma bronchiale“, so der Mediziner.
vorliegt“, erklärt der Fachmediziner.
ALLERGIETYPEN
DER TEST BRINGT GEWISSHEIT
Die Allergie wird in vier Typen unterschieden: Soforttyp, zytoto-
Welche Allergie vorliegt, kann nur der Fachmediziner mittels
xischer Typ, Immunkomplex-Typ sowie verzögerter Typ oder
Testung diagnostizieren. Bewährt haben sich hier der Prick-
Spättyp. Heuschnupfen, allergisches Asthma, eine Vielzahl von
Test, Intrakutantest, Scratch-Test, Reibetest, Epikutan-Test, La-
Nahrungsmittelallergien, Bienen- und Wespengiftallergien, die
boruntersuchung sowie der Organ-Provokationstest. Ist der
■ WISSENSWERTES
ALLERGIETYPEN:
TYP I
TYP II
TYP III
TYP IV
auslösende Stoff gefunden, heißt es nach Möglichkeit Vermeidung des Allergens. Beim Hausstaubmilbenallergiker schaffen
sogenannte Encasings, milbenallergendichte Bettzwischenbezüge, Linderung. Aber auch Nasenduschen, die darüber hinaus
die Nasenschleimhaut gut befeuchten, befreien von Pollen
und Hausstaubmilben. Diese kann der Allergiker zur Unterstützung selbst durchführen. Die Gabe eines Antiallergikums
unterstützt die medikamentöse Behandlung, da es sich auf die
Schleimhäute abschwellend und schleimlösend auswirkt.
Beim Soforttyp erfolgt die ursächliche Behandlung über eine
spezifische Immuntherapie. Diese Hyposensibilisierung – ist
eine krankenkassenärztliche Leistung – wird als Spritze bzw.
bei einigen Allergien als Lösung oder Tablette unter die Zunge
Soforttyp
Pollen, Bestandteile des Hausstaubs,
Tierhaare, Schimmelpilze,
Wespen- oder Bienengift
zytotoxischer Typ
antikörperabhängiger Immunkomplex-Typ
verzögerter Typ I (Medikamente),
verzögerter Typ II (Pilzsporen) und
Spättyp (Reaktion bis zu 72 Stunden)
Kontaktallergie
Allergien und pseudoallergische Reaktionen gegen:
Pollen und Gräser, Insektengift, Nahrungsmittel, Sonne,
Milcheiweiß, Arzneimittel, Milben, Schimmelpilz,
Tierhaare etc.
TESTUNGEN:
Prick-Test
bei Pollen, Tierhaaren, Milben, Schimmelpilzen – auf der
Innenseite des Unterarms wird das Allergen aufgeträufelt und mittels Ritzung unter die Haut gebracht.
Intrakutantest
bei Insektenallergie oder Nahrungsmitteln –
allergieauslösender Stoff wird unter die Haut gespritzt.
Scratch-Test (auch Ritztest)
bei Tierhaaren und Lebensmitteln – Allergen wird auf
die Beugeseite des Unterarms eingeritzt.
gegeben und dauert ca. drei Jahre. Die Erfolgsquoten dieser Behandlungsmethode reichen von mehr als 70 Prozent bei Hausstaubmilbenallergien bis über knapp 90 Prozent bei Pollenallergien und bis zu 95 Prozent bei Insektengiftallergien. „Ohne
Behandlung entwickelt sich bei ca. 40 Prozent der Heuschnupfen-Patienten innerhalb von acht Jahren ein Asthma bronchiale.
Laut der sogenannten ISAAC-Studie leiden in Deutschland bereits ca. 15 Prozent der Kinder an Asthma“, stellt Dr. Palm abschließend fest.
GR■
Reibetest
bei Tierhaaren und Lebensmitteln –
Allergen wird auf die Haut aufgerieben.
Epikutan-Test
bei Nickel und Duftstoffen – die Testung wird aufgeklebt und über 72 Stunden beobachtet.
Labortest – die Menge an vorhandenen Antikörpern
wird im Serum bestimmt.
Provokationstest – erfolgt über Nase, Bronchien,
Bindehaut oder Darmtrakt.
BEHANDLUNGSFORMEN:
Hyposensibilisierung mit den jeweiligen Allergenen
über einen langen Zeitraum.
Als Alternative zu einer Allergiebehandlung kann in
Ausnahmefällen eine Akupunktur angewendet werden.