Lassen sich Leistungseinbußen nach statischem Dehnen aufheben?

1
Martin Hillebrecht / Falk Niedderer
2
3
Zentrale Einrichtung Hochschulsport der Carl von Ossietzky Universität
4
Oldenburg
5
6
Lassen sich Leistungseinbußen nach statischem Dehnen
7
aufheben?
8
9
Can decreases in performance after static stretching be nullified?
10
11
Autorenadresse: Dr. Martin Hillebrecht, Carl von Ossietzky Universität
12
Oldenburg, Zentrale Einrichtung Hochschulsport, Uhlhornsweg 49,
13
26129 Oldenburg; E-Mail: [email protected]
14
15
Zusammenfassung
16
Nach dem Einsatz von statischen Dehntechniken zeigen sich bezüglich
17
einzelner Kraftfähigkeiten kurzfristige Leistungseinbußen. In
18
Untersuchungen zur Reaktivkraft wurden Leistungsverluste von 5-10%
19
festgestellt. Im vorliegenden Experiment wird der Frage nachgegangen,
20
ob und wie sich diese Leistungseinbußen durch motorische Aktivitäten
21
wieder aufheben lassen. Es zeigt sich, dass auch in diesem Experiment
22
statisches Dehnen zunächst zu signifikanten kurzfristigen
23
Leistungseinbußen bezüglich der Reaktivkraft führt. Nachgeschaltete
24
motorische Aktivitäten, die der Aktivierung dienen sollten, führen zu
25
unterschiedlichen Effekten. So wirken maximale Sprints
26
leistungssteigernd, während maximale, statische Kontraktionen zu
27
weiteren Rückgängen der reaktiven Leistungen führen.
28
29
Schlüsselwörter: Dehnen, Reaktivkraft, Leistung, Sprung, Dehnungs-
30
Verkürzungs-Zyklus
1
1
1 Einleitung und Problemstellung
2
3
Die Auswirkungen von Dehntechniken auf nachfolgende sportmotorische
4
Leistungen sind Gegenstand mehrerer Untersuchungen in den letzten
5
Jahren gewesen. In einer Reihe von Untersuchungen wurden dabei
6
insbesondere kurzfristige, negative Effekte in Bezug auf zeitlich
7
nachfolgende Kraftleistungen festgestellt (zusammenfassend: WIEMEYER
8
2002, WIEMEYER 2003, SHRIER 2004, TURBANSKI 2005). Signifikante
9
Leistungsreduktionen finden sich in Bezug auf Leistungen im schnellen
10
Dehnungs-Verkürzung-Zyklus (Reaktivkraft) in den Arbeiten von
11
KÜNNEMEYER & SCHMIDTBLEICHER (1997), YOUNG & ELLIOT (2001),
12
YOUNG & BEHM (2003), MCNEAL & SANDS (2001), MCNEAL & SANDS
13
(2003) UND BEGERT & HILLEBRECHT (2003). Für den langsamen
14
Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus finden sich ähnliche Ergebnisse
15
(CORNWELL, NELSON, HEISE & SIDAWAY 2001; LITTLE & WILLIAMS
16
2004; CHURCH 2001). Theoretische Erklärungen beziehen sich dabei
17
meist auf 3 Ansätze (vgl. WIEMEYER 2003):
18
-
Veränderung der biomechanischen Eigenschaften des MuskelSehnen-Komplexes (z.B. Creeping)
19
20
-
Periphere neuromuskuläre Veränderungen (Reflexe)
21
-
Zentrale psychophysische Prozesse (Desaktivierung)
22
23
Bezüglich der biomechanischen Eigenschaftsveränderungen des Muskel-
24
Sehnenkomplexes wird meist Creeping und damit eine Veränderung des
25
Kraft-Längenverhältnisses zur Ursachenerklärung für
26
Leistungsveränderungen herangezogen. ULLRICH & GOLLHOFER (1994)
2
1
sehen darin Anpassungsreaktionen der Bindegewebsstrukturen der
2
Sehne, die bei geringer Dehnungsgeschwindigkeit und Aufrechterhaltung
3
der Dehnungsbelastung über einen längeren Zeitraum eine Verlängerung
4
der gesamten Bindegewebsstruktur erzeugen sollen. WIEMANN (2000)
5
erwartet für die elastischen Komponenten innerhalb der Muskelfaser
6
nicht das Auftreten eines dem Creeping ähnlichen Effektes. Bei
7
Muskeldehnungen erfolgt die Kompensation der Dehnungsspannung bei
8
nicht aktiviertem Muskel durch die retikulären Mikrofibrillen und den
9
hochelastischen Abschnitt des Titins. Bei aktiviertem Muskel sind die
10
geschlossenen Aktin-Myosin-Querbrücken zusätzlich an der
11
Spannungsaufnahme beteiligt. In beiden Fällen handelt es sich um
12
Strukturen, deren Dehnung sofort und vollständig reversibel ist.
13
WIEMANN (2000) verweist auf eine Untersuchung von RAMSEY &
14
STREET (1940) an isolierten Muskelfasern, mit der nachgewiesen werden
15
konnte, dass bei Dehnungen bis zu 160% der Ausgangslänge der Faser
16
die Längenänderung sofort reversibel ist. Größere Längenänderungen
17
würden mit einer Zerstörung der Faserstruktur einhergehen und treten bei
18
der Durchführung von Muskeldehnungen nicht auf.
