Inhalt Rund um den Konflikt ................................................................................................................. 4 1. Konflikte sind normal ......................................................................................................... 4 2. Unsere Einstellung zu Konflikten........................................................................................ 5 Kreislauf der Konfliktbewältigung „Konfliktschleife“ ......................................................... 6 3. Wir lernen von Modellen ................................................................................................... 7 4. Konfliktstrategien ............................................................................................................... 7 5. Konflikt von außen gesehen ............................................................................................... 7 Daraus folgen vier wichtige Merkmale von Konflikten: ..................................................... 9 6. Konfliktbewältigungsstrategien ......................................................................................... 9 7. Ein Ablaufschema zur Konfliktlösung ............................................................................... 12 Konflikttypen (nach Thomas Killman) ...................................................................................... 14 Der Fragebogen .................................................................................................................... 15 Auswertung .......................................................................................................................... 17 Die Konfliktstile verstehen ................................................................................................... 18 Zusammenarbeit (Problem lösen).................................................................................... 18 Wettbewerb (zwingen) .................................................................................................... 19 Vermeiden (zurückziehen) ............................................................................................... 19 Nachgeben (ausgleichen) ................................................................................................. 20 Kompromiss (teilen) ......................................................................................................... 21 Konfliktstile nach Blake/Mouton.......................................................................................... 22 Kooperative Konfliktbewältigung ............................................................................................. 24 6-Phasen-Modell ...................................................................................................................... 24 Theoretische Grundannahmen: ........................................................................................... 24 Phase A: Erregung kontrollieren .......................................................................................... 24 Phase B: Vertrauen herstellen.............................................................................................. 25 Phase C: Offen kommunizieren ............................................................................................ 26 Phase D: Problem lösen........................................................................................................ 26 Phase E: Vereinbarung treffen ............................................................................................. 28 Phase F: Persönlich verarbeiten ........................................................................................... 29 Umgang mit Konflikten 1 Kreislauf der Konfliktbewältigung ........................................................................................ 29 Zwei Strategien der Konfliktbewältigung ................................................................................. 30 Formulieren Sie allgemeine aussagen in ICH-Botschaften um ............................................ 32 Merkmale von Konflikten ......................................................................................................... 33 A) Innere Konflikte................................................................................................................ 33 B) Zwischenmenschliche Konflikte ....................................................................................... 34 Mögliche Konfliktursachen ....................................................................................................... 35 Konfliktwahrnehmung .......................................................................................................... 35 Unterschiedliche Reaktionen aus den unterschiedlichen Hirnarealen .................................... 36 Stress oder - der Urmensch in uns! ...................................................................................... 36 das emotionale Gehirn ......................................................................................................... 36 das denkende Gehirn ........................................................................................................... 36 Das richtige Verhalten wählen ................................................................................................. 38 Meine Reaktion im Griff haben ................................................................................................ 39 Chill-out & cool-down-Survialtipps - erste Hilfe bei Wutausbrüchen...................................... 39 Wie eröffne ich ein Konfliktgespräch? ..................................................................................... 40 Mediationsverfahren ................................................................................................................ 41 Das Mediationsgespräch .......................................................................................................... 42 1. Einleitung .......................................................................................................................... 42 2. Sichtweise der einzelnen Konfliktparteien ....................................................................... 42 3. Konflikterhellung/Vertiefung ........................................................................................... 42 4. Problemlösung/Entwurf von Lösungen ............................................................................ 43 5. Übereinkunft .................................................................................................................... 43 Kommunikationsrichtungen während des Mediationsgesprächs ........................................... 44 Konfliktbearbeitungs-Phase ..................................................................................................... 46 Verständnisüberprüfung ...................................................................................................... 52 Gesprächsdiagnose .............................................................................................................. 52 Thema Mediation ..................................................................................................................... 53 Kurzplanspiel: Belagerte Stadt ................................................................................................. 54 Einführung ............................................................................................................................ 54 Kurzplanspiel „Belagerte Stadt" - Zielblatt des Rollenpaares .............................................. 55 Umgang mit Konflikten 2 Eskalationsstufen - Phasenmodell der Eskalation nach Glasl und Witschier........................... 56 Eskalationsstufen nach F. Glasl und M. Witschier ............................................................... 56 1. Stufe: Verstimmung ............................................................................................... 57 2. Stufe: Ja-aber.../ Debatte ....................................................................................... 57 3. Stufe: Taten statt Diskussion ................................................................................. 57 4. Stufe: Schwarzweiß-Malerei und Koalition............................................................ 57 5. Stufe: Gesichtsverlust ............................................................................................ 58 6. Stufe: Drohstrategien ............................................................................................. 58 7. Stufe: Existenz erschüttern .................................................................................... 58 8. Stufe: Existenz vernichten ...................................................................................... 58 9. Stufe: Gemeinsam in den Abgrund ........................................................................ 58 Konfliktbewältigung ................................................................................................................. 59 Konfliktanalyse ......................................................................................................................... 61 Beziehungslandkarte ................................................................................................................ 63 Literatur .................................................................................................................................... 64 Umgang mit Konflikten 3 Rund um den Konflikt Wir erleben es (leider) fast jeden Tag: Es gibt immer wieder Konflikte in unserem Leben. Konflikte mit dem Ehepartner, mit den Kindern, mit KollegInnen am Arbeitsplatz, mit Verwandten, Freunden/Freundinnen, mit den Nachbarn/Nachbarinnen ... Zusammenleben mit anderen Menschen ohne Konflikte gibt es nur im Paradies. Der Alltag ist voller Spannungen, die nur teilweise vermeidbar sind. Wir stoßen uns an Verhältnissen, Umständen, Vorschriften und Zwängen - und sind manchmal mit uns selbst uneins. 1. Konflikte sind normal Manchmal ist es gut, sich wieder daran zu erinnern: Konflikte und Spannungen sind an sich etwas ganz Normales. So wie es normal sein kann, dass ein anderer Mensch meine Ansichten und Meinungen teilt, so ist es auch normal, dass dieser anders denkt. Wenn nun Konflikte an sich normal sind, so haben sie andererseits positive und negative Anteile, befreiende und zerstörende Komponenten. Manche Konflikte wirken stimulierend, vertiefend und führen uns weiter. Es gibt freilich auch andere, die nur zu zerstören scheinen. Verschiedene Menschen haben verschiedene Streit-Bilder: - reinigendes Gewitter - Herzklopfen beim Zahnarzt - das Ende eines Tunnels - Regen auf trockenes Land - Segelpartie bei Windstärke 9 Morgendämmerung - allmähliche - bohrende Stille im hohlen Zahn sprengendes Küken - ein die Schale - wandernde Nierensteine Sturzbach - ein dröhnender - eine schattenwerfende Wolke - um die Beute zankende Raubvögel - Reif am frühen Morgen - ein befreiender Atemzug So kann also ein Streit etwas zerbrechen, aber eine entsprechend positive Einstellung zum Konflikt kann auch Veränderungen bewirken und Umkehr und Neuanfang eröffnen. Ein mongolisches Sprichwort heißt: „Lieber sich gehörig streiten als sich schlecht befrieden.