Parlamentswahlen 2015: Der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband nimmt die Behindertenpolitik in den Fokus ____________________________________________________________ Remo Kuonen, Präsident Der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband SBV präsentiert im Vorfeld der eidgenössischen Parlamentswahlen 2015 ein Akteur-Screening. Ziel dieses Akteur-Screenings ist, unter den wiederkandidierenden Parlamentarierinnen und Parlamentarier jene zu erkennen, welche eine ausgesprochene Sensibilität für die Interessensvertretung von Menschen mit Behinderungen haben. Gleichzeitig gibt das Akteur-Screening Hinweise, inwiefern sich auch politische Parteien als Summe der beobachteten Parlamentarier für eine Wahlempfehlung aufdrängen oder nicht. In der Behindertenpolitik hat sich ein Paradigmenwechsel vollzogen von der Fürsorge hin zur gleichberechtigten Teilhabe für alle Menschen. Einstige Postulate wie beispielsweise die Beschäftigung Behinderter sind gewichen, an deren Stelle stehen heute Forderungen nach Inklusion, Begleitung und Unterstützung, nach Eingreifen und Ausgleich mittels Massnahmen der öffentlichen Hand. Im Mittelpunkt steht der Mensch mit seiner Benachteiligung, nicht die Benachteiligung als solche. Die Bundesverfassung, das Behindertengleichstellungsgesetz und die UNOBehindertenrechtskonvention sind die wichtigsten Grundlagen der Behindertenpolitik. Der Fokus lag bis anhin besonders stark auf der Revision der Invalidenversicherung. Am 15. April 2014 wurde in New York die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) durch die Schweiz ratifiziert. Jetzt geht's darum, bestehende Gesetze konsequenter, das heisst im Sinne der Konvention anzuwenden. Auch auf politischer Ebene sind Massnahmen gefragt. Der Druck auf eine kohärente nationale Behindertenpolitik steigt. Sie soll Menschen mit einer Behinderung Perspektiven geben. Die Behindertenpolitik kennt zwei wichtige Player: Unser Staat und die Gesellschaft. Ein breiter sozialer Interessenpluralismus ist jetzt mit hoher Dringlichkeit aufgefordert , die sozialen Teilhaberechte ebenso wie den sozialstaatlichen Gestaltungsrahmen rasch zu definieren, konkret einzurichten und praktisch zu leben. Wo positioniert sich die Selbsthilfe in diesem Spannungsfeld? Gegründet wurde der SBV am 5. Juni 1911 von den drei sehbehinderten Theodor Staub, Emil Spahr und Georges Guillod in Lausanne. Er bezweckte, für blinde Menschen Arbeitsplätze zu finden. Der SBV ist laut Statuten "die nationale Organisation, in der sich blinde und sehbehinderte Menschen zur Selbsthilfe, Selbstbestimmung und Interessenvertretung zusammenschliessen". Er ist politisch unabhängig und religiös neutral. Der SBV ist eine Organisation, welche in ihrer Struktur das Entscheidungsrecht ausschliesslich ihren behinderten Mitgliedern zuerkennt. Oberstes Organ ist die Delegiertenversammlung mit 40 betroffenen Menschen aus der ganzen Schweiz. Die klare Begrenzung des Stimm- und Entscheidungsrechts auf Menschen mit Behinderung unterscheidet den SBV gegenüber anderen Behindertenverbänden, in denen auch Nichtbehinderte Stimmrechte haben. 2/3 Wenn der SBV sich heute zu Wort meldet, so tut er das als selbstbewusster, unabhängiger Akteur im Vorfeld der Schweizer Parlamentswahlen vom 18. Oktober 2015. Zwar verfügt unser Land bereits über wichtige Gesetzesgrundlagen zugunsten von Menschen mit Behinderungen. Im praktischen Leben stossen wir nach wie vor auf Vorurteile und Barrieren, welche uns daran hindern, gleichberechtigt und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Bis gleichwertige Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung erreicht sind, braucht es noch grösste Anstrengungen. Namentlich in der Mobilität, in der beruflichen Integration und in der gesellschaftlichen Partizipation. In der Behindertenpolitik kann es nicht um die Alternativen gehen entweder Inklusion oder spezielle Angebote für Menschen mit Nachteilen. Stattdessen müssen wir unterschiedliche und individuelle Optionen bereitstellen. Lebens-, Lern- und Arbeitsmöglichkeiten sind sowohl in geschütztem Rahmen als auch als integrative Angebote rasch zu realisieren. Mit dem vorgelegten Akteur-Screening will der SBV seine Mitglieder und weitere interessierte Kreise sensibilisieren. Er will gezielt auf jene Persönlichkeiten in der nationalen Politik aufmerksam machen, welche sich in Richtung aktivierender, motivierender, die Individualität stärker betonender Staatlichkeit besonders hervortun. Ganz im Sinne der Selbsthilfe. Es geht dem SBV um das Ziel, alle Bürgerinnen und Bürger zu befähigen, ihr Leben selbstbestimmt und nach den eigenen Vorstellungen und Wünschen führen zu können. Der SBV fordert eine Politik, welche die berechtigten Ansprüche und Rechte von uns Menschen mit Einschränkungen in den Mittelpunkt stellt. 3/3
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