19
WIEMANN & HAHN (1997) wiesen nach, dass nach einem 15-minütigen
20
Dehntraining der unteren Extremität der Verlauf der Dehnungsspannung
21
bei erneut ausgeführter Dehnung der ischiocruralen Muskulatur im
22
Vergleich zu dem vor der Dehnung nicht signifikant verändert ist. Dies
23
gilt sowohl für statisch als auch für dynamisch durchgeführte
24
Dehnungen. Trotzdem zeigten die Probanden eine hochsignifikante
25
Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit der Hüfte einhergehend mit einer
26
erhöhten maximal erträglichen Dehnungsspannung. Zu ähnlichen
3
1
Befunden kommen MAGNUSSON, SIMONSEN, AAGAARD, SORENSEN &
2
KJAER (1996). WIEMANN & HAHN (1997) vermuten eine erhöhte
3
Toleranz der Schmerzrezeptoren des tendo-muskulären Systems als
4
Ursache. Eine Anpassung im Bereich der visko-elastischen Strukturen
5
der Muskel-Sehne-Einheit scheint nach diesen Befunden daher eher
6
unwahrscheinlich und hat wohl nur geringe Bedeutung für die
7
kurzfristige Reduktion von Kraftleistungen.
8
GÜLLICH & SCHMIDTBLEICHER (2000) interpretieren die auch nach 30
9
Minuten nach der Dehnung noch nachweisbaren Leistungseinbußen bei
10
reaktiven Leistungen als eine verringerte neuronale Aktivierbarkeit und
11
belegen dies mit H-Reflexmessungen. Direkt nach statischer Dehnung
12
und auch nach 30 Minuten war eine um 20% verringerte Erregbarkeit des
13
Motoneuronenpools nachweisbar. Unterstützt wird dies durch deutliche
14
Rechtsverschiebungen von EMG- und Kraftzeitverläufen. Zu ähnlichen
15
Ergebnissen kommen ROSENBAUM & HENNIG (1995, S. 484ff) nach
16
statischem Dehnen. Sie finden eine Gesamtaktivitätsreduktion des
17
Dehnungsreflexes zwischen 15% (M. soleus) und 18% (M.
18
gastrocnemius).
19
Periphere neuromuskuläre Veränderungen im Zusammenhang mit
20
Muskelspindel- und Sehnenreflex werden von BEGERT & HILLEBRECHT
21
(2003) und CORNWELL, NELSON & SIDAWAY (2002) zur Interpretation
22
herangezogen, konnten im Experiment mittels EMG-Messungen aber
23
nicht nachgewiesen werden. Die Ergebnisse zeigten, dass insbesondere
24
statisches Dehnen zu signifikanten Leistungseinbußen bei Drop- bzw.
25
Countermovementjumps führte. Dynamisches Dehnen hatte bei BEGERT
26
& HILLEBRECHT keine Leistungsverschlechterungen und bei LITTLE &
4
1
WILLIAMS (2004) nur sehr kleine Leistungseinbußen zur Folge. Da bei
2
Dropjumps vermutlich die Reflexmechanismen für die
3
Leistungserbringung von Bedeutung sind, könnten Veränderungen in der
4
Reflexaktivität hierfür verantwortlich sein.
5
WIEMEYER (2003) sieht die Leistungseinbußen bei Maximal- und
6
Schnellkraft als Folge einer psychophysischen Desaktivierung und
7
vermutet reduzierte afferente und efferente Zuflüsse zur Formatio
8
reticularis. Unterstützung findet dieser Interpretationsansatz durch die
9
Ergebnisse seines Experiments, in dem ein Entspannungstraining von 6
10
Minuten Dauer ebenso wie statisches Dehnen zu signifikant verringerten
11
Sprunghöhen im Jump-and-Reach-Test führte. Allerdings konstatiert
12
WIEMEYER (2003, S. 293) auch, "dass zwischen Dehn- und
13
Entspannungseffekten kein vollständiger Zusammenhang besteht".
14
Kritisch bleibt hier anzumerken, dass der von WIEMEYER verwendete
15
Sprungtest Jump-and-Reach einen relativ großen Messfehler von bis zu 2
16
cm aufweist und damit bei Sprunghöhen von 40 cm ca. 5% Messfehler
17
produzieren kann. Leistungsveränderungen von 2,2 bzw. 2,6% lassen
18
sich daher nur schwer interpretieren, da sie im Rahmen des Messfehlers
19
liegen. Die Leistungen beim Jump-and-Reach-Test (langsamer
20
Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus) sind zudem stark von der Maximalkraft
21
und damit von der willkürlichen Aktivierungsfähigkeit und weniger von
22
peripheren neuromuskulären Mechanismen abhängig. Zentrale
23
Aktivierungsprozesse sind demnach stark leistungsbestimmend. Reaktive
24
Spannungsfähigkeit und Reflexmechanismen spielen hier nur eine
25
untergeordnete Rolle und können daher nicht als Erklärungsansatz für
5
1
Leistungsreduktionen herangezogen werden. Bei reaktiven Sprüngen
2
kommen diese aber zusätzlich als Bedingungsfaktoren hinzu.