“ Umgang mit Konflikten 4 2. Unsere Einstellung zu Konflikten Konflikte können wir von innen und von außen anschauen. Damit ist gemeint: Wie gehe ich als Beteiligte/r an einen Konflikt heran, oder wie betrachte ich ihn als Außenstehende/r (eher nüchtern diagnostizierend). Für die Sicht eines Konfliktes von innen her ist vor allem unsere Einstellung von Bedeutung. a) Einstellungen zu Konflikten wirken sich auf vielfältige Weise aus. Sie beeinflussen im Besonderen - die Wahrnehmung Es geht darum, zu erkennen, wo sich ein Konflikt abzeichnet (oder diese Tatsache verleugnen bzw. verdrängen); - die Gefühlslage So kann ich mich den Konflikten mutig und entschlossen entgegenstellen (oder ängstlich und hilflos reagieren); - das Verhalten Einen Konflikt aktiv, offen und bereit zur Zusammenarbeit angehen (oder ihm ausweichen, ihn abwehren und aggressiv werden). Wahrnehmungen, Gefühle und Verhaltensweisen haben eine unmittelbare Auswirkung auf die Konfliktbewältigung selbst. b) Unsere Einstellung zu Konflikten hängt eng mit unserer persönlichen Lebensgeschichte zusammen. Vereinfacht kann man festhalten: Jeder von uns hat eine unterschiedliche Erziehung genossen und hat seine eigenen Erfahrungen gemacht. Diese „Lebensgeschichte" jedes Menschen bildet u.a. den Hintergrund für seine Einstellungen. Die Einstellungen beeinflussen wiederum das konkrete Verhalten. Wenn mir z.B. als Kind immer wieder gesagt wird, ein Konflikt sei etwas Schlechtes, wird sich das in meiner Einstellung zu Konflikten niederschlagen. Tritt dann ein Konflikt auf, werde ich mich entsprechend meiner Einstellung verhalten: Ich werde also versuchen, dem Konflikt auszuweichen bzw. ihn möglicherweise gar nicht wahrnehmen. c) Wie die konkrete Bewältigung des Konfliktes gelingt oder misslingt, beeinflusst neuerlich die Einstellung. So entsteht ein sich selbst verstärkender Kreislauf, eine sogenannte „Konfliktschleife": Umgang mit Konflikten 5 Kreislauf der Konfliktbewältigung „Konfliktschleife“ + Meine Einstellung + zu - Konflikten - + erkennend mutig annehmend Wahrnehmung Gefühle Verhalten verleugnend ängstlich abwehrend - + - + gelingend Konflikt- misslingend bewältigung + Umgang mit Konflikten 6 3. Wir lernen von Modellen Von den Überlegungen zu unserer Konflikteinstellung ausgehend lohnt es sich, der Frage nachzugehen: Von welchen Modellen lerne ich, mit Konflikten umzugehen? Oder anders gefragt: Welche Vorbilder sind für Kinder Eltern und auch LehrerInnen im Umgang mit Konflikten, im fairen Streiten, aber auch für eine Versöhnung? Kinder sollen von Eltern lernen können, dass auch sie nicht immer einer Meinung sind, dass sie aber diese Meinungs-verschiedenheiten in einer akzeptablen Weise austragen und sich vor allem wieder miteinander versöhnen. Zum Einüben einer Konfliktfähigkeit gehört die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen und schließlich auch die nötige Gelassenheit, um nicht alle Probleme zu dramatisieren. 4. Konfliktstrategien Wenn Konflikte auftreten, kann man zunächst zwei grundlegende Strategien unterscheiden, mit denen Menschen an Konflikte herangehen. Die erste kann man als „ Pokerstrategie" bezeichnen. Wie Sie wissen, lässt man beim Pokerspiel den anderen nicht in seine Karten schauen. Die entsprechende Strategie leitet sich daher aus der festen Überzeugung ab, dass es wie beim Pokern auch in jedem Konflikt Sieger und Verlierer geben muss. Dabei gilt es, sich auf Kosten des anderen durchzusetzen. Anders verhält es sich bei der „Problemlösungsstrategie". Diese geht - wie schon der Name verrät - den Konflikt als Problem an, dessen sinnvolle und geeignete Verarbeitung beiden Seiten Vorteile bringen kann. 5. Konflikt von außen gesehen Bei der Konfliktschleife (damit ist gemeint, dass das Gelingen oder Misslingen einer Konfliktbewältigung sich wieder auf unsere Einstellungen zu Konflikten auswirkt) haben wir festgehalten, dass sie eine Diagnose von innen ermöglicht und dass dabei häufig Selbsttäuschungen vorkommen. Deshalb muss eine Diagnose von außen eintreten, denn Beteiligte sind immer unmittelbar betroffen. Es ist ihnen deswegen auch keineswegs gleichgültig, wie sie den Konflikt bewältigen. Außenstehende (dritte Parteien, BeobachterInnen, BeraterInnen) können hingegen einen Konflikt nüchterner diagnostizieren, weil sie daran unbeteiligt sind. Ein Konflikttraining sollte dazu dienen, beide Haltungen - die des Beobachters/der Beobachterin und die des/der Beteiligten - anzusprechen und einzuüben. Nur zu lernen, wie sich Konflikte bei anderen auswirken, hilft vermutlich im eigenen Fall wenig weiter. Umgang mit Konflikten 7 Umgekehrt: Sich ausschließlich darauf zu beschränken, wie wir uns im Konflikt verhalten, erweitert unsere Betrachtungsweisen und Fertigkeiten nicht! In der Psychologie, aber auch in den Sozialwissenschaften allgemein, spricht man dann von einem Konflikt, wenn zwei Elemente gleichzeitig gegensätzlich oder unvereinbar sind. Was ist hier mit dem neutralen und zugleich umfassenden Ausdruck „Elemente" gemeint? Er will sagen, dass sich in einem Konflikt die verschiedensten Inhalte gegenüberstehen können, z.B.: - Gedanken: Ich schaffe das schon. - Ich schaffe es doch nicht. - Wünsche: Ich möchte gerne Karriere machen. - Ich will aber meinen Wohnort nicht verlassen. - Verhaltensweisen: Ich fahre häufig und gerne Auto. - Ich trinke gerne Alkohol. - Absichten: Der/die MitarbeiterIn sucht Anerkennung, der/die Vorgesetzte achtet nur auf Leistung. - Beurteilungen: Um den Rüstungswettlauf zu stoppen, muss nachgerüstet werden. Gerade um ihn zu stoppen, darf keinesfalls werden. - Bewertungen: Ein/e MitarbeiterIn hält seinen/ihren Vorschlag für durchdacht und realisierbar. – Der/die Vorgesetzte glaubt jedoch, dass der Vorschlag finanziell nicht durchführbar ist. - Personen: Zwei MitarbeiterInnen empfinden starke Abneigung gegeneinander. Sie weigern sich, in der gleichen Gruppe zusammenzuarbeiten. - Gruppen: ArbeitgeberIn - ArbeitnehmerIn, Vorstand - Betriebsrat. Diese Elemente können also entweder nicht zum gleichen Zeitpunkt verwirklicht werden, oder aber sie gelten als gegensätzlich bzw. als unvereinbar - und das macht den Konflikt aus. Was dabei alles miteinander in Konflikt geraten kann, mag höchst unterschiedlicher Natur sein (Gedanken, Wünsche, Interessen, Bewertungen, Ideologien, Gruppen...). Noch etwas ist wesentlich: Dass solche Elemente als gegensätzlich oder unvereinbar empfunden werden, liegt nicht unbedingt an ihnen selber, sondern vielmehr an den Menschen, die Stellung beziehen müssen. Wir erleben dann häufig einen Druck, der von außen kommen kann oder aber aus uns selbst heraus. Unter diesem Druck und der damit verbundenen Anspannung verlieren Menschen im Konflikt oft die Orientierung und werden handlungsunfähig. Wir brauchen aber gerade in Konfliktsituationen beides: Orientierung und Handlungsfähigkeit. Umgang mit Konflikten 8 - Orientierung: Eine innere Ordnung, ein Wertgefüge, das dem Menschen erlaubt, Ereignisse und Entscheidungen einzuordnen. Für sich und vor sich eine Orientierung zu gewinnen, ist gerade bei den schicksalsträchtigen Vorkommnissen (schwere Krankheit, Arbeitslosigkeit, Verlust eines geliebten Menschen) wohl die wichtigste Bewältigungsform. - Handlungsfähigkeit: Diese ermöglicht es, das eigene und das gemeinsame Leben durch die sich stellenden Aufgaben fortgesetzt zu bewältigen. Konflikte unterbrechen die Kontinuität des täglichen ziel- und aufgabenbezogenen Handelns. Daraus folgen vier wichtige Merkmale von Konflikten: a) Konflikte sind Störungen. Sie unterbrechen unser alltägliches Denken und Handeln und erzeugen häufig (wenn auch nur vorübergehend) Desorientierung. Auch wenn in der Folge des Konfliktes - wie schon am Anfang erwähnt - etwas zerstört wird und/oder etwas Neues entstehen kann, so wird der Konflikt an sich in beiden Fällen als unangenehm empfunden. b) Konflikte wirken belastend. Wer in einem Konflikt steht, ist selten heiter und entspannt. c) Konflikte neigen zur Eskalation. Sie führen oft nicht nur zu Dramatisierungen, sondern greifen auf immer mehr Menschen und Themen über. Sie weiten sich also aus und werden gleichzeitig intensiver. d) Konflikte erzeugen einen Lösungsdruck. Sobald ein Konflikt als solcher nicht mehreinfachzugedeckt werden kann, muss er mehr oder weniger bewältigt werden. Wir können ihn nicht stehen lassen. Die Konfliktbewältigung ist u.a. auch deswegen notwendig, damit sich Menschen wieder unbelastet ihren täglichen Lebensaufgaben zuwenden können. 6. Konfliktbewältigungsstrategien Die erwähnten Merkmale von Konflikten (Konflikte sind Störungen, wirken belastend, neigen zur Eskalation und erzeugen einen Lösungsdruck) ermöglichen uns in der Folge einige Hinweise für deren Konfliktbewältigung. a) Ärger annehmen und äußern Wer selbst in einer Konfliktsituation steckt, kann es als normal betrachten, wenn sie ihn belastet und er/sie in gedrückter Stimmung ist. Es geht daher nicht nur um eine Strategie für das Austragen eines Konfliktes, sondern vor allem darum, den eigenen Ärger anzunehmen und ihn angemessen zu äußern bzw. ihn ggf. zu kontrollieren. Umgang mit Konflikten 9 Es ist wohl einsichtig, dass Zorn, Wut, Hass, Angst und sonstige negative Gefühle eine Auseinandersetzung mit einem Konflikt von der Sache her verhindern. Diese Gefühle - und dazu gehört im Konflikt vor allem auch der Ärger - sollten wir also registrieren, akzeptieren und in geeigneter Form ausdrücken. Alle Menschen ärgern sich hin und wieder. Wie der Konflikt, so ist auch der Ärger etwas Normales. Er ist ein menschliches Grundphänomen, ebenso fundamental wie Hunger, Müdigkeit, Liebe, Einsamkeit oder Angst. Schon Säuglinge zeigen uns ihren Ärger. Die Ursachen sind verschieden: Das Kind will z.B. gefüttert oder von einer nassen Windel befreit werden. Bei Erwachsenen sind die Wege zur Beseitigung des Ärgers meist verschlungener. Die Fähigkeit, sich zu ärgern, ist uns gleichsam angeboren. Doch was uns alles ärgert und wie wir uns dabei verhalten - beides ist gelernt und deshalb individuell verschieden. Weil viele unserer Gemütsbewegungen von klein auf unterdrückt werden und es oft einen großen Mangel an Gefühlsäußerungen und Gefühlsaustausch in der Herkunftsfamilie gibt, scheuen sich viele von uns als Erwachsene, Gefühle zu haben und auszudrücken. Sie sind emotional stark verkrüppelt und möchten nur sogenannten „akzeptablen" Gefühlen den Durchbruch gestatten. So ist einerseits der Gefühlsspielraum bei sehr vielen Menschen klein und andererseits die emotionale Entwicklung oberflächlich und unangemessen. Manche Menschen handeln oft entgegengesetzt zu ihren Gefühlen: Wenn sie ärgerlich sind, lächeln sie süß oder kühl. Selbst was manchmal als ein starkes Gefühl auftritt, kann ein künstlich herbeigeführter hysterischer Ausbruch sein. Kleinere Anlässe rufen dagegen nichts hervor. Der Weg geht also dahin, Ärger und Aggressionen nicht fortlaufend zu unterdrücken, weil diese Gefühle sonst irgendwann unkontrolliert zum Ausbruch kommen können. Sie müssen dem/der anderen gegenüber ausgesprochen werden, ohne ihn/sie allerdings bewußt verletzen zu wollen. Das geschieht in der Regel dann, wenn es rechtzeitig geschieht. b) Belastbarkeiten erkennen Manche Menschen haben Spaß am Streiten, Spaß am „Zündeln". Wer also - um bestimmter Ziele willen oder einfach aus reiner Laune heraus - andere bewusst in Konflikte bringt oder einen Konflikt verschärft, sollte sich vor Augen halten, dass er ihnen eine nicht unerhebliche Belastung aufbürdet. Denn wie schon beim Ärger erwähnt: Der Ausgang hängt ganz wesentlich davon ab, wie die Beteiligten mit dem Konflikt emotional fertig werden. Das wird oft übersehen. Eine wichtige Voraussetzung gelingender Konfliktbewältigung ist ganz allgemein die Fähigkeit, Belastungen standhalten zu können. Höhere Belastungsgrenzen erweitern u.a. den Handlungsspielraum. Daraus folgt, dass Versuche zur Konfliktlösung nicht immer unmittelbar und zu jedem beliebigen Zeitpunkt erfolgen können. Es gilt, die beiderseitige physische und psychische Belastbarkeit zu erkennen und gegebenenfalls die Auseinandersetzung zurückzustellen. Aufgeschoben bedeutet allerdings nicht aufgehoben! Umgang mit Konflikten 10 c) Eine offene Aussprache suchen Konflikte, Spannungen und Streit gehören auch zu einer guten Beziehung. Man kann durchaus sagen, dass sich z.B. in Ehen und Familien, in denen es zu keinem Streit kommt, wenig entwickelt, sie sind gleichsam ohne gute Zukunft. Entscheidend ist, dass wir über unsere abweichenden Einstellungen und Beurteilungen, über unsere Wünsche, Vorstellungen etc. mit anderen sprechen. Auch in schwierigen Situationen ist es hilfreicher, das offene Wort zu wagen, als Ärger oder Besorgnis zu unterdrücken, Meinungsverschiedenheiten zu verharmlosen oder die strittigen Punkte ständiger Reibereien und Streitigkeiten zu übergehen. So ist eine schlimme und oft bösartige Methode, auf Konflikte zu reagieren, das Totschweigen. Mit dem Schweigen entzieht man sich der Auseinandersetzung, hebt den Kontakt auf und versetzt den anderen in Einsamkeit. Das Sprichwort „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" ist für die Konfliktlösung völlig ungeeignet. Manche Menschen halten das Schweigen tage- und wochenlang durch; die Auswirkung auf den/die PartnerIn kann grausam sein. Eine andere Voraussetzung für eine Konfliktbewältigung sind sogenannte „Basisstrategien". Das sind grundsätzliche Verhaltensweisen, die sich bei Konflikten bewährt haben. > Eine Methode wählen, in der es keine SiegerInnen und Besiegte gibt Konflikte werden gewöhnlich dadurch beendet, dass sich am Ende SiegerInnen und Besiegte gegenüberstehen. Dabei kann das Besiegtsein naturgemäß als Niederlage empfunden werden und mit Gefühlen der Demütigung verbunden sein. Darunter leidet die Selbstachtung, das Zusammenleben bleibt vergiftet und der nächste Konflikt ist vorprogrammiert. Spannungen und Konflikte sollen also weder verschleiert