Wieviel Sklaverei braucht(e) der Kapitalismus?

Wieviel Sklaverei braucht(e) der Kapitalismus?
Bis heute herrscht die Meinung vor, dass Aufklärung und industrielle
Revolution die Sklaverei politisch und wirtschaftlich obsolet gemacht
haben. Der Aufbruch in die Moderne bedeutete das Ende des
`vormodernen´ Zwangsverhältnisses Sklaverei. Die neuere Forschung
stellt diese Selbstversicherung unserer westlichen Zivilisation
zunehmend in Frage. Es wird argumentiert, dass Sklaverei und
Kapitalismus
zusammen
gedacht
werden
müssen:
als
Menschenkapitalismus wurde die Verwertung der Arbeitskraft
bereits vor der Moderne eingeübt und erlaubte die Anhäufung von
Kapital; und mit dem Konsum ihrer Produkte wurde Sklaverei sogar
zum Steigbügelhalter der Massenindustrialisierung. Zusätzlich
verdichten sich die Hinweise, dass Sklavenarbeit z.B. in den USA
durchaus produktiver als Lohnarbeit war. Sollten diese Befunde
zutreffen, muss die Geschichte unserer Gesellschaften neu
geschrieben werden. Zu klären ist, ob die Bewertung von freier Arbeit
als Essenz des modernen industriellen Kapitalismus und der unfreien
Arbeit als rückständige und ineffiziente Produktionsform aus dieser
Perspektive zu revidieren ist und welche Konsequenzen sich hieraus
für das Verständnis unserer westlichen Moderne ergeben.
Wir wollen den neuesten Forschungsstand zum Thema Sklaverei
kennenlernen, gemeinsam diskutieren und uns irritieren und
inspirieren lassen. Als Gäste dazu haben wir eingeladen:
Michael Zeuske, Professor für Iberische und
Lateinamerikanische Geschichte an der
Universität zu Köln/Global South Studies
Center
mit
Spezialisierungen
in
Mikrogeschichte (Kuba, Karibik, Biografien
von
Sklaven
und
Sklavinnen,
Kolonialgeschichte
Lateinamerikas)
und
Globalgeschichte
(Atlantik,
Afrika,
Sklavenhandel, globale Sklavereien).
Manuela Boatcă, Professorin für
Soziologie
mit
Schwerpunkt
Makrosoziologie an der Universität
Freiburg, 2013 bis 2015 Professorin
für
die
Soziologie
globaler
Ungleichheiten am LateinamerikaInstitut der FU Berlin mit
Schwerpunkten in der Historischvergleichenden
Soziologie
und
Weltsystemanalyse;
Ungleichheitstheorien; Postkolonialismus; Geschlechtersoziologie;
Theorien sozialen Wandels; Gewaltforschung;
Programm
18:15 Uhr
Begrüßung
Prof. Dr. Anke Ortlepp, Prof. Dr. Hans-Jürgen Burchardt
18:20 Uhr
Menschen- und Biedermeierkapitalismus – Sklaverei als Genesis der
Moderne
Prof. Dr. Michael Zeuske, Köln
18:40 Uhr
Freie Arbeit als Essenz des modernen Kapitalismus
Prof. Dr. Manuela Boatcă, Freiburg
19:00 Uhr
Kommentar: Karl Marx und die Wege zum Kapitalismus
Dr. Alexander Gallas, Kassel
19:10 -20 Uhr
Debatte
4.2.2016, 18-20 Uhr
Arnold Bode Str. 10, Raum 0225