3
Zusammengefasst sind periphere neuromuskuläre Veränderungen und
4
zentrale psychophysische Veränderungen die wahrscheinlichsten
5
Ursachen für Leistungseinbußen nach statischem Dehnen, während die
6
biomechanischen Eigenschaften des Muskel-Sehnen-Komplexes wohl
7
von untergeordneter Bedeutung sind.
8
Dass die Leistungsreduktionen nach statischem Dehnen auch nach 30
9
Minuten noch erhalten bleiben (BEGERT & HILLEBRECHT 2003,
10
KÜNNEMEYER & SCHMIDTBLEICHER 1997), zeigt insbesondere die
11
Bedeutung für die Sportpraxis und stellt einen wesentlichen Aspekt für
12
die Gestaltung von Aufwärmprogrammen dar. So ist zu fragen, ob vor
13
reaktiven Belastungen ein statisches Dehnen überhaupt sinnvoll ist und
14
es stellt sich darüber hinaus die Frage, ob und wie derartige
15
Leistungsreduktionen zu beheben sind. Insbesondere der zweiten
16
Fragestellung soll in diesem Beitrag mit einem Experiment
17
nachgegangen werden.
18
Ein möglicher Ansatzpunkt ist die Überprüfung von verschiedenen
19
aktivierenden sportmotorischen Leistungen. So könnten Maßnahmen zur
20
Erhöhung der willkürlichen Aktivierungsfähigkeit (BÜHRLE 1989)
21
geeignet sein, um Leistungsreduktionen zu kompensieren oder sogar über
22
das Ausgangsniveau hinaus anzuheben. In diesem Fall wären eher
23
zentrale psychophysische Veränderungen zu erwarten. Einzusetzen
24
wären dazu z.B. maximale Kontraktionen. So findet GÜLLICH (1996)
25
nach maximalen Kontraktionen Verbesserungen in der Dropjumpleistung
26
und kann anhand von H-Reflexmessungen nachweisen, dass die
6
1
Erregbarkeit des alpha-Motoneuronenpools durch die
2
Maximalkontraktionen erheblich gesteigert wurde. Begründet wird dies
3
mit posttetanischen Potenzierungen im Nervengewebe.
4
Ebenso könnten Maßnahmen zur Aktivierung der Reflexaktivität
5
geeignet sein. Hierunter fielen z.B. Bewegungen im kurzen Dehnungs-
6
Verkürzungs-Zyklus, die eher periphere neuromuskuläre Veränderungen
7
erzeugen sollten. In der folgenden Untersuchung sollten verschiedene
8
Aktivierungsmaßnahmen in Bezug auf ihre Auswirkungen auf die
9
Reaktivkraft untersucht werden. Es wurde erwartet, dass statisches
10
Dehnen zunächst Leistungsverluste bedingt, die dann durch die
11
folgenden motorischen Aktionen kompensiert oder sogar
12
überkompensiert werden.
13
14
15
2 Untersuchungsmethodik
16
17
2.1 Stichprobe
18
19
Die 69 Probanden (Sportstudierende) wurden zufällig in 5 Gruppen
20
aufgeteilt, deren wesentlichen Daten in Tabelle 1 zusammengefasst sind.
21
Die Benennung der Versuchsgruppen (VGJump, VGMax, VGSprint)
22
orientiert sich an den motorischen Aktionen, mit denen Leistungsverluste
23
nach statischem Dehnen kompensiert werden sollten und wird im
24
weiteren Verlauf noch detaillierter erläutert. Die Gruppen KGstat und
25
KG bilden Kontrollgruppen, wobei die KGstat ein statisches
26
Dehnprogramm durchführt, aber keine anschließende motorische
7
1
Aktivierung. Die Kontrollgruppe KG führt weder ein
2
Dehnungsprogramm noch eine anschließende Aktivierung durch.
3
4
Tabelle 1: Gruppendaten (Mittelwerte und Standardabweichungen)
5
Gruppenname
VGJump VGMax
VGSprint KGstat
KG
Geschlecht n
(weibl./männl.)
Alter (Jahre)
Größe (cm)
13 (6/7)
12 (6/6)
20 (11/9) 69 (35/34)
Masse (kg)
13 (7/6)
11 (5/6)
24,5±3,6 22,8±1,8 25,0±7,2 25,6±5,6
179,5±10, 176,2±9,7 177,8±7,2 178,7±7,8
8
73,1±14,5 71,3±10,4 68,7±7,9 70,9±10,4
24,2±3,1 24,3±4,3
176,3±9, 177,5±9,0
5
70,0±8,5 70,7±10,2
6
7
8
gesamt
2.2 Untersuchungsablauf
9
10
Alle Gruppen durchliefen zunächst ein 5-minütiges standardisiertes
11
Aufwärmen auf einem Fahrradergometer bei einer Leistung von 2,3-2,5
12
Watt/kg. Alle Probanden erreichten dabei in der letzten Belastungsminute
13
mindestens einen Puls von 130 Schlägen/min.