und verschoben, noch destruktiv und gewaltsam entschieden werden. Gelernt werden muss, wie man mit Spannungen und Konflikten sinnvoll und produktiv umgeht. Bei der „Niederlagelosen Methode" der Konfliktlösung nach Gordon unterliegt keiner der beteiligten PartnerInnen. Die Betroffenen arbeiten so lange an einer Lösung, bis alle damit einverstanden sein können. Wenn an der Lösung von Konflikten alle beteiligt sind und mit der gefundenen Lösung auch alle einverstanden sein können, hat das positive Auswirkungen: Die Beteiligten sind eher motiviert, die Lösung konkret auszuführen und sich an die getroffenen Beschlüsse zu halten. Umgang mit Konflikten 11 > Spannungen und latente Konflikte wahrnehmen und sich über unterschiedliche Auffassungen verständigen Wachinger meint, dass wir sensibler für die „leisen" Signale unserer Mitmenschen werden und sie ansprechen sollen. Dabei ist zu achten, dass die Atmosphäre für das Gespräch stimmt und wir genügend Zeit zur Verfügung haben. Konflikte sollten im fairen Gespräch durchgearbeitet werden. Die schlechten Alternativen dazu wären offene oder versteckte Gewalt (die häufig in der Eskalation von Gewalt endet), der Abbruch der Kommunikation oder ähnliche Tätigkeiten. > Druck wegnehmen und Angst vermindern Konflikte sind nur lösbar, wenn zumindest ein Minimum an Einfühlung in den/die KonfliktpartnerIn erreicht wird. Dazu kann man dem/der GesprächspartnerIn verhelfen, wenn man seine/ihre Rolle und seine/ihre Position - auch seine/ihre Bedürfnisse und Ängste - ernst nimmt. Nur so werden schließlich Einstellungsänderungen möglich. Manche Menschen bringen erst dann den Mut auf, sich einem Konflikt zu stellen, wenn man sie entlastet, Druck wegnimmt und Angst verringert, und sie so das Gefühl haben, dass ein faires Vorgehen gewährleistet ist. > Hilfe durch einen Berater/eine Beraterin In manchen Konfliktsituationen sind die Konfliktparteien festgefahren. Oft ist es wichtig, die Automatik von Angriff/Vorwurf und Verteidigung/Gegenangriff zu erkennen und aufzuheben, weil diese Automatik in eine Spirale der Gewalt mündet, die mit Angriff eben nicht zu lösen ist (höchstens durch Erschöpfung). Da braucht es manchmal eine neutrale dritte Person, die helfend eingreifen kann. Ein/e BeraterIn entlastet häufig auch durch Strukturierungen, d.h. ein Konflikt wird transparenter gemacht, in dem man definiert, benennt, Linien aufzeigt. Alles Undurchschaubare macht Angst. 7. Ein Ablaufschema zur Konfliktlösung In den zahlreichen Büchern zur Lösung von Konflikten gibt es ebenso zahlreiche Modelle, wie an eine Lösung herangegangen werden soll. Im Grunde genommen laufen aber alle diese Vorschläge auf fünf bzw. sechs Phasen hinaus, die sich vor allem bei der Bewältigung von schwierigen Problemen bewähren. Dabei empfehlen die Autoren/Autorinnen, dass man immer nur einen Konfliktpunkt behandelt. Erst wenn Sie für diesen Punkt eine Lösung gefunden haben, können Sie zu einem anderen übergehen. Das erweist sich besonders dann als günstig, wenn Sie nach einem Gespräch das Gefühl haben, dass hinter dem behandelten Punkt ein noch tieferer Konflikt erkennbar geworden ist. Umgang mit Konflikten 12 Empfehlenswert ist folgende Vorgangsweise: a) Anmeldung der Störung Ein/e PartnerIn oder beide äußern ihre Störung und zwar, indem sie ihre Gefühle direkt und ohne Vorwurf ausdrücken. Es soll dabei aufgefordert werden, gemeinsam über das Problem zu sprechen, und es soll deutlich gemacht werden, dass man für neue Lösungsmöglichkeiten offen ist. b) Herausarbeitung der Hintergrundbedürfnisse Beide PartnerInnen versuchen, ihre Bedürfnisse zu erforschen und zu klären. Beide PartnerInnen sollen dabei akzeptieren, dass sie verschiedene Interessen haben und versuchen, die Meinung des Konfliktpartners zu verstehen und nachzuvollziehen. Dabei ist es eine Hilfe, partnerzentriert zu reagieren, damit dem/der KonfliktpartnerIn geholfen wird, alle seine Gefühle und Gedanken zu äußern. Eine gute Hilfe ist auch der Rollenwechsel. Dabei muss jeder zum Schluss dieser Gesprächsphase die Bedürfnisse des anderen in „Ich-Form" wiederholen. Das bewirkt, dass jeder Partner/jede Partnerin versucht, sich in die/den andere/n hineinzuversetzen. Er/sie soll nicht dessen/deren Meinung übernehmen, sondern nur einmal mit dessen/deren Augen sehen. c) Umformulierung der Störungen in Wünsche Beide KonfliktpartnerInnen formulieren ihre Störungen oder ihren Ärger in konkrete Wünsche an die/ den andere/n um. d) Kreative Sammlung von möglichen Lösungsvorschlägen Beide PartnerInnen sammeln Vorschläge für mögliche Lösungen. Diese Vorschläge sollen nicht diskutiert, sondern nur gesammelt werden. Dabei können auch vermeintlich unsinnige und sehr phantasievolle Vorschläge gemacht werden. Beide PartnerInnen vermitteln in dieser Phase dem anderen, dass sie sich um eine Lösung bemühen. Außerdem wird die Atmosphäre durch Heiterkeit und Spaß entkrampft. e) Einigung auf die beste Lösung Beide PartnerInnen einigen sich auf eine Lösung, die sie beide akzeptieren können und die den Interessen beider Seiten optimal entspricht. Beide prüfen mögliche Einwände gegen die Lösung und suchen so lange, bis sie die Lösung gefunden haben, zu der beide unumschränkt ja sagen können. f) Kontrolle der Lösung In dem Gespräch über ein strittiges Thema sollten möglichst alle Einzelheiten festgelegt werden, und nicht letztlich noch vieles im Unklaren gelassen werden. Es soll abschließend auch ausgemacht werden, zu welchem Zeitpunkt man abermals ein Gespräch führt, ob die vereinbarte Lösung funktioniert und ob tatsächlich eine Entspannung entstanden ist. Umgang mit Konflikten 13 Konflikttypen (nach Thomas Killman) Einführung: Ein wichtiger Aspekt im Verhaltensrepertoire einer Person ist, wie sie mit Konflikten umgeht. - Wie ist Ihre typische Reaktion in einem Konflikt im Job? - Welchen Management-Stil wenden Sie im Konflikt an? Dieser Fragebogen ermöglicht Ihnen einige interessante Erkenntnisse über sich selbst und die verschiedenen Verhaltensweisen in einem Konflikt. Der Fragebogen: Dieser Fragebogen unterscheidet 5 Verhaltensweisen und misst Ihre Präferenz in Bezug auf diese Verhaltensweisen. Bedenken Sie, dass das Ergebnis mitunter auch von der Tagesverfassung beeinflusst sein kann. Eine kurze Beschreibung der 5 Stile folgt im Anschluss an den Fragebogen. Bitte lesen Sie diese erst hinterher. Ausfüllhinweise: Auf der nächsten Seite finden Sie 30 Aussagepaare. Suchen Sie sich jeweils die Aussage, die Ihr Verhalten, wenn Sie mit anderen Menschen zu tun haben, am besten beschreibt. Seien Sie ehrlich zu sich selbst. Schreiben Sie die Antwort „A“ oder „B“ in die rechte Spalte. Arbeiten Sie sich zügig durch die Fragen. Die spontane Antwort ist meist die treffendere. Das Ausfüllen dauert ca. 10 bis 15 Minuten, danach können Sie die Auswertung selbst vornehmen. Hinweise dazu finden Sie nach den Aussagepaaren. Achtung! In diesem Bogen tauchen einzelne Aussagen mehrfach auf. Das hat seine Richtigkeit! Umgang mit Konflikten 14 Der Fragebogen Aussagen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Ihre Wahl A. Es gibt Zeiten, in denen ich anderen die Verantwortung gebe, das Problem zu lösen. B. Ich betone Gemeinsamkeiten eher, als dass ich die Dinge verhandle, bei denen wir nicht einig sind. A. Ich versuche eine Kompromisslösung zu finden. B. Ich versuche, die Wünsche der anderen genauso zu berücksichtigen wie meine eigenen. A. Ich bin normalerweise hart, wenn ich meine Ziele verfolge. B. Ich versuche die Gefühle der anderen zu schonen und die gute Beziehung aufrecht zu erhalten. A. Ich versuche, einen Kompromiss zu finden. B. Ich stelle meine eigenen Wünsche zu Gunsten der Wünsche der anderen Person zurück. A. Ich hole mir grundsätzlich die Unterstützung der anderen Partei bei der Lösungssuche. B. Ich tue alles, was nötig ist, um unnötige Spannungen zu vermeiden. A. Ich versuche, unangenehme Situationen von vornherein zu vermeiden. B. Ich versuche, meine Position durchzusetzen. A. Ich versuche, ein Thema zu verschieben, um Zeit zu bekommen, genau darüber nachzudenken. B. Ich gebe bei einigen Punkten nach, wenn ich dafür andere durchsetzen kann. A. Ich bin normalerweise hart, wenn ich meine Ziele verfolge. B. Ich versuche, alle Sorgen und Themen sofort offen auf den Tisch zu bekommen. A. Ich glaube, dass es sich nicht immer lohnt, sich über Meinungs-verschiedenheiten Gedanken zu machen. B. Ich strenge mich an, damit ich das bekomme, was ich will. A. Ich bin normalerweise hart, wenn ich meine Ziele verfolge. B. Ich versuche, einen Kompromiss zu finden. A. Ich versuche, alle Sorgen und Themen sofort offen auf den Tisch zu bekommen. B. Ich versuche, die Gefühle der anderen zu schonen und die gute Beziehung aufrecht zu erhalten. A. Ich vermeide es manchmal, Positionen zu beziehen, die umstritten sind. B. Ich gebe bei einigen Punkten nach, wenn ich dafür andere durchsetzen kann. A. Ich schlage eine Lösung vor, die allen entgegenkommt. B. Ich mache Druck, damit meine Meinung gehört wird A. Ich teile mit anderen Personen meine Ideen und frage nach ihren Ideen. B. Ich versuche, den anderen die Logik und Vorteile hinter meiner Meinung aufzuzeigen. A. Ich versuche, die Gefühle der anderen zu schonen und die gute Beziehung aufrecht zu erhalten. B. Ich tue alles, was nötig ist, um unnötige Spannungen zu vermeiden. A. Ich versuche, andere nicht zu verletzen. B. Ich versuche, den anderen von den Vorteilen meiner Position zu überzeugen. A. Ich bin normalerweise hart, wenn ich meine Ziele verfolge. B. Ich tue alles, was nötig ist, um unnötige Spannungen zu vermeiden. Umgang mit Konflikten 15 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 A. Wenn es andere glücklich macht, dann gestehe ich ihnen ihre Meinung zu. B. Ich gebe bei einigen Punkten nach, wenn ich dafür andere durchsetzen kann. A. Ich versuche, alle Sorgen und Themen sofort offen auf den Tisch zu bekommen. B. Ich versuche, ein Thema zu verschieben, um Zeit zu bekommen, genau darüber nachzudenken. A. Ich versuche, alle Differenzen sofort zu beseitigen. B. Ich versuche es zu erreichen, dass die Gewinne und Verluste auf beiden Seiten fair verteilt sind. A. Bei technischen Dingen versuche ich, die Wünsche der anderen Seite einzubeziehen. B. Ich bin dafür, ein Problem immer direkt auszudiskutieren. A. Ich versuche eine Position zu finden, die zwischen meiner und der der anderen Person liegt. B. Ich setze meine Wünsche durch. A. Ich sorge mich oft darum, dass die Wünsche aller erfüllt sind. B. Es gibt Zeiten, in denen ich anderen die Verantwortung gebe, das Problem zu lösen. A. Wenn jemandem seine Position sehr wichtig erscheint, dann würde ich versuchen, seine Wünsche zu erfüllen. B. Ich versuche, den/die anderen zu einem Kompromiss zu bewegen. A. Ich versuche, den/die anderen die Logik und Vorteile hinter meiner Meinung aufzuzeigen. B. Bei technischen Dingen versuche ich, die Wünsche der anderen Seite einzubeziehen. A. Ich schlage eine Lösung vor, die allen entgegenkommt. B. Mir ist es fast immer wichtig, dass die Wünsche aller erfüllt sind. A. Ich vermeide es manchmal, Positionen zu beziehen, die umstritten sind. B. Wenn es andere glücklich macht, dann gestehe ich ihnen ihre Meinung zu. A. Ich bin normalerweise hart, wenn ich meine Ziele verfolge. B. Ich hole mir grundsätzlich die Unterstützung der anderen Partei bei der Lösungssuche. A. Ich schlage eine Lösung vor, die allen entgegenkommt. B. Ich glaube, dass es sich nicht immer lohnt, sich über Meinungsverschieden-heiten Gedanken zu machen. A. Ich versuche, andere nicht zu verletzen. B. Ich bespreche das Problem immer mit der anderen Person, damit wir es lösen können. Umgang mit Konflikten 16 Auswertung Kreisen Sie jenen Buchstaben, den Sie beim jeweiligen Aussagepaar gewählt haben, ein. Frage 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Total circles in each column Wettbewerb (zwingen) Zusammenarbeit (Problemlösen) B Kompromiss (teilen) Vermeiden (zurückziehen) Nachgeben (ausgleichen) A B A A B B A A B B A B A B A A B A B A B B A B B A A B B A A A B B A A B B A B B A A A B B A B A B A A A B B A B B Wettbewerb (zwingen) Zusammenarbeit (Problemlösen) A Kompromiss (teilen) Vermeiden (zurückziehen) Nachgeben (ausgleichen) Interpretation: 9 — 12 Starke Präferenz für diesen Stil 5—8 Gleichstarke Präferenz 0—4 Vernachlässigung dieses Stils Umgang mit Konflikten 17 Hinweis: Dieses Modell will bei den Stilen keine Wertung vornehmen. Kein Stil ist grundsätzlich besser oder schlechter als ein anderer. Was hier gemessen wird, ist die Präferenz einer Person für den einen oder anderen Stil. Wenn eine Person einen Stil bevorzugt, bedeutet