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Technologie
Isostatisches Pressen von Tassenkörpern mit Henkel – ISOCUP
Herstellung von Tassen, Bechern und Suppentassen mit Henkel aus
feinkeramischen Massen in einem Arbeitsschritt
H.-Ch. Schmidt, F. Köppl
Die
Herstellung von Bechern,
Tassen und Suppentassen ist
seit jeher durch die separate
Fertigung des Grundkörpers und
des Henkels gekennzeichnet, die
erst in einem zusätzlichen Fertigungsschritt mittels Garnieren
zu einem vollständigen Artikel
zusammengefügt werden.
DORST TECHNOLOGIES präsentiert nun ein weltweit neues und
einmaliges Verfahren zur Herstellung von Bechern und Tassen
samt Henkel durch isostatisches
Pressen.
Einführung
Seit Beginn der Industrialisierung in der
Porzellanindustrie bis in die heutigen Tage
hat sich bis auf vereinzelte Ansätze mittels
monolithischen Druckguss an dem mehrstufigen Fertigungsverfahren nichts geändert,
auch wenn die Produktionsverfahren und
Methoden sowie der Automatisierungsgrad
der einzelnen Schritte modernisiert worden
sind.
So ist es immer noch Stand der Technik, den
Becher aus plastischer Masse zu drehen,
den gipsgegossenen Henkel manuell zu
garnieren und die Tasse dabei gleich mit zu
verputzen.
Zwischenzeitlich wurden Konzepte entwickelt, den Becher aus Granulat trocken zu
pressen und mit nach wie vor gegossenen
Henkeln zu versehen. Es wurden Lösungen erfunden, um den Garnierprozess zu
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Bild 1 In einem Arbeitsgang isostatisch gepresste Tassen mit Henkel
automatisieren, z. B. das Anvibrieren unter
Ausnutzung der Schlickerthixotropie des
Henkels. Anstatt gipsgegossener Henkelherstellung hat hier weithin der Druckguss zur
Herstellung von Henkeln Einzug gehalten.
Heute sind vollautomatische, roboterunterstützte Tassengarnieranlagen im Einsatz,
die druckgegossene Henkel mit gepressten
oder noch immer gerollten Bechern und
Suppentassen zusammenfügen und verputzen können. Je nach Entwicklungsstand der
Porzellanfabrik finden sich alte und neue
Methoden parallel in Betrieb, da die durchgängige Automatisierungsfähigkeit der Tassenfertigung stark vom Design von Tasse
und Henkel beeinflusst werden.
DORST TECHNOLOGIES präsentiert nun ein
weltweit neues und einmaliges Verfahren
zur Herstellung von Bechern und Tassen
samt Henkel durch isostatisches Pressen.
Grundlage –
Herstellung von Flachgeschirr
Die jahrzehntelange Erfahrung von DORST
TECHNOLOGIES im isostatischen Trockenpressen von Flachgeschirr wurde als Grund-
Hans-Christian Schmidt,
Florian Köppl
DORST TECHNOLOGIES
82431 Kochel am See
Korrespondenzautor: F. Köppl
E-Mail: [email protected]
www.dorst.de
Keywords: isostatische Tassenpresse,
monolithisch gepresste Tasse mit Henkel,
neue Formensprache
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zwischenzeitliches Trocknen entfällt. Die
Reproduzierbarkeit ist so hoch, dass eine
notwendige Qualitätskontrolle, wie diese
beim manuellen Garnieren immer wieder
als Argument angeführt wird, sich auf wenige Stichproben analog dem Flachgeschirrpressen beschränkt.
Insgesamt ist die Anlage für eine maximale
Leistung von bis zu 360 Artikeln pro Stunde
ausgelegt. Die tatsächliche Leistung wird
von Presszyklus und der Artikelgeometrie
bestimmt.