14
Anschließend wurden in allen Gruppen 3 Dropjumps aus 24 cm Höhe als
15
Kriterium für die Reaktivkraft absolviert (Vortest, VT). Es folgte für alle
16
Gruppen bis auf die Kontrollgruppe (KG) ein Straight-Leg-Test (Finger-
17
Boden-Abstand), der die Beweglichkeit im Hüftgelenk abschätzt und die
18
Wirksamkeit des Treatments Dehnung überprüfen sollte. Der Verzicht
19
auf den Straight-Leg-Test für die KG resultiert daher, dass der Straight-
20
Leg-Test als statische Dehnung zu interpretieren ist und damit das
21
Ergebnis der KG verfälschen könnte.
8
1
Es folgte eine Phase, in der bis auf die Kontrollgruppe KG alle Gruppen
2
ein Dehnprogramm durchführten. Dabei führten die Probanden der
3
Versuchsgruppen (VGJump, VGMax, VGSprint) und der statischen
4
Kontrollgruppe (KGstat) jeweils sechs unterschiedliche, statische
5
Dehnübungen aufeinanderfolgend mit beiden Beinen aus. Jeweils zwei
6
Übungen erzeugten dabei eine Dehnungsbelastung der ischiocruralen
7
Muskulatur, des M. quadriceps femoris und des M. triceps surae. Damit
8
sind die wesentlichen, an der Generierung des Bewegungsimpulses
9
beteiligten Muskelgruppen erfasst. Die Dauer der einzelnen Dehnungen
10
pro Bein war auf 15 s festgelegt und orientiert sich an den üblichen
11
Angaben für Stretchingübungen (WIEMANN 1993, TURBANSKI 2005), die
12
nachweisliche Verbesserungen der Bewegungsreichweite erzeugen.
13
Anschließend führten wieder alle Gruppen bis auf die KG einen Straight-
14
Leg-Test durch, dem dann für alle Gruppen 3 Dropjumps (Nachtest 1,
15
NT1) folgten. In der nun folgenden 30minütigen Pause absolvierten die
16
Gruppen unterschiedliche motorische Aktivitäten:
17
1. Kontrollgruppe (KG): 30 Minuten Sitzen, Gehen oder Stehen
18
2. Kontrollgruppe statisch (KGstat): 30 Minuten Sitzen, Gehen oder
19
Stehen
20
3. Versuchsgruppe Sprint (VGSprint): 3 maximale Sprints über 40 m
21
4. Versuchsgruppe Maxkraft VGMax): 6 maximale, beidbeinige,
22
explosive, statische Kontraktionen in einer Beinpresse bei 120°
23
Kniewinkel
24
5. Versuchsgruppe Hüpfen (VGJump): 3 x 10 maximale Prellsprünge
25
mit kurzen Bodenkontaktzeiten
26
9
1
Alle motorischen Aktivitäten der Versuchsgruppen endeten 10 Minuten
2
vor den dann folgenden 3 Dropjumps (Nachtest 2, NT2). Die
3
Kontrollgruppe (KG) und die Kontrollgruppe statisch (KGstat)
4
unterscheiden sich dadurch, dass die KGstat ein statisches
5
Dehnprogramm zwischen dem Vortest und dem Nachtest 1 absolviert,
6
während die KG dies nicht tut. Zusammengefasst ergibt sich damit der in
7
Tabelle 1 dargestellte Untersuchungsablauf.
8
9
Tabelle 1: Untersuchungsablauf
Gruppe
Aufwärmen
Standard.
VG Jump Aufwärmen
Standard.
VG Max Aufwärmen
Standard.
VG Sprint Aufwärmen
Standard.
Aufwärmen
KG stat
Standard.
Aufwärmen
KG
Vortest
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
Beweglichkeitstest
Straight-LegTest
Straight-LegTest
Straight-LegTest
Straight-LegTest
Dehn-Treatment
Statisches
Dehnprogramm
Statisches
Dehnprogramm
Statisches
Dehnprogramm
Statisches
Dehnprogramm
5 Minuten Pause
Gehen, Sitzen, Stehen
Beweglichkeitstest
Straight-LegTest
Straight-LegTest
Straight-LegTest
Straight-LegTest
Nachtest 1
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
Aktivierungs-Treatment
3 x 10 maximale Prellsprünge
6 max., beidb., explos., stat.
Maximalkontr., 120° Kniew.
3 maximale Sprints über 40 m
30 Minuten Pause
Gehen, Sitzen, Stehen
30 Minuten Pause
Gehen, Sitzen, Stehen
10
11
12
2.3 Parameter und Gütekriterien
13
14
Bei der Ausführung der Dropjumps wurden die Bodenkontaktzeit und die
15
Dauer des daran anschließenden Sprunges bis zur erneuten Landung mit
16
Hilfe einer Kistler-Kraftmessplattform bestimmt (vgl. Abb. 1). Die
17
Messung der auf die Druckmesselemente (Kistler 9067) einwirkenden
18
Kraft erfolgte mit einer Frequenz von 1000 Hz. Die Sprunghöhe wurde
19
über das Flugzeitverfahren bestimmt. Der maximale Fehler bei diesem
20
Verfahren wird in der Literatur mit 1 cm angegeben (FRICK 1993;
21
NEUBERT 1999). Die Kontaktzeiten ergaben sich aus den Kraftzeitkurven
22
und konnten mit einer Auflösung von einer Millisekunde bestimmt
10
Nachtest 2
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
3 Dropjumps
aus 24 cm
1
werden. Sprungversuche mit Kontaktzeiten von mehr als 250ms wurden
2
in der Auswertung nicht berücksichtigt. Da die Auswertung der
3
Kraftzeit-Kurven bezüglich der Sprunghöhe und der Kontaktzeit
4
weitgehend automatisiert durch einen Computer erfolgte, ist von einer
5
hohen Auswertungsobjektivität auszugehen. Der Bestversuch einer jeden
6
Untersuchungsphase wurde als Kriterium für die Abschätzung der
7
Reaktivkraft ausgewählt.