das natürlich nicht, dass sie nicht auch einen andern Stil anwenden kann. Oft wird der eigene gewählte Stil auch vom Stil des/der anderen Beteiligten mit beeinflusst, denn jedes Verhalten auf einer Seite führt zu einem Verhalten auf der anderen Seite. Verhandlungsergebnisse bei Konflikten werden oft mit win/win, lose/lose, oder win/lose bezeichnet. Das ist eine sehr starre Klassifikation. Worauf es ankommt ist, dass für die jeweilige Situation das optimale Verhalten ausgesucht wird. Das ist die wahre Kunst der Problemlösung! Die Konfliktstile verstehen Zusammenarbeit (Problem lösen) Bei der Zusammenarbeit wird auch die Position der anderen Parteien berücksichtigt. Typische Verhaltensweisen dieses Stils sind aktives Zuhören, Bitten um Unterstützung und das Streben nach einer partnerschaftlichen Problemlösung. Hier werden alle Sorgen und Wünsche offen auf den Tisch gelegt und Ideen konstruktiv geteilt, um alle Meinungsverschiedenheiten auszuräumen. Es gibt ein starkes Bedürfnis, allen Seiten ein mehr als nur zufriedenstellendes Ergebnis zu ermöglichen. Lassen Sie uns hier zusammenarbeiten. … Was ist für alle akzeptabel? Lassen Sie uns die Gemeinsamkeiten finden. … Wo sind unsere Unterschiede/worin sind wir noch nicht einig? Lassen Sie uns dieses Problem genauer untersuchen. ... Wie können wir das lösen? Anwendungsmöglichkeiten Wenn eine Lösung angestrebt wird, die die Wünsche beider Seiten stark berücksichtigt. (Diese einvernehmliche Lösung ist in diesem Fall so vorrangig, dass ein Kompromiss als nicht gut genug empfunden werden würde.) Um die Sichtweisen unterschiedlicher Leute in Bezug auf ein Problem zu bekommen. Um durch den Einbezug der Wünsche der anderen das Commitment für die Lösung zu verstärken. Um nach emotionalen Unstimmigkeiten die Wogen wieder zu glätten und sich zusammenzuraufen. Es gilt hier Verständnis für die andere Seite aufzubauen und die eigenen Vorannahmen in Frage zu stellen.) Umgang mit Konflikten 18 Wettbewerb (zwingen) Ziel dieses Verhaltens ist das Durchsetzen der eigenen Position und der eigenen Ziele. Die Person wirkt sehr durchsetzungsstark bis hin zu aggressiv in seinem/ihrem Kommunikationsstil, wenn sie versucht, andere von der Richtigkeit ihrer Position zu überzeugen. Ich werde meine Meinung nicht ändern. Ich muss meine Position klar rüberbringen. Meine Sichtweise ist die sinnvollste. Meine Lösung ist sicherlich die beste. Wenn Sie „xy” nicht machen, dann mache ich... Ich weiß, was das Beste ist. Anwendungsmöglichkeiten Wenn eine schnelle Entscheidung getroffen werden muss (z. B. in Notfällen). Bei Themen, die für die Organisation von äußerster Wichtigkeit sind, und Sie wissen, dass Sie Recht haben. Um sich selbst vor Leuten zu schützen, die kooperatives Verhalten ausnützen würden. Vermeiden (zurückziehen) Beim Vermeiden-Stil geht es darum, Konflikte und Spannungen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Eine Person mit dieser Präferenz wird das Problem erst genau überdenken, bevor sie es anspricht und dann andere bitten, dieses zu lösen. Vielleicht finden sie auch, dass es sich gar nicht lohnt, sich über Meinungsverschiedenheiten so viele Gedanken zu machen. Im Extremfall begegnen Sie einem Konflikt mit Passivität und Rückzug. Ich kann für diese Entscheidung keine Verantwortung übernehmen. … Ich möchte darüber jetzt nicht sprechen. ... Lassen Sie uns später darüber sprechen. ... Das liegt außerhalb meiner Entscheidungsmacht. ... Bitte nageln Sie mich darauf nicht fest. ... Ich weiß nicht, warum das wichtig ist. ... Umgang mit Konflikten 19 Anwendungsmöglichkeiten Wenn andere Themen gerade wichtiger sind als dieser Konflikt. Wenn Ihre Wünsche chancenlos sind. Wenn der potentielle Schaden eines offenen Konfliktes schlimmer wäre, als die Lösung des Konfliktes. Damit die Leute Dampf ablassen können, bis wieder ein Dialog möglich wird. Wenn es wichtiger ist, weitere Informationen zu sammeln, als eine schnelle Entscheidung zu haben. Wenn andere diesen Konflikt besser lösen können. Wenn das Thema nur symptomatisch für ein tieferliegendes Problem ist. Nachgeben (ausgleichen) Beim Nachgeben geht es eher um Gemeinsamkeiten als um Differenzen. Es ist wichtig, eine gute Beziehung aufrecht zu erhalten, indem die Gefühle und Wünsche der anderen respektiert werden. Wenn Sie glauben, dass jemandem etwas besonders wichtig ist, dann werden Sie nicht auf die eigenen Wünsche bestehen. Das Letzte, was Sie wollen, wenn Sie diesen Stil präferieren, ist „Öl ins offene Feuer zu gießen“. Ich akzeptiere diesen Punkt. … Hier stimme ich dir zu. … Da kann ich mitgehen. … Ich möchte Sie hier nicht in Bedrängnis bringen. ... Was ist Ihr Optimalergebnis? Sie haben mich überzeugt. ... Ich freue mich, dass wir uns hier einig sind. ... Anwendungsmöglichkeiten Wenn Sie merken, dass Sie Unrecht haben. Wenn das Thema dem/der anderen viel wichtiger ist als Ihnen. Wenn ein dauerhafter Wettbewerb Ihr großes Ziel behindern würde. Wenn die Vermeidung von Störungen extrem wichtig ist. Um die Entwicklung von Mitarbeitern zu fördern – ihnen zu erlauben, zu experimentieren und von den eigenen Fehlern zu lernen. Umgang mit Konflikten 20 Kompromiss (teilen) Beim Kompromiss geht es um „Geben und Nehmen“. Eine Person mit diesem Stil wird immer nach einem Mittelweg suchen, bei dem ein akzeptables Niveau von Gewinn und Verlust auf allen Seiten entsteht. Die Person würde es vermeiden, eine kontroverse Meinung zu vertreten, um extreme Meinungen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Lassen Sie uns eine schnelle Lösung finden. ... Wenn Sie mir das geben..., dann gebe ich Ihnen das... Lassen Sie uns in der Mitte treffen… Wenn wir schon nicht beide gewinnen können, dann lassen Sie uns wenigstens nicht beide verlieren. ... Lassen Sie uns beide mit einem Ergebnis nach Hause gehen... Anwendungsmöglichkeiten Wenn die Ziele mittlere Wichtigkeit haben, aber nicht den Aufwand einer Störung oder eines starken Durchsetzens wert sind. Wenn zwei Opponenten mit gleich großer Macht sich gegenseitig ausschließende Ziele verfolgen. Um eine vorübergehende Lösung für ein komplexes Problem zu finden. Um unter Zeitdruck zu einer akzeptablen Lösung zu kommen. Als Notlösung, wenn Wettbewerb oder Zusammenarbeit scheitert. Umgang mit Konflikten 21 Konfliktstile nach Blake/Mouton (Orientierung an den Zielen und Belangen der anderen) 1/9 9/9 Nachgeben, sich unterwerfen, auf eigene Ziele verzichten, Meinungsverschiedenheiten nicht hochspielen, glätten, harmonisieren Gemeinsames Problemlösen, win – win, kreative Zusammenarbeit, trotz Widerständen und Rückschlägen eine beiderseits optimale Lösung finden wollen 5/5 Kompromiss, jeder rückt von seinen Maximalforderungen ab 1/1 9/1 Flucht, Vermeidung, Rückzug, gar nichts tun, Konflikte unter den Teppich kehren Durchsetzen, Erzwingen, Ich-oder-Du, win-lose, Drohung und Macht einsetzen, die Pokerstrategie verwirklichen (Orientierung an den eigenen Zielen und Belangen) Umgang mit Konflikten 22 Kritische Gesprächssituationen Beschwerde Der Gesprächspartner hat ein Problem Unterschiedliches Verhalten Zuhören, nicht unterbrechen, zu Ende sprechen lassen Selbst ruhig bleiben Verbalisieren der Gefühle des anderen und damit Akzeptanz zeigen – Ärger zulassen! Eventuell entschuldigen oder Bedauern zum Ausdruck bringen Aktiv zuhören Verständnisfragen stellen Nach Lösungswünschen fragen oder Lösungen anbieten 1. Beziehung 2. Sache Problemgespräch Ich habe ein Problem mit dem Verhalten meines Gesprächspartners Umgang mit Konflikten Problembewusstsein schaffen: Ich-Botschaft (ich hab ein Problem....ein Anliegen) Verhalten, Situation im Detail beschreiben Auswirkungen des Verhaltens schildern Gefühle, die es bei mir auslöst Eventuell Bitte um Veränderung oder Einladung gemeinsam das Problem zu lösen suchen Zeit lassen und nicht sogleich mit Lösungsvorschlägen kommen 23 Kooperative Konfliktbewältigung - 6-Phasen-Modell Theoretische Grundannahmen: 1. Konflikt und Konfliktbewältigung aktivieren in uns geistige und gefühlsmäßige Vorgänge. Diese Vorgänge sind aber nur dann kreativ, konstruktiv und erfolgreich, wenn sie in ein gefühlsmäßig akzeptables Klima eingebettet sind. Konflikte sind dennoch meist belastend, deshalb ist es wichtig, sie für alle Beteiligten auch emotional wieder abzuschließen. 2. Konflikt und Konfliktbewältigung spielen sich meist sowohl auf der Ebene der eigenen Person als auch auf der zwischenmenschlichen Ebene ab. Nur in seltenen Fällen bleibt ein Konflikt auf eine Ebene beschränkt. Das Phasenmodell bringt diesen Zusammenhang deutlich zur Darstellung und ermöglicht damit, Konflikte wirklich zu bewältigen (statt sie von einer Ebene auf die andere zu verschieben). Phase A: Erregung kontrollieren Ein Konflikt wird spürbar, wenn wir in irgendeiner Weise behindert oder beeinträchtigt werden. Normalerweise reagieren wir darauf mit erhöhter Erregung, um die Einschränkung zu überwinden bzw. zu beseitigen. Daher setzt der Prozess der Konfliktbewältigung in der Person an: Unsere erste Aufgabe ist es, die eigene Erregung unter Kontrolle zu bringen. Nur so besteht die Chance zu einer vernunftgeleiteten Auseinandersetzung. Die Kontrolle der Erregung kann erfolgen durch: 1) Verhinderung des eigenen Angriffs durch: Abfuhr (Teller schmeißen) Abblocken (Zähne zusammenbeißen) Übersehen (Ist ja nicht so schlimm!) Vorsicht: Hier besteht die Gefahr der Verdrängung. 2)Bedürfnis nach Beruhigung Positive Gedanken (Ich denke an etwas anderes.) Negative Gedanken (Es hätte noch viel schlimmer sein können.) Vorsicht: Trotz Beruhigung bleibt der Konflikt weiter bestehen. Konstruktive Gedanken (Wie kann ich den Konflikt in den Griff bekommen?) Umgang mit Konflikten 24 3) Kooperative Konfliktbewältigung Sich selber beobachten (Ich nehme wahr, was mit mir los ist.) Den anderen beobachten (Wie benimmt sich der/die andere?) Vorsicht: Nur nützlich, wenn der nächste Schritt erleichtert wird. Den anderen/die andere dahin bringen, dass er/sie in ein Gespräch einwilligt. (Mein Verhalten sollte dazu führen, dass seine/ihre Erregung ebenfalls beruhigt wird.) Phase B: Vertrauen herstellen Nun richtet sich der Blick auf die andere Konfliktpartei. Zu ihr muss eine Beziehung hergestellt werden, die die Grundlage für eine gemeinsame Suche nach der besten Lösung abgeben kann. Vertrauensbildende Maßnahmen sind also der nächste Schritt. Persönliche Voraussetzungen dafür: 1) Jemandem vertrauen kann gute, aber auch schlimme Auswirkungen haben. Vertrauen heißt Risiko eingehen. 2) Wer vertraut, liefert sich aus: Die Folgen hängen allein von der Person ab, der vertraut wird. 3) Die Folgen enttäuschten Vertrauens sind schlimmer als der mögliche Gewinn erfüllten Vertrauens. 4) Trotzdem entscheidet sich eine Person, einer anderen zu vertrauen. Sie ist zuversichtlich, dass ihr Vertrauen nicht missbraucht wird. Maßnahmen, die Vertrauen schaffen können: Selbstoffenbarung Befürchtungen), (Mitteilen der eigenen Betroffenheit, Hoffnungen und Schonung des/der anderen (darauf verzichten, den anderen zu provozieren oder zu verletzen, bzw. Schwächen des/der anderen auszunützen). Umgang mit Konflikten 25 Phase C: Offen kommunizieren Vertrauen im Prozess der Konfliktbewältigung bedarf der ständigen Vergewisserung. Diese kann nur durch eine offene Kommunikation zuwege gebracht werden. In unserer Gesellschaft wird jedoch häufig die verschlossene Kommunikation mit ihrer Pokerstrategie angewendet. Unter dem Deckmantel der Sachlichkeit werden oft Machtkämpfe ausgefochten. Zusätzlich dürfen Gefühle keine Rolle spielen. Verschlossene Kommunikationsmuster: bewerten (loben, kritisieren, vergleichen) kontrollieren (durch Drohung oder Zwang Verhalten bzw. Einstellungen des/der anderen ändern wollen) strategisch taktieren (eigene Ziele nicht preisgeben) Überlegenheit (Macht, Position, Wissen) ausspielen sicher sein(die eigentliche Antwort schon kennen) Offene Kommunikationsmuster: beschreiben (über beobachtetes Verhalten informieren) problemorientiert (eine gemeinsame Lösung wünschen) spontan (eigene Motive und Absichten mitteilen) einfühlend (den/die andere/n verstehen und respektieren wollen) partnerschaftlich (auf gleichberechtigter Basis planen und handeln) vorläufig (bereit zu experimentieren und nicht vorschnell zu urteilen) Phase D: Problem lösen Nachdem die Vorbedingungen für eine konstruktive Problemlösung angesprochen wurden, nämlich die Bereitschaft beider Parteien den Konflikt kooperativ zu bewältigen, sind nun folgende Schritte zur Problemlösung nötig: 1) Die Definition des Problems Wichtig ist, zu sehen, dass jedes Problem sowohl einen sachlichen als auch einen persönlichen Aspekt hat. Fragen, die die Problemdefinition erleichtern können: Was können wir tun, damit wir wieder zusammenarbeiten können? Umgang mit Konflikten 26 Worin liegt das Problem, wie äußert es sich und welche Wirkung hat es? (Verhaltensnahe Beschreibung) In welcher Weise verhindern unterschiedliche Werthaltungen und Präferenzen eine Problemlösung? Wie können begreifliche Eigeninteressen jeder Seite so eingebracht werden, dass ein gemeinsames Handeln wieder möglich wird? 2) Suche nach einer Lösung Wichtig ist hierbei, den unnachgiebigen Anspruch auf eine für beide Seiten befriedigende Lösung zu haben, sowie ein möglichst flexibles Suchverhalten an den Tag zu legen und sich nicht auf althergebrachte Lösungsmodelle einzuschränken. Das heißt: Die ersten Einfälle nicht sogleich als die besten betrachten, sondern der eigenen Kreativität Zeit geben. Auch Meinungen und Vorstellungen anderer Personen einholen. Es geht um die Beseitigung von Behinderungen und nicht um die Bekehrung und Umerziehung anderer. Durch Brainstorming (das Aussprechen aller Gedanken) alle Möglichkeiten ausschöpfen. 