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Die Evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR -­‐ Kaiserswerther Straße 450 -­‐ 40474 Düsseldorf TELEFON: 0211-41 55 81-0 FAX:0221-41 55 81-20 E-­‐MAIL: buero@rundfunkreferat-­‐nrw.de INTERNET: www.kirche-­‐im-­‐wdr.de Die Text-­‐Rechte liegen bei den Autoren und beim Evangelischen Rundfunkreferat. Verwendung nur zum privaten Gebrauch! evangelisch: Kirche in WDR 5 | 22.01.2016 | 06:55 Uhr | Christoph Neumann
Alterserscheinung
Ein Kollege im Ruhestand steht im Gottesdienst auf der Kanzel und predigt.
Plötzlich verliert er den Faden und starrt für ein paar Sekunden an die
Kirchenwand. Dann setzt er seine Predigt fort. Als er nach dem Gottesdienst die
Gemeinde am Ausgang verabschiedet, fragt ihn eine Frau: „Herr Pfarrer, was
war denn das für eine Erscheinung, die sie da in der Predigt hatten?“ „Ach“,
antwortet der: „Das war so eine Alterserscheinung.“
Um eine solche Alterserscheinung zu haben, muss man nicht erst im Ruhestand
sein. Viel zu oft habe ich einen Blackout, wenn es etwa um Namen geht. Da
treffe ich jemanden aus meiner Gemeinde und mir fällt partout der Name nicht
ein.
Dass man den Faden verliert, das kann nicht nur während einer Predigt oder
einem Vortrag passieren.
Der sprichwörtliche rote Faden kann sich auch durch ein Leben ziehen. Das
kann der rote Faden des Erfolgs sein. Da passt jeder Schritt zum nächsten. Erst
die schulische Laufbahn, dann das Studium, Heirat, Familie und Hausbau.
Jedes Kapitel ein gelungener Teil der Geschichte. Doch dann kann es Zeiten
geben, in denen der rote Faden in einem Leben verloren geht.
Durch eine Krankheit, eine seelische Krise, einen Burnout, Herzinfarkt oder die
Zeit einer Arbeitslosigkeit. Da sitzen wir zuhause und starren gegen die
Wohnzimmerdecke in der Hoffnung, dass es irgendwie weitergeht mit unserem
Leben.
Solche Situationen sind nicht neu. In der Bibel wird die Geschichte von Mose
erzählt. Der hatte ein spannendes und karrierereiches Leben in den Chefetagen
eines Herrscherhauses. Bis er plötzlich durch sehr unangenehme Verhältnisse
in den Job eines Schäfers abrutschte und den roten Faden seines bisherigen
Lebens verlor. Eines Tages gerät er mit seinen Schafen an die Grenze der
Steppe und hat eine Erscheinung. Mitten in der Wüste, wo es nicht mehr
weitergeht, hört er Gottes Stimme und bekommt eine neue Perspektive für sein
Leben.
Dass Gott einem Menschen erscheint, mitten im Alltag, ist in der biblischen
Geschichte von Mose ja ziemlich wundersam und geheimnisvoll. Doch auch
heute kann es Begegnungen mitten im Leben geben, in denen Gott auf
wundersame Weise begegnet: Ich unterhalte mich nach dem Gottesdienst mit
einer Frau aus meiner Gemeinde und frage sie, wie es ihr geht: „Danke“, sagt
sie. „Es geht mir viel besser, als noch vor ein paar Monaten. Ich habe seit
kurzem eine neue Arbeitsstelle. Und seitdem geht es mir richtig gut“
Ich frage sie, was passiert ist. Sie erzählt mir aus ihrem beruflichen Leben. Die
unangenehme und angespannte Atmosphäre an ihrem alten Arbeitsplatz. Die
schlechten Bedingungen und den Wunsch, irgendwo anders anzufangen, um
eine neue berufliche Perspektive zu bekommen.
„Und dann“, so erzählt sie mir, „hat mich Karin aus dem Hauskreis
angesprochen und mir von einem ambulanten Pflegedienst erzählt, der noch
Leute sucht. Wäre das nicht etwas für dich? hat Karin mich gefragt. Und mir
eine Telefonnummer gegeben. Da habe ich dann angerufen. Und zwei Wochen
später konnte ich anfangen. Die neue Stelle ist für mich ein richtiges
Gottesgeschenk“.
Keine Angst also, wenn Sie mal den roten Faden verlieren. Ich wünsche Ihnen
ermutigende Begegnungen, die Ihnen neue Perspektiven erscheinen lassen. Ihr
Christoph Neumann, Pastor in Hemer.
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