8
Ca. 200 ms
Bodenkontaktzeit
9
Flugzeit
Abbildung 1: Bewegungsablauf und Kraftzeit-Verlauf eines Dropjumps
10
11
12
Die Reliabilität der Sprunghöhen ist bei Dropjumps mehrfach untersucht
13
worden und schwankt zwischen r=0,84 und r=0,99 (NEUBERT 1999, S.
14
44f). Eigene Berechnungen der Best-Zweitbestwert-Korrelation und der
15
Intraclass-Korrelation für die Sprunghöhen in dieser Untersuchung
16
ergeben ebenfalls hohe Korrelationen mit r= 0,98 bzw. 0,96. Die
11
1
Kontaktzeiten korrelieren im Best-Zweitbestwertverfahren und beim
2
Intraclasskorrelationskoeffizient jeweils mit 0,85. Diese im Vergleich zu
3
anderen Studien (KIBELE 1995, NEUBERT 1999) hohe Korrelation
4
resultiert vermutlich daraus, dass die Probanden als sprungerfahren
5
bezeichnet werden können und damit geringere Merkmalsvariationen
6
aufweisen. Da Dropjumps in der Literatur als
7
Standarddiagnoseinstrument für die Abschätzung der Reaktivkraft immer
8
wieder zu finden sind, ist von einer hohen Validität auszugehen.
9
10
Beim Straight-Leg-Test wurde von einem erhöhten Punkt aus dem
11
aufrechten Stand heraus eine Rumpfbeuge vorwärts durchgeführt, die mit
12
gestreckten Beinen und Armen auszuführen war. Das Maß für die
13
Dehnbarkeit war hier die mit den Fingerspitzen erreichte Position in
14
Relation zur Kastenhöhe. Bei positiven Werten erreichten die
15
Fingerspitzen eine mindestens zwei Sekunden zu haltende Endposition
16
unterhalb der Kastenoberkante (WEINECK 1997). Die Differenz zwischen
17
dem Ausgangswert vor dem Dehnprogramm und dem Wert nach dem
18
statischen Dehnprogramm wird als Maß für die Verbesserung der
19
Beweglichkeit betrachtet. BÖS (1987, S. 416f) bezeichnet den Straight-
20
Leg-Test als ausreichend reliabel (r=0,95-0,98) und objektiv (r=0,92).
21
Bezüglich der Validität sind bei diesem Test Einschränkungen
22
vorzunehmen, da verschiedene Muskelgruppen und damit deren
23
Veränderungen in der Dehnbarkeit einen Einfluss auf das Messergebnis
24
haben können. Da aber diese Muskelgruppen im Dehnprogramm
25
weitgehend Berücksichtigung finden, soll der Straight-Leg-Test trotzdem
12
1
verwendet werden. Im Endeffekt dient er auch nur dazu, die Wirksamkeit
2
des Dehnprogramms nachzuweisen.
3
4
5
2.3. Statistische Auswertung
6
7
Die statistische Auswertung erfolgte über einfaktorielle Varianzanalysen,
8
mehrfaktorielle Varianzanalysen mit Messwiederholung und t-Tests. Das
9
Signifikanzniveau wurde auf 5% festgelegt. Die Voraussetzungen zur
10
Anwendung der genannten Verfahren wurden überprüft
11
(Normalverteilung, Varianzhomogenität, Korrelationshomogenität). Es
12
ergaben sich keine Verletzungen der Anwendungsvoraussetzungen.
13
14
15
3 Hypothesen
16
17
Aus den oben dargestellten Befunden zu Auswirkungen von
18
Dehntechniken auf das Kraftverhalten wird erwartet, dass sich durch das
19
statische Dehnprogramm vom Vortest zum Nachtest 1
20
Leistungsreduzierungen bezüglich der Reaktivkraft (Sprunghöhen beim
21
Dropjump) ergeben werden.
22
Durch die zwischen dem Nachtest 1 und Nachtest 2 stattfindenden
23
motorischen Aktionen sollten Verbesserungen bezüglich der
24
Reaktivkraftleistungen erreicht werden.
25
Bezüglich der VGMax erwartet man eine Steigerung der willkürlichen
26
Aktivierungsfähigkeit, da maximalen, explosiven Kontraktionen dieser
13
1
Effekt zugeschrieben wird (GÜLLICH 1996). Diese verbesserte
2
willkürliche Aktivierungsfähigkeit könnte bei den Dropjumps
3
insbesondere den Beschleunigungsstoß gegen Ende des Bodenkontaktes
4
verbessern und damit zu höheren Höhen führen.
5
In der VGJump sollten durch die maximalen Prellsprünge insbesondere
6
die Dehnungsreflexe der beinstreckenden Muskulatur gereizt werden.