3) Treffen einer Entscheidung Die Entscheidung für eine Lösung fällt leichter, wenn sie beiden Seiten entgegenkommt. Dies ist der Fall, wenn jede Seite ihre Absichten oder Vorstellungen wenigstens teilweise verwirklichen kann oder mindestens eine Seite ihre Befürchtungen als gegenstandslos erkennt. Die Lösungsvorschläge können sich beziehen auf: die Vorstellungen und Wünsche einer Seite, wenn die andere Seite dafür Kompensationen erhält, das Gesicht wahren kann und keinen Präzedenzfall fürchten muss, neue Lösungen, wenn Zwänge gemindert oder außer Kraft gesetzt werden, wie das Erfüllen bestimmter Wünsche, die Erweiterung von Ressourcen oder die Übereinstimmung nur für einen bestimmten Punkt, wechselseitige Konzessionen. Umgang mit Konflikten 27 Checkliste für den Problemlösungsprozess Ist das Problem klar und verständlich definiert? Gibt es mehrere Definitionen des Problems? Sind die sachlichen und persönlichen Aspekte des Problems berücksichtigt? Wurden alle notwendigen Informationen gesammelt und ausgetauscht? Sind die Zielvorstellungen der Parteien allen klar und verständlich? Sind die Parteien bereit, verschiedene Lösungswege zu erarbeiten? Sind die Parteien bereit, ausdauernd nach einer Lösung zu suchen? Herrscht Übereinstimmung über die Präferenzen bei der Bewertung einer Lösung? Wird bei der Entscheidung für eine Lösung berücksichtigt, ob sie neuartig ist, Kompensationen enthält oder Kompromisse zulässt? Sind alle Beteiligten bereit, die Entscheidung zu akzeptieren und mit zu tragen? Phase E: Vereinbarung treffen Eine gefundene Einigung muss fixiert werden. Jede Einigung in einem Konflikt bedarf von beiden Parteien einer gewissen Willensanstrengung. Es ist daher gut, die persönliche Motivierung nicht zu überfordern. Eine Vereinbarung hat folgende Vorteile: Sie entzieht die Einigung der persönlichen Willkür und macht sie dadurch verlässlicher. Sie entlastet die Beziehung von permanenten Kontrollen, die ja doch bloß wieder Misstrauen ausdrücken und wecken. Sie verankert die Einigung durch ein formales Symbol und erhöht dadurch die Verbindlichkeit. Vereinbarungen und Regelungen werden eher eingehalten, wenn sie die folgenden Merkmale berücksichtigen: Sie sind nicht gegen zentrale Interessen oder grundlegende Vorstellungen einer Partei gerichtet. Zwischen den Konfliktparteien besteht ein gewisses Maß an Vertrauen. Die Vereinbarungen sind klar, eindeutig und widerspruchsfrei formuliert. Umgang mit Konflikten 28 Die Vereinbarungen sind auch anderen bekannt. Sie legen fest, was jede Seite zu tun oder zu unterlassen hat. Werden die Vereinbarungen nicht eingehalten, ist mit Sanktionen zu rechnen. Die Beachtung der Regelung wird belohnt durch eine ungehinderte und störungsfreie (Arbeits-) Beziehung. Phase F: Persönlich verarbeiten Die Konfliktbewältigung findet eigentlich erst in der Person ihren Abschluss, nämlich dann, wenn sie selbst rückblickend sagen kann, dass der Konflikt so zu Ende gekommen ist, dass sie sich nicht mehr weiter an ihm stört, dass sie mit der getroffenen Vereinbarung leben und arbeiten kann. Kreislauf der Konfliktbewältigung A. Erregung kontrollieren PERSON PERSON F. Persönlich verarbeiten E. Vereinbarung treffen B. Vertrauen herstellen SACHE BEZIEHUNG D. Problem lösen Umgang mit Konflikten C. Offen kommunizieren 29 Zwei Strategien der Konfliktbewältigung Man kann zwei grundlegende Strategien unterscheiden, mit denen Menschen an Konflikte herangehen: Die Poker-Strategie leitet sich aus der festen Überzeugung ab, dass es in jedem Konflikt SiegerInnen und VerliererInnen geben muss. Also gilt es, sich auf Kosten des anderen durchzusetzen. Die Problemlösungs-Strategie geht den Konflikt als Problem an, dessen geeignete Bearbeitung beiden Seiten Vorteile bringt. PROBLEMLÖSUNGS-STRATEGIE POKER-STRATEGIE Definition Definition Ich betrachte den Konflikt gemeinsames Problem. als Absichten unser Ich gehe davon aus, dass einer sich im Konflikt durchsetzen muss. Das möchte ich sein. Absichten Ich kenne meine Wünsche, Interessen und Ich kenne zwar meine Wünsche, Interessen Ziele und habe vor, sie unmissverständlich und Ziele, aber ich werde mich hüten, sie offen zu legen. offen zu zeigen: entweder schweige ich mich aus oder stelle sie verzerrt dar. Ich suche nach einer Lösung, die uns beide Ich werde alles daran setzen, dem anderen zufrieden stellt. meine Position aufzuzwingen. Ich möchte gemeinsame Ziele verfolgen. Umgang mit Konflikten Ich will meine eigenen Ziele verfolgen. 30 Verhalten Verhalten Ich suche Machtunterschiede auszugleichen, Ich suche Machtunterschiede bewußt indem ich herauszustreichen, indem ich - hervorhebe, wie wichtig es ist, dass - gleich zu Beginn feststelle, dass es gänzlich wir zu einer gemeinsamen Lösung kommen, unerheblich ist, ob wir zu einer gemeinsamen Lösung kommen, - betone, dass angewiesen sind. wir beide aufeinander - hervorhebe, dass ich vom anderen in keiner Weise abhängig bin. Ich stelle zu Beginn meine Gefühle, Ich lasse zu Beginn den anderen im unklaren Interessen, Absichten und Positionen offen über meine Gefühle, Interessen, Absichten und Positionen; ich halte mich zurück und und unverfälscht dar. "lasse ihn kommen". Während der andere spricht, versuche ich, Ich vermeide es, mich in die Lage des anderen hineinzuversetzen; das "psychologisiert" nur mich in ihn hineinzuversetzen. den Konflikt. lasse ich Versprechungen Weder locke ich mit Versprechungen noch Anfangs durchblicken; wenn der andere aber nicht verunsichere ich mit Drohungen. nachgeben will, drohe ich ganz unverhüllt. Negative Gefühle sage ich so, dass sie nicht Negative Gefühle bringe ich scharf zum verletzen. Ausdruck, auch wenn sie verletzen. Heftige Gefühle (Zorn, Ungeduld) gebe ich Heftige Gefühle halte ich zurück, aber ich temperamentvoll wieder (=heißer Konflikt). nehme mir vor, sie zu einem späteren Zeitpunkt in gezielten Bemerkungen "heimzuzahlen" (=kalter Konflikt). Ich gebe zu verstehen, dass meine Position Ich gebe unmissverständlich zu erkennen, flexibel ist. dass ich von meiner Position nicht abrücken kann und werde. Ich zeige mich kooperativ, um eine Ich zeige mich kooperativ, um die kooperative Beziehung herzustellen oder zu Kooperationsbereitschaft des anderen zum stabilisieren. Durchsetzen meiner Ziele auszunutzen. Umgang mit Konflikten 31 Formulieren Sie allgemeine Aussagen in Ich-Botschaften um Unpersönliche, allgemeine Aussagen Man unterbricht nicht Ausführung eines Dritten. einfach Ich - Botschaften die Man bekommt den Eindruck, du würdest dich im Team nicht wohl fühlen. Es nervt, wenn jemand alles ins Lächerliche zieht. Mir scheint, du hast das in allerletzter Minute zusammengebastelt. Ob man mit dem Ergebnis zufrieden sein kann? Es wirkt fast, als hättest du keine Lust mit mir zusammen zu arbeiten. Es kann einem wirklich aufregen, wenn jemand immer gleich beleidigt ist. Umgang mit Konflikten 32 Merkmale von Konflikten A) Innere Konflikte Die Person im Konflikt fühlt sich selbst, ihr Ich unmittelbar betroffen, malt sich aus, was geschehen würde, wenn ... (sie sich so oder anders entschiedet), erlebt sich als verunsichert und ungewiss, erfährt einen Druck, diese Störung zu überwinden, empfindet diese Situation als belastend und angespannt. 1. Annäherungs - Annäherungs - Konflikt Die Person steht zwischen zwei Zielen, die sie für gleich wertvoll hält, aber nicht gleichzeitig anstreben/erreichen kann. + P + 2. Vermeidungs - Vermeidungs – Konflikt Die Person muss zwischen zwei Gegebenheiten entscheiden, die sie beide als Übel ansieht. - P - 3. Annäherungs - Vermeidungs - Konflikt Die Person steht vor einer Entscheidung, die ihr sowohl Wertvolles wie Übles bringt. + Umgang mit Konflikten P + - 33 B) Zwischenmenschliche Konflikte In einer Gruppe oder Beziehung wird verzerrt, irreführend kommuniziert, bewusst getäuscht, wird viel schärfer wahrgenommen, was trennt, worin man verschieden, unvereinbar ist, herrschen Misstrauen, Argwohn und offene Feindseligkeit, arbeitet jeder für sich, versucht, anderen sein Vorgehen aufzuzwingen. Diese vier Merkmale ergänzen sich zum Konfliktsyndrom. Umgang mit Konflikten 34 Mögliche Konfliktursachen Gegensätzliche Ziele und Interessen (z.B. Qualität – Kosten) Unterschiedliche Informationen und Infoverarbeitung Zielkonflikt Unterschiedliche Erfahrungen und Methoden Beurteilungskonflikt Diskrepanz zwischen verfügbaren Mitteln und Ansprüchen Verteilungs konflikt Sachebene Konflikte beruflichen Alltags Wertekonflikt Unterschiedliche persönliche Werte politische, religiöse, soziale Werte) Beziehungskonflikt Beziehungsebene (z.B. Antipathie Misstrauen Vorurteile Konfliktwahrnehmung Signale für einen Konflikt: aggressiver Kommunikationsstil verhärtete Diskussionen Killerphrasen, Schlagworte unter die Gürtellinie Themen zerreden keine Kompromissbereitschaft sich zurückziehen Weigerung, Aufgaben zu übernehmen - Verweis auf andere Abwesenheit Unaufmerksamkeit, Passivität, Vermeidung von Augenkontakt Flucht in andere Arbeiten außerhalb des Projektes heimliche Blockaden: Aussagen und Handeln klaffen auseinander nicht eingehaltene Vereinbarungen, Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit etc. Umgang mit Konflikten 35 Unterschiedliche Reaktionen aus den unterschiedlichen Hirnarealen Stress oder - der Urmensch in uns! Unsere Vorfahren hatten in gefährlichen Situationen 3 Möglichkeiten um zu überleben. Sie konnten sich zwischen Kampf, Flucht oder totem Mann entscheiden. Heute ist das Leben in vielen Bereichen weniger bedrohlich und dennoch erleben wir in Ausnahmesituationen ähnliche Reaktionen, z.B. bei Unfällen, wo wir in einen Schock fallen, bei körperlichen Attacken, wo wir entweder zurückschlagen oder flüchten. Unter Druck werden diese ureigensten menschlichen Verhaltensweisen oft in abgeschwächter Form wirksam, wir benutzen hier das emotionale Gehirn, sozusagen unsere Datenautobahn im Gehirn. das emotionale Gehirn Wir reagieren dann: Instinktiv und impulsiv (unmittelbar) – ohne nachzudenken, ohne an die Folgen unseres Tuns zu denken Irrational (unberechenbar) – die Reaktion steht in keinem Verhältnis zu dem Vorfall Defensiv (abwehrend)– wir gehen in Verteidigungsposition Und so sind die Auswirkungen: persönliche Beleidigungen Schimpfworte Schreien das denkende Gehirn Die Graue Gehirnsubstanz ist der am höchsten entwickelte Teil des Gehirns. Wenn wir wollen, können wir diesen Teil benutzen, um unsere wichtigsten Instinkte zu bezwingen. Dadurch können wir über Situationen Kontrolle erlangen. Wir reagieren dann: indem wir überlegen, Tatsachen überdenken Probleme lösen wollen Zu guten Ergebnissen kommen wollen Kontrolle über unser Verhalten haben und das Gespräch kontrolliert führen In Berufskontakten ist dieser Teil des Gehirns besonders beansprucht, wenn wir auf selbstsichere Weise mit GesprächspartnerInnen umgehen wollen. Wenn wir zulassen, dass Umgang mit Konflikten 36 das emotionale Gehirn unsere Reaktion auf eine/n SchülerIn, Elternteil oder KollegIn mit zornigem Benehmen bestimmt, lassen wir zu, dass der/die GesprächspartnerIn uns unter Kontrolle hat! Wenn es uns gelingt, unser ‚denkendes Gehirn’ zu benutzen, fühlen wir uns wohler, wir verringern den Stress und können leichter ein positives Ergebnis erzielen. Umgang mit Konflikten 37 Das richtige Verhalten wählen Das emotionale Gehirn Das denkende Gehirn natürliche Verhaltensweisen erlernte Verhaltensweisen instinktiv konstruktiv ohne Sinn und Ziel lösungsorientiert unmittelbar kontrolliert unberechenbar überlegt „ich-bezogen“ „wir-bezogen“ Die Situation kontrolliert uns. Wir haben uns selbst und damit auch die Situation unter Kontrolle. aggressives/passives/unterwürfiges Verhalten selbstsicheres Verhalten reagieren agieren Umgang mit Konflikten 38 Meine Reaktion im Griff haben Das ‚emotionale Gehirn’ unter Kontrolle halten 1. Nimm es nicht persönlich – du bist zufällig gerade da. 2. Mach dir klar, dass Sie Ihr Verhalten frei wählen können. 