Erfolgreich füttern: Neue Nachweise des Schmallenberg

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und Auswertung von Gesundheitsund Behandlungsdaten konzipiert
worden, sodass deren Verwendung im Rahmen des „KuhVision“Projektes unproblematisch möglich ist. Mittlerweile nutzen zirka
25 % der LKV-Mitglieder MLP-Online, 450 verwenden zusätzlich die
Smartphone-App MLP-Mobil.
Zum Abschluss seines Geschäftsberichtes ging Hergen Rowehl nä-
her auf mehrere vom DLQ initiierte
Forschungsvorhaben ein. Hierbei
stehen Verfahren und Methoden
zur Verbesserung von Merkmalen
der Tiergesundheit im Fokus. Vom
besonderen Interesse seien hierbei
die Forschungen auf dem Gebiet
der Zelldifferenzierung. Die bisher
vom LKV gemessenen somatischen
Zellen umfassen eine Vielzahl verschiedener Zelltypen (zum Beispiel
Makrophagen, Lymphozyten, Granulozyten). Bei einer entzündlichen Reaktion steigt bekanntermaßen der Zellgehalt an. Die relativen Anteile dieser Zellen in der
Milch ergeben ein Zelldifferenzialbild, auf dessen Grundlage ein
„Zelldiferenzierungsindex“ (ZDI)
ermittelt werden soll. Anhand des
ZDI soll eine bessere Einschätzung
des Eutergesundheitsstatus einer
Kuh und deren BehandlungswürdigGrafik: Entwicklung der Herdengrößen in den LKV-Mitgliedsbetrieben
keit ermöglicht werden. Aber auch an
der Weiterentwicklung zur Nutzung
der bei der Milch­
analyse im Labor
anfallenden Messdaten beteiligt sich
der LKV zwischenzeitlich. Die Auswertung der anfallenden Spektraldaten könnte genutzt
werden, um weitere Informationen
zur jeweiligen Kuh
zu erhalten, zum
Beispiel über deren
Stoffwechselstabili-
tät oder auch über den individuellen Methanausstoß.
Regularien und
Wahlen
Als Nachfolger für den satzungsgemäß nicht für eine Wiederwahl
zur Verfügung stehenden langjährigen stellvertretenden Vorsitzenden Lorenz-Christian Carstensen
aus Rantrum wurde Cord Riechmann aus Munkbrarup gewählt.
Anschließend wurden Eckhard
Marxen und Cord Riechmann als
Mitglieder im Geschäftsführenden
Vorstand ohne Gegenstimme wiedergewählt. Ebenfalls in ihren Ämtern im Schiedsgericht wurden Jürgen Kühl aus Heinkenborstel und
Martin Berling aus Fitzen bestätigt.
Für das Amt des Rechnungsprüfers
hatte der Kreiskontrollverein Hamburg Jan-Hendrik Langeloh vorgeschlagen, der ohne Gegenstimme
in dieses Amt gewählt wurde.
Dr. Jörg Piepenburg
Landeskontrollverband
­Schleswig-Holstein
Tel.: 04 31-3 39 87-22
[email protected]
Erfolgreich füttern: Rückkehr eines ungeliebten Bekannten
Neue Nachweise des Schmallenberg-Virus
Nachdem bereits im Frühsommer
2016 erste Berichte über erneute
Fälle von Schmallenberg-Virus-Infektionen bei Rindern und Schafen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erschienen, wurden im vergangenen September
auch in Schleswig-Holstein erstmals seit Mitte 2013 wieder Rinder
positiv auf das Schmallenberg-Virus (SBV) getestet.