7
Hier wäre eine verbesserte Energiespeicherung (stiffness) während des
8
Bremsstoßes und eine verbesserte Energieabgabe im ersten Teil des
9
Beschleunigungsstoßes zu erwarten, was ebenfalls wieder zu
10
Leistungssteigerungen bezüglich der Sprunghöhe führen könnte.
11
Die VGSprint vereint beides, indem in der Beschleunigungsphase der
12
Sprints maximale Kräfte zu entwickeln sind und damit eher die
13
willkürliche Aktivierungsfähigkeit angesprochen wird. Im
14
Höchstgeschwindigkeitsabschnitt sind dann aber aufgrund der geringeren
15
äußeren Widerstände und der kurzen Bodenkontaktzeiten insbesondere
16
reaktive Fußkontakte im kurzen Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus
17
gefordert, was die Reflexmechanismen vermehrt ansprechen müsste
18
(QUING 1994; QUING & KRÜGER, 1995, S. 41ff; BÜHRLE 1989, S. 321;
19
SCHMIDTBLEICHER 1987, S. 360). Außerdem sind Sprints ein
20
Standardelement von Aufwärmprogrammen, was auch aus
21
praxisrelevanten Gründen für ihre Aufnahme in diese Untersuchung
22
sprach.
23
Zusammengefasst ergeben sich die folgenden Hypothesen:
24
14
1
1. Statisches Dehnen führt vom Vortest zum Nachtest 1 im Vergleich
2
mit einer Kontrollgruppe zu signifikanten Verlusten in der
3
Sprunghöhe beim Dropjump.
4
2. Motorische Aktivierungsmaßnahmen (Sprints,
5
Maximalkontraktionen, reaktive Sprünge) zwischen Nachtest 1 und
6
Nachtest 2 werden im Vergleich zur Kontrollgruppe zu signifikanten
7
Leistungsanstiegen in der Dropjumphöhe führen.
8
9
10
4 Untersuchungsergebnisse
11
12
4.1 Entwicklung der Beweglichkeitsparameter
13
14
Die Gruppen, die das statische Dehnprogramm durchführten, erreichten
15
alle vom ersten zum zweiten Straight-Leg-Test hoch signifikante
16
Steigerungen der Bewegungsreichweite, die sich im Mittel zwischen 2,0
17
und 3,7 cm bewegt. (vgl. Tabelle 2).
18
19
Tabelle 2: Leistungen im Straight-Leg-Test (SLVT = Vortest; SLNT =
20
Nachtest; SL DIFF = Differenz SLNT-SLVT
Gruppe SLVT [cm] SLNT [cm] SL DIFF [cm]
2,60
VG Jump
5,50
2,90
11,40
VG Max
13,40
2,00
6,90
VG Sprint
9,75
2,80
6,50
KG stat
10,20
3,70
T-Test SLVT-SLNT
t(12)=-4,53; p=0,001
t(12)=-6,25; p=0,000
t(11)=-6,99; p=0,000
t(10)=-8,30; p=0,000
21
22
23
4.2 Entwicklung der Reaktivkraftparameter
15
1
2
Tabelle 3 zeigt die Entwicklungen der Sprunghöhen im Dropjump vom
3
Vortest zum Nachtest 1 und 2. Zusätzlich zu den Versuchsgruppen sind
4
dort auch noch zusammenfassende Gruppen dargestellt. In der Gruppe
5
VGTR finden sich alle Gruppen wieder, die zwischen Nachtest 1 und 2
6
eine motorische Aktivität (Treatment) zu leisten hatten (VGJump +
7
VGMax + VGSprint). In der Gruppe VGSD sind alle die Gruppen
8
zusammengefasst, die zwischen Vor- und Nachtest 1 ein statisches
9
Dehnprogramm durchgeführt haben (VGJump + VGMax + VGSprint +
10
KGStat) und damit einem gleichen Dehntreatment unterliegen.
11
12
13
Tabelle 3: Entwicklung der Mittelwerte und Standardabweichungen
14
(Stdabw) der Dropjump-Sprunghöhen aller Gruppen vom Vortest zum
15
Nachtest 1 + 2
UnterVortest
suchungs- (VT)
phase
Nachtest 1 (NT1)
Nachtest 2 (NT2)
Sprung- Stdabw Sprung- Differenz Stdabw Sprung- Differenz Differenz
höhe
[cm]
höhe
VT/NT1 [cm]
höhe
VT/NT2 NT1/NT
[cm]
[cm]
[%]
[cm]
[%]
2
[%]
VGJump 30,4
5,2
28,5
-6,3
4,8
28,6
-6,0
0,3
VGMax 31,5
6,5
29,6
-6,0
5,5
28,0
-11,3
-5,6
VGSprint 31,4
5,7
29,9
-4,8
6,2
31,7
1,0
6,1
VGTR
31,1
5,7
29,3
-5,8
5,3
29,3
-5,8
0,0
KGstat
28,0
4,6
26,1
-6,8
5,2
25,7
-8,2
-1,5
VGSD
30,4
5,6
28,6
-5,9
5,4
28,5
-6,3
-0,4
KG
30,0
5,2
29,7
-1,0
5,2
30,2
0,7
1,7
16
17
18
Abbildung 2 zeigt die Entwicklungen der mittleren Dropjump-
19
Sprunghöhen der Gruppen in den einzelnen Sprungphasen.