3. Beschäftige dich mit dem Problem des/der GesprächspartnerIn, nicht mit seiner/ihrer Wut. 4. Denk dich in die Perspektive des/der anderen hinein – warum ist er/sie verärgert? Chill-out & cool-down-Survialtipps - erste Hilfe bei Wutausbrüchen Wenn dein Blut in Wallung gerät, dann tu das Folgende: Versuche, dir bewusst zu werden, wie du dich fühlst, und kurz innezuhalten. Es hilft, wenn du über dich selbst in der dritten Person nachdenkst. Also nicht. Ich bin ängstlich oder sauer, sondern Rosa/ Tom fühlt sich ... Das klingt verrückt, aber es hilft, um Distanz zu gewinnen. Probier also, aus dir herauszutreten und dich selbst von außen zu betrachten. Und/Oder: Halt den Mund und zähle langsam bis zehn. Und/Oder: Atme fünfmal tief durch die Nase, halte zwei Sekunden die Luft an und atme dann langsam aus. Und/Oder: Sag zu dir selbst: Ruhig bleiben, ruhig bleiben... Es geht vorbei, in ein paar Minuten fühle ich mich schon wieder ruhiger. Und/Oder: Versuche, langsam und flach in den Bauch zu atmen. Wenn du schnell und hoch in deiner Brust atmest, wirst du immer hektischer. Und/Oder: Geh kurz weg, um dich zu beruhigen. Sag zu den anderen, warum du verschwindest und dass du wieder zurückkommst. Umgang mit Konflikten 39 Wie eröffne ich ein Konfliktgespräch? Anweisung: Finden Sie (am besten in der Gruppe) Formulierungen, mit denen Sie in den folgenden Situationen ein Gespräch eröffnen können, das zu einer kooperativen Konfliktbewältigung einlädt. Bereiten Sie sich auf dieses Gespräch in der von Ihnen übernommenen Rolle vor. Diese Gesprächsituationen nachbesprochen. werden im Plenum anschließend vorgespielt und 1. Ein/eine KollegIn lässt ständig ihren Sesselkreis zurück. Sie haben ihm/ihr schon häufig gesagt, dass Ihnen das unangenehm ist, weil Sie dann Ihre Unterrichtszeit mit dem Umstellen der Sessel und Bänke verkürzen müssen. Gerade eben kommt sie aus der Klasse und die Sessel stehen irgendwie, die Tische an den Wänden. 2. Der/die KollegIn hatte Ihnen versprochen, sich für Sie wegen der Stundenverteilung im Stundenplanteam einzusetzen. Heute haben Sie aus verlässlicher Quelle erfahren, dass er/sie überhaupt nichts unternommen hat. Ihr Stundenplan ist höllisch schlecht – eine 60% Lehrverpflichtung auf fünf Tage verteilt. Sie müssen doch Ihre zwei kleinen Kinder betreuen und wollen sie nicht dauernd zu einer Tagesmutter geben. 3. Sie (DirektorIn) haben einem/einer KollegIn einen Auftrag gegeben mit der dringenden Bitte, ihn pünktlich bis zum Wochenende zu erledigen. Obwohl die Sache außerordentlich wichtig ist, sehen Sie am Freitagmorgen, dass der/die KollegIn nicht rechtzeitig fertig wird. 4. Sie beobachten schon seit längerem, dass ein Kollege/eine Kollegin sich offenbar mit dem/der DirktorIn sehr gut versteht. Sie sehen sie häufig beisammen und sich leise unterhalten. Als Sie heute dazukommen, hören beide auf zu reden. Der Kollege/die Kollegin geht mit Ihnen in das leere Konferenzzimmer zurück. 5. Sie beziehen in der neuen Schule neue Plätze. Sie fühlen sich bei der Zuteilung Ihres Arbeitsplatzes gegenüber den anderen KollegInnen benachteiligt. Das sagen Sie dem/der DirektorIn. Umgang mit Konflikten 40 Mediationsverfahren Die Kontrahenten/innen müssen genau wissen, was auf sie zukommt und worauf es ankommt. Daher sollten der Ablauf der Mediation, die Rolle der Mediatoren/innen und die unverzichtbaren Grundregeln beschrieben werden. Außerdem gilt auch hier die Regel, dass alle Seiten die gleichen Informationen bekommen und das auch bewusst wahrnehmen sollen. Der Ablauf der Mediation sollte in groben Zügen erläutert werden. Wichtig ist, dass den Kontrahenten/innen selber einigermaßen klar ist, wann was „dran ist“, z. B. wann der richtige Zeitpunkt ist, Lösungsvorschläge zu präsentieren. Die Mediatorlnnen erklären, dass sie über diesen Ablauf wachen und – falls nötig – auch eingreifen werden, um etwas auf später zu verschieben. Durch eine solche Vorankündigung, sind die Teilnehmer/innen schon „vorgewarnt“, so dass eine derartige Intervention dann auch auf Verständnis stößt. Ebenfalls sinnvoll ist die Vorankündigung möglicher getrennter Einzelgespräche: Wenn die Mediatoren/innen es für sinnvoll erachten oder wenn eine Konfliktpartei es wünscht, kann die gemeinsame Sitzung unterbrochen werden, um ein solches Gespräch unter vier Augen zu führen. Wird diese Möglichkeit schon an dieser Stelle erwähnt und begründet, verliert das Eintreten dieses Falles an Schärfe, und die Teilnehmer/innen werden dadurch nicht verunsichert oder argwöhnisch. Zur Rolle der Mediatoren/innen sollte auf jeden Fall klargestellt werden, dass nicht sie den Konflikt lösen werden, sondern dass das die Aufgabe der Konfliktbeteiligten selber sein wird; dass sie für das Verfahren verantwortlich sind, nicht für den Inhalt der Konfliktlösung; dass sie mit den Äußerungen der Gesprächsteilnehmer/innen vertraulich umgehen werden, falls nicht anders vereinbart; dass sie nicht werten oder urteilen und auch nicht Partei ergreifen werden. Unverzichtbare Grundregeln sind: Die andere Seite ausreden lassen und während dessen aufmerksam zuhören! Keine beleidigende Sprache oder gar tätliche Übergriffe! Die Mediatorlnnen achten auf die Einhaltung der Grundregeln und auf den Prozess: Falls erforderlich, greifen sie ein und können dabei durchaus auch unterbrechen! Weitere Regeln können gemeinsam vereinbart werden, z. B. was die Vertraulichkeit oder den Umgang mit der Presse angeht. All diese Informationen zum Mediationsprozess können zusätzlich auf einem Informationsblatt zusammengestellt und den Mediationsteilnehmern/innen ausgehändigt werden. Damit die Grundregeln im Eifer des Gefechtes nicht vergessen werden, können sie gut sichtbar ausgelegt oder aufgehängt werden. Umgang mit Konflikten 41 Das Mediationsgespräch 1. Einleitung Gute Atmosphäre schaffen: Sie soll angenehm, entspannt, angstfrei, kooperativ, vertrauensvoll sein. Vorstellung der Mediatoren/innen und Kontrahenten/innen Bisheriger Stand der Dinge: Art der Kontaktaufnahme und Informationsstand der Mediatoren/Mediatorinnen Bestätigung bzw. Korrektur, Erwartungen der Teilnehmer/innen erbitten bzw. erfragen Mediationsprozess erklären: Verfahren, (Rolle der Mediatoren/Mediatorinnen, Grundregeln möglicherweise erst aushandeln) (evtl. zusätzliches Info-Blatt) Offene Fragen klären Bereitschaft, sich auf das Verfahren einzulassen, erfragen Widerstände ernst nehmen und berücksichtigen Geschäftliches (Vertrag) und Organisatorisches regeln (Zeitplan, Notizen etc.) evtl. Themen sammeln, ordnen und gewichten Tagesordnung/Reihenfolge der Themen festlegen 2. Sichtweise der einzelnen Konfliktparteien Sichtweise jeder einzelnen Konfliktpartei abfragen: Fakten und Gefühle den Mediatoren/Mediatorinnen erzählen lassen Nachfragen, aktives Zuhören durch die Mediatoren/innen Zusammenfassung durch die Mediatoren/innen Verständnisfragen von den Kontrahenten/Kontrahentinnen Rückmeldung durch die Gegenseite(n) soweit möglich und hilfreich direkte Kommunikation zwischen den Konfliktparteien und Spiegeln des Gehörten durch die Angesprochene(n) (Hilfestellung durch die Mediatoren/Mediatorinnen) sonst: Kommunikation über die Mediatoren/Mediatorinnen Gemeinsamkeiten und Differenzen festhalten (Mediatoren/ Mediatorinnen) 3. Konflikterhellung/Vertiefung Befragung zu den einzelnen Problemen durch die Mediatoren/Mediatorinnen (beide/alle Seiten im Wechsel) (mit einfachem und/oder dringlichem Problem anfangen) bisher nicht genannte Interessen, Gefühle und Hintergründe herausarbeiten Wünsche/Idealvorstellungen aussprechen lassen direkte Kommunikation herstellen (besonders bei positiven Aussagen, IchBotschaften und Wünschen) Reaktion der anderen Seite(n) erfragen Umgang mit Konflikten 42 4. Problemlösung/Entwurf von Lösungen Lösungsmöglichkeiten sammeln: Ideensammlung (Brainstorming) evtl. Ideen von Mediatoren/Mediatorinnen einbringen Bewertung und Auswahl der interessantesten Vorschläge Ausarbeitung, Heranziehen von Sachinformationen 5. Übereinkunft Einigung auf die beste Lösung und Übereinkunft formulieren Umsetzung, Kontrolle und Umgang mit künftigen Problemen klären Unterzeichnung der Vereinbarung Abschluss: evtl. mit versöhnlicher Geste, Dank an die Beteiligten Umgang mit Konflikten 43 Kommunikationsrichtungen während des Mediationsgesprächs Besonders, wenn Konflikte emotional aufgeheizt sind und das „Gespräch“ zwischen den Streitenden nur noch destruktiv ist, kann das Mediationsverfahren sehr hilfreich sein. Die vermittelnde Person stellt sich als „Hilfsbrücke“ für die Kommunikation zur Verfügung und ermöglicht Schritt für Schritt wieder eine direkte Kommunikation zwischen den Streitenden. Folgende Phasen werden dabei gewöhnlich durchschritten: 1. Ausgangssituation Die Streitenden können oder wollen nicht mehr direkt miteinander reden. Starke negative Gefühle lassen jeden Kommunikationsversuch scheitern und in einen destruktiven Streit ausarten. 2. Beginn des Mediationsgesprächs Der/die Mediatorln wendet sich den Streitenden zu, informiert sie über den Mediationsprozess, schafft eine vertrauensvolle Atmosphäre und lässt sich den Streithergang von den Beteiligten erzählen. Gegenüber der neutralen und akzeptierten vermittelnden Person lässt sich die Geschichte zusammenhängend und ohne größere Ausfälligkeiten (welche der/die Mediatorln durch Umformulieren „neutralisiert“) schildern. Unterbrechungen und eskalierende Einwürfe der Gegenseite können weitgehend ausgeschaltet werden, da die KontrahentInnen nicht direkt in das Gespräch einbezogen werden, sondern lediglich zuhören sollen. Die erzählende Person wird emotional entlastet, während die zuhörenden Personen einiges Neues erfahren können. Umgang mit Konflikten 44 3. Schrittweise direkte Kommunikation herstellen Der/die Mediatorln ermöglicht erste nicht-verletzende Direktkontakte, indem er/sie Gelegenheit zu klärenden Rückfragen gibt und wichtige Kernsätze zum Verständnis der anderen Person „spiegeln“ lässt. Durch Anleitung und Vorbild des Mediators/ der Mediatorin lernen die KontrahentInnen, wie sie aktiv zuhören und das Gehörte nicht wertend wieder geben können. Das Vertrauen kann dadurch wiedergewonnen werden. 4. Zunehmende Direktgespräche Je mehr die Hintergründe eines Streits erhellt werden, desto mehr Verständnis für die KontrahentInnen ist möglich. Unter Anleitung und Hilfestellung durch den/die Mediatorln kann das direkte Gespräch in fruchtbarer Weise geführt werden. 5. Seite an Seite nach Lösungen Aus dem „unversöhnlichen Streit“ ist ein „gemeinsames suchen Problem“ geworden, das nun auch gemeinsam gelöst werden soll. Anstatt gegeneinander wird nun Seite an Seite miteinander nach einer Lösung gesucht. Der/die Mediatorln gibt nur noch methodische Hilfestellung und lässt das Gespräch zunehmend zwischen den Konfliktpartnern/Konfliktpartnerinnen stattfinden. Die Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen führt zu neuen positiven Gefühlen und festigt die Vertrauensbasis. Umgang mit Konflikten 45 6. Ohne fremde Hilfe wieder Wenn eine Vereinbarung getroffen wurde, zieht sich miteinander auskommen der/die Mediatorln wieder zurück. Die Grundlage für ein künftig vertrauensvolleres Zusammenleben oder Zusammenarbeiten ist gelegt (oder die Kontrahenten/Kontrahentinnen trennen sich - ohne Hass und mit Absprachen bzgl. gemeinsamer Belange). Lediglich zur Vergewisserung, ob die Vereinbarungen geholfen haben, bzw. zur Korrektur derselben, tritt der/die Mediatorln nochmals in Erscheinung. (Bilder in Anlehnung an Community Board, San Francisco.) Natürlich unterscheidet sich dieser Ablauf je nach Art des Konfliktes, dem Verhalten der beteiligten Personen und der Entwicklung des Mediationsprozesses. Als Grundregel kann angesehen werden, dass die KontrahentInnen umso mehr auseinandergehalten werden und der Austausch über die Mediatoren/Mediatorinnen läuft, je destruktiver die direkte Kommunikation zwischen den Streitenden abläuft. Und umgekehrt: Je positiver die Streitenden den direkten Austausch gestalten können, desto mehr entfällt die „Ersatzbrücke“ der Mediatoren/Mediatorinnen. Konfliktbearbeitungs-Phase Techniken und Methoden, die vorwiegend in der Phase der Konfliktbearbeitung (Sichtweise der einzelnen – Konflikterhellung) angewendet werden können, sind: Fragen o o o o „Einfache“ Fragen sollten möglichst sparsam verwendet werden; andernfalls könnte sich die befragte Person ausgefragt oder wie in einem Verhör vorkommen. Es sollten in dieser Phase möglichst offene Fragen verwenden werden. Offene Fragen sind Fragen, die keine Antwortkategorie vorschreiben. Fragen, durch die eine eigene Vermutung überprüft werden soll, sind zu vermeiden. Es besteht sonst die Gefahr, dass ein fürchterliches Nachdenken und Bemühen, eine „richtige“ Antwort zu geben, einsetzt. Beispiele für gute Fragen: „Was geht in Ihnen jetzt vor (wenn Sie das so hören) ?