Neben den direkten Virusnachweisen bei einzelnen Tieren zeigt
auch der zunehmende Anteil antikörper-positiver Rinder, die zum
Beispiel im Rahmen von Exportuntersuchungen getestet wurden,
dass das SBV in Schleswig-Holstein
wieder kursiert (Übersicht 1). Die
Untersuchungszahlen sind zwar zu
gering, um zuverlässige Aussagen
über die Verbreitung in verschiedenen Regionen des Landes zu
treffen, es ist aber von einem neuen Aufflammen der zwischenzeitlich verschwundenen Erkrankung
auszugehen. Diese Entwicklung
besteht bundesweit (Übersicht 2)
Ein recht neues
Virus in Europa
Es handelt sich bei dem Erreger um ein Mitglied einer Virenfamilie, zu der unter anderem das
in Afrika vorkommende Virus der
Akabane-Krankheit und andere in
Amerika, Afrika, Asien und Australien auftretende Viren gehören,
die alle ein ähnliches Krankheitsbild bei Wiederkäuern verursachen. SBV war im Jahr 2011 erstmals nachgewiesen worden und
zuvor weltweit noch nicht beschrieben worden. Nach seiner Isolierung und Klassifizierung durch
das Friedrich-Loeffler-Institut (Insel Riems) erhielt es seinen Namen
nach der Herkunft der ersten Probe, der Stadt Schmallenberg in
Nordrhein-Westfalen.
Die Gefahr, dass missgebildete Kälber und Lämmer Geburtsprobleme verursachen, ist durch die Neuinfektionen wieder deutlich gestiegen.
Foto: landpixel
Krankheitsbilder
variieren
und betrifft auch andere europäi- derlanden, Belgien und dem VerDie Übertragung erfolgt bei
sche Länder: So sind seit Juni 2016 einigten Königreich gemeldet wor- uns durch blutsaugende Gnitzen
Ausbrüche ebenfalls aus den Nie- den.
von Tier zu Tier sowie vom tra-
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Übersicht 1: Schmallenberg-Virus-Antikörperuntersuchungen anzumerken ist. Beobachtet wur- nige Tage), als auch aus Abortmaden zum Beispiel Milchleistungs- terial. Eine Besonderheit ist hierin Schleswig-Holstein im Jahr 2016
rückgang, Fieber oder Durchfall.
Das Virus wird von einem gesunProben
den Tier schnell bekämpft und ist
Positiv
nur wenige Tage nachweisbar. In
der Folge bilden die Tiere Antikörper, die über Monate bis Jahre
nachweisbar bleiben und zunächst
für einen Schutz vor einer erneuten
Infektion sorgen. Eine Besonderheit ist die Infektion trächtiger Tiere. Erfolgt eine Infektion des Muttertieres in einem empfindlichen
Zeitfenster der frühen bis mittleren Trächtigkeit, können schwere Missbildungen bei den Kälbern
und Lämmern auftreten. Hierbei
sind besonders der Kopf und das
Nervensystem sowie die GliedmaWonnemann, Landeslabor
ßen betroffen. Die Missbildungen
der Gliedmaßen beruhen oft auf
genden Muttertier auf das unge- erwachsenen Rindern und Scha- Verkürzungen der Sehnen und äuborene Kalb oder Lamm. Eine fri- fen zumeist milde Symptome, so- ßern sich in steifen Gelenken. Dasche SBV-Infektion verursacht bei fern den Tieren überhaupt etwas raus können große Probleme für
die Geburtshilfe und das Leben der
Übersicht 2: Meldepflichtige Nachweise des SchmallenMuttertiere entstehen. Weiterhin
kann das Virus im trächtigen Uteberg-Virus (SBV) in Deutschland im Jahr 2016
rus sowie dem Fetus bis zur Geburt
(Stand 15. ­Dezember 2016)
erhalten bleiben. Ein Videofilm zu
In Schleswig-Holstein wurde im September dreimal SBV nachgewiesen, im
den typischen Symptomen beim inOktober und November j­eweils einmal. Missgebildete Feten von Rindern
fizierten Schaflamm findet sich auf
oder Schafen mit Nachweis von SBV wurden bislang nicht eingesendet.
der Internetseite der Tierärztlichen
Hochschule H
­ annover unter http://
www.tiho-hannover.de/aktuelles-­
presse/aktuelle-­meldungen/­
aktuelle-meldungen/article/video
podcast-zum-schmallenberg/
Das empfindliche Zeitfenster für
Missbildungen der Feten liegt nach
aktuellen Einschätzungen beim
Rind zwischen dem 75. und 175.