Innovative Gestaltungsvielfalt
und eine neue Formensprache
Bild 2 Aufbau der isostatischen Doppelkopfpresse PHT200 mit Roboterputzeinheit RPT1
lage genutzt. Es gelang, diese bekannte
Formgebungstechnologie neu zu interpretieren, weiter zu entwickeln und auf das
monolithische Pressen von Bechern einschließlich Henkel zu übertragen.
Ein sprühgetrocknetes Granulat wird zwischen zwei Werkzeughälften mit speziell
ausgebildeten Kunststoffmembranen eingebracht. Die beiden Werkzeughälften werden
durch eine hydraulische Presse verschlossen. Anschließend wird das Granulat durch
hydraulischen Druck über die Membranen
verdichtet.
Maschinen- und
Werkzeugtechnologie
Im Sinne einer hohen Wirtschaftlichkeit und
der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den
etablierten Herstellungsverfahren wurde für
die Becherfertigung ein völlig neues Anlagenkonzept, bestehend aus Presse, Putzeinrichtung und Werkzeugsystem entwickelt.
Die neue, liegende Presse PHT200 ist als
Doppelkopf-Anlage mit jeweils unabhängig
arbeitenden, hydraulischen Schließzylindern
in Linearanordnung aufgebaut.
Beide Pressköpfe werden mit einem identischen Werkzeug für den gleichen Artikel
ausgerüstet. Das spezifische Werkzeugsystem ist so ausgelegt, dass nur mit minimaD 2
len Rüst- und Kostenaufwand ganze Artikelfamilien abgebildet werden können.
So braucht beispielsweise bei gleichem
Becherkörper und nur unterschiedlicher
Henkelgeometrie kein Werkzeug komplett
gewechselt werden. Ein minutenschneller
Austausch von flexiblen Formteilen ist ausreichend. Bemerkenswert ist der geringe
Masseabfall über den Pressgrat am Becherrand.
Abwechselnd entnimmt ein Roboter jeweils
aus dem linken oder rechten Presskopf einen Artikel zur weiteren Bearbeitung durch
nachfolgende Putzroboter. Die präzise Manipulation der Artikel durch Roboter stellt
dabei sicher, dass auch dünnwandige und
sensible Becher- und Henkelformen problemlos hergestellt werden können.
Zur Nachbearbeitung des Tassenrands und
das Verputzen möglicher Pressnähte stehen
je nach Becher-, Henkelform oder optischen
Anspruch unterschiedliche Vorrichtungen
von Fräsen bis Verschwammen zur Verfügung.
Hier wurde besonderer Wert auf schnellen
und einfachen Wechsel der Profilschwämme
bei Verschleiß oder Formenwechsel gelegt.
Als Ergebnis stellt die Anlage PHT200 mit
RPT1 fertige und stabile Becher mit Henkel
für das Glasieren oder Brennen bereit. Ein
Das isostatische Pressen von Bechern und
Tassen mit Henkel erlaubt, eine neue Formensprache für System- und Tischgeschirr
zu formulieren. So können mit der vorgestellten Anlage Artikel mit unterschiedlicher
oder identischer Außen- und Innenform gestaltet werden. Tassen können außen und
innen eckig sein. Schräge und asymmetrische Geometrien sind möglich.
Insbesondere erlaubt das Verfahren die Herstellung von an Außen- und Innenkontur
hintergriffigen oder balligen Becherformen.
Die hohe Genauigkeit des isostatischen
Pressens ermöglicht es, sowohl an der Außenseite als auch auf der Innenseite beliebig Marken, Prägungen oder Reliefs anzubringen.
Vorteile auf einen Blick
In hoher Analogie zum isostatischen Pressen von Flachgeschirr lassen sich endlich
auch Tassen mit Henkel zuverlässig in einem
Arbeitsschritt aus Trockengranulat herstellen. Für die Produktion ergeben sich folgende Vorteile für die Fertigung von Flach- und
Becherware:
• Gleiches Pressgranulat
• Gleiche Materiallogistik
• Gleiches Formgebungsverfahren (IsoPressen)
• Verwandter Werkzeugaufbau und Prozessführung
• Gleicher Brand
• Paralleler Produktionsfortschritt (Durchlaufzeit bis Verfügbarkeit Endprodukt)
• Bekannte Einstellung, Bedienung und
Wartung der Anlagen
•Hohe Flexibilität und kurze Rüstzeiten
• Sehr hohe Reproduzierbarkeit
• Geringer Platz- und Energiebedarf für Einrichtungen und Anlagen.