“ „Was hat das für Hintergründe, wenn Sie so klar sagen: ‘Nein, das will ich nicht!?“ „Was möchten Sie jetzt? Sie sagen: ‘Das kommt gar nicht in Frage!‘ - Können Sie noch etwas mehr darüber sagen? Sie sagen, das würden Sie nie tun -‚ können Sie sagen, was Sie daran hindert?“ „Sie sagen: ‘Das wäre ja wohl das Letzte!‘ Was stört Sie am meisten dran?“ Umgang mit Konflikten 46 Zur Aussage auffordern Als Einstieg ins Gespräch können Fragen bzw. Aufforderungen folgender Art nützlich sein: „Können Sie vielleicht etwas schildern, was Sie dazu gebracht hat, dass Sie nun hier zusammen mit Ihrem Mann sitzen?“ Oder später: „Was macht sie so verzweifelt? Was drücken die Tränen aus?“ Die Kontrahenten/innen sollen lernen, gerade in schwierigen Situationen alles, was ihnen klar ist, in Worte zu kleiden und sich auszudrücken. Zur Reaktion auffordern „Wie reagieren Sie darauf?“ „Was löst das bei Ihnen aus?“ „Wussten Sie das schon?“ „Was sagen Sie dazu?“ „Ist das neu für Sie oder ist das altbekannt?“ Schweigen Werden Antworten gegeben oder Behauptungen aufgestellt, die offensichtlich überzogen sind, kann ein „vernehmbares“ Schweigen darauf der betreffenden Person ihren Fehlgriff bewusst machen und sie zu einer Korrektur bewegen. Echo-Antworten Ein Wort oder ein Satz der sprechenden Person wird wiederholt, um so deren Aufmerksamkeit unaufdringlich auf das zu richten, was einem noch unklar ist. EchoAntworten erlauben es, den Gang des Gesprächs zu lenken, ohne es groß zu unterbrechen. Beispiel: „Seine Hunde sind riesig groß, beängstigend und bellen den ganzen Tag...“ „Beängstigend.“ „Ja, sie kommen auf einen zugerannt, und ich habe Angst, dass sie die Kinder oder mich heißen. Drastizifierendes Zuhören Das drastifizierende Zuhören ist eine Unterart des aktiven Zuhörens. Zum Beispiel wird die Aussage „Es stört mich manchmal schon ein bisschen, wenn mein Partner trödelt.“ gespiegelt als „Wenn Ihr Partner also herumtrödelt und Sie warten lässt, kommen Sie allmählich innerlich in Weißglut. Sie fühlen sich dann nicht ernstgenommen‘ Aus „stört mich ein bisschen“ wurde „in Weißglut“ kommen. Damit wird ausgedrückt, dass Aggressionen Umgang mit Konflikten 47 wahr- und ernstgenommen werden sollen. Kontrasuggestion Die Kontrasuggestion gehört zu den drastifizierenden Reaktionsweisen, wobei eine paradoxe Absicht hinzukommt. Eine bestimmte Wirkung soll erzielt werden, indem das Gegenteil von dem unterstellt wird, was man eigentlich erreichen möchte. Die Kontrasuggestion soll zum Widerspruch reizen, falls einer vorhanden ist. Beispiel: „Es macht ihnen also nichts aus~, wenn ihnen die anderen nicht mehr vertrauen. Sie sind sich Ihrer Sache sicher und brauchen das Vertrauen und die Anerkennung von anderen nicht.“ (ohne ironischen Unterton oder hämisches Lächeln!) Konkretisieren lassen Bei vagen und indirekten Aussagen, die keine „Angriffsfläche“ bieten, sollten die Mediatoren/innen zum Konkretisieren auffordern, z.B. durch direktes Nachfragen: „Wissen Sie ein Beispiel?“, „Können Sie das mal konkreter sagen ?“ Ins-Blaue-hinein-Vermuten Falls die Aufforderung zum Konkretisieren nichts bewirkt oder sogar Widerstand hervorruft, kann die Methode des „Ins-Blaue-hinein-Vermutens“ weiterhelfen: Beispiel: Auf die allgemeine Aussage „Gewisse Verhaltensweisen von ihm gehen mir gegen den Strich“ kann ins Blaue hinein konkretisiert werden: „Es geht Ihnen z. B. gegen den Strich, wenn seine Socken auf dem Esstisch liegen.“ Daraufhin wird eine Berichtigung erfolgen, indem ein zutreffendes Beispiel genannt wird: „Nein, nein, das tut er nicht, aber wenn er zum Beispiel...“ Die Botschaft des Körpers ermitteln „Die direkteste Leitung zum Selbst des Klienten stellen seine Mimik und Gestik dar, sie entziehen sich meist seiner bewussten Kontrolle und sprechen mit. Ein Seufzer, ein Lachen, ein Mit-den-Fingern-Spielen, eine abrupte Änderung der Sitzhaltung verraten oft mehr, als das scheinbar eindeutige explizite Anliegen. Das Ansprechen nonverbaler Kommunikation soll dabei nicht im Sinne. des enthüllenden ‘Ich weiß, was in dir vorgeht‘ oder ‘Jetzt habe ich dich ertappt’, geschehen, sondern eher in der Art von ‚Lass uns zusammen herausfinden, wie das zur Klärung deiner inneren und äußeren Situation beiträgt’. Dabei bleibt der Klient letztlich Fachmann seiner selbst. Mögliche Fragen: „Wenn Ihr Seufzer sprechen könnte, was würde er jetzt sagen?“ Umgang mit Konflikten 48 „Merken Sie, dass Sie lachen? Ist Ihnen zum Lachen zumute? Was macht Sie lachen?“ Das Aufgreifen von Körpersignalen wir oft als „Übergriff“ in das Hoheitsgebiet der Intimität empfunden, deshalb vorher Erlaubnis einholen! Oder die betroffene Person reagiert erschreckt und unterdrückt ihr Körpersignal. In diesem Fall sollte sogleich klargestellt werden, dass es nicht darum geht, ‚schlechte Mainieren’ zu kritisieren, sondern dass in solchen Gesten willkommene Boten der inneren Wahrheit stecken. Verbale Hinweise aufgreifen Verschiedene, häufig gebrauchte kleine Wörter wie „an sich, ja“, eigentlich doch“, „im Prinzip“ können Hinweise zur eigentlichen Befindlichkeit der Person geben: „Eigentlich haben wir es schön zusammen.“ „Im Prinzip hin ich dafür.“ „Das müsste er ja wissen.“„An sich meint sie es gut.“ Oft deuten diese kleinen Wörter an, dass direkt das Gegenteil es Gesagten subjektiv wahr ist, oder dass es doch noch eine zweite weniger attraktive, weniger linientreue oder weniger gesehene Seite gibt. Versprecher Kleine Versprecher können Direktleitungen zu den eigentlichen Ansichten, geheimen Hoffnungen und Befürchtung sein. Beispiel: „psychologischer Hinterhalt“ statt „Hintergrund“ Schlüsselsätze beachten „Schlüsselsätze sind Aussagen, die jemand über sich und seine innere momentane oder grundsätzliche Wahrheit macht. Dem Zuhörer geben sie ein Aha-Erlebnis und schließen damit bisher unerklärliche Erlebensund Verhaltensweisen auf. Beispiele: ‘Ich muss immer wissen, was auf mich zukommt.‘ ‘Wenn man mich löchert und in mich eindringt, dann werde ich ungemütlich.’ Sie können als Ausgangspunkt für eine vertiefte Selbstklärung genommen werden. Umgang mit Konflikten 49 Umgang mit Konflikten 50 Symptome aufgreifen Symptome wie Kopfweh, Brustschmerzen, Händezittern können als „eingefrorene“ Botschaften wieder aufgetaut werden. Das heißt z. B. bei Kopfschmerzen: „Ich habe Angst.“ „Ich fühle mich hilflos.“ „Ich fühle mich abhängig.“ „Ich brauche Harmonie.“ etc. Bildersprache, Analogien und Metaphern Besonders ergiebig ist es, sich in Bilder, Beispiele und Analogien, die im Gespräch geäußert werden, hineinzubegeben und selber darin weiterzudenken: „Sie benutzen viele kriegerische Ausdrücke. – Fühlen Sie sich fast so wie im Krieg, wenn Sie an Ihre Ehe (Team, Arbeitsgruppe, Abteilung) denken?“ Den direkten Kontakt wiederherstellen Das Gesagte direkt an den Partner richten lassen: „Sagen Sie das mal Ihrem Partner direkt ins Gesicht.“ „Sagen Sie das mal ihm / ihr!“ oder nonverbales, den Weg weisendes Handzeichen Das kann aber auch „zu direkt“ sein und deshalb Widerstände auslösen (wie in der Schule behandelt werden!). Deshalb ist oft das „Doppeln“ besser: Doppeln Das „Doppeln“ kann angewendet werden, wenn man das Gefühl bekommt: „So wird das nie etwas! So, wie die jetzt miteinander reden, werden sie einander nie erreichen!“ In solchen Situationen wäre es wenig hilfreich, dieses Gefühl den Klienten seufzend mitzuteilen. Statt dessen kann „gedoppelt“ werden: Zuerst muß die Erlaubnis eingeholt werden, dass Mediatoren/innen „doppeln“: „Darf ich neben Sie kommen und etwas für Sie zu Ihrem Partner sagen, und Sie sagen anschließend ob das stimmt?“ Dann spricht die Mediatorln für die gedoppelte Person den Partner in hilfreichen, kommunikationsfördernden Worten an. Umgang mit Konflikten 51 Anschließend wird die Zustimmung zu der Aussage eingeholt: „Stimmt das so für Sie?“ Falls es nicht ganz stimmt, soll die gedoppelte Person es ergänzen, korrigieren oder neu formulieren. Stimmt es, kann sie unter Umständen gebeten werden, das Gesagte noch einmal mit eigenen Worten selbst dem Partner zu sagen. Unterschied zum aktiven Zuhören: Ich-Sprache statt Du-Sprache, deshalb dialoghaft angelegt, deshalb auch am Anfang die Partner/in mit Rufnamen ansprechen! („Weißt Du, Gerda...“ - Der eigene Name ist ein „Sesam-öffne-dich-Wort“! Verständnisüberprüfung „Es ist im Allgemeinen nicht üblich, seinem Partner zu sagen, was und wie man ihn verstanden hat. Stattdessen wird leichthin geäußert. ‘Ja, ja, das versteh‘ ich schon‘, oder: ‘Ich verstehe dich ja schon grundsätzlich.‘ Das hat paradoxerweise die Wirkung, dass sich der so Angesprochene gerade dadurch nicht verstanden fühlt, besonders, wenn das ‘Aber‘ nachfolgt, das in diesem Zusammenhang ein Kennzeichen für Verständnislosigkeit ist.“ Es kann eine Übung zur Verständnisüberprüfung gemacht werden: „Sagen Sie mal, was Sie bis jetzt von ihr verstanden haben: Wie es ihr geht. Was Sie glauben, was in ihr vorgeht.“ Dagegen kann es mannigfaltige Widerstände geben. ‘Wird die Übung dann tatsächlich durchgeführt, zeigt sich häufig, wie wenig Verständnis die Partner wirklich füreinander haben. Ohne es zu merken, beginnen sie bereits nach dem dritten Satz mit der Begründung, Verteidigung und Rechtfertigung des eigenen Standpunktes oder lamentieren über den Partner. Dies ist der Grund dafür, warum diese Methode besonders in den ersten Sitzungen durch das Doppeln ersetzt wird.“ Gesprächsdiagnose Die Mediatoren/innen beobachten das Gespräch und erläutern den KontrahentInnen, was sie gesehen und gehört haben und ihre Vermutungen über die Auswirkungen auf den Konflikt. Nach: Christoph Besemer, Mediation. Vermittlung in Konflikten, Baden 1995 Umgang mit Konflikten 52 Thema Mediation Als MediatorIn habe ich gelernt... Als Betroffene/r war das Verhalten des Moderators/der Moderatorin hilfreich, weil… ...nicht hilfreich, weil.. Allgemeine Merkpunkte: Umgang mit Konflikten 53 Kurzplanspiel: Belagerte Stadt Einführung Wir wollen in diesem Spiel Verhaltensweisen studieren, die in jeder Gruppe oder Gesellschaft ablaufen können, die aber in einer Situation wie in diesem Spiel besonders deutlich hervortreten. Es gibt dabei fünf Spieler, welche fünf BürgerInnen einer mittelalterlichen Stadt spielen: BürgermeisterIn, Arzt/Ärztin, KrankenpflegerIn, WächterIn und SchmiedIn. Diese erhalten dazu jeweils eine Rolleninformation. Sie sollen ihre Informationen genau studieren und vor dem Spiel auf keinen Fall einem/einer anderen SpielerIn etwas davon mitteilen. Sie sollen sich in die Situation und in die Lage der Person versetzen, die sie verkörpern und deshalb z.B. auch gut überlegen, was sie den anderen mitteilen und was sie lieber verheimlichen. Die ZuschauerInnen/BeobachterInnen sollen das Verhalten der SpielerInnen/PartnerInnen und der Gruppe genau beobachten und ihre Wahrnehmungen zum Ablauf und zu den Verhaltensweisen eventuell schriftlich festhalten. Die Situation spielt im Mittelalter. Die kleine Stadt Trotzburg ist von den Hochbergern belagert. Sie beschuldigen die Trotzburger, einen Kaufmann umgebracht zu haben und fordern innerhalb von 30 Minuten die Auslieferung des/der Schuldigen. Gespielt wird nun die Beratung der fünf Beteiligten, in der entschieden werden muss, wer als Hauptschuldige/r ausgeliefert wird. Umgang mit Konflikten 54 Kurzplanspiel „Belagerte Stadt" - Zielblatt des Rollenpaares 1. Welche Ziele wollen wir erreichen (Haupt- und Nebenziele)? 2. Wie wollen wir zur Zielerreichung vorgehen? 3. Was sind unsere größten Befürchtungen? 4. Welchen Hauptspieler/welche Hauptspielerin bezeichnen wir als den Schuldigen/die Schuldige, um unsere Ziele zu erreichen, und warum? 