Trächtigkeitstag und beim Schaf
zwischen dem 30. und 50. Tag der
Trächtigkeit. In den übrigen Zeiträumen kann das Virus aber auch
zu Aborten und Umrindern, Frühgeburten, Totgeburten und mumifizierten Früchten führen. Diese
Folgen können je nach Tierart Wochen bis Monate nach der Infektion der Muttertiere auftreten, und
sind nach den aktuellen Infektionsnachweisen in den nächsten Monaten wieder verstärkt zu erwarten. Hier empfiehlt sich eine enge
Geburtsüberwachung, um bei Geburtsstockungen infolge von Missbildungen oder toten Feten rechtzeitig eingreifen zu können, und so
zumindest Schäden für das Muttertier zu verhindern.
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Möglichkeiten der
Untersuchung
Friedrich-Loeffler-Institut, Insel Riems
Das Virus kann mit einer PCR-Untersuchung nachgewiesen werden,
sowohl im akuten Fall bei fiebernden Tieren aus Blut (aber nur we-
bei die Möglichkeit, den Nachweis aus Ohrtupferproben vom
Fetus zu führen. Untersuchungen
auf Antikörper werden in der Regel im Rahmen von Exportuntersuchungen, zum Teil auch als Bestandsuntersuchungen, durchgeführt, um den Status einer Herde
zu ermitteln. Die gängigen Untersuchungen können im Landeslabor
in Neumünster erfolgen. Dies kann
sowohl im Rahmen von umfassenden Abklärungen von Abortursachen geschehen, als auch als alleinige, gezielte Untersuchung auf SBV.
Möglichkeiten der
Vorbeuge
In der abgelaufenen Weidesaison war ein intensiver Schutz vor
Gnitzenbefall ohnehin schon wegen der drohenden Einschleppung
der Blauzungenkrankheit ratsam.
Betriebe, die hier durch regelmäßige Anwendung von Repellentien am Tier Stechinsekten ferngehalten haben, sollten auch gleichzeitig das Risiko für einen Eintrag
von SBV gesenkt haben.
Im Gegensatz zur ersten Ausbruchswelle steht nun ein Impfstoff
(Zulvac, Firma Zoetis) zur Verfügung, der europaweit zum Schutz
gegen SBV bei Rind und Schaf zugelassen ist. Dieser kann mittlerweile auch direkt in Deutschland
von Tierärzten bezogen werden.
Die Erfahrungen mit dem Impfstoff sind allerdings noch begrenzt,
sodass der Einsatz immer mit dem
Hoftierarzt und dem Kreisveterinär
gemeinsam für die einzelbetriebliche Situation abgewogen werden
sollte.
Rechtliche Situation und
Exportregeln
Aktuell wird die Infektion mit
SBV als meldepflichtige Erkrankung eingestuft. Dies bedeutet,
dass lediglich eine amtliche Erfassung von Virusnachweisen erfolgt.
Rechtliche Folgen für die Betriebe
ergeben sich hieraus nicht.
Für den Export von Wiederkäuern und Samen oder Embryonen
in Drittländer bestehen seit 2012
allerdings teils sehr strenge Einschränkungen. Für Betriebe mit
positivem Nachweis scheidet daher die Vermarktung in viele Drittländer meist für mehrere Jahre
aus. Um die eigenen Exportchancen besser abschätzen zu können,
empfiehlt sich daher bereits vorab
die Untersuchung auf Antikörper.
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Weidetiere haben ein höheres Risiko für eine Ansteckung mit SBV durch Gnitzenstiche. Doch auch in der Stallhaltung sind SBV-Infektionen möglich.
Foto: Ronja Mau
Keine Gefahr für den
Menschen
Es handelt sich bei SBV um eine
reine Tierkrankheit, die vor allem
Rinder, Schafe und Ziegen, aber
auch Wildwiederkäuer befällt. Ein
Überspringen auf den Menschen
ist für SBV noch nie beschrieben
worden, und auch die anderen
nahen Verwandten in dieser Virus-Gruppe sind für den Menschen
ungefährlich. Somit gehen Exper-
ten von keiner Gefährdung für Verbraucher und Tierhalter aus.