16
Stdabw
[cm]
5,2
5,6
6,2
5,7
5,5
5,8
5,1
1
2
32
Sprunghöhen (cm)
31
30
VGJump
VGMax
VGSprint
KGstat
KG
29
28
27
26
25
Vortest
Nachtest 1
Nachtest 2
Untersuchungsphase
3
Abbildung 2: Sprunghöhenentwicklung aller Versuchsgruppen vom
4
Vortest zum Nachtest 1 und 2
5
6
7
Im Vortest erreichen die Gruppen zunächst gleiche Ausgangsleistungen.
8
Eine einfaktorielle Varianzanalyse ergibt keine signifikanten
9
Gruppenunterschiede (F(4,68)=0,753; p=0,56).
10
Die statistische Überprüfung der Entwicklung der VGSD (Gruppen mit
11
statischer Dehnung: VGMax + VGJump + VGSprint + KGstat) gegen die
12
der Kontrollgruppe (KG) mittels einer mehrfaktoriellen Varianzanalyse
13
mit Messwiederholung ergibt einen signifikanten Prae-Post-Effekt mit
14
F(1,67)=18,83; p=0,000, und eine signifikante Interaktion (F(1,76)=8,58;
15
p=0,005). Die Gruppen mit statischer Dehnung zeigen demnach
16
gegenüber der Kontrollgruppe KG eine signifikante Verschlechterung
17
bezüglich der Dropjump-Sprunghöhen. Dieses Ergebnis ergibt sich auch,
17
1
wenn man die Gruppen einzeln mit der Kontrollgruppe vergleicht. Es
2
kommt demnach in jeder Gruppe, die statisch gedehnt hat im Vergleich
3
zur Kontrollgruppe zu signifikanten Leistungseinbußen vom Vortest zum
4
Nachtest 1 (Hypothese 1 wird bestätigt).
5
6
Vom Nachtest 1 zum Nachtest 2 entwickeln sich die zusammengefassten
7
Treatment-Gruppen, die eine motorische Aktion durchführten (VGTR
8
bestehend aus VGMax + VG Jump + VGSprint), nicht unterschiedlich
9
zur Kontrollgruppe KG (Hypothese 2 wird falsifiziert). Dieses Ergebnis
10
resultiert aber aus den komplett unterschiedlichen Verläufen der Gruppen
11
VGMax und VGSprint (Interaktion: F(1,23)=22,10; p=0,000). Während
12
sich die VGMax weiter signifikant verschlechtert (t(12)=2,63; p=0,022),
13
erreicht die VGSprint eine signifikante Leistungssteigerung über das
14
Ausgangsniveau hinaus (t(11)=-5,04; p=0,000). Die VGJump zeigt vom
15
Nachtest 1 zum Nachtest 2 keine signifikanten Leistungsveränderungen
16
(t(12)=-0,16; p=0,876).
17
18
19
5 Diskussion
20
21
Auch in diesem Experiment zeigen sich signifikante Verschlechterungen
22
der reaktiven Leistungsfähigkeit nach statischem Dehnen. Es bestätigen
23
sich damit die Ergebnisse der oben genannten Studien von KÜNNEMEYER
24
& SCHMIDTBLEICHER (1997), YOUNG & ELLIOT (2001), YOUNG & BEHM
25
(2003), MCNEAL & SANDS (2001), MCNEAL & SANDS (2003) und
26
BEGERT & HILLEBRECHT (2003).
18
1
Ein statisches Dehnen ist daher als Vorbereitung vor reaktiven
2
Belastungen kritisch zu sehen. Hervorzuheben sind hier auch die
3
prozentualen Veränderungen. So führt statisches Dehnen zu
4
Leistungseinbußen zwischen 4,8 und 6,8% bezüglich der Sprunghöhe im
5
Dropjump. Im Leistungssport spielen häufig schon viel geringe
6
prozentuale Leistungsanteile eine entscheidende Rolle für den Erfolg.
7
Die hier durchgeführten Maßnahmen zur Aufhebung dieser negativen
8
Effekte des statischen Dehnens bezüglich der Reaktivkraft zeigen
9
unterschiedliche Wirkung. Positive Effekte ergeben sich in der
10
Sprintgruppe (VGSprint), deren Probanden durch die durchgeführten
11
Sprints ihre Leistungen nach der zunächst eingetretenden
12
Verschlechterung durch das statische Dehnen wieder leicht über das
13
Ausgangsniveau vom Vortest hinaus steigern können. Keine positive
14
Wirksamkeit erzielten die Prellsprünge der VGJump. Die Probanden
15
konnten die durch die statischen Dehnungen aufgetretenen
16
Leistungseinbußen nicht kompensieren und hielten lediglich ihr
17
Leistungsniveau aus dem Nachtest 1. Vermutlich war hier die Reizstärke
18
des Treatments zu gering, um ähnliche Effekt wie bei der Sprintgruppe
19
zu erreichen. Der Effekt einer größeren Reizstärke, z.B. durch die
20
Erhöhung der Fallhöhen wäre hier noch zu untersuchen. Dieses Ergebnis
21
könnte aber auch darauf hindeuten, dass den peripheren neuromuskulären
22
Veränderungen keine große Bedeutung zukommt.