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Perspektiven
Der systemische Wechsel von gerollter
Flachware zu isostatisch gepresster Flachware war vor Jahrzehnten von DORST entwickelt und initiiert worden und hat doch
eine Generation benötigt, um flächendeckend als das anerannte, wirtschaftliche
Standardverfahren zur Formgebung von
Flachware weltweit in den Fabriken Einzug
zu halten.
Es ist zu erwarten, dass das Trockenpressen
von Henkeltassen die klassische Formgebung erheblich schneller ablöst und zum
neuen Standardverfahren wird. Beschleunigend könnten die Veränderungen auf dem
Geschirrmarkt und das heutige Kaufverhalten der Endverbraucher wirken.
Der klassische Porzellanhersteller mit einem breiten Angebot wird zunehmend von
spezialisierten Herstellern billiger Massenware verdrängt. Der Endverbraucher kauft
weniger komplette Services, sondern sucht
bedarfsweise Einzelstücke und Formenkombinationen.
Zweckmäßigkeit, trendiges Erscheinungsbild und Preis gehen vor Zeitlosigkeit und
Werthaltigkeit, ähnlich wie es in anderen
Konsumbranchen schon zu beobachten war.
In dem Sinne sind die Möglichkeiten als
sehr positiv einzuschätzen, mit dem neuen
Verfahren auch innovative und ungewöhnliche Tassenkörper herstellen zu können. Modelleuren und Designern erschließen sich
hier neue Gestaltungsfreiräume.
Einschränkend ist festzustellen, dass das
isostatische Pressen von Henkeltassen aus
ästhetischer Sicht nicht immer kompatible
Ergebnisse zu bestehenden, klassisch gefertigten Weißformen liefert, das heißt, dort
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Bild 3 Einteilige isostatisch gepresste Tasse mit balliger Becherform auf asymmetrischer
Untertasse (pressgratloses Werkzeug)
wo Weißformen einer langjährigen Nachkaufverpflichtung unterliegen und immer
ein gleiches Erscheinungsbild gefordert ist,
haben die klassischen Verfahren noch ihre
Berechtigung.
Dies wird sich mit der Zeit verändern, wenn
immer mehr Weißformen grundsätzlich auf
dem neuen Fertigungsverfahren aufbauen.
Zusammenfassung
Mit der erstmaligen Vorstellung des isostatischen Pressen von Henkeltassen auf
der Messe ceramitec 2015 in München hat
DORST TECHNOLOGIES für Aufsehen in der
Branche gesorgt und von Fachleuten aus
aller Welt höchste Anerkennung erfahren.
Das neue Formgebungsverfahren weist eine
hohe Analogie zum isostatischen Pressen
von Flachgeschirr auf und eröffnet in der
Aufbereitung und Bereitstellung der Masse,
der Formgebung sowie bei den benötigten
Produktions- und Lagerflächen hohe Potentiale für Einsparungen gegenüber den
bestehenden Formgebungsverfahren. Zusätzlich werden potentielle Fehlerquellen
im Produktionsprozess eliminiert und die
Reproduzierbarkeit erhöht. Insgesamt bietet DORST TECHNOLOGIES mit dem neuen
Verfahren eine innovative Möglichkeit zur
wirtschaftlichen Produktion von Tassen inklusive Henkel.
Ab sofort stehen rund ums Jahr ein Team
von Ingenieuren, Verfahrens- und Werkzeugspezialisten sowie eine Testmaschine
für Beratung, Versuch und Projektierung im
hauseigenen Technologiezentrum in Kochel
am See zur Verfügung.
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