Was machen Zukünfte? Visionen als sozio-epistemische Praktiken Andreas Lösch, Christoph Schneider & Reinhard Heil (ITAS/KIT) ITA-Jahreskonferenz „Zukunft | Macht | Technik“ Wien 01.06.2015 1 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 Gliederung 1. Vision Assessment der TA heute 2. Forschungsdefizite und ihre Überwindung 3. Spezifizierungen und Herausforderungen 4. Vielschichtiges Visioneering 5. Nachträgliches Visioneering (z.B. Big Data) 6. Visioneering von Realexperimenten (z.B. Smart Grid) 7. Organisierendes Visioneering (z.B. FabLab) 8. Fazit und Ausblick 2 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 1. Vision Assessment der TA heute Visionen in Innovations- und Transformationsprozessen: neue Aufmerksamkeit durch „Visioneering“ in den Technowissenschaften (z.B. Mc Cray; Rip/Voss; Nordmann) Bisherige Antworten: • Leitbildforschung und leitbildorientierte Technikgestaltung in der Technikgeneseforschung (vor allem WZB) • Vision Assessment der TA als Reaktion auf NEST und futuristische Visionen Vision Assessment als „Analyse“, „Bewertung“ und „Management“ von Visionen (Grunwald 2004) | „Hermeneutik der Technikzukünfte“ (Grunwald heute) 3 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 2. Forschungsdefizite und ihre Überwindung Eine Untersuchung von visionären Ideen (in Dokumenten und als Medieninhalte) reicht zur Analyse und Bewertung der Prozesswirksamkeit von Visionen nicht aus Ungelöste Fragen: • Wie werden Visionen praktisch in Innovations- und Transformationsprozessen wirksam und was bewirken sie? • Wie lässt sich ein Wissen über Visionen in Praktiken und Prozessen generieren, das wiederum für die TA praktisch (in ihren Beratungspraxen) anwendbar ist? Lösungsvorschlag des ITAS-Projekts: Visionen als sozio-epistemische Praktiken in den Prozessen begreifen und analysieren, die zugleich neue soziale Arrangements und Wissensordnungen ermöglichen und kreieren. 4 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 3. Spezifizierungen und Herausforderungen Visionen als sozio-epistemische Praktiken haben unterschiedliche Funktionen in Innovations- und Transformationsprozessen, die zu analysieren sind, z.B. • als Schnittstellenproduzenten (Gegenwart – Zukunft) • als Kommunikation ermöglichende Medien, Grenz- oder Wissensobjekte • als Handlungsermöglichende Wissensobjekte • als Leitbilder der Orientierung und Koordination Herausforderung besteht in der Entwicklung eines technologie- wie feldspezifischen analytischen Konzepts zu Visionen als sozio-epistemische Praktiken • z.B. SmartGrid/Energiewende, Big Data, FabLab/Open Design… • z.B. Labor, Forschungspolitik, Massenmedien, Realexperimente, … 5 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 4. Vielschichtiges Visioneering „Visioneering“ steht für Praktiken und Prozesse des „Zukunft Machens“ und ist • ein neues Wort für strategische Generierung und Distribution von Visionen zur Beeinflussung von Prozessen in den Technowissenschaften (z.B. McCray) • impliziert eine „diskurstechnische“ Vorstellung der Gestaltbarkeit von Zukunft (z.B. Nordmann) • hat eine normative Kraft zur Erzeugung von Räumen und Bedarfen für Innovationen • ist aber immer ein kollektiver und ergebnisoffener Prozess • eröffnet praktische Optionen der Re-Konfiguration bestehender sozialer und technischer Arrangements Drei Technologie-Beispiele und unterschiedliche Funktionen des Visioneering 6 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 5. Nachträgliches Visioneering: Big Data • Vision der umfassenden Integration der Verarbeitung digitaler Daten, um eine als berechenbar gedachte Welt durch Vorhersagen gestaltbar zu machen. • Vision kam nachträglich innerhalb schon geschehener Digitalisierungsprozesse auf und soll ihnen eine zukünftige Richtung geben. • Vision hat aktivierenden Charakter, um verschiedene Akteure, Techniken und Daten zu integrieren 7 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 6. Visioneering von Real-Experimenten: Smart-Grid Die Alten: „Big Four“ und ihre Großkraftwerke, Konsumroutinen, Stromnetze, Regulierungsbehörden… Die Neuen: erneuerbare Energien, Wendebeschluss, Feld-Experimente… Die Noch-Nichts: Visionen der IuKVernetzung und Steuerung von Energieerzeugung, -verbrauch und -speicherung, automatisch kontrollierter Umgang mit der Volatilität erneuerbarer Energien, vieler „Smarties“ (Smart Homes, Smart Meter, Smart Markets, Smart Prosumer…) 8 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 Praxis der Visionen: NeuArrangements von Techniken, Akteuren, Organisationen, Regularien, Governance, Kommunikation etc. in Realexperimenten mit unterschiedlichen Smart-Grid-Designs 7. Organisierendes Visioneering: FabLabs FabLabs: Weltweites dezentrales Netzwerk offener Werkstätten mit 3DDruckern u.a. Kollektives Visioneering: Findet im Organisieren der FabLabs statt – und ging ihm nicht voraus. FabLabs sind prototypische Arrangements einer diffusen Vision digitaler Fabrikation. Vision und Praktiken des Organisierens von FabLabs sind nicht getrennt. 9 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 8. Fazit und Ausblick • Konvergenz der Beispiele in Prozessen und Praktiken des „Zukunft Machens“ durch Visionen als sozio-epistemische Praktiken • Unterschiedliche Funktionen z.B. Visionen als integrierende Medien, als Hypothesen der Experimente, Organisationsermöglichung … Welche Typologisierungen von Visionen als sozio-epistemischen Praktiken sind möglich und auch nutzbar für TA? Über welche Prozesse kann und soll das VA der TA wen beraten? Inwiefern ist TA selbst Teil von Visioneering und muss sich entsprechend reflektieren und positionieren? … 10 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15 Vielen Dank fürs Zuhören! Ihre Fragen! Reinhard Heil ([email protected]) Andreas Lösch ([email protected]) Christoph Schneider ([email protected]) ITAS-Projekt „Leitbilder und Visionen als sozio-epistemische Praktiken – Theoretische Fundierung und praktische Anwendung des Vision Assessments in der Technikfolgenabschätzung“ (http://www.itas.kit.edu/projekte_loes14_luv.php) 11 Lösch / Heil / Schneider – ITA – Wien – 01.06.15
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