5. Weitere Anmerkungen Umgang mit Konflikten 55 Eskalationsstufen - Phasenmodell der Eskalation nach Glasl und Witschier In der „Geschichte des Konflikts“ werden verschiedene Abschnitte mit jeweils verschiedenen Konfliktsituationen sichtbar. Meist verstärkt sich die Auseinandersetzung. Der Konflikt eskaliert. Das Phasenmodell der Eskalation nach Glasl und Witschier nennt drei Hauptphasen mit jeweils drei Eskalationsstufen, zwischen denen jeweils eine Hauptschwelle liegt. Was bringt die Kenntnis dieser (sehr theoretisch erscheinenden) Eskalationsstufen? a) Die Kenntnis, in welchem Verlauf sich der Konflikt befindet. b) Die Kenntnis, welche Interventionen sicher nicht (mehr) möglich sind. c) Die Kenntnis, wie weit (dritte) Personen von außen zur Konfliktlösung notwendig sind. Eskalationsstufen nach F. Glasl und M. Witschier Umgang mit Konflikten 56 1. Stufe: Verstimmung Spannungen, Reibungen, Verstimmungen, unterschiedliche Meinung, auf eigene Ideen und Vorschläge pochen, Verhärtungen der Standpunkte, Verhältnis getrübt, Recht behalten und bekommen, Sieg bedeutsamer als Sache, noch keine starren Parteien oder Lager, Konfliktbewältigung durch Miteinanderreden, Argumente sorgfältig abwägen, Fairness, Worte als wichtigstes Mittel der Auseinandersetzung. 2. Stufe: Ja-aber.../ Debatte Konkurrenz, Überheblichkeit, Arroganz, ich habe Recht, Verhärtung nimmt zu, entweder/oder, gegenseitiges Misstrauen wächst, diskreditieren, Dominieren durch Imponieren, Kampf um Überlegenheit (TA-Modell), Debatte, Machtgeplänkel, überheblicher, zurechtweisender, belehrender und direktiver Ton; so tun, als ob rational argumentiert würde, „Ton macht die Musik“, beiderseitiger Wille, die Beziehung beizubehalten und Konflikt aus der Welt zu schaffen, reelle Chance, Konflikt ohne externe Hilfe beizulegen, Worte als wichtigstes Mittel der Auseinandersetzung. 3. Stufe: Taten statt Diskussion Beide Konfliktparteien denken: „Diskussion völlig sinnlos, der/die versteht nichts!“, eigene Absichten durchsetzen, kein Verständnis, Vorurteile, Fehlinterpretationen u. einschätzungen, bewusstes Missverstehen, Taten folgen, verbale Äußerungen angezweifelt, Nerven stark strapaziert, Überempfindlichkeit, emotionale Ausbrüche, große Angst, missverstanden zu werden, ein Funken Vernunft ist noch vorhanden, von Gegenseite wird erwartet, wozu man selbst nicht bereit ist, Gegenseite soll Widerstand als erste aufgeben, Konfliktlösung durch Respekt und Akzeptanz möglich. 4. Stufe: Schwarzweiß-Malerei und Koalition Ich will gewinnen, du sollst verlieren!, schwarz oder weiß, pauschalisierendes Bild von der Gegenseite, jede/r erhebt sich über den/die andere/n, aggressive Abwertung der Gegenpartei, destruktives Verhalten, Person herabwürdigen, Konzentration auf negatives Feindbild und dessen Fähigkeiten und Stärken, moralische Integrität anzweifeln, Werbung um Koalitionen, Abhängigkeit von Sympathien und SympathisantInnen, Sachfragen treten in den Hintergrund, personenorientierte (Schein)Argumente im Vordergrund, schwer nachweisbares Sticheln, ärgern, reizen. Umgang mit Konflikten 57 5. Stufe: Gesichtsverlust Öffentlich diskriminieren, diffamieren, bloßstellen, andere/r soll Gesicht verlieren und völlig niedergemacht werden, Moral, Recht und Ordnung spielen große Rolle, gegenseitige Verteufelung, totaler Vertrauensbruch zwischen den KontrahentInnen, keine Glaubwürdigkeit mehr, Gefühl von Ekel und Abscheu, FeindIn wird gereizt, damit er/sie ausrastet und seine/ihre Macht missbraucht, Demütigungszeremonien, Konfliktparteien haben Glauben verloren, jemals ihren Konflikt lösen zu können. 6. Stufe: Drohstrategien Konfliktparteien greifen zu Drohstrategien als adäquates Instrument des Selbstschutzes, explosionsartige Emotionsäußerungen, massive Provokation, Druck und Gegendruck, Gewalt und Gegengewalt, Misstrauen und Angst, Drohung spiegelt Angst wider, wer Angst hat, kann zunehmend weniger klar denken, Reagieren und Agieren ist kaum noch rational gesteuert, ohnmächtig, immer weniger Selbstbestimmung, wie Kaninchen vor der Schlange, hoffen, dass es niemals zu Sanktionen und Strafen kommen wird. 7. Stufe: Existenz erschüttern GegnerInnen versuchen gegenseitig ihre Existenz zu er-schüttern, begrenzte Zerstörungen als passende Antwort, ein relativ kleiner Schaden wird als Gewinn betrachtet, Vernichtung des/er jeweils anderen, jede/r hat Bezug zur Realität verloren, keine menschliche Qualitäten mehr, es gibt nichts mehr zu gewinnen, Vergeltung und Wiedervergeltung, Gewalt und Hassspirale dreht sich schneller, Grundeinstellung, lose–lose, glorreicher Sieg oder endgültiger Untergang. 8. Stufe: Existenz vernichten GegnerInnen total vernichten, Auseinandersetzung kriegerisch, vitale Systemfaktoren zerstören, Konfliktparteien erreichen zunächst ihr Ziel, haben sich selbst aber nachhaltig geschwächt, das eigene Überleben gerät in Gefahr, Sieg als Sicherstellung des eigenen Überlebens, Bewusstsein, dass Schädigung des Kontrahenten/der Kontrahentin zwangsläufig Schäden für sich selbst nach sich zieht. 9. Stufe: Gemeinsam in den Abgrund Kein Weg zurück! Vorwärts um jeden Preis! Totale Konfrontation, Vernichtung zum Preis der Selbstvernichtung, Lust am Selbstmord, wenn auch der/die FeindIn zugrunde geht, im eigenen Untergang den/die FeindIn auch in den Abgrund reißen, keine Seite kann mehr gewinnen, beide werden vernichtet, Supergau. Umgang mit Konflikten 58 Konfliktbewältigung Beispiele: Ausschluss Eine Alternative wird ausgeschlossen: Berufswahl, Partnerwahl. Unterordnung Ein Inhalt wird dem/der anderen untergeordnet: Das Ich kontrolliert einen Triebwunsch. Kompromiss Echter Kompromiss: Urlaub an den oberbayrischen Seen verwirklicht Wunsch nach Baden und Wandern in den Bergen. Fauler Kompromiss: Ein Ehepaar lässt es vom Zufall abhängen, ob die Frau schwanger wird. Synthese Die Widersprüchlichkeiten werden vereinigt: Ein/e SpezialistIn strebt nach Führungsaufgaben; er/sie wird LeiterIn der Entwicklungsabteilung. Hinnahme Der Konflikt erscheint, zumindest auf absehbare Zeit, unlösbar: Ein neues Arbeitsfeld stellt nicht zufrieden; der/die MitarbeiterIn nimmt es trotzdem hin, sucht aber nach einer besseren Lösung. Umgang mit Konflikten 59 Annahme Der unlösbare Konflikt wird in die Person aufgenommen: Jemand kriegt sein/ihr aufbrausendes Wesen nicht in den Griff; er/sie akzeptiert schließlich diesen Zug als Teil seiner Persönlichkeit. Abwehr Der Konflikt wird abgewehrt und so z.T. nicht bewusst: Die Tiefenpsychologie hat eine Reihe von Abwehrmechanismen aufgedeckt. Einige der wichtigsten sind: Rationalisierung: Ein/e MitarbeiterIn wird nicht befördert; er/sie beteuert, dass er/sie ganz froh darüber ist. Agitation: Ein/e WissenschaftlerIn verzettelt sich in einer Fülle bürokratischer Aktivitäten und verschleiert damit seine/ihre Unfähigkeit zur Forschung. Aggression: Auf leichte Kritik hin wird ein/e MitarbeiterIn wütend. Projektion: Ein Vorgesetzter/eine Vorgesetzte, der/die selbst nicht gut organisieren kann, wirft dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin Planungsversagen vor. Verdrängen: Einem Sekretär/einer Sekretärin wird nicht bewusst, dass er/sie durch seine/ihre übergroße Hilfsbereitschaft andere von sich abhängig machen will. Abkehr Der Konflikt wird vermieden. Die Flucht kann verschiedene Formen annehmen: Resignation: Ein/e MitarbeiterIn gibt es auf, zum Chef/zur Chefin doch noch ein befriedigendes Verhältnis herzustellen. Tagträume: Ein unzufriedener Arbeiter/eine unzufriedene Arbeiterin träumt ständig von einem Lottogewinn, der ihn/sie mit einem Schlag aller Probleme entheben würde. Krankheit: Wenn die Spannung im Büro ansteigt, wird einem/einer MitarbeiterIn schlecht; er/sie muss nach Hause gehen. Flucht: Ein/e IngenieurIn leidet unter den Zuständen in der westlichen Welt; er/sie beschließt, nach Neuseeland auszuwandern. Freitod: Der letzte Ausweg, um einem Konflikt endgültig zu entkommen. Ersatz Statt des gewünschten Zieles wird ein Ersatz hergenommen: Ein graduierter Ingenieur/eine graduierte Ingenieurin kann nicht AbteilungsleiterIn werden; er/sie verlagert seinen/ihren Ehrgeiz in sein/ihr privat betriebenes Architekturbüro. Neuorientierung Der Konflikt veranlasst jemanden, sein/ihr Wertsystem neu zu ordnen, was dramatisch bei Konversionen zu beobachten ist: Ein/e LandwirtIn lässt sich von ökologischen Argumenten überzeugen; er/sie ändert seine/ihre Anbaumethoden radikal und engagiert sich in der ökologischen Bewegung. Umgang mit Konflikten 60 Konfliktanalyse Bezeichnung des Konfliktes / Inhalt/Gegenstand des Konfliktes: Was hat mich davon abgehalten, den Konflikt zu bearbeiten? Intrapersonaler Anteil (Annäherung/Annäherung, Annäherung/Vermeidung, Vermeidung/Vermeidung) Welche Art des Konfliktes liegt vor? Beurteilungskonflikt, Zielkonflikt, Verteilungskonflikt, Beziehungskonflikt, Wertekonflikt. Geht es um Verbesserung von Abläufen, Änderung der Positionsverhältnisse, Systemveränderungen? Wie sind die Konfliktparteien aufgestellt? Individuen, Gruppen Repräsentanten/Hintermannschaft Gibt es Personen, die den Konfliktparteien über die Schulter schauen? Positionen der Parteien: formell/informell Direkt oder indirekt Betroffene? Gibt es eine Arena des Konfliktes? Gibt es Situationen, Anlässe, die den Konflikt immer wieder ausbrechen lassen? Konfliktgeschichte Was ist bisher geschehen? Was waren herausragende Ereignisse? Was wurde bisher zur Klärung versucht? Welche Maßnahmen haben zur Eskalation/Deeskalation beigetragen? Was macht das Typische aus? Dehnt sich der Konflikt aus oder bleibt er stabil? In welcher Konfliktstufe befindet sich der Konflikt? Die Sicht der anderen Seite Was würde die andere Person/die anderen Personen als Konfliktkern bezeichnen? Was könnten sie über den Verlauf noch anderes aussagen? Umgang mit Konflikten 61 Konfliktkern Wenn man der Sache auf den Grund geht, was ist der eigentliche Konfliktkern? Wie lassen sich die beiden Seiten konkret und präzise formulieren? Wer gewinnt durch den Konflikt was? Machtverteilung, Ruhe, Prestige,... Wer hat Interesse, ihn aufrecht zu erhalten oder ihn zu beenden? Wer hat welche Einflussmöglichkeiten? Interessen - Motive Welche Interessen – Motive stehen sich gegenüber? Konfliktmetapher Wenn man die Antreiber der Beteiligten in eine Metapher fassen sollte, wie würde sie lauten? Persönliche Einschätzungen Wodurch bin ich bei diesem Konflikt persönlich betroffen, gestört, verärgert? Habe ich einen Glauben an eine Lösung? Welche Erwartungen setze ich daran? Umgang mit Konflikten 62 Beziehungslandkarte Ziele: Über eigene Beziehungen nachdenken Beziehungsgeflecht(-netz) transparent machen Konfliktpunkte im Netz erkennen Auswirkungen von Veränderungen besser abschätzen können Mit anderen TeilnehmernInnen über Konflikte ins Gespräch kommen Ablauf: Zeichnen Sie auf Ihrem Bogen eine "Landkarte" Ihrer persönlichen (privaten und/oder beruflichen) Beziehungen, indem Sie sich und die Personen, Gruppen und Systeme mit denen Sie in Beziehung stehen, mit verschiedenen Symbolen und Farben darstellen. Sie können dabei folgende Symbole verwenden: männlich weiblich ———> einseitige Beziehung <———> doppelseitige Beziehung ——————> Distanz ——> Nähe =====> stark --------> schwach ÄÄ´ Ablehnung >———< gegenseitige Abstoßung (Blitz) Umgang mit Konflikten konfliktgeladen 63 Literatur Benien, K. & Schultz von Thun, F. (2003). Schwierige Gespräche führen. (3. Auflage). Reinbek: Rowohlt-Verlag. Besemer Christoph, Mediation – Vermittlung in Konflikten, 1995, ISBN 3-930010-02-X Berkel, K. (2005). Konflikttraining. Konflikte verstehen, analysieren, bewältigen. (8. Auflage). Heidelberg: Verlag für Recht und Wirtschaft. Crisand, E. (2004). Methodik der Konfliktlösung. (2. Auflage). Heidelberg: Verlag für Recht und Wirtschaft. Faber, A. (2004). Konfliktlösung. Potenziale erkennen. Richtig handeln. Konflikte lösen. Bindlach: Gondrom Verlag. Fuchs- Brüninghoff, E. & Gröner, H. (1999). Zusammenarbeit erfolgreich gestalten. München: DTV-Beck. Glasl, F. (2004). Konfliktmanagement. (8., überarbeitete Auflage). Bern: Freies Geistesleben. Gordon, T. (2002). Die neue Beziehungskonferenz. Effektive Konfliktbewältigung in Familie und Beruf. (1. Auflage). München: Heyne. Huber, G. et.al. (1997). Stress und Konflikte bewältigen. München: Moderne Industrie. Von Hertel, A. (2003). Professionelle Konfliktlösung. (1. Auflage). Frankfurt: Campus-Verlag. Kiesow, H. (1996). Heiße Eisen. Schwierige Mitarbeitergespräche motivierend führen. (2. Auflage). Düsseldorf: Econ. Lenz, C. & Müller, A. (1999). Businessmediation. Einigung ohne Gericht. Landsberg: MI. Lumma, K. (1992). Strategien der Konfliktlösung. Betriebliches Verhaltenstranig in Theorie und Praxis. (2. Auflage). Hamburg: Windmühle. Pöhlmann, S. & Roethe, A. (2004). Streiten will gelernt sein. Die kleine Schule der fairen Kommunikation. (3. Auflage). Freiburg im Breisgau: Herder. Rüttinger, B. & Sauer, J. (2000). Konflikt und Konfliktlösen. (3., überarbeitete und ergänzte Auflage). Bratt: Rosenberger Fachverlag. Umgang mit Konflikten 64
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