Dr. Ole Lamp
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 43 81-90 09-16
[email protected]
Dr. Hubert Wonnemann
Landeslabor Schleswig-Holstein
Tel.: 0 43 21-904-869
hubert.wonnemann@
lsh.landsh.de
FAZIT
Die Rückkehr des Schmallenberg-Virus nach Schleswig-Holstein war nach den Funden in südlicheren Regionen seit dem Frühjahr 2016 nur eine Frage der Zeit.
Für den Export ergeben sich hieraus wieder erhebliche Einschränkungen. Doch auch für den Einzelbetrieb kann eine serologische
Untersuchung sinnvoll sein. So
lässt sich abschätzen, ob erneut
vermehrt mit missgebildeten Kälbern und Lämmern zu rechnen
ist. Missbildungen der Gliedmaßen und tote Früchte können zu
Geburtsstockungen führen, die
eine engmaschige Überwachung
und rechtzeitige Geburtshilfe nötig machen, um Schäden für das
Muttertier zu verhindern.
Subklinische Ketose – ein verstecktes Problem wird sichtbar
Strategische Messung deckt auch subklinische Form auf
Dass die Transitphase der Zeitraum
mit den größten Herausforderungen und meisten Problemen im
Laktationszyklus ist, ist bekannt.
In dieser Zeit zwischen Trockenperiode und Laktationsspitze erlebt der Organismus einer Kuh
eine maximale Umstellung, aus
der auch viele Gesundheitsstörungen resultieren. Häufig ist aber
noch undeutlich, wie mit diesen
Herausforderungen umgegangen
werden kann.
Mit der Kalbung stellt sich der
Stoffwechsel einer Milchkuh innerhalb kurzer Zeit auf die Laktation ein: Die für die schnell steigende Milchmenge benötigte Energie
beträgt ein Vielfaches des normalen Erhaltungsbedarfs. Während
in der Trockenperiode der mäßige
Energiebedarf mit relativ geringen
Aufnahmen an Trockensubstanz
(TS) bequem gedeckt wurde, muss
nun schnell deutlich mehr Energie
bereitgestellt werden. Diese Umstellung fällt allerdings in eine Zeit,
in der viele Faktoren diesen Ausgleich erschweren:
●●Die TS-Aufnahme steigt insge- NEB wird der Zeitraum beschrie- giereserven, und das ist vor allem
samt langsamer als die Milchleis- ben, in dem die Kuh über die Milch- Fett. Grundsätzlich ist dieser Protung mit entsprechendem Energie- produktion insgesamt mehr Ener- zess normal und kommt bei allen
bedarf. Die Kuh nimmt also nicht gie verliert als sie über das Futter Säugetieren vor. Die Herausfordeausreichend Futter, das heißt Ener- aufnehmen kann: Die Folge ist die rung bei der Milchkuh ist allerdings,
gie, auf.
Mobilisierung körpereigener Ener- dass die enorm hohe Milchmenge
●●Äußere Umstände
und die beschriebenen äußeren Faktoren
wie Gruppenwechsel
die NEB sowohl verund Überbelegung
größern als auch in ihoder
Gesundheitsstörungen wie zum
rer zeitlichen Ausdehnung verlängern könBeispiel nach einer
nen. Somit kann unter
Schwergeburt, reduzieren die TS-AufnahUmständen mehr Fettme zusätzlich.
gewebe über einen
●●Tiere, die mit hoher
längeren
Zeitraum
Körperkondition abmobilisiert werden, als
kalben (BCS > 3,5) erdies der Organismus
reichen außerdem ihre
problemlos bewältimaximale TS-Aufnahgen kann. Die dann
me später als günstig
anflutenden Fettbausteine (sogenannte
konditionierte Tiere
(siehe Tabelle 1).
NEFA, das heißt, nicht
Diese Risikofaktoveresterte Fettsäuren)
ren bestimmen also,
können die Leber an
wie lange sich eine
ihre Kapazitätsgrenabgekalbte Kuh in der
ze bringen: Der Umsogenannten Negabau dieser Bausteine
tiven Energie Bilanz
in den Energieträger
Traubenzucker kommt
(NEB) befindet. Mit Ketosemessung drei bis neun Tage nach der Abkalbung.