23
Völlig konträr zu den Erwartungen verlief die Entwicklung der Gruppe
24
VGMax. Die hier angenommene Steigerung der willkürlichen
25
Aktivierungsfähigkeit, die hochgradig zentral gesteuert wird, war
26
zunächst durch die Leistungsentwicklung der Probanden bei den
19
1
statischen Maximalkontraktionen nachweisbar. So steigerte die Gruppe
2
ihre Leistungen von Versuch 1 zu Versuch 6 signifikant von 1586 auf
3
1766 N (t(12)=2,44; p=0,031).
4
Dies spricht auch dafür, dass die 6 Maximalkontraktionen keine
5
Ermüdung produziert haben, die die folgenden Leistungseinbußen
6
bezüglich der Reaktivkraft erklären könnten. Fand GÜLLICH (1996) noch
7
Leistungssteigerungen nach maximalen Kontraktionen bei Dropjumps,
8
ergibt sich hier ein völlig gegenteiliges Bild. Erklären lässt sich dies
9
möglicherweise durch zwei Überlegungen:
10
1. Maximale (statische) Kontraktionen erzeugen hohe Spannungsreize
11
für die Muskel-Sehnen-Einheit. Die Wirkungen der
12
Maximalkontraktionen wären demnach vergleichbar mit einem
13
statischen Dehnen, da auch dort hohe Spannungsreize gesetzt werden,
14
die insbesondere die Golgiorgane ansprechen und damit hemmende
15
Sehnenreflexe begünstigen könnten. Insofern könnte die
16
Durchführung der Maximalkontraktionen in statischer Form zu der
17
Verschlechterung der Leistungen in den Dropjumps beigetragen
18
haben. Zu prüfen wäre daher, ob dynamische Maximalkontraktionen
19
die gleichen Wirkungen erzielen. Sollte dies so sein, könnten
20
insbesondere periphere neuromuskuläre Veränderungen als Erklärung
21
herangezogen werden, die aus den hohen Spannungsreizen bei
22
Kontraktionen gegen hohe Lasten resultieren.
23
2. GÜLLICH (1996) führte 8 Dropjumps vor und unmittelbar im
24
Anschluss an die Maximalkontraktionen durch und ließ die
25
Probanden nur 3 einbeinige Kontraktionen durchführen. In diesem
26
Experiment lagen 10 Minuten zwischen dem Ende der beidbeinigen
20
1
Maximalkontraktionen und den Sprüngen. Diese Zeit könnte für die
2
Leistungserbringung eine Rolle spielen, wenn man wie GÜLLICH die
3
posttetanische Potenzierung als Erklärungsmodell benutzt. Längere
4
Zeiträume zwischen den Leistungsmessungen könnten dann durch
5
abklingende Potenzierungseffekt beeinflusst sein. Wenn aber zentrale
6
Aktivierungsprozesse zeitlich stabiler als periphere neuromuskuläre
7
Veränderungen sind, dürfte diese Zeitspanne keine wesentlichen
8
Einflüsse haben, wie auch die H-Reflexmessungen von GÜLLICH
9
zeigen. Dort waren auch nach 20 Minuten noch erhöhte
10
Aktivierungen des Motoneuronenpools nachweisbar. Zu den gleichen
11
Ergebnissen kommen KÜNNEMEYER & SCHMIDTBLEICHER (1997).
12
Auffällig bei GÜLLICHs Ergebnissen ist die Steigerung der
13
Sprunghöhen in den Versuchen 4-8, nachdem die Sprunghöhen der
14
Versuche 1-3 etwa auf dem ursprünglichen Niveau oder sogar leicht
15
darunter gelegen haben. Denkbar wäre daher noch, dass die ersten
16
drei Sprünge entsprechende Aktivierungen produziert haben und sich
17
anschließend Leistungssteigerungen bei den Probanden ergaben, die
18
aber ursächlich nicht den vorausgegangenen Maximalkontraktionen
19
zuzuschreiben sind. Der Einsatz von H-Reflexmessungen in weiteren
20
Experimenten könnte bezüglich dieser offenen Fragen Klärung
21
bringen und die Interpretationen weniger spekulativ erscheinen
22
lassen.
23
24
Für die Sportpraxis kann als Ergebnis dieser Untersuchung folgende
25
Empfehlung abgegeben werden:
21
1
Sollen reaktive Belastungen durch statische Dehngymnastik vorbereitet
2
werden, sind in der Folge der Dehngymnastik unbedingt aktivierende
3
Inhalte zu absolvieren. Positiv haben sich in diesem Experiment
4
maximale Sprints erwiesen, während maximale statische Krafteinsätze
5
zu negativen Entwicklungen führten.
6
Zu klären bleibt, ob nicht sogar ein Verzicht auf statische Dehnungen zu
7
noch stärkeren Leistungsverbesserungen führen würde und sich damit die
8
Frage nach dem Sinn von Dehnübungen in Aufwärmprogrammen stellen
9
würde. Denn auch in diesem Experiment führen statische Dehnungen zu
10
erheblichen Leistungsverlusten, die im leistungssportlichen Bereich von
11
Bedeutung sein können. Aus dieser Perspektive heraus wäre eher ein
12
Verzicht auf statische Dehntechniken bzw. der Einsatz dynamischer
13
Dehntechniken zu empfehlen.
14
